Re: Der 17. Geburtstag
von Darken » So 6. Nov 2022, 21:01
Caelvar sagte ihm zwar, dass er nicht störte, doch Minan hatte oft das Gefühl, dass er fehl am Platze war und so war für ihn auch die simple Umgebung einer Taverne ungewohnt, neu und fremd. Es schürte seine Aufregung und seine Ängstlichkeit und doch gleichzeitig auch seine Neugier und sein Interesse, da er noch so vieles nachzuholen hatte was er alles nicht hatte erleben durfen, weil man es ihm verweigert hatte. Und nun fragte er sich auch, ob Caelvar seine Aufgabe Minan zu beschützen und vor dieser fremden Welt zu bewahren, nicht lästig war. Der Eyrier war ein gesunder starker Mann und sicher nicht dazu gemacht, Aufpasser für einen siebzehnjährigen Jungen zu spielen. Das konnte wohl kaum jemanden Spaß machen... doch Timaris hatte es Caelvar ja befohlen, er tat nur seine Pflicht. Minan hätte sich gewünscht, Caelvar würde es auch freiwillig tun, doch er war sich da nicht so sicher.
Nachdenklich aß er weiter seinen Eintopf, beobachtete dann aber den Eyrier, der seit der Frage wegen dem Sohn wie erstarrt wirkte und einfach nur seinen Löffel hielt bis dieser wieder in die Schüssel zurückglitt. Caelvar blickte ihn nicht an und Minan wußte, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte mit dieser Frage. Leicht zog er die Schultern an.
"Es tut mir leid... ich wollte dich nicht traurig machen", sagte er leise. Der junge Prinz fragte sich was aus der Frau geworden war, der Caelvar hinterher trauerte. Und hatten sie gemeinsame Kinder oder hatte er es gewollt? Minan blickte den Kriegerprinzen an, traute sich aber jetzt nicht mehr zu fragen. Caelvar wechselte auch gleich das Thema und nun war es an Minan, sich etwas unwohl zu fühlen.
"Mich.. der Gruppe anschließen? Ich weiß nicht..." Verstohlen schaute er wieder dorthin. "Ich bin nicht so wie die..." Minan nahm noch ein Schluck Bier. Er hatte ja auch keine Ahnung wie er sich der Gruppe anschließen sollte und was das bedeutete. Außerdem wußte er, dass er nie so ausgelassen sein konnte wie diese Eyrier in seinem Alter. Ja, vielleicht waren sie gleichalt und doch lebten sie in ganz unterschiedlichen Welten. Der Blick aus Minans dunklen Augen war eindeutig von Interesse durchdrungen, doch er focht innerlich gegen seine Angst und Schüchternheit.
Vielleicht ein andermal, dachte er, sie könnten doch öfter hierher kommen, dann würde er seine Angst womöglich irgendwann ablegen können. Nein, jetzt, rief ihm eine andere Stimme zu. Wir wollten heute Spaß haben... es ist dein Geburstag. Und Caelvar ist da, falls etwas passieren sollte und sie nicht nett sind.
"Ja.. vielleicht kann ich das machen", wog er ab und schob die leere Schüssel von sich. "Aber.. du äh bleibst doch in der Nähe oder?" Es war keine Kontrollfrage, sondern wirklich ein Stück Sicherheit, die ihm der Kriegerprinz allein durch seine Anwesenheit verschaffte. Minan wußte, dass er ohne Caelvar in dieser riesigen Stadt verloren und hilflos war. Er wünschte sich, wenigstens einmal mehr Vertrauen in sich... und doch war ihm klar, dass irgendwo in ihm dieser selbstsichere Splitter in ihm schlummerte. Jener Splitter, der nur herauskam, wenn die Musik ihn rief... aber Minan hatte ihn noch niemals freiwillig gerufen und würde es auch jetzt nicht tun, er wünschte sich schlicht dessen Selbstbewußtsein.
Er wartete auf die Zustimmung des Eyriers, sah noch einmal zu der Gruppe und erhob sich dann langsam. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er war reichlich nervös, doch irgendwie mußte er sich dochmal seine Angst stellen und da war diese Stimme in ihm, die ihm dauernd sagte, er dürfe diese Gelegenheit nicht verpassen, es gäbe sie nur einmal. Saphar... warum schwirrte ihm der Name dauernd im Kopf rum?
Der Weg zum angrenzenden Tisch war viel zu kurz und dann stand er auch schon da und die drei anderen jungen Männer sahen ihn an.
"Was gibts, Kumpel?", fragte einer. Minan errötete leicht.
"Ähm.. ich dachte, ich könnte vielleicht mitwürfeln?", fragte er unbeholfen zurück. Sein Blick huschte kurz zu Saphar, der ihn ebenfalls ansah und abschätzig musterte.
"Haste Geld?", wollte der Eyrier wissen. Der zerbrochene Prinz blickte ihn verständnislos an. "Einsatz fürs Spielen", erklärte er.
"Oh.. ja, natürlich." Minan stellte seinen Bierkrug ab und setzte sich, dann legte er einige Münzen hin. "Reicht das?"
"Fürs erste.. du bist nich von hier oder?", wurde er gefragt und Minan schüttelte rasch den Kopf. Er sah zu wie ein zweiter die Würfel über den Tisch rollen ließ.
"Nein, ich... komm nicht aus Hayll", antwortete Minan, "Ich heiße Minan." Kurz warf er einen prüfenden Blick hinüber zu Caelvar, doch bis jetzt schien ja alles in Ordnung. Rasch nahm er ein Schluck Bier.
"Saphar", stellte sich der Eyrier mit der kupferfarbenen Haut vor und Minan verschluckte sich prompt. Woher wußte er dessen Namen? Hatte er eine Vision gehabt? Die Namen der zwei anderen bekam er kaum noch mit, etwas wie Votar und Tiziar.
"Und.. äh wie funktioniert das Spiel?", fragte er scheu nach als man ihm den Würfelbecher reichte. Die anderen lachten und sahen ihn ungläubig an. Saphar entzündete sich eine neue Zigarette und nahm einen Zug. Dann begann er Minan das Spiel zu erklären, der aber kaum etwas davon hörte, weil er Saphar nur anstarrte und dessen Lippen beobachte. Wie es wohl wäre, die zu küssen? Nein, er wollte das nicht denken. Dabei würde man ihm nur weh tun und selbst wenn nicht, würde er das dauernd denken und Angst haben deswegen. Es war nicht gut und er war nervös und hatte keine Ahnung was er tun oder denken sollte.
"Ich.. ich muss kurz..." Er erhob sich rasch, erblickte eine Türe, wo darüber WC stand und ging einfach darauf zu. Minan fand sich in einem Flur wieder, ging weiter, bemüht nicht zu rennen und dann öffnete er die letzte Türe, doch statt bei einer Toilette anzukommen, stand er plötzlich in einem kleinen Hinterhof. Er atmete tief durch und genoß die kühle Luft, die ihm half wieder einen klaren Kopf zu fassen. Jedenfalls hoffte er das.