Re: Ein neuer Anfang
von Darken » Sa 19. Nov 2022, 19:45
Er hatte erwartet, sie würde ihn einfach gehen lassen und ihm endlich seine Ruhe lassen, doch nicht so Lia. Die Frau zerrte erbarmungslos an seinen Nerven, ließ ihm seinen Abgang durch den Regen nicht, sondern mußte natürlich gleich hinter ihm hergehen. Darken hatte es gerade erst eine weitere Treppe nach oben geschafft, als die Heilerin schon bei ihm war, die Flasche aus der Hand riss und einen tiefen Schluck nahm.
Leicht kopfschüttelnd sah der Prinz ihr dabei zu, wobei sich Wassertropfen von seinen schwarzen Haarspitzen lösten.
"Du weißt auch nie wann Schluß ist", bemerkte er lapidar. Lias Entgegnung war mit einem 'Prinz Darken' auf eine beißende Spitze getrieben, natürlich, sie hatte mal wieder nichts begriffen. Langsam ging ihm ihre Art alles misszuverstehen gehörig auf die Nerven. Darken wollte doch nur, dass sie ihn in Ruhe ließ.
"Ich vertrag mehr als es den Anschein hat", gab er zurück, als die Dea al Mon ihn damit stichelte, dass er doch eigentlich nicht viel trinken würde. Was sollte die Bemerkung überhaupt? Sie kannte ihn ja nichtmal. Und dass der Alkohol sich auch bei ihm so allmählich in knospender Röte auf seinen Wangen wiederspiegelte, ignorierte er gekonnt. "Ich glaube, wir haben von allem eine ganz andere Vorstellung", korrigierte er ihre nächsten Worte, nachdem sie sich verteidigt hatte, warum sie grad einfach aus der Flasche getrunken hatte.
Noch immer standen sie im Regen. Wassertropfen trafen platschend auf die Holzplanken, auf ein ohnehin schon gefülltes Fass, prasselten von den vielen Blättern, die über ihnen thronten. Und zuletzt rannen sie auch über ihre Gesichter, krochen in ihre Kleidung. Lias kurze Hose und ihr violettes Shirt waren schon längst vom Regen vollgesogen, klebten an ihrer Haut. Das Haar von ihr wirkte wie nasses, glänzendes Stroh.
Die Dea al Mon trank noch einen Schluck aus der Flasche, drückte sie ihm dann feste gegen die Brust so dass Darken ungewollt leicht aufkeuchte. Wütend fauchte er leicht als Lia ihm den Rücken kehrte und ihn noch ein bißchen weiter verhöhnte. Die Frau war einfach nur unmöglich. Gleichfalls einen tiefen Schluck des süßen Alkohols nehmend, machte er noch einen Schritt auf die Heilerin zu.
"Du bist echt die begriffsstutzigste Frau, die ich je erlebt hab", bemerkte er aufgebracht. Er hätte auch 'dumm' sagen können, aber für seinen Geschmack hielt er sich noch zurück. Die Flasche haltend, wischte er sich mit dem Handrücken gleichzeitig den Regen aus dem Gesicht, wobei einige Spritzer des Alkohols nun auch über sein Gesicht rannen und er mit der Zunge über seine Lippen leckte.
"Und du kannst die dumme Flasche behalten. Ich will deine Almosen nicht." Dass er schon viel daraus getrunken hatte, mal außer acht gelassen. Darken trat zu ihr und stieß ihr die Flasche entgegen, mindestens genauso grob wie sie es vorhin gemacht hatte. Aus glänzend dunklen Augen blickte er Lia kurz an und ließ jenen Blick über ihre Erscheinung wandern.
"Wie kommts eigentlich, dass du jedes Mal nass bist, wenn wir uns streiten?", fiel ihm auf. Er erwartete auf die Frage nicht wirklich eine Antwort. Trotz der Kälte des Regens war ihm warm vom Alkohol. "Aber du bist hübsch, wenn du nass bist." Vielleicht stritten sie sich deswegen dauernd. Sie standen sich so nahe wie zuvor schon einmal, er sah auf ihren rosigen regennassen Mund. Er dachte daran, das freiwillig zu tun was man ihm so oft aufgezwungen hatte und was er seitdem verabscheute. Doch allein der pure Gedanke daran erschreckte ihn. Ihn, den sonst wenig Angst machen konnte.
Darken wandte sich abrupt ab, ging zurück.
"Bis bald dann." Eigentlich sagte er das nur, um das letzte Wort zu haben. Und damit sie ihn endlich in Ruhe ließ.