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Der verlorene Sohn





Der verlorene Sohn

Beitragvon Cerco » Sa 7. Jan 2023, 12:33

Cerco blickte zu dem hoch vor ihm aufragenden Wald. Dea al Mon. Bisher hatte er nur Sagen und Legenden darüber gehört. Der Krieger atmete tief durch und machte einen Schritt vorwärts. Das Dorf in der Nähe hatte ihn darüber gewarnt, dass man den Wald nicht betreten durfte, wenn man nicht erwünscht war. Aber es war der einzige Weg mehr über Minans Verbleib zu erfahren, mußte er es da nicht riskieren? Wenn auch nur die geringste Chance bestand, dass sein Sohn noch lebte...
Trotzdem war schon einige Zeit vergangen seitdem Cerco mit der Königin von Hayll geredet bzw. gestritten hatte. Sie hatte nicht in offenen Worten darüber gesprochen, doch ihm erklärt warum alle Minan für tot halten mußten. Es gab mehrere Gründe dafür. Einerseits die visionshaften Bilder, die der Junge gemalt hatte, dann, dass er als zerbrochene Schwarze Witwe tiefer ins Verzerrte Reich konnte, um genauere Visionen von Sion zu erhalten und zum anderen, dass er schutzlos war und viel über Timaris und ihren Hof wußte. Genug Gründe, um ihn von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Für immer?
War er wirklich tot? Aber solange es nur einen Strohhalm Hoffnung gab, würde er sich daran klammern. Lady Tolarim war nicht so herzlos wie alle sie dafür hielten. Und sie hatte ihm gesagt, wenn er mehr erfahren wolle, sollte er mit einer Schwarzen Witwe in Dea al Mon reden. Cerco hatte es als Hinweis darauf verstanden, dass Minan hier sein konnte.

Der Gedanke hatte ihn in den letzten Wochen nicht mehr losgelassen und die Ungewissheit war quälend. Trotzdem hatte es so lange gebraucht sich wirklich zu dieser Reise durchzuringen, denn er war oft genug vor diesem Wald gewarnt worden. Cercos Frau hatte ihn beschworen, nicht zu gehen, aber am Ende hatte sie ihn doch nicht aufhalten können. Er mußte diese Reise einfach machen. Der Krieger ging vorsichtig und langsam weiter.
Es war gefährlich was er hier unternahm, das wußte er. Schließlich wollte er Sion ja nicht doch noch auf die richtige Spur führen. Anderseits, hatte Cerco nie angenommen, dass er, ein einfacher Hunde- und Pferdezüchter aus Scelt, einmal in solche Ereignisse hinein gezogen werden würde. Erst als einmal bei seinem Hof in Scelt ein schwarzgewandteter Reiter erschienen war und ihn unter dem Vorwand einer Volkszählung von Blutleuten seltsame Fragen nach seinen Kindern gestellt hatte, war Cerco wirklich die Tragweite der Geschehnisse bewußt geworden. Wahrheitsgemäß hatte er geantwortet, dass Hagen, Mabh und Tarek seine einzigen noch lebenden Kinder wären von denen er wüßte. Doch die Beklemmung war dagewesen... wie ein drohender dunkler Schatten über ihm.
Der Krieger ging weiter, betrat den Wald. Seit dem Reiter war viel Zeit vergangen und er mußte jetzt einfach Gewissheit haben. Er hatte sogar nach Verfolgern Ausschau gehalten, die Knotenpunkte der Netze mehrmals gewechselt und war sich selbst sehr verrückt und paranoid dabei vorgekommen.
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von Anzeige » Sa 7. Jan 2023, 12:33

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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » Sa 7. Jan 2023, 12:36

Warum beim Feuer der Hölle musste sie ihm dauernd so kryptische Aufgaben und Anweisungen geben? Er mochte ja Rätsel und überlegte gerne, wie sich schwierige Aufgaben erledigen liessen. Doch ein:Wir kriegen ein Besuch, den ich gerne Empfangen würde, was ich aber nicht darf, der uns traurig und erfüllt von Hoffnung zugleich, schnell und unbehelligt wieder verlassen soll und der dir möglicherweise wertvolle Informationen liefern kann, war nicht sonderlich viel. Informationen was betreffend, bitteschön und von wo kam er. Die Grenze zu Dea al Mon war lang. Aber Eoshan hatte nur den Kopf geschüttelt und gemeint, dass er diesen Krieger abfangen sollte, bevor ihm etwas geschah und ihn möglichst rasch unter eben genannten Bedingungen nach Hause schicken sollte. Schwarze Witwen, also ehrlich! Konnten die sich nicht einmal klarer ausdrücken? Das hatte er Talyn auch schon einmal gefragt und sie hatte amüsiert grinsend gemeint, dass im Nachhinein doch immer alles wunderbar klar sei.

Schliesslich fand er den Krieger doch, allerdings war seine Stimmung nun nicht gerade heiter. Wenigstens war der Krieger noch nicht sonderlich weit gekommen und er musste ihn nicht aus Schlingpflanzen retten und hoffentlich auch nicht irgendwelche Vergiftungen kurieren. Allerdings war er drauf und dran in ein Feld voller stacheligen Brombeerranken zu treten.

"Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, erst anzuklopfen, bevor du jemandes Heim betrittst, Lord?" fragte er unwillig aus den Ästen heraus. "Das könnte unangenehme Folgen für dich haben." Pyratres kletterte flink einige Äste weiter nach unten, so dass der Fremde ihn sehen konnte. Gekleidet war er in robustes und doch geschmeidiges, schwarzes Leder und auf dem Rücken trug er ein eindrucksvolles Breitschwert. "Wer bist du und was willst du hier?"
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Cerco » Sa 7. Jan 2023, 12:37

Mit gebotener Vorsicht begann Cerco in den Wald vorzustoßen. Lebte hier wirklich dieses sagenhafte Volk von dem er manchmal gehört hatte? Sollte er sich dann irgendwie bemerkbar machen oder wurde er bereits beobachtet? Der Krieger sah sich prüfend um, aber er bemerkte niemanden, spürte niemanden.
So ging er weiter, war jedoch noch nicht so weit gekommen, als er zwar nichts hörte, jedoch trotzdem plötzlich die Anwesenheit von jemand anderen spürte. Kurz darauf ertönte eine etwas ungehaltene männliche Stimme aus dem Blätterwerk über ihm. Cerco blieb prompt stehen. Die Frage nach dem Anklopfen und den unangenehmen Folgen klang mehr wie eine Drohung, so wollte der Krieger den Fremden nicht noch weiter provozieren. Ein Kriegerprinz wie er auch noch feststellte, als dieser den Baum weiter herunter geklettert kam, jedoch auf einem der niederen Äste stehen blieb und auf Cerco herab sah. Ihm fielen sofort die spitzen Ohren auf. Also hatte er es wirklich mit einem Dea al Mon zu tun. Der Kriegerprinz trug dunkle Lederkleidung, man sah den Griff eines großen Schwertes hinter seinem Rücken aufragen.

Cerco nickte ihm zu, mit dem festen Vorsatz sich nicht gleich abwimmeln zu lassen. "Hätte ich eine Türe gesehen, so hätte ich angeklopft, Prinz", erwiderte er freundlich. "Ich wußte nicht wie ich mit eurem Volk Kontakt aufnehmen sollte, ich wollte niemanden zu nahe treten oder beleidigen, entschuldigt", gab Cerco zu. Wie fragte er jetzt am besten nach Minan? Noch einmal sah er sich um, doch der Fremde schien alleine zu sein. "Ich bin Cerco Sarden, ich komme aus Scelt, und ich bin auf der Suche nach jemanden, der mir sagen kann, was mit meinem Sohn passiert ist", setzte er zu einer Erklärung an. Man konnte die Hoffnung in Cercos Augen erkennen, die eines Vaters, der nicht glauben wollte, dass sein Sohn tot war. "Ich wäre euch sehr dankbar, wenn ihr mich zu eurer Königin bringen könnt, damit ich ihr meine Bitte vortragen kann." Cerco hatte mittlerweile herausgefunden, dass die Königin von Dea al Mon eine wunderschöne junge Frau sein sollte, was ihn aber mehr interessierte war, dass sie eine Schwarze Witwe sein sollte. Vielleicht die von der Lady Tolarim gesprochen hatte.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » Sa 7. Jan 2023, 12:40

"Wir haben hier genügend Wachposten entlang der Grenze", knurrte er nicht gerade milder gestimmt, wohl wissend, dass er dem Krieger gerade unrecht tat. "Ein Speerfaden hätte gereicht." Ja, er war jetzt gerade sehr unfair. Er sollte sich unbedingt etwas zusammennehmen. So sprang er schliesslich von dem Baum und landete geschmeidig vor dem Krieger.

"Du hast niemanden beleidigt Lord Sarden", beruhigte er Cerco. "Es ist nur gefährlich, hier einfach herum zu spazieren. Dea al Mon ist nicht umsonst ein geschlossenes Territorium. Wenn du die Geschichte deines Sohnes erfahren willst, solltest du dafür sorgen, dass du nicht von Schlingpflanzen zerquetscht wirst."

Das schien Minans Vater zu sein, wie Pyratres vermutete. Auf einmal wurden Eoshans kryptischen Worte klarer, ganz so wie Talyn es prophezeit hatte. Zwar wusste er nicht alles über die Vorgeschichte des Prinzen, doch er wusste, dass ihn alle für tot hielten und es auch so bleiben sollte, da sie ihn sonst nicht so gut vor Sion schützen konnten. Das hiess jedoch, dass er diesem Mann sehr wehtun würden müsste. Dunkelheit! Glauben zu müssen, der eigene Sohn sei tot. Das war grausam. Aber alles hat seinen Preis.

"Wie kommst du denn auf den Gedanken, Lord Sarden, dass meine Königin etwas über den Verbleib eines sceltischen Kindes weiss? Warum sollte sie das kümmern?" fragte er etwas freundlicher nach. Da kam ihm noch etwas in den Sinn. Cerco würde dies wohl nichts bringen, doch für Minan mochte es ein Geschenk sein. So liess er über ihnen auf einem Ast, eine Musik und Bilder Kugel erscheinen, um alles aufzuzeichen.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Cerco » Sa 7. Jan 2023, 12:41

Der Dea al Mon warf ihm gleich vor, dass es an der Grenze mehrer Wachen gäbe und er hätte einfach einen Speerfaden ausschicken sollen. Cerco biss sich auf die Lippen, um keine patzige Antwort zu geben, woher er das bitte hätte wissen sollen. Nein, er mußte ruhig bleiben, selbst wenn er wie auf glühenden Kohlen saß und endlich mehr über das Schicksal von Minan wissen wollte. Immer noch machte er sich Vorwürfe was mit dem Kind passiert war. Wenn er damals bei Talian geblieben wäre... nur solange bis sie Minan geboren hätte. Er hätte versuchen können dann mit seinem Sohn zu fliehen, ihn nicht dieser verdorbenen Hexe überlassen. Manchmal lag er nachts im Bett wach und hatte deswegen schreckliche Schuldgefühle. Er war ein miserabler Vater gewesen, er war nicht für den Jungen da gewesen, hatte ihn nicht vor seiner grausamen Mutter beschützen können. Hätte er damals nur geahnt, dass sie dies ihrem eigenen Kind antun würde...

Der Krieger verdrängte die Gedanken, richtete seinen Blick wieder auf den Kriegerprinz, der gerade geschmeidig vom Ast sprang und auf dem Boden landete. Der Dea al Mon warnte ihn vor dem Wald und es wäre gefährlich hier herumzuspazieren.
"Das habe ich gehört, aber ich mußte es trotzdem riskieren", gab Cerco unerschütterlich zurück. Und dann stellte der Mann die Frage, die Cerco schon befürchtet hatte. Wie er darauf käme, dass die Königin etwas über seinen Sohn wüßte. "Ich habe gehört, dass sie eine mächtige Schwarze Witwe sein soll und..." Nein, nicht zu viele Details über Minan verraten, er mußte vorsichtig sein.
"Mein Sohn wurde das letzte Mal lebend in Hayll gesehen, wo... es heißt, die Königin von Hayll hat ihn vor den Augen zahlreicher Gäste beim lebendigen Leibe verbrannt." Cerco ballte die Hände zu Fäusten, knirschte mit den Zähnen. "Aber ich möchte Gewissheit haben. Er ist schließlich mein Sohn. Und selbst wenn er in die Dunkelheit eingegangen sein sollte... so hätte eure Königin vielleicht doch einen Weg ihn zu erreichen..." Er sah dem Dea al Mon in die Augen, hoffte auf irgendein Zeichen des Verständnis. "Wenigstens zu erfahren, ob es ihm gut ist, dort wo er jetzt ist..."
Cerco rief eine größere Schachtel herbei und legte sie auf dem Boden ab, öffnete den Deckel. Darin waren ein eingewickelter wunderschön filigraner Degen, ein Etui mit Schreibfedern und eines mit einem Set feinster Pinsel.
"Dies sind alles Gegenstände meines Sohnes. Die Königin von Hayll war so... großzügig mir seine letzten Habseligkeiten zu überlassen. Sie tragen noch seine Signatur wie euch womöglich auffällt, Prinz." Noch einmal sah er den Kriegerprinzen prüfend an. Erkannte der Mann die Signatur gar wieder? Abermals hoffte er auf irgendeinen Hinweis, und so er noch so gering. "Vielleicht... ich hoffte, mit Hilfe der Gegenstände könnte eure Königin etwas über den Verbleib meines Sohnes herausfinden."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » Sa 7. Jan 2023, 20:00

"Es gibt mächtigere Schwarzen Witwen, als meine Königin", antwortete der Kriegerprinz und erwiderte scheinbar gleichgültig den Blick des Kriegers. Seine Augen waren wie Steine und verreiten nichts. Innerlich schrie er aber auf. "Solche mit dunkleren Juwelen und leichter für dich zu erreichen. Es ist ein langer und gefährlicher Weg von Scelt nach hier her. Ausserdem warum sollte ich es zulassen, dass sich meine Königin zu den Zeiten einer solchen Gefahr aussetzt?"

Auf die Kiste, die auf dem Waldboden stand, achtete er gar nicht erst, scheinbar. Doch durch nichts liess er erkennen, dass er Minans Signatur daran sehr wohl wahr nahm. Er war sich nicht sicher, was er dem Vater alles sagen sollte. Am liebsten hätte er ihn ja einfach nach Faolchur gebracht und ihm seinen Sohn gezeigt. Erst musste er noch etwas mehr wissen, um entscheiden zu können, wieviel er dem Krieger geben konnte.

"Lady Timaris Tolarim also?" fragte er gedehnt nach. "Ich habe sie einmal getroffen. Sie erschien mir nicht als eine Frau, die Sachen anfängt und nicht zuende führt. Wenn sie deinen Sohn verbrannt hat, wird wohl nichts mehr von ihm übrig sein, weder von seinem Körper noch von seinem Geist. Immerhin könnte er ja sonst als Dämonentoter zurück kommen und sich an ihr Rächen. So ein Risiko wird sie wohl kaum eingehen."
Wohlweisslich sprach Pyratres nicht sein Beileid für seinen Verlust aus. Denn Minan lebte ja noch. Stattdessen sah er den Krieger nur scharf an und verschränkte seine Arme vor der Brust. "Was lässt dich also daran Zweifeln, dass nichts mehr von deinem Sohn existiert und weshalb kommst du ausgerechnet hier her?"
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Cerco » Sa 7. Jan 2023, 20:43

Der Kriegerprinz erklärte, dass es ja mächtigere Schwarze Witwen gäbe. Das wußte Cerco auch, doch es hatte ja noch mehr Gründe warum er ausgerechnet hierher kam. Wußte es dieser Dea al Mon etwa? Doch seine Augen waren hart, das markante Gesicht verschlossen. Cercos Hoffnungen begannen zu schwinden. Hatte er sich in Timaris' Worten getäuscht? Nur etwas hereingelesen was er hatte hinein lesen wollen? Nein, es konnte nicht sein!
"Ja, es war ein langer und gefährlicher Weg von Scelt und genau deswegen könnt ihr auch bestimmt denken, dass ich nicht einfach so wieder gehen werde", beharrte der Krieger, blieb stehen wo er war. Der andere Mann schien nichtmal zu der Kiste zwischen ihnen zu blicken, doch Cerco ließ sie auch nicht verschwinden.

Der Kriegerprinz erstaunte ihn damit, dass er anscheinend schon einmal die Königin von Hayll getroffen hätte und dass er glaube, dass sie keine halben Sachen mache und Minan bestimmt gänzlich verbrannt hätte, Körper und Geist. Der Dea al Mon hatte die Arme vor der Brust verschränkt, abweisend.
"Was mich zweifeln lässt?" Cerco ließ ein Stück Pergament erscheinen, er wollte das nicht laut sagen, hatte es wohl weißlich in seinem Juwelengepäck verstaut wo man nicht dran kam. "Hier." Er reichte dem Dea al Mon die Schriftrolle.

Ich glaube, dass mein Sohn Minan Darken noch lebt. Die Königin von Hayll ist nicht ganz so grausam wie viele denken. Sie hat mit mir meinen Sohn aus den Händen seiner Mutter Talian Darken befreit, die ihn seit Jahren mißbraucht hatte. Da er Angst vor Wölfen hat und ich Hundezüchter bin, konnte er nicht bei mir leben, so lebte er für einige Zeit am Hof von Hayll. Timaris hat seinen Tod nur inszeniert, um ihn zu schützen, weil er von Sion gesucht wird. Ich glaube, sie hat ihn sehr gemocht. Sie hat mir zu verstehen gegeben, dass ich hier nach ihm suchen soll.

"Sagt euch das irgendetwas?", fragte er den Kriegerprinzen, blickte ihn prüfend an. "Könnt ihr es wenigstens eurer Königin übermitteln, damit sie entscheiden kann, ob sie mich sehen möchte oder nicht? Ich warte sogar hier."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » Sa 7. Jan 2023, 20:54

Minan hatte einen wundervollen Vater. Pyratres hatte gegenüber dem Krieger viel Respekt, dass er in so gefährlichen Zeiten und an so gefährlichen Orten nach seinem Kind suchte. Nicht, das Pyratres dies nicht auch getan hätte. Dennoch gehörte viel Mut oder auch Dummheit dazu, einfach nach Dea al Mon zu gehen. Bei Cerco schien es die Liebe zu seinem Sohn zu sein. Aber selber durfte er sich nicht von seinen Gefühlen leiten lassen.

Bevor er die kleine Schriftrolle entgegennanm, untersuchte der Kriegerprinz sich vorsichtig. Als er zufrieden damit war und sie entgegen genommen hatte, rollte er sie behutsam auf und lass rasch die Zeilen, die von dem Krieger zu stammen schienen. Die Sätze Sie hat mit mir meinen Sohn aus den Händen seiner Mutter Talian Darken befreit, die ihn seit Jahren mißbraucht hatte und Sie hat mir zu verstehen gegeben, dass ich hier nach ihm suchen soll wirkten wie ein rotes Tuch auf ihn. Abrupt kroch eisige Wut empor. Wie konnte eine Mutter ihr Kind nur so quäle? In dem Satz erfuhr er so einiges über den Jungen, was Eoshan ihm wohl verschwiegen hatte. Seine wunderbare, starke und tapfere Königin, die bald eine Standpauke bekommen würde. Sie sollte doch nicht alles alleine tragen. Und dann war da noch die Sache mit der hayllischen Königin. Wie konnte sie nur so unvorsichtig sein und den Krieger hier her schicken, nachdem sie Minans Tod so aufwändig vorgetäuscht hatte? Was wenn ihm jemand gefolgt war oder er schon Sions Netze in sich trug? Dass er aber tatsächlich Minans Vater war, daran zweifelte er nicht im Geringsten. Man konnte die verwandschaft in der Signatur spüren.

"Sion ist nicht tot und stellt nach wie vor eine Gefahr da", war seine wütend geknurrte Antwort darauf und die Schriftrolle verschwand in seinem Juwelengepäck. Über die Kiste legte er heimlich einen roten Schutzschild. Cerco würde sie nicht mehr an sich nehmen können und Pyratres würde sie nacher Minan bringen. Aber erst...
"Wir machen einen Spaziergang", informierte er den Krieger und wandte sich ab. Die Kugel, die das ganze Gespräch speicherte, schwebte verborgen über und etwas leicht vor ihnen her. Der Krieger würde den Wald nicht an der gleichen Stelle betreten, wie er ihn verlassen hatte.
"Nehmen wir einmal an, das stimmt alles", fuhr er etwas ruhiger und in überaus sachlichem Ton fort. "Sollte da dein Sohn in den Gedanken eines Menschen wieder lebendig werden, war alles umsonst. Früher oder später wird Sion diesen Menschen finden und am besten beginnt er die Suche wohl bei der Familie von deinem Sohn. Es ist besser, dein Sohn bleibt tot, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass du ihn sehr vermisst und ihm noch so viel hättest sagen wollen."
Sag es jetzt und Minan wird es hören und sehen können. Pyratres blieb wieder stehen und sah den Krieger eindringlich an. "Meine Königin schickte mich mit dieser Nachricht zu dir Lord Sarden", klärte Pyratres ihn auf und zum ersten Mal war so etwas wie Anteilnahme zu spüren. "Sie wird dich jetzt nicht empfangen. Nicht solange Sion eine solche Gefahr darstellt und sie sich um ihr Volk und ihre immer grösser werdende Familie sorgen muss."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Cerco » Sa 7. Jan 2023, 20:57

Der Kriegerprinz las die Schriftrolle mit unbewegliche Miene, doch selbst wenn sein äußeres nichts preisgab, so spürte Cerco doch eine aufkeimende eisige Wut in dem Fremden aufsteigen. Das mochte zwar nicht unbedingt bedeuten, dass er etwas über Minan wußte, aber dass er den Mißbrauch stark verurteilte.
Der Mann antwortete erst nach einer Weile in der Cerco immer angespannter geworden war. Dass Sion nicht tot war, wußte auch Cerco, doch er hatte es trotzdem riskieren müssen. "Ich weiß nicht, ob ihr Kinder habt, aber könnt ihr euch vorstellen, nicht zu wissen, ob euer eigener Sohn noch lebt oder nicht?", fragte er, versuchte an das Verständnis und Mitgefühl des verschlossenen Kriegerprinzen zu appelieren, aber bisher hatte der Mann nichts davon zu erkennen gegeben.
Er ging ihm rasch hinterher, als der Dea al Mon sagte, sie würden ein Stück gehen, doch es klang leider nicht so, als würde er ihn nun tiefer in den Wald hinein führen. Stattdessen erwähnte er sehr viel was Cerco sich auch schon selbst gedacht hatte. Dass es besser wäre, wenn er es nicht wußte, denn er würde Minan nur in Gefahr bringen. Es ist besser, dein Sohn bleibt tot. Der Satz schwirrte Cerco im Kopf herum. Ja, es war besser so... für Minan. Sollte er wirklich noch leben.

Der Krieger seufzte. "Ihr habt gewiss recht... ich wünschte nur, ich hätte ihn noch einmal gesehen... die Königin hat ihn ausgerechnet an der Feier seines siebzehnten Geburtstages getötet... in Flammen aufgehen lassen", berichtete er und das Herz wurde ihm schwer. "Es ist nicht fair... er war etwas besonderes und ich hatte zu wenig Gelegenheit bei ihm zu sein und ihm das zu sagen. Ich wünschte nur, ich hätte ihn davor bewahren können was ihm angetan worden ist. Hätte ich ihn nach seiner Geburt mit mir genommen... hätte ich die neun Monate gewartet... aber ich hatte niemals geglaubt, dass sie ihrem eigenen Kind etwas antun würde. Mir ja... aber ihrem Sohn?" Cerco schüttelte den Kopf, er machte sich deswegen immer noch Schuldgefühle. "Aber was erzähl ich das einem Fremden, ihr wißt offensichtlich nicht wovon ich überhaupt spreche." Er blieb auch stehen, erwiderte den Blick des Mannes, der ihm nun entgültig klarmachte, dass seine Königin ihn nicht sehen würde. "Ich verstehe...", erwiderte Cerco beherrscht, atmete tief durch. Aber es war etwas an den Worten des Dea al Mon, die seine Hoffnung nährten, sei sie auch noch so gering.
Nicht solange Sion eine solche Gefahr darstellt und sie sich um ihr Volk und ihre immer grösser werdende Familie sorgen muss. Ihre größer werdene Familie.... konnte es heißen, dass Minan hier ein Zuhause gefunden hatte?
"Ich werde wiederkommen, wenn Sion tot ist. Vielleicht kann eure Königin ja dann ohne Gefahr nach dem Schicksal meines Sohnes forschen..." Cerco rief noch einen Beutel mit Geld herbei. "Hier ist trotzdem etwas für eure Mühe und eure Hilfe. Bitte nehmt es an. Macht damit was ihr für richtig haltet. Bitte", bat er den Dea al Mon eindringlich und hielt ihm den Beutel entgegen.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » Sa 7. Jan 2023, 21:17

Kaum merklich schüttelte er den Kopf. Nein, er hatte weder Kinder, noch wusste er wie es war, wenn man nicht wusste, ob sein Kind noch lebte oder nicht. Eoshan war die einzige Person, die einer Tochter nahe kam. Sich vorstellen zu müssen, dass er gesehen hatte, dass sie verbrannte und im Nachhinein nicht wissen zu können, was jetzt wirklich mit ihr los war, war einfach nur grausam. Der Krieger musste durch die Hölle gehen.

"Ich kenne das Gefühl, dass man in die Vergangenheit zurück möchte, um ein Unrecht gut zu machen und jemand von einem grauenvollen Schicksal zu bewahren", antwortete er schliesslich leise. Seine Maske war nichtssagen und der Tonfall neutral, aber gerade deswegen konnte man erahnen, dass dahinter sehr tief vergraben ebenfalls grosses Leid steckte. Doch wurde er jeden Tag daran erinnert. Jedes Mal, wenn er Eoshan sah.
"Aber Lord Sarden, das hätte niemand vorausahnen können. Niemand würde glauben dass eine Mutter ihrem Kind so etwas antut. Sähe ich nicht den ehrlichen Schmerz in deinem Gesicht, würde ich behaupten, dass du lügst." Hätte ich nicht gesehen, wie unsicher dein Sohn ist.

Das Geld zögerte er nicht anzunehmen. Zwar brauchten weder Eoshan, noch er, noch Minan es, doch er sah wie wichtig es dem Mann war. Knapp und überaus respektvoll neigte er vor Cerco den Kopf. "Ja, komm wieder, wenn Sion tot ist und du wirst empfangen werden. Bis dahin, leb wohl Krieger und achte gut auf dich und deine Familie." Er hielt inne und überlegte kurz. "Solltest du Hilfe brauchen, sollte deine Familie in Gefahr geraten, du weisst, wo du mich findest."
Damit waren sie auch schon wieder zum Waldrand gelangt. Ein gutes Stück davon entfernt, wo der Krieger Dea al Mon betreten hatte.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Cerco » Sa 7. Jan 2023, 21:23

Auch wenn der Kriegerprinz weiterhin äußerlich keinerlei Emotionen erkennen ließ, alles hinter seiner steinernen Miene verbarg, so konnte Cerco doch heraushören, dass der Mann ebenfalls viel Leid erfahren hatte, gerade als er davon sprach, dass er wußte wie es wäre wenn man Fehler in der Vergangenheit ungeschehen machen wollte. Wenigstens zeigte der Dea al Mon so etwas wie Anteilnahme, trotzdem hätte Cerco viel lieber gehört, dass er ihn mit in den Wald begleiten dürfte, doch er hatte begriffen, dass es zu gefährlich war und der Kriegerprinz schon wegen dem Schutz seiner eigenen Leute ablehnen mußte und sich gewiss auch nicht erweichen oder bestechen lassen mochte.
"Ich wünschte um seinetwillen es wäre nur eine Lüge", gab Cerco bitter auf die Worte des Mannes wider, der gerade den Beutel mit den Geld annahm. Der Krieger wußte nicht einmal, ob es von Wert war in dem Wald, aber allein der Gedanke - und sei er noch so unwahrscheinlich - die Münzen könnten irgendwie zu seinem Sohn gelangen, war in gewissem Sinne tröstend.

Auch er verneigte sich vor dem Kriegerprinzen, der sich höflich und respektvoll von ihm verabschiedete. "Habt Dank, dass ihr mich wenigstens angehört habt. Ich mußte es zumindest versuchen, das war ich ihm schuldig." Sie waren zurück beim Waldrand, doch auch Cerco bemerkte, dass es nicht die gleiche Stelle war. Weniger wegen der Umgebung, sondern wegen der Kiste mit Minans Sachen, die er woanders zurückgelassen hatte. Aber der Krieger war klug genug nicht mehr danach zu fragen. Selbst wenn sein Sohn nicht hier war, allein diese Erinnerungsstücke zu sehen und die schwache Signatur Minans daran zu spüren, war schmerzhaft für Cerco. Es war besser, wenn er sie hier zurückließ.
"Lebt wohl, Prinz und entrichtet meine Grüße eurer Königin." Auch wenn er nicht dessen Namen wußte, aber vermutlich war es besser so. Cerco zögerte noch kurz, dann aber gab er sich einen Ruck und kehrte sich ab, um Dea al Mon entgültig zu verlassen. Es wurde Zeit zurück nach Hause zu reisen und da er wieder einige Umwege zur Sicherheit nehmen wollte, würde es noch ein langer Weg werden.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » Sa 7. Jan 2023, 21:26

"Um seinet- und deinetwillen", ergänzte der Kriegerprinz sanft, als der trauernde Vater meinte, er wünschte sich, dass der Tod seines Sohnes nur eine Lüge währe. In seinem Fall war es das glücklicherweise auch so. Allerdings fragte sich Pyratres, nun wo er so einiges mehr über die Umstände dieses Schauspiels wusste, weshalb sich die Königin von Hayll darauf eingelassen hatte. Warum hatte sie den Jungen nicht einfach so getötet? Der Haushofmeister wusste zwar, weshalb Eoshan dies nicht tun würde, aber Lady Timaris. Sie hatte auf ihn nicht den Eindruck erweckt, dass sie solche Skrupel besässe. Oder steckte da noch ein anderes Motiv dahinter? Es wurde wirklich Zeit, dass er ein ausführliches Gespräch mit dem Prinzen führte.

Er nickte dem Krieger noch einmal zu, als dieser sich dafür bedankte, dass er ihn wenigstens angehört hatte. "Ja, das warst du ihm schuldig", erwiderte er leise. Und das war auch seine Meinung. Wenn man ein Kind in die Welt setzte, dann hatte man auch dafür zu sorgen und zu achten, dass es ihm gut ging.
"Ich werde ihr die Grüsse ausrichten und möge Sion bald besiegt sein, damit du weiter nach deinem verlorenen Sohn suchen kannst."Und ihn dann auch findest. "Ich wünsche dir eine sichere Heimreise."

Pyratres blieb noch lange im Schatten der Bäume stehen, auch nachdem der Krieger schon längst aus seinem Blick entschwunden war. Dabei überlegte er sich genau sein weiteres vorgehen. Er zweifelte nicht an Eoshans Urteilvermögen. Doch er glaubte nicht, dass sie die Bösartigkeit und Hinterlist gewisser Menschen überhaupt begreifen konnte. Etwas wofür er unglaublich dankbar war. Schliesslich ging er dann aber wieder zurück zu der Kiste, die der Krieger hier gelassen hatte, verstaute sie in seinem Juwelengepäck und machte sich auf die Rückreise nach Faolchur.

Am Vormittag des nächsten Tages machte er sich auf die Suche nach dem Prinzen. Eigentlich hätte er ja auch Eoshan fragen können. Sie schien immer zu wissen, wo sich die Mitglieder ihres Hofes oder ihrer Familie befanden, allerdings wollte er noch nicht, dass sie von diesem Gespräch erfuhr. Erst wollte er alleine mit Minan sprechen und ihn etwas kennen lernen. Immerhin hatten sie sich bis jetzt jeweils nur kurz getroffen und keine Gelegenheit gehabt miteinander zu sprechen.
Schliesslich fand er den Prinzen in der Bibliothek über ein Buch vertieft. Mit einem freundlichen Lächeln trat er zu ihm hin und begrüsste ihn mit tiefer Stimme. "Guten Morgen Prinz Darken", meinte er höflich. Auch wenn sie jetzt gewissermassen zur selben Familie gehörten, waren sie noch nicht wirklich miteinander vertraut. "Ich habe dich schon überall gesucht, da ich mit dir sprechen möchte. Aber nicht hier. Dafür habe ich ein gemütlicheres Zimmer, wo wir niemanden stören."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » Sa 7. Jan 2023, 21:35

Er war gerade dabei ein Buch über verschiedene Gifte, die in Dea al Mon vorkamen, zu lesen, als er eine dunkle Stimme vernahm und kurz vor Schreck zusammenzuckte. Minan blickte auf und nach oben in das Gesicht des Haushofmeisters. Sofort mußte er an die erste Begegnung mit ihm denken und daran wie der Kriegerprinz Eoshan angefahren hatte als diese mit Minan bei der Stadt angekommen war. Erst später hatte er begriffen, dass er es aus Sorge getan hatte, weil seine Königin sich einige Tage nicht gemeldet hatte, trotzdem hatte er seitdem nicht mehr oft mit Prinz Rall zu tun gehabt.
Minan erhob sich rasch. "Dir auch einen guten Morgen, Prinz Rall", erwiderte er ebenso höflich. Etwas unsicher sah er den Kriegerprinzen an. Warum suchte er ihn wohl auf? Denn es war ja offensichtlich, dass er irgendetwas von Minan wollte. Bis er nicht wußte was das war, würde seine Zurückhaltung und Unsicherheit wohl auch nicht verschwinden.
Als sich Pyratres dann auch erklärte, wurde Minan noch mulmiger zumute. Er hatte ein komisches Gefühl im Bauch. So wie sich der Haushofmeister ausdrückte, klang es nach etwas wichtigem "Ist etwas passiert?", fragte er zaghaft nach. Und dann wollte der Dea al Mon auch noch in einem abgeschiedenen Zimmer mit ihm reden wo sie durch niemanden gestört wurden. Wo ihn niemand hören würde...

Hast du etwas angestellt, fragte er in Gedanken Darken, der sich jedoch nicht entsinnen konnte und selbst wenn, wüßte Minan wohl selbst besser, ob es etwas schlechtes gewesen wäre oder nicht. Sein anderer Splitter hatte deutlich weniger Gewissensbisse.
"Also eigentlich... bin ich später mit jemanden verabredet." Es entsprach sogar der Wahrheit, doch Minan sagte es eher, um den Kriegerprinzen darauf hinzuweisen, dass man sein Verschwinden nach einer Weile bemerken würde. "Aber vorher habe ich noch Zeit." Der junge Prinz legte das Buch beiseite und sah Pyratres dann abwartend an, strich sich eine schwarze Strähne aus dem Gesicht. Selbst trug er eine dunkelbraune Hose mit vielen Taschen und eine grüne Weste. Die Fingernägel an seiner Hand waren wie so oft schwarz lackiert.
Hoffentlich wollte der Dea al Mon nichts schlimmes. Aber warum sonst der einzelne Raum? Leichte Angst und Unwohlsein kroch in ihm hoch, obwohl sie noch nichtmal bei dem Zimmer waren.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » Sa 7. Jan 2023, 21:37

Der Prinz erhob sich rasch, als er angesprochen wurde und grüsste ihn ebenfalls höflich. Doch sein Unbehagen war gut zu spüren. Zumindest für den Kriegerprinzen, der immer etwas aggressiv werden liess. Man brauchte vor ihm doch keine Angst zu haben. Eigentlich schon, aber doch nicht einfach so. Dennoch versuchte er sich zu beherrschen und den Jungen nicht anzufahren, er solle sich nicht so anstellen. Das wäre bestimmt nicht hilfreich.

"Ja, es ist etwas passiert und du solltest es erfahren", antwortete er ihm auf seine zaghafte Frage. Erst dachte er, der Prinz könne nicht kommen wegen seiner Verabredung. Doch dann sagte er, dass er vorher doch noch etwas Zeit hätte. "Gut, dann lass uns gehen." Er machte sich daran Minan in seinem Arbeitszimmer, oder besser gesagt den Salon davor zu führen. Dass der Prinz seine Verabredung erwähnt hatte, um ihn zu warnen, dass sein Verschwinden mit der Zeit bemerkt würde, kam ihm nicht einmal im Traum in den Sinn.

Während sie durch die Gänge gingen, wurde der Prinz immer nervöser und strahlte auch leichte Angst aus. Das zehrte an seinen Nerven und auch er wurde ungeduldiger. Doch glücklicherweise erreichten sie den gemütlichen kleinen Salon, dessen Wände voller Bücherregale waren. Er hoffte einfach, dass Minan hier ruhiger wurden.

"Setz dich doch", bot er dem Prinzen freundlich an und deutete auf einen der bequemen Sessel aus dunkelbraunem Leder. "Möchtest du etwas zu trinken haben?" Vorsorglich holte er schon zwei Gläser und verschiedene Flaschen mit nichtalkohlischen Getränken aus einem Schrank und stellte alles auf den Salontisch. Alkohol würde er dem Jugendlich jetzt bestimmt nicht anbieten.

Er schenkte Minan das gewünschte ein und schenkte sich selber Wasser in sein Glas, bevor er sich ihm gegenüber auf einen anderen Sessel setzte und ihn erst ansah. "Ich habe Besuch bekommen, der deine Ankunft hier in Dea al Mon in vollkommen anderes Licht rückt", begann er schliesslich direkt. Er lehnte sich im Sessel zurück und musterte die Reaktionen des jungen Mannes genau, um das zu erfahren, was er wissen wollte. "Willst du mir sagen, was genau in Hayll passiert ist? Wie es zu deiner Abreise kam?" Cerco hatte ihm ja schon einiges erfahren, doch er wollte das auch noch aus der Sicht von Minan hören. "Wie stehst du jetzt zu Hayll und seiner Königin?"
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » Sa 7. Jan 2023, 21:39

Es war also doch etwas passiert, sein Gefühl hatte ihn nicht getrogen. Aber was? Es klang alles so unheilsschwanger. Der Kriegerprinz hüllte sich in Schweigen, begann nur ihn aus der Bibliothek zu führen. Minan wurde immer nervöser, während sie die Gänge entlang schritten, doch er traute sich auch nicht zu fragen, wohin genau sie gingen oder was dann passieren würde. Unruhig folgte er Pyratres und bemühte sich in Geduld. Der Weg kam ihm viel kürzer vor als er vermutlich in Wahrheit war, doch dann hatten sie leider schon ihr Ziel erreicht. Ein kleiner wirklich gemütlicher Salon in dem der junge Prinz bisher noch nie zuvor gewesen war. Gehörte das etwa zu den privaten Gemächern von Pyratres?
Aber er wollte nicht... Minan blickte zur Türe, seine einzige Fluchtmöglichkeit, die sich ihm jedoch gerade verschloss. Er versuchte sich zu beruhigen, sagte sich, dass Eoshan gewiss niemanden einstellen würde, der grausam war. Doch es half nicht gegen seine irrationalen Ängste, zudem hatte er den Kriegerprinz bereits einmal wütend erlebt und das wollte er nicht wieder erleben, womöglich sogar am eigenen Leibe abbekommen.

Minan setzte sich zögerlich in einen der Sessel, nachdem der Dea al Mon ihn dazu aufgefordert hatte. "Ich nehme das, was ihr.. du auch trinkst", verbesserte er sich rasch, versuchte nicht in seine alten Muster zurückzufallen, obwohl es ihm schwer fiel. Pyratres hatte einige Flaschen aus einer Vitrine geholt, schenkte ihm nun Wasser ein und stellte ihm das Glas hin. Sie tranken beide das gleiche, das war wenigstens etwas sicher, doch trotzdem würde Minan das Glas nicht anrühren bevor nicht der Dea al Mon zuerst von seinem einen Schluck genommen hatte. Es geschah aus reiner Gewohnheit, dass er so handelte.
Der Haushofmeister ließ sich ihm gegenüber nieder, was den jungen Prinzen etwas beruhigte, da der Tisch zwischen ihnen war. Aber als er dann den ernsten Blick mitbekam, war es mit der Ruhe wieder vorbei. Vor allem als Pyratres nun zu sprechen begann. Besuch? Und was meinte er damit, dass es Minans Ankunft in ein vollkommen anderes Licht rückte? In ein schlechtes Licht? Würde er ihn aus dem Wald hinauswerfen? Nein, Eoshan würde das doch nicht erlauben, aber vielleicht wußte sie ja gar nichts von dem Gespräch und erreichen konnte er sie auch nicht. Minan vermied es zur Tür zu blicken, doch er wirkte eindeutig etwas verloren in dem Ledersessel.

Minan schwieg, während Pyratres ihm einige Fragen stellte, die ihn in noch mehr Verwirrung stürzten. Was sollte er dazu nur sagen? Und vor allem, warum wollte der Kriegerprinz das bloß wissen? Er nagte an seiner Unterlippe, schwieg eine Weile. Minan hatte selbst mindestens ebenso viele Fragen, doch er wagte nicht eine von ihnen zu stellen. Zum Beispiel was passierte, wenn er die Fragen des Haushofmeisters nicht beantworten wollte.
"I-ich hatte Geburtstag und wurde siebzehn.... und deswegen durfte ich in Draega ins Theater", fing er nun doch an zu berichten, "Als ich wiederkam, hatte Timaris ganz viele Adelige eingeladen und sie war wütend und der Meinung, dass ich zu spät kam... obwohl ich gar nichts von der... Feier wußte." Der Prinz schluckte, senkte den Kopf und konnte den Dea al Mon nicht anschauen. So genau hatte er das noch nie jemanden gesagt. "Dann... dann hat sie Musik angemacht und ich mußte mit ihr tanzen, bis ich mich wehrte und sie noch wütender wurde und mich schlug... da hat sie eine Machtkugel auf mich geschleudert. Es sah aus als würde ich brennen und ich hatte furchtbare Angst, dass ich wirklich sterbe, doch Caelvar, der Eyrier, der mit mir gekommen ist, hatte ein Schild unter seine und meine Kleidung gelegt und so verbrannte nur meine Kleidung und wir selbst verschwanden. Ich weiß nicht genau was dann passierte, ich schrie... und viele zerbrachen und dann wurde ich ohnmächtig. Als nächstes wachte ich im Wald auf, bei Caelvar und er sagte mir, dass Timaris dies alles nur inszeniert hatte, weil man mich für tot halten muss, damit Sion nicht weiter nach mir sucht, und dass wir nun nach Dea al Mon reisen würden. Das haben wir gemacht und seitdem bin ich hier..." Langsam hob er seinen Kopf wieder, in seinen Augen glitzerten Tränen. "Was glaubst du denn wie ich deswegen zu Hayll und seiner Königin stehen soll?" Er würde ihr nie mehr vertrauen können. Von der Reise selbst wußte er nichts zu berichten, denn er war in völliger Apathie gewesen und wäre Darken nicht, hätte Caelvar ihn wohl den weiten, gefährlichen Weg tragen müssen. "Warum fragst du mich das alles? Muss ich jetzt von hier auch weg?", fragte er ganz leise. "Bitte, ich möchte nicht gehen..." Allein bei dem Gedanken daran, wurde ihm schlecht. Er war so gerne in Dea al Mon, er wollte nicht mehr fort, besonders nicht wo er nun auch Freunde hier hatte.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » Sa 7. Jan 2023, 21:55

Der Prinz wirkte so unglaublich klein und zart in dem Sessel. Seine Nervosität machte den Kriegerprinzen fast wahnsinnig. Dabei machte er doch gar nichts und bemühte sich freundlich zu dem Jungen zu sein. Aber es schien einfach nichts zu nützen. Auch trank er nichts, obwohl er doch zugestimmt hatte, dass er etwas trinken möchte. Ihn Pyratres kämpfte derweil der Drang ihn anzuknurren mit dem Drang ihn zu beschützen. Dabei war Minan trotz des Namen keine Königin, geschweige denn eine Frau. Das war sehr verwirrend.

Dann aber begann er stockend zu berichten, was passiert war. Soweit er das beurteilen konnte schien das ein eindrucksvolles Theaterstück gewesen zu sein, das hervorragend nach Hayll passte. Doch irgend etwas schien nicht zu stimmen. Was Minans Frage nur bestätigte. Doch das hätte Pyratres ja gerne von dem Prinzen gewusst, wie er zu Hayll und Timaris stand. Gleich darauf fragte er aber ganz leise, so dass Pyratres ihn fast nich hören konnte, ob er jetzt auch von hier weg musste. Ausserdem beteuerte er, dass er nicht gehen möchte und er machte einen ganz elenden Eindruck.

"Nein natürlich musst du hier nicht weg", versicherte er dem Jungen etwas verwirrt. "Wie kommst du denn darauf? Ich versuche nur herauszufinden, warum Lady Tolarim so einen Aufwand betrieben hat, um dich vor Sion zu schützen. Nimm es mir bitte nicht böse, aber sie hat auf mich den Eindruck gemacht, dass sie einen fast fremden Jungen eher töten würde, als so ein Risiko einzugehen. Ich will heraus finden, ob sie sonst noch etwas damit bezweckt hat. Deswegen auch meine Frage, wie du zu ihr stehst. Ich würde also vermuten, dass du ihr sehr dankbar bist und deswegen so einiges für sie tun würdest. Allerdings machst du nicht gerade diesen Eindruck..."
Langsam ging ihm auf, was vorhin nicht gestimmt hatte. "Beim Feuer der Hölle", knurrte er zornig und knallte das Glas zurück auf den Tisch, aus dem er gerade hatte trinken wollen. "Sie hat es dir nicht gesagt. Sie hat dich einfach reinlaufen lassen und es nur Caelvar gesagt. Du wusstest nicht, dass es nur eine Schau war und hast tatsächlich gedacht, dass sie dich töten würde." Warum hatte die Frau das nur getan?
"Na so dankbar wirst du ihr wohl doch nicht sein. Das muss ein ganz schöner Schreck für dich gewesen sein." Ungläubig schüttelte er den Kopf. "Wie kann sie dein Vertrauen nur so missbrauchen?"
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » Sa 7. Jan 2023, 22:24

Gespannt und immer noch etwas ängstlich wartete Minan auf die Reaktion des Kriegerprinzen, während er sich fortwährend sagte, dass hier Fragen stellen erlaubt war und der Mann nicht böse deswegen werden würde. Gänzlich sicher war er aber nicht und so war er wirklich ehrlich erleichtert, als Pyratres als erstes sagte, er müsse nicht von hier fort.
"Ich dachte nur... weil du mir all diese Fragen stellst und... vielleicht habe ich ja etwas falsch gemacht." Ratlos ließ er die Schultern hängen. "Ich weiß auch nicht...."
Der Dea al Mon erklärte ihm daraufhin, er wolle nur wissen warum Timaris so einen Aufwand betrieben hatte, um ihn zu schützen, wo sie ihn doch mit viel weniger Risiko einfach hätte töten können. Darauf wußte Minan auch keine wirkliche Antwort, er glaubte, er hatte es mal gewußt, doch seit der schrecklichen Geburtstagsfeier war alles anders. Erst als Pyratres etwas davon sprach, dass er vermutete, Minan wäre der Königin sehr dankbar, blickte der Prinz ihn mit großen Augen an. Wie kam er denn darauf? Glaubte der Mann etwa, es wäre schön gewesen, Todesängste an seinem Geburtstag auszustehen? Nicht dass das etwas neues für Minan gewesen wäre. Er hatte sich vorgenommen deswegen niemanden mehr sein Geburtsdatum zu verraten.

In dem Moment knurrte Pyratres plötzlich wütend auf, knallte sein Wasserglas heftig auf den Tisch. Minan zuckte vor Schreck zusammen, presste sich enger an die Lehne des Sessels. Warum war der Kriegerprinz so wütend? Dann aber begriff Minan allmählich das es deswegen war, weil Timaris ihm nichts von ihren Plänen verraten und er völlig unwissend in diese Feier getappt war.
"Nein, so dankbar bin ich ihr deswegen nicht...", stimmte er verhalten zu. Wieder mußte er sich in Erinnerung rufen, dass die Dea al Mon ganz anders auf Ereignisse reagierten, sie Anteil nahmen und wütend wurden wenn sie solche Geschichten hörten, dass sich die Wut dabei nicht gegen Minan richtete. Als Pyratres ihn fragte wie Timaris sein Vertrauen nur so hatte missbrauchen können, schluckte der junge Prinz leicht.
"Damit es echt wirkt...", antwortete er schließlich bitter. "Weil sie mir nicht getraut hat, dass ich sie nicht verrate...." Er seufzte leise kläglich. "Ich weiß nicht warum sie mich nicht einfach getötet hat... ich dachte, weil sie mich mag und mir helfen wollte. Sie hat mir auch den Ring des Gehorsams abgenommen und ich durfte lesen und schreiben lernen und solche Dinge. Mein Vater durfte mich besuchen... aber jetzt denken alle dort, ich wäre tot. Vermutlich sollte ich ihr dankbar sein. Wegen Sion und dass sie mich nicht getötet hat. Sie hat auch gar nicht so lange mit mir gespielt, es war nicht so schlimm wie sonst."
Minan sah wieder zu dem Haushofmeister, man konnte ihm anmerken, dass es ihm schwer fiel überhaupt darüber zu sprechen und lieber woanders gewesen wäre.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » Sa 7. Jan 2023, 22:25

Die Bewegung des Prinzen, als er vor Schreck zusammenzuckte, lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf Minan, der sich eng an den Sessel presste. Wie ein in die Ecke gedrängtes Mäuschen, das sich vor einer Katze verstecken wollte. In den Augen des Kriegerprinzen funkelte es deswegen auch entsprechend angriffslustig. Die Angst von Minan nagte immer mehr an ihm und er befürchtete ihn hinaus werfen zu müssen, bevor er alles mit ihm hatte besprechen können.

"Du wirst hier nicht weg geschickt, wenn du etwas falsch machst", knurrte er beherrscht, was wohl nicht sonderlich beruhigend klang. "Dazu habe ich auch gar nicht das Recht. Das ist Eoshans Pflicht. Aber sie wird dich jetzt bestimmt nicht wegschicken." Einmal abgesehen von Sion, hatte sie Minan adoptiert.

"Ja, natürlich nicht", brummte Pyratres, als Minan meinte, er sei Timaris nicht sonderlich dankbar dafür. Es verwirrte ihn mehr und mehr. War bei der Sache wirklich nichts für die Königin herausgesprungen? Nur das Risiko? Alles nur weil sie den Jungen retten wollte? Gut, Eoshan würde auch so handeln. Aber Timaris war nicht Eoshan.
"Damit es echt wirkt?" wiederholte er schnaubend die bitteren Worte des Prinzen. Allerdings konnte er die Befürchtung des Verrats verstehen. Selbst wenn er unabsichtlich geschah. "Allerdings haben die Königinnen manchmal die wenig beneidenswerte Aufgabe, Dinge zu tun, deren Preis sehr hoch ist. Und der Hof zahlt den Preis." Der Junge seufzte leise und überaus kläglich und erzählte, wie es ihm bei Lady Tolarim langsam besser gegangen war. Auch wenn es eigentlich nur sehr wenig war.

"Nun, ein gewisses Mass an Dank schuldest du ihr schon, Prinz", räumte Pyratres etwas ruhiger ein. "Na hoffentlich hat sie dir dieses Ding auch abgenommen. Dieses Folterinstrument ist einfach nur pervers. Wie kann man überhaupt nur daran denken, so etwas zu erfinden. Das ist..." Der Kriegerprinz bemerkte, dass er sich in Rage geredet hatte, hielt inne und atmete tief durch, um sich wieder zu beruhigen. Allerdings half ihm der letzte Satz des Prinzen nicht sonderlich dabei.
"Gar nicht so lange?" knurrte er ungläubig und mit einer unglaublich schnellen, fliessenden Bewegung war er aufgestanden, um den Tisch gegangen und hatte sich dicht vor Minan auf den Tisch gesetzt und sah ihn nun eindringlich an. "Nich so schlimm wie sonst? Heisst das etwa Lady Tolarim hat dich ebenfalls missbraucht? Hat sie das Werk von Talian Darken, deiner Mutter etwa fortgeführt?"
Alles begann sich um ihn zu drehen und er spürte, wie er langsam herab sank. Wie konnte jemand nur so etwas tun? Und sie waren mit dieser Frau auch noch verbündet. Dabei sollte man sie töten, zerreissen. Jah, jemanden zerreissen, das würde jetzt gut tun.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » Sa 7. Jan 2023, 22:31

Was er auch tat, der Kriegerprinz wurde immer wütender und mittlerweile hatte Minan wirklich die Befürchtung, diese Wut würde nachher an ihm ausgelassen werden. Trotzdem sagte Pyratres, es würde nicht fortgeschickt werden, er hätte auch nicht das Recht dazu, was Minan etwas erleichterte. Dafür redete der Dea al Mon weiter, sichtlich beherrscht und man konnte ihm anmerken, dass er das Tun von Timaris im gewissen Sinne auch verurteilte, gleichzeitig dann aber sagte, Königinnen müssten manchmal solche Dinge tun deren Preis sehr hoch war. Ein Preis den dieses Mal Minan gezahlt hatte, schließlich hielt ihn jeder in Hayll für tot, und auch sein Vater... Timaris hatte einfach ohne zu Fragen all seine Banden, die er zaghaft geschlossen hatte, grausam zerrissen, seine Hoffnung, sein einsetzendes Vertrauen gnadenlos missbraucht und zerstört. Minan war einfach noch ganz und gar nicht bereit ihr zu vergeben, selbst wenn er ihr eigentlich dankbar sein sollte.
Pyratres schien wenigstens zu wissen was der Prinz mit dem Ring des Gehorsams meinte und dass er dieses Folterinstrument pervers fand. Minan konnte ihm nur schweigend zustimmen, drückte sich aber weiter in den Sessel, weil der Haushofmeister immer zorniger wurde. Bis der Kriegerprinz sich mit einem Satz schnell erhob und sich dicht vor ihm auf den Tisch setzte, ihn anfuhr, ob Timaris ihn missbraucht hätte, ob sie das Werk seiner Mutter fortgeführt hätte.

Minan schnappte nach Luft, sein Herz raste und in seinen Augen stand pure Angst geschrieben. Nicht nur weil Pyratres ihm unwirsch und im aufgebrachten Tonfall all diese Fragen stellte, sondern besonders weil der Mann so nah vor ihm saß. Er konnte einfach nicht mehr, hatte furchtbare Angst der Dea al Mon würde doch Hand an ihn legen.
So übernahm Darken, der den Kriegerprinzen sofort mindestens genauso wütend anblickte. "Ich hab keine Mutter!", zischte er, "Es gab nur eine Person, die mich in die Welt gesetzt hat, und die hat mein Vater getötet!" Der Prinz fuhr so heftig auf, dass der Ledersessel nach hinten kippte, aber wenigstens hatte er so eine Rückzugsmöglichkeit. Wild funkelnd sah er Pyratres an. Woher wußte der überhaupt so viel darüber? Hatte Eoshan ihm davon erzählt?
"Und Timaris war die Nettigkeit in Person", knurrte er, "Sie hat mir sogar geholfen mich vom Safframatte zu befreien. War das nicht unglaublich nett von ihr? Ich möcht fast vor Dankbarkeit vergehen." Seine Stimme troff nur so vor Sarkasmus, der Kriegerprinz konnte sich bestimmt denken auf welche Weise Timaris ihm "geholfen" hatte. "Und ich will nie wieder über diese Person sprechen! Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, meinen Tod zu inszenieren, sie hätte es vorher mit mir besprechen können, aber nein, ich bin ja ein zerbrochener Krüppel den man nichtmal trauen kann irgendetwas richtig zu machen. Es hätte einen anderen Weg gegeben als mich ausgerechnet an meinem Geburtstag zu quälen! Aber ich schätze, im Vergleich zu meinen anderen Geburtstagsfeiern davor, die jedesmal riesige Orgien waren, war Timaris wirklich richtig nett. Verleihen wir ihr einen Orden!"
Voller Zorn starrte er Pyratres angriffslustig an. "Na, noch mehr so tolle Fragen? Möchtest du ein paar Details hören? Scheint dich ja mächtig aufzugeilen, du siehst so aus als würdest du gleich in die Luft gehen." Angst hatte Darken jedoch nicht die Spur, auch seine Signatur wirkte dunkler, aggressiver.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 09:58

Die Angst von Minan schoss augenblicklich in die Höhe, als er so nah bei ihm war und es war beinahe zuviel für Pyratres. Da geschah mit Minan etwas merkwürdiges. Die Angst wandelte sich augenblicklich in Wut. Das war gut. Damit konnte er besser umgehen. Allerdings lenkte ihn der Wandel des Prinzen noch viel mehr ab. Die Angst wurde nicht nur zu Wut, seine ganze Signatur schien sich zu ändern, war aber noch immer Minan. Nur war sie jetzt um einiges dunkler und aggressiver. Das war ihm schon öfters aufgefallen, besonders bei den Abendessen. So als ob er es mit Zwillingen zu tun hätte, aber immer nur einen aufs Mal sah. Er hatte das einfach dem zugeschrieben, dass Minan verschiedene Launen hatte und sich deshalb seine Signatur so stark verändert, weil ihm niemand beigebracht hatte, wie man das kontrollierte. Das war ja möglich in den anderen Territorien. Aber nun da er den Wandel direkt mitbekam, schien ihm das etwas anderes zu sein.

Minan fuhr ihn inzwischen an, dass er keine Mutter hätte. Nur eine Frau, die ihn auf die Welt gebracht hatte und die sein Vater getötet hatte. Pyratres nickte anerkennend. Einerseits weil er die Sichtweise des Prinzen durchaus als berechtigt und richtig ansah, andererseits weil er Lord Sarden genau so eingeschätzt hatte und seine Anerkennung für den tapferen Krieger, der so litt weiter anstieg.
Mit einem dumpfen Knallen viel der Stuhl nach hinten, als Minan sich abrupt erhob. Pyratres erhob sich ebenfalls geschmeidig und so standen sie einander gegenüber und funkelten sich an. Sarkastisch erzählte der Prinz weiter wie Timaris zu ihm gewesen war und dass er nicht mehr über sie sprechen wollte, was Pyratres zwar nur zu gut verstehen konnte, sich aber nicht sicher war, ob er Minan diesen Wunsch auch erfüllen konnte.
Ein dunkles Grollen entwich seiner Kehle, als der Prinz das Safframatte erwähnte und seine Wut begann wieder zu kochen. Er kannte dieses Potenzmittel, auch wenn er es selber nie gebraucht hatte. Er wusste was es für eine Wirkung ein zerriebenes Samenkorn hatte. Allerdings konnte er sich nicht vorstellen, dass diese Talian es bei einem Korn belassen hatte. Das musste für den Prinzen wie eine Brunst für einen Kriegerprinzen gewesen sein. Aber in dem Alter? Das war einfach nur grausam und Pyratres bekam immer mehr den Wunsch, mit jemandem zu kämpfen. Er sollte nacher wohl Gwenderon oder Rachhad aufsuchen. Oder Eoshan. Seine Köngin. Ja, genau, denk an sie. Denk an Eoshan und Talyn.

Langsam wirkte es und sein Blut begann wieder langsamer durch seine Adern zu fliessen. Selbst als der Prinz erwähnte, dass er zerbrochen sei und davon erzählte, wie seine Geburtstage bisher verlaufen seien.
"Ja", bestätigte er dunkel und sah den Prinzen eindringlich an, der ihn noch immer voller Zorn und Angriffslust anstarrte. "Ja, es hätte andere Möglichkeiten gegeben, deinen Tod vorzuttäuschen. Sie hätte es mit dir besprechen sollen."
Ein fragender Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. "Zerbrochen? Dann hast du also wirklich nie die Kunst benutzt und es erschien mir nicht so." Erkenntnis gesellte sich zu der Frage, als er alle Beobachtungen zusammen fügte, die er gemacht hatte. Schliesslich war das sein Beruf, auch die winzigst kleine Mimik in den Gesichtern zu sehen und die Gesten zu interpretieren. "Hat das damit zu tun, dass du jetzt dein eigener Zwilling zu sein scheinst? Einfach nur wütender, bereit zu kämpfen und nicht so verflucht ängstlich."

Pyratres schüttelte den Kopf, um ihn frei zu bekommen. "Beim Feuer der Hölle, natürlich gehe ich gleich in die Luft. Junge, hat dir denn niemand beigebracht, wie man mit einem Kriegerprinzen umgeht? Ich geile mich ganz bestimmt nicht an deiner Vergangenheit auf. Sie ist schrecklich und macht micht fassungslos und zornig zugleich. Dennoch musste ich doch herausfinden, wie du zu Hayll stehst, ob du indirekt eine Gefahr für Eoshan darstellst, nachdem ich erfahren habe, wie du hier her gelangt bist."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 10:02

Pyratres grollte und knurrte immer noch, doch es störte Darken nicht. Das war verdammt nochmal das Problem des Dea al Mon und nicht seines. Was ihn viel mehr störte, war dieses dumme Gespräch hier von dem er überhaupt nicht wußte was es sollte außer dass Pyratres in offenen Wunden, die überhaupt nicht verheilt waren, herumstocherte. Kein Wunder, dass Darken dadurch sehr aggressiv wurde. Es war nunmal seine Art sich zu wehren, lieber austeilen als einstecken.
Der Kriegerprinz versuchte sich anscheinend zu beruhigen, stimmte ihm dann sogar zu, dass es andere Wege gegeben hätte seinen Tod vorzutäuschen und Timaris hätte ihm dies nicht verschweigen sollen. Nun fragte er auch nach, ob Darken wirklich zerbrochen wäre und der Prinz verdrehte die Augen. Er hasste die Frage. Die Leute in Dea al Mon schienen allesamt begriffsstutzig zu sein, denn jedesmal wenn er sich durch so ein Gespräch quälte, kam diese dumme Nachfrage. Als ob sie mit ihren spitzen Ohren nicht sowieso gut genug hören würden.
Allerdings überraschte der Haushofmeister ihn dann indem er bemerkte, der Prinz würde viel wütender und kampflustiger wirken und ob dieses Zerbrochen sein etwas damit zu tun hätte, dass er wie sein eigener Zwilling wirke.
"Applaus für deine Beobachtungsgabe, ich würd ja klatschen, aber mein anderer Arm ist mir irgendwie abhanden gekommen", gab Darken scharf zurück, "Mein böser Zwilling meinst du wohl. Du als Krieger verstehst das sicher. Wenn man ums Überleben kämpft, greift man eben zu verzweifelten Maßnahmen und es war leichter zu ertragen, wenn man die Bürde teilte... auf verschiedene Splitter. Jeder Splitter hatte einen anderen Weg damit umzugehen. Ich bin übrigens Darken", stellte er sich vor, "Und jetzt frag nicht warum du das bisher nicht wußtest. Eoshan hats mir versprochen, weil ich wirklich keine Lust habe, dass jede Minute irgendwer zu mir kommt und mich fragt, oh bist du wirklich zerbrochen? Wie schrecklich, erzähl doch mal", äffte der Prinz nach.

"Auch wenn dich das verwundern mag, aber es ist jetzt nicht grad spaßig über meine Vergangenheit zu reden." Er machte einen Schritt an dem umgestürzten Sessel vorbei. Mittlerweile stand ja auch Pyratres, versuchte immer noch sich zu beruhigen, auch wenn Darken es ihm vermutlich nicht leicht machte. "Natürlich hat man mir beigebracht mit Kriegerprinzen umzugehen. Ich hab schon mehrere durch ihre Brunst geführt", gab er hart zurück, vermutlich war das nicht das was Pyratres gemeint hatte, aber wenn der Mann ihm so nahe kam, sollte er sich nicht wundern, dass Darken ihm das nun rücksichtslos an den Kopf warf. "Ist das Verhör jetzt beendet? Und vergiss es gleich mir irgendwelche Fragen über Sion zu stellen. Ich habe keine Ahnung warum und wieso er mich sucht, vielleicht sammelt er männliche Schwarze Witwen, und die Visionen über ihn werde ich dir nicht sagen. Und wie ich zu Hayll stehe? Ich habe Timaris nie vertraut und wenn ich könnte, würde ich sie liebend gerne umbringen. So, wars das jetzt?", giftete er und wandte sich zum Gehen. Auf so ein Gespräch hätte er wirklich keine Lust. Was fiel Pyratres überhaupt ein, ihn hierher zu bringen und so auszufragen? Darken stellte ihm ja auch keine so intimen und persönlichen Fragen. Haushofmeister hin oder her, aber die Zeiten wo Darken Rechenschaft vor jemanden ablegen mußte, war seiner Meinung nach endlich vorbei. Der Dea al Mon konnte froh sein, dass Minan da gewesen war um ihm überhaupt etwas zu erzählen.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 10:22

Pyratres nickte. Ja das mit der Bürde aufteilen konnte er verstehen. Auch wenn er nicht genau wusste, wie das mit den Splitter war. Ob das wirklich so gut für die betroffene Person war. Aber da der Prinz eindeutig zu verstehen gab, dass er nicht darüber reden wollte, stellte er keine Fragen dazu und versuchte sich von seinen scharfen Kommentaren nicht provozieren zu lassen.
"Nein," knurrte er dunkel. "Nich dein böser Zwilling. Wieso auch? Du hast zwar eine verflucht scharfe Zunge, aber böse scheinst du nicht zu sein. Und ich frage nicht, warum ich das bisher nicht wusste. Denn es war nicht wichtig für meine Arbeit und die Sicherheit von Dea al Mon. Eoshan hat ein gutes Urteilsvermögen und wenn sie das nicht als Gefahr ansah, dann habe ich keinen Grund es doch zu tun. So möchte ich dich nur ebenfalls in Dea al Monn willkommen heissen Darken."

Natürlich verstand er, dass es schmerzhaft für Darken war über seine Vergangenheit zu reden. Eigentlich hatte er ihn ja auch nicht dazu aufgefordert. Zumindest nicht über die Geschehnisse vor Hayll. Der Prinz kam selber immer wieder damit. So liess er ihm auch Freiraum und stellte mit Hilfe der Kunst den Sessel wieder auf, als Darken davon wegtrat.

Seine nächsten Worte liessen seine Wut aber wieder explodieren und heiss in seinen Adern kochen. Aufgebracht starrte er den jungen Mann an. Über so etwas machte man keine Witze. Schon gar nicht in Gegenwart eines Kriegerprinzen. So packte er ihn hart an seinem Oberarm, als dieser sich zum gehen wandte und zog ihn zurück zu seinem Sessel, wo er ihn recht unsanft dazu zwang, sich zu setzen.

"Das ist ja wunderbar, dass du dich so gut mit Kriegerprinzen auskennst", meinte er gefährlich sanft und viel zu freundlich. "Dann weisst du ja auch, was passiert, wenn man sie zu sehr reizt." In seinem Hinterkopf schrie eine leise Stimme, er solle sich verflucht nochmal beruhigen. Aber Pyratres hatte gerade gar keine Lust dazu. Viel lieber wollte er dem Jungen eine kräftige Lektion erteilen. Am liebsten auf dem Trainigsplatz.
"Aber schön, dass du mir die ganzen Fragen gleich freiwillig beantwortest. Das erleichtert so einiges und ich muss nicht alle Antworten aus dir herausschütteln." Beim Feuer der Hölle, eine männliche Schwarze Witwe! "Und nein, das wars jetzt nicht? Schon vergessen? Es ist etwas passiert, wovon du erfahren solltest. Oder interessiert dich das nicht mehr. Und ist dir nicht aufgefallen, dass ich einiges über dich wusste? Verwundert dich das nicht? Oder zweifelst du etwa an Eoshans Wort?" Der Prinz sollte jetzt einfach keine falsche Antwort geben, sonst würde er ihn doch noch zu einer hübschen, kleinen, körperlichen Ertüchtigung drängen.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 10:25

Dann wagte der Kriegerprinz gar ihn hart am Oberarm zu packen und zurück zum wieder aufgestellten Sessel zu ziehen. Darken fauchte wütend auf, natürlich versuchte er sich zu wehren und kurz nachdem Pyratres gezwungen hatte, sich hinzusetzen, stand der Prinz auch schon wieder, machte einige rasche Schritt zurück und zog seinen Dolch vom Gürtel, den mit dem schwarzen Juwelensplitter im Griff. Seine dunklen Augen sprühten vor Hass und Wut.
"Ja, ich weiß was passiert wenn man sie zu sehr reizt", gab er bitter zurück, "Sie flippen aus und fassen mich an ohne dass ich es will. Du hast grad ein tolles Paradebeispiel dafür abgegeben." Wenn Pyratres sich nicht im Griff hatte, sollte er ihm besser nicht zu nahe kommen, immer noch hielt Darken den Dolch fest, bereit sich zu verteidigen. Wenn ihn jemand zu etwas zwang, reagierte er nunmal entsprechend aggressiv und wehrte sich. "Fass... mich... nie... wieder an...", brachte er mit mühsamer Beherrschung zusammen.

Verschlossen blickte er Pyratres an, der ihm gesagt hatte, das Gespräch wäre noch nicht vorbei und es wäre ja etwas passiert was Darken erfahren sollte. Ob es ihn nicht verwundere, dass der Haushofmeister so viel über ihn wußte.
"Ja, wenn das so wahnsinnig wichtig ist, warum hast dus mir nicht gleich gesagt anstatt mich erstmal mit Fragen zu löchern? War etwa jemand aus Hayll hier? Was, habe ich meine Socken dort vergessen? Vermisst man mich?", bemerkte er sarkastisch. Er weinte Hayll keine Träne nach, er kam auch alleine gut klar, das hatte er schon immer, nur dummerweise wollten ihn die Leute ja nie alleine und in Ruhe lassen. Natürlich hatte er sich schon gefragt woher Pyratres so viel wußte und versucht sich einen Reim darauf zu machen, doch seine immense Wut verhinderte gerade allzu klare Gedanken. Die Fragen hatte er auch nur patzig beantwortet, um hier schnell wieder verschwinden zu können, aber das wurde ihm ja eindeutig verweigert. Seine Deckung ließ der Prinz zu keinem Zeitpunkt fallen, obwohl er selbst wußte, dass Pyratres stärker war als er. Das hatte für Darken aber noch nie bedeutet, dass er deswegen aufgab. Er gab nie auf und der Kriegerprinz würde das auch noch feststellen.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 10:42

Kaum hatte Pyratres Darken wieder losgelassen, als dieser auch schon wieder aufsprang und seinen Dolch hervor rief. Das war eindeutig ein Fehler gewesen. Dazu war da noch dieser Hass und diese Wut. Darken war eindeutig zu einer Gefahr geworden. Sofort umschloss er den Dolch mit einem opalenen Schild und seine ganze Körperhaltung verriet, dass er auf einen Kampf gewappnet war.

Und auch seine weiteren Antworten auf seine Fragen waren patzig und sarkastisch. Das war eindeutig nicht die Stimmung, in der er von seinem Vater erfahren sollte. So packte er ihn fest am Handgelenk, seine Proteste ignorierend.
"Du willst einen Kampf?" zischte er. "Bitte sehr. Das kannst du haben." Damit zerrte er den Prinzen mit sich auf den Balkon und zog ihn auf das Geländer, schwang sich darüber um hinunter zu springen. Mit Hilfe der Kunst fing er ihren Fall ab und so landeten sie sanft auf dem Waldboden. Da liess er den Prinzen wieder los.
"Also los", forderte er ihn aufgebracht auf. "Wenn du kämpfen willst, dann kämpfen wir. Vielleicht kannst du nacher wieder klar denken." Und ich auch.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 10:43

"Lass mich los, du Mistkerl!", beschimpfte er Pyratres ungehemmt, als dieser auf ihn zukam, ihm hart am Handgelenk packte und mit sich zog. Darken wehrte sich ziemlich heftig, so dass der Kriegerprinz einige blaue Flecke und Prellungen an seinen Beinen hinnehmen mußte, da der Prinz ihn dauernd trat. Seine Augen waren voller Hass, aber der Mann zerrte ihn erbarmungslos und stur mit sich auf einen Balkon. Als Darken mitbekam, dass der Dea al Mon ihn tatsächlich zum Geländer zog und es so wirkte, als wolle er ihn da runter schmeißen, wehrte er sich nur verbissener und schnappte sogar mit den Zähnen nach dem Arm des Mannes, der ihn so grob festhielt.
Dennoch war es zwecklos, schon spürte er wie die Luft an ihm zerrte und er fiel, während Pyratres ihn aber immer noch festhielt. Der harte Fall blieb aus, sie landeten sanft auf dem Waldboden, wo Darken sofort leichtfüßig und schnell ein paar Schritte zurückmachte.

Dass der Kriegerprinz mindestens ebenso wütend und aufgebracht war wie er selbst, bemerkte er kaum noch. Pyratres forderte ihn eindeutig zu einem Kampf auf, meinte, vielleicht würde es ihm helfen wieder klar denken zu können. Doch Darken dachte mehr als nur klar, in ihm war nur noch die reine Flamme des Hasses und mehr Klarheit würde er nicht erreichen.
"Ich sollte dir deine Ohren abschneiden, denn anscheinend benutzt du sie ja eh nicht!", zischte er wütend und spielte damit darauf an, dass er ja von dem Haushofmeister gefordert hatte ihn nicht mehr anzufassen. Darken ging in Angriffsstellung, er war in Hayll von Ayden im Fechten unterrichtet worden und hier in Dea al Mon nahm er schon seit Wochen am Training teil, so dass er noch mehr dazu gelernt hatte. Zudem zögerte er nicht eine Sekunde, ging gleich auf Pyratres los und versuchte mit dem Dolch nach ihm zu stechen. Vielleicht war er nicht so stark wie der Kriegerprinz, aber er war schnell und besaß eine excellente Körperbeherrschung.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 11:01

Darken konnte ganz schön heftig zutreten, doch Pyratres war flink genug, dem tobenden Prinzen meistens ausweichen zu können. Kaum hatte er ihn unten losgelassan, als Darken auch schon leichtfüssig auf Abstand ging. Nur um gleich darauf anzugreifen, als Pyratres ihm anbot.
Ruhig blieb der Kriegerprinz stehen, bis ihn das Messer fast erreichte. Dann machte er blitzschnell einen Schritt nach rechts, packte das Handgelenk mit seiner rechten Hand, verdrehte es, machte damit einen grossen Bogen nach oben und auf der anderen seite wieder hinunter, so dass Darken aufgrund der Hebelwirkung sich nach vorne beugen musste, um die Schulter nicht ausgekugelt zu bekommen.
Rasch trat er noch einen Schritt nach vorne, so dass der Hebel seine Wirkung nicht verlieren konnte. Seinen freien Arm legte er um den Hals des Prinzen und ergriff von links den Kragen seiner Kleidung möglichst weit recht und zog etwas daran. Es würde Darken etwas würgen, je fester er zappelte desto enger wurde der Griff. Doch so konnte der Kriegerprinz verhindern, dass Darken ihn biss oder in der Luft eine Vorwärtsrolle machte, um sich aus dem Griff zu befreien.
Diese Kombination von Hebel und Würger erschien am Anfang reichlich kompliziert und man hatte eine Weile, bis man es konnte, aber es war das erste, was man im Nahkampf ohne Waffen lernte. Den Gegner in den Griff zu bekommen, so dass er einem nicht mehr schaden konnte. Und Darken hatte es ihm ja auch leicht gemacht, mit seinem frontalen Angriff. Jetzt brauchte Pyratres nur noch seine Hand etwas in Richtung seines Kopfes zu drücken und Darken würde die Waffe nicht mehr halten können, ob er wollte oder nicht.
So gab der Kriegerprinz auch etwas Druck darauf, damit Darken spüren konnte, dass ihm die Waffe gleich entgleiten würde. Aber dann hielt er inne und zischte ihm provozierend ins Ohr: "Na dann versuchs doch Kleiner." Damit stiess er ihn nach vorne von sich und gab ihm die Gelegenheit, ihn erneut anzugreifen. Trat allerdings einige Schritte zurück, damit er den Angriff sehen konnte und Darken ihn nicht attackieren konnte, während er nach vorne taumelte.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 11:19

Der Prinz keuchte auf, als Pyratres sein Handgelenk herumriss, doch er gab keinen Laut des Schmerzens von sich, das hatte er noch nie. Der Dea al Mon zwang ihn, sich nach vorne zu beugen wollte er sich nicht die Schulter auskugeln. Dennoch war Darken nicht vollständig wehrlos, trieb seine Hacke fest auf den Fußspan von Pyratres. Dieser schlang ihn erbarmungslos in einen Würgegriff, um ihn davon abzuhalten ihn weiter anzugreifen. Ohne darauf zu achten ob er Luft bekam oder nicht, zappelte der Prinz weiter, versuchte alles, um Pyratres die Haltung so unangenehm und schmerzhaft wie möglich zu machen. Seine Augen blitzten vor tiefer Entschlossenheit auf.
Er biss die Zähne zusammen, als der Kriegerprinz begann ihm den Dolch aus der Hand zu entwinden, bald drohte er schon die Waffe zu verlieren, doch Pyratres hielt plötzlich inne, zischte ihm zu, dass Darken doch sein Vorhaben versuchen sollte. Wenn der Prinz noch etwas weniger ausstehen konnte, dann das Gefühl, dass der Dea al Mon nur mit ihm spielte.

Kaum hatte Pyratres ihn losgelassen, fing er sich überrascht schnell und drehte sich in einer fließenden Bewegung herum, um den Kriegerprinzen gleich aufs neue zu attackieren. Zumindest wirkte es im ersten Augenblick so ehe Darken überraschend eine geschmeidige Ausweichbewegung nach rechts machte, um um den Dea al Mon herumzuwirbeln, bemüht ihm heftig in die Kniekehlen zu treten und gleichzeitig mit dem Dolch auf den Rücken des Kriegerprinzen zu zielen. Dass das nicht gerade die feine Art war, war Darken so ziemlich egal. Er hatte keine Regeln im Kampf gelernt und Gwenderon und die Leute bei der Wache hatten auch jetzt noch so ihre Mühen ihm dies einzubleuen. Für Darken hatte es jedoch meist nur eine Chance zur Wehr gegeben und die wollte ausgenutzt werden, ohne Rücksicht auf Verluste.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 11:20

Er stellte überrascht fest, dass Darken sich erstaunlich verbissen gegen ihn wehrte. Natürlich spürte er, wie wütend der Prinz war. Aber normalerweise wurde diese Wut unterbrochen, wenn die betroffene Person gewürgt wurde oder befürchtete, sich etwas zu brechen. Dann setzte für gewöhnlich der Überlebensinstinkt ein, der einem riet sich möglichst nicht mehr zu bewegen, damit man nicht weiter gewürgt wurde. Doch bei Darken schien dies nicht der Fall zu sein. Er kämpfte einfach weiter, ohne Rücksicht auf sich selber, wie Pyratres schmerzhaft feststellen drufte.

Schnell fing der Junge sich wieder, nachdem er ihn nach vorne geschubst hatte und griff erneut an. Aber er war klug genug, nicht noch einmal die gleiche Attacke zu versuchen. So machte er eine geschmeidige Ausweichbewegung nach links, von ihm aus gesehen, und begann herum zu wirbeln. Darken war unglaublich schnell, besonders dafür, dass er kein Dea al Mon war. Dazu war er kräftig, geschickt und wahrscheinlich auch ausdauernd. Das konnte er jetzt noch nicht sagen. Aber diese Eigenschaften besass auch Pyratres und er besass im Gegensatz zu dem Prinzen eine Jahrzehnte lange Erfahrung.

So konnte er die Attacke abschätzen, was daraus werden würde. Geschwind drehte er sich in einigen Schritten um sich selber, leitete den Jungen einfach an sich vorbei, ohne dass er ihn wirklich packte, sondern nur dadurch, dass er dessen Schwung ausnutzte um ihn ihn von sich wegzubringen. Schlussendlich stand er im Rücken von Darken und setzte selber zu einem Handkantenschlag in seinem Nacken an. Natürlich nicht, um ihn zu verletzen, sondern nur um ihm zu zeigen, was er hätte tun können. Er war heftig genug, dass es ihn schmerzen würde, aber schwach genug, dass er dabei nicht ernsthaft verletzt wurde.

"So wirst du nicht lange überleben", erklärte er dem Prinzen ruhig, ging nach dem Schlag sofort wieder auf Abstand und achtete auf seine Deckung. Wütend war er schon lange nicht mehr. Einerseits hätte ihn das am kämpfen gehindert, andererseits war er nie wütend, wenn er einem Jugendlichen etwas beibringen konnte. Im Gegenteil, das machte er sogar sehr gerne. "Diese Attacken sind mehr für den letzten Ausweg gedacht, wenn du weisst, dass du nicht mehr lebendig aus dem Kampf kommst. Ansonsten ist es einfach nur eine Verschwendung deiner selbst."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 11:22

Abermals wehrte der Kriegerprinz seinen Angriff ab, dieses Mal in dem er rasch zur Seite auswich und sich geschickt um sich selbst drehte, so dass nun das Gegenteil dessen passierte was Darken eigentlich gewollt hatte. Der Dea al Mon stand in seinem Rücken statt umgekehrt. Bevor der Prinz sich noch umdrehen konnte, verspürte er einen festen Schlag in den Nacken. Er keuchte nur leicht, atmete aus, damit der Schmerz nicht so heftig war. Gleich darauf hatte Darken sich jedoch wieder unter Kontrolle, fuhr auf den Hacken herum, funkelte Pyratres mit der gleichen Wut und Energie an wie zu Beginn des Kampfes.
Dann besaß der Kerl auch noch Nerven ihn zu belehren und so würde er nicht lange überleben. "Ich hab sechszehn Jahre überlebt", knurrte er, "Also sag mir nichts von Überleben, ich glaub, darin hab ich genug Erfahrung." Er streckte sich katzengleich, von Erschöpfung war noch nichts zu merken, man hatte ihm beigebracht, sehr ausdauernd zu sein und die Wut gab ihm zusätzlich Kraft, trieb ihn an. Warum sie kämpften, war ihm deswegen auch egal, hauptsache er konnte seine Aggression rauslassen.

So rannte Darken ein weiteres Mal auf Pyratres zu, sprang hoch und versuchte nun dem Dea al Mon noch im Sprung einen Tritt zu verpassen, wobei er noch den Schwung ausnutzte und dabei eine Rolle rückwärts machte, wieder sicher auf beiden Füßen landete. Selbst gönnte er sich nicht eine Verschnaufpause, versuchte dem Kriegerprinzen gleich abermals zuzusetzen, wieder wirkte es so als wolle er ihn treten, doch bevor Pyratres etwa den Fuß des Prinzen zu packen bekam, zog Darken rasch sein Knie zurück, streckte das Bein geschmeidig seitwärts ab und griff stattdessen mit dem Dolch an und stieß ihn vor, auf die Seite des Dea al Mon zielend.
Je mehr der Kriegerprinz seine Überlegenheit zeigte und seine Erfahrung geltend machte, desto verbissener und zielstrebiger wurde Darken nur. Er war es gewohnt gegen Gegner zu kämpfen gegen die er im Grunde eigentlich chancenlos war, vielleicht kam daher seine Wut. Wut weil er hilflos war.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 11:41

Für sein Alter war Darken wirklich erstaunlich ausdauernd. Die Attacken die er durchführte brauchten Kraft und er absolvierte sie in einem gnadenlosen Tempo. Nicht, dass Pyratres erwartete, dass er nun deswegen ausser Atem geriet, so lange kämpften sie noch nicht. Doch dass er noch mit der selben Energie und Wut kämpfte, wie am Anfang, war doch bemerkenswert. So stellte sich der Kriegerprinz auf einen längeren Kampf ein und haushaltete sorgfältig mit seinen Kräften, da er nicht einschätzen konnte, wie lange Darken noch brauchte, um wenigstens etwas von seiner Wut zu verlieren.

Dem Tritt wich er auch, indem er einen Schrit zurück trat und den Oberkörper nach hinten bog. Zugleich wehrte er ihn mit einem harten Schlag seines Unterarmes ab. Bewundernd sah er zu, wie Darken dies geschickt in eine Rückwärstrolle in der Luft verwandelte und gleich noch einmal mit einem Sprung angriff. Diesmal zog er jedoch seinen Fuss im letzten Moment wieder zurück und attackierte ihn mit seinem Dolch.
Der Kriegerprinz hatte somit alle Hände voll zu tun, ihn abzuwehren. Rasch wich er zurück, um der Klinge zu entkommen und liess sie haarscharf an seinem Bauch vorüber ziehen. Dann packte er aber geschwind das Handgelenk, damit Darken das Messer nicht noch einmal herumreissen konnte und setzte erneut einen Hebel an. Einen recht unangenehmen, der den Prinzen in der Luft eine Rolle machen lassen und in unsanft auf den Rücken fallen lassen würde. Aber Darken hatte gerade versucht seinen Bauch aufzuschlitzen und hatte das nun Pyratres Meinung nach durchaus verdient. Ausserdem traute er dem Prinzen genügend Gewandheit zu, dass er sich soweit es ging drehte, dass er auf die Seite viel und sich dabei anspannte, so dass es praktisch gar nicht weh tat. Blieb nur noch die Frage, ob er das schon gelernt hatte. Sonst würde es ihm jetzt den Atem verschlagen.
Aber davon liess sich Pyratres nicht abhalten und hebelte das Handgelenk des Prinzen so, dass er die Waffe nicht mehr unter Kontrolle hatte und deren Spitze nun auf seinen Bauch zeigte. "Genug Erfahrung im überleben, also?" fragte er scheinbar verwundert und setzte ihm seinen Stiefel auf die Kehle und gab etwas Druck. "Warum gabst du mir denn schon drei mal die Gelegenheit, dich zu töten? Die Hand an deinem Hals? Der Schlag in deinen Nacken? Der Stiefel an deiner Kehle? Ich glaube, deine vorherigen Gegner haben es gar nicht darauf abgesehen, dich zu töten."

Erneut gab er Darken frei und ging auf Abstand, um seine immer verbissener und zielstrebigeren Attacken abzuwehren. Der Prinz war wirklich gut und allmählich überlegte er, ob es nicht doch besser war, einen engen Schutzschild um sich zu legen. Denn Darken schien durchaus darauf aus zu sein, ihn zu töten. Ob er sich schon überlegt hatte, was das für Konsequenzen haben mochte? Wahrscheinlich nicht.
"So so", stichelte er weiter. "Genügend Erfahrung im Überleben also? Dann ist es wohl an der Zeit, dass du mehr lernst. Dass du lernst wie man lebt und nicht bloss überlebt."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 12:44

Mit seiner Wut im Bauch hatte Darken das Gefühl ewig so weitermachen zu können, vor allem da Pyratres wieder einmal seinen Angriff abwehrte, damit den Prinzen nur noch mehr anstachelte. Er wurde am Handgelenk gepackt, was ihn selbst dazu brachte eine Rolle zu machen. Bevor er auf dem Boden aufschlug, drehte er sich noch fort, so dass es nicht allzu sehr schmerzte. Darken wollte gerne wieder aufspringen, sein Kampfeswille war ungebrochen, doch der Dea al Mon hatte ihn weiter im Griff, verdrehte sein Handgelenk bis der Dolch auf Darkens eigenen Bauch zeigte. Aus hasssprühenden Augen blickte der Prinz nach oben, als der Kriegerprinz seinen Stiefel auf die Kehle drückte. Diese Position kannte Darken nur zu gut und sie weckte keine schönen Erinnerungen. Noch dazu schien ihn Pyratres zu verspotten und dass er ja schon dreimal die Gelegenheit gehabt hätte, Darken zu töten, zählte die drei Möglichkeiten auch noch auf.
"Ich wünschte manchmal, sie hättens getan", spuckte der Prinz auf den Kommentar aus, dass seine früheren Gegner wohl nicht die Absicht gehabt hätten ihn zu töten. Kaum war der Stiefel von seiner Kehle fort, stürzte sich Darken erneut auf den Kriegerprinz, blind vor Wut. Es ging dabei nicht wirklich um Pyratres, er war nur einer von vielen.

Schneller werdend zielte er immer mit Stichen nach dem Dea al Mon, blieb aber dieses Mal auf Abstand, so dass der Kriegerprinz ihn nicht wieder greifen konnte. "Sag mir nicht was ich lernen soll! Das entscheid ich selbst", bemerkte er scharf. Von dem Mann würde er sich überhaupt nichts sagen lassen. Abermals schoss er vor, um Pyratres anzugreifen ehe noch mitten im Sprung ihn ein Speerfaden Merions erreichte.
*Minan? Darken? Wo bist du? Ich... ich dachte, wir treffen uns beim Speisesaal, aber wenn du nicht kannst oder nicht möchtest, ist das auch in Ordnung... ich bin bei der Stelle am Fluss. Falls du dich anders entscheidest.*
Darken knurrte auf und fühlte sich als wäre er gerade gegen eine Mauer gerannt. Schwer atmend blieb er plötzlich abrupt vor Pyratres stehen, hob die Hand mit dem Dolch. Zwischen seinen Fingern sah man den schwarzen Juwelensplitter aufblitzen. Der Prinz schwieg, es dauerte eine Weile bis er sich erklärte.
"Wegen dir hab ich grad meine Verabredung versetzt", bemerkte er. Und er konnte nichtmal Merion bescheid geben wo er steckte oder was ihn aufgehalten hatte. Immer noch wütend steckte Darken den Dolch zurück in die Lederscheide, strich sich die dunklen Haare zurück. "Na, hats Spaß gemacht, mit mir zu spielen? Ist das jetzt hier endlich beendet? Darf ich mich zurückziehen, o Herr", spottete er mit seinen letzten Worten. "Ach ja, es ist mir völlig egal was so unglaublich wichtiges passiert ist. Wärs so wichtig hättest dus mir gleich in der Bibliothek gesagt."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 13:11

Das konnte sich Pyratres nur zu gut vorstellen, dass Darken sich manchmal gewünscht hatte, sie hätten ihn getötet. Allerdings nicht wirklich. Sonst hätte er nicht alles ausgehalten. Pyratres kannte zwar keine Details, aber das was er wusste, reichte ihm durchaus. Der Prinz fauchte und keifte auf jeden Fall weiter und machte sich an den nächsten Angriff.

Doch dann wirkte er so, als sei er gegen eine Wand geprallt und hielt inne. Dabei spürte Pyratres ein Kribbeln, das von der Kunst ausgelöst wurde. Wahrscheinlich hatte Darken einen Speerfaden bekommen. Zwar hob er noch den Dolch und sah ihn eindringlich an, doch dann liess er die Hand sinken und steckte die Waffe weg.
Schwarz? Beim Feuer der Hölle, hatte er tatsächlich schwarz getragen? Mit sechzehn? Er hatte noch nie davon gehört, dass jemand seinen Aufstieg so früh gemacht hatte. Dunkelheit! Schwarz! Wieviel hatte es gebraucht, ihn zu brechen. Immerhin war ein Mann. Männer konnte man nicht so leicht brechen und dann bei den dunklen Juwelen.

Ruhig erwiderte er den dunklen Blick und trat schliesslich einen Schritt zurück, öffnete seine Arme zum Zeichen, dass der Kampf vorbei war. "Du hast mich angegriffen", gab er zurück. "Da bist du selber schuld, wenn du deine Verabredung warten lässt. Du hattest jederzeit die Möglichkeit, dich zurück zu ziehen, mit Ausnahme der paar Sekunden, in denen ich dich festgehalten hatte. Das hier ist eindeutig nicht beendet, aber wir können es gerne ein ander Mal weiter führen, wenn du dich vielleicht wieder etwas beruhigt hast. Und glaube mir, du hättest nicht gewollt, dass ich es dir in der Bibliothek gesagt hätte. Auch werde ich es dir erst sagen, wenn du dem respektvoller gegenüber treten kannst. Und egal sollte es dir nun wirklich nicht sein."
Damit drehte er sich um und schien zu gehen. Allerdings blieb er auf der Hut, falls der Prinz ihn wieder angreifen wollte. "Das könnte ich eigentlich dich fragen, ob es dir Spass gemacht hat, mit mir zu spielen", erwiderte er noch trocken über die Schulter. "Du warst es doch, der mich benutzt hat, um deine Aggressionen und Wut auf wen auch immer an mit auszulassen."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 13:13

Der Kriegerprinz machte einen Schritt zurück und hob die Hände, um zu verdeutlichen, dass der Kampf nun wirklich vorbei war. Zwar hätte Darken keine Probleme damit jemanden hinterrücks zu attackieren, doch der Speerfaden hatte ihm gerade etwas den Wind aus den Segeln genommen. Seine Wut kochte aber gleich wieder höher, als Pyratres ihm vorhielt, Darken wäre selber schuld, dass er seine Verabredung warten ließ, denn er hätte ja ihn angegriffen und nicht umgekehrt, er hätte jederzeit die Gelegenheit gehabt sich zurückzuziehen.
"Ich gebe nicht auf", erwiderte der Prinz störrisch. Und er kniff auch nicht vor einem Kampf. Der Dea al Mon meinte noch weiter, das hier wäre alles andere als beendet, würden sie aber erst weiterführen, wenn Darken sich beruhigt hatte. Wieder grübelte er darüber nach was Pyratres ihm denn so wichtiges mitteilen wollte, dass er es ihm nicht in der Bibliothek hätte sagen können. Dabei wollte er doch gar nicht darüber nachdenken, es sollte ihm egal sein. Wars aber dummerweise nicht.

Dann setzte der Haushofmeister auch noch an fortzugehen, nicht ohne ihm noch etwas in trocknem Tonfall zu sagen, dass es nämlich eher Darken gewesen, der mit ihm gespielt hätte und er hätte ihn benutzt, um seine Aggressionen auszulassen. Der Prinz fauchte auf, folgte dem Dea al Mon rasch.
"He, du warst es doch, der unbedingt in offenen Wunden rumstochern mußte. Und du warst derjenige, der uns hier runtergezogen hat und mir regelrecht angeboten hat, zu kämpfen. Also beschwer dich nicht wenn sowas dabei rauskommt", fuhr er ihn an. Du solltest dich bei ihm entschuldigen, hörte er Minans Gedanken. Bitte frag, was er uns sagen will, ich möchte das auch wissen. Der Prinz atmete tief durch, versuchte sich zu beruhigen und seine Wut zu bezähmen, was ihm aber nicht so recht gelingen wollte. Er legte den Kopf in den Nacken, sah hoch zu dem Blätterwerk der Bäume, lauschte dem Rauschen des Windes. Sich auf die Umgebung zu konzentrieren, half den inneren Schmerz zeitweilig zu vergessen.
Darken strich mit der Hand an den Baumstämmen entlang, fühlte ihre Aura und ihre Signatur. Manche Bäume hatten eine besonders besänftigende Ausstrahlung auf ihn, manchmal schien es ihm sogar so als würde er Emotionen der Bäume fühlen, doch vielleicht waren es auch nur seine losen Gedanken oder die anderer, die vor kurzem hier lang gegangen waren.
Schließlich holte er Pyratres mit raschen Schritten ein, ging neben dem älteren Mann her und schwieg eine Weile. "Gut, ich bin ruhig... mehr oder weniger. Sagst dus mir jetzt?", fragte er nach und warf Pyratres einen Seitenblick zu.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 13:23

Wer hatte denn auch etwas von aufgeben gesagt? Einen Kampf zu beenden, weil man eine Verabredung einhalten wollte, war doch kein aufgeben. Doch bei Darken schien dies gleichbedeutend zu sein. Der Junge schien ganz schön verbissene und verbohrte Ansichten zu haben. So zog er sich jetzt auch nicht zurück, sondern folgte ihm und fuhr ihn, was für eine Überraschung, weiter an.

"Ja", bestätigte er dunkel, aber nicht unfreundlich. "Ich habe uns hier hinunter gebracht und dir den Kampf angeboten. Du schienst in dringend nötig gehabt zu haben. Und sag mir jetzt nicht, es hätte dir nicht gefallen, so völlig ohne Regeln und Hemmungen anzugreifen. Nicht so wie bei der Wache. Aber ich habe mich ja auch gar nicht beschwert."
Er drehte den Kopf und sah den jungen Mann eindringlich an. "Genau, ich musste in deinen offenen Wunden bohren. Wollen tat ich es ganz bestimmt nicht. Geschweige denn, dass ich mich daran aufgegeilt habe." Seiner Stimme hörte man an, wie widerwärtig und abscheulich er überhaupt den Gedanken daran fand.

Darken schien nun aber ersthaft bemüht, seine Wut zu bezähmen. Zu seiner Überraschung machte er es nach der Art der Dea al Mon, konzentrierte sich auf den Wald und die Bäume. Das konnte der Kriegerprinz akzeptieren und so gewährte er ihm die Ruhe, während er schweigend weiter ging. Der Prinz holte kurz darauf aber auf und meinte er sei jetzt ruhig genug, damit er wissen könne, was passiert sei.

Pyratres warf ihm einen kurzen, musternden Blick zu und nickte schliesslich. Ja, er schien wirklich ruhig genug zu sein. "Was ist mit deinen anderen Splitter?" fragte er trotzdem. "Können sie das auch mitbekommen? Und was ist mit deiner Verabredung? Soll ich ihr Bescheid geben?"
Dann aber rief er die Schriftrolle herbei, die ihm Cerco gegeben hatte und hielt sie Darken beiläufig entgegen. Den Rest würde er ihm später geben, schön eines nach dem anderen. Danach hielt er respektvoll Abstand von Darken, achtete aber genau auf seine Reaktionen.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 13:28

Der Kriegerprinz schien dies noch mit einem längeren Blick zu überprüfen, ob Darken wirklich ausreichend ruhig war. Dann hakte er noch nach, ob die anderen Splitter auch etwas von der Unterhaltung mitbekämen und der Prinz nickte. "Ich kann nicht für alle sprechen, aber die meisten bekommen es mit, Minan auf jeden Fall", erklärte er, zögerte schließlich, als Pyratres ihm anbot, er könne seine Verabredung informieren. Das Angebot war verlockend sofern sich der Haushofmeister mit dummen Fragen zurückhalten würde, denn Darken wollte sich keineswegs zu Merion äußern. Trotzdem nickte er dann, der Krieger sollte nicht denken, er hätte nicht sehen wollen.
"Ja, das wäre nett", rang er sich ab, "Kennst du Merion Riendes, ein sechzehnjähriger Krieger, Anwärter für die Wache?", fragte Darken nach. "Wenn du ihm senden könntest, dass ich etwas später komme...." Ihm fiel gerade keine Erklärung dafür ein, aber der Kriegerprinz könnte ja einfach sagen, dass Darken bei ihm war. "Ach ja... er weiß Bescheid. Wegen den Splittern", fügte er hinzu. "Eoshan weiß es natürlich auch und Lia. Aber das wars schon."

Nachdem das geklärt war, ließ Pyratres plötzlich eine Schriftrolle erscheinen und hielt sie ihm entgegen. Sie waren stehen geblieben und noch etwas mißtrauisch nahm der Prinz das Pergament entgegen. Er fühlte eine seltsame Vertrautheit, konnte aber nicht ergründen warum. Sollte er das jetzt lesen? Vermutlich, und so entrollte er das Schriftstück, mit raschen Blicken überflog er die Zeilen.
Ich glaube, dass mein Sohn Minan Darken noch lebt. Die Königin von Hayll ist nicht ganz so grausam wie viele denken. Sie hat mit mir meinen Sohn aus den Händen seiner Mutter Talian Darken befreit, die ihn seit Jahren mißbraucht hatte. Da er Angst vor Wölfen hat und ich Hundezüchter bin, konnte er nicht bei mir leben, so lebte er für einige Zeit am Hof von Hayll. Timaris hat seinen Tod nur inszeniert, um ihn zu schützen, weil er von Sion gesucht wird. Ich glaube, sie hat ihn sehr gemocht. Sie hat mir zu verstehen gegeben, dass ich hier nach ihm suchen soll.

Die Worte schienen vor seinen Augen zu verschwimmen, so lass der Prinz hastig nochmal alles. Sein Vater... sein Vater hatte das geschrieben. Und er glaubte, dass Darken noch lebte... seine Gedanken überschlugen sich, seine Beine drohten unter ihm nachzugeben und er mußte sich setzen. Das alles war so überwältigend, dass Minan wieder aus ihm hervorbrach und das Pergament ebenfalls noch einmal lesen musste. Er zitterte so sehr, dass es ihm aus der Hand fiel, und rasch rutschte er ein wenig zurück wie als könne es ihn gleich ansprangen.
"Mein Vater...", entrang es sich ihm kläglich. Mit großen Augen blickte er zu Pyratres. "Er war hier oder? Ich wußte, dass er kommen würde, ich habe es gesehen." Seine Augen füllten sich mit Tränen, hastig wandte er das Gesicht ab. "A-aber Eoshan hat mir gesagt, dass man ihn wegschicken muss..." Er versuchte, tapfer zu sein und ruhig zu bleiben.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 14:44

Er verstand nicht so ganz, was Darken ihm über seine Splitter sagte, aber das war jetzt nicht die Zeit, nachzufragen. Mit dieser Antwort musste er sich zufrieden geben. So nickte er nur, als der Prinz ihn darum bat, Merion Bescheid zu geben. Er kannte den Krieger nicht persönlich, aber er wusste, wer er war. Das war selbstverständlich, da er sich für Eoshans Wache bewarb. Es dauerte eine Weile, bis er ihn gefunden hatte, aber dann richtete er Darkens Nachricht aus. Kurz darauf erhielt er ein höfliche, aber überaus überraschte Antwort.

Wie vermutet nahm es den jungen Mann sehr mit, als er diese Schriftrolle las. Auf einmal war wieder der Prinz von vorhin da. Der, den er in der Bibliothek getroffen hatte. Ob er sich Minan nannte. Seine Hände begannen so sehr zu zittern, dass ihm das Schriftstück aus der Hand rutschte. Tapfer versuchte er sich zusammen zu reissen, dabei war das doch wirklich die Gelegenheit, sich einfach fallen zu lassen. Dezent reichte er ihm ein weisses Taschentuch, als er die Tränen in seinen Augen erblickte.

"Ja, er war gestern an der Grenze des Waldes. Eoshan hat mich geschickt, um ihm zu begegnen", erklärte er sanft. "Er hat etwas für zurück gelassen, was du bekommen solltest." Damit liess er die Kiste und darauf den Geldbeutel zu Füssen des Jungen erscheinen. "Und das hier ist von mir." Der Kriegerprinz hielt ihm eine Musik- und Bilderkugel entgegen. Wenn er sie abspielen würde, konnte er dem Gespräch lauschen, das er mit Cerco geführt hatte und einige Bilder von seinem Vater sehen. Es hatte ihn viel Juwelenkraft gekostet, so viel und so genau wie möglich davon zu speichern. "Er wird wieder kommen", fügte er noch tröstend hinzu.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 16:34

Der Kriegerprinz hielt ihm ein Taschentuch entgegen und Minan nahm es zaghaft entgegen. Wenigstens machte der Dea al Mon sich nicht über seine Tränen lustig und der Prinz hatte immer mehr Mühe diese auch zurückzuhalten. Weitere kullerten über seine Wangen, wieder ging sein Blick über die Schriftrolle und als Pyratres ihm dann eröffnete, dass sein Vater gestern an der Grenze von Dea al Mon gewesen war, schluchzte Minan leise auf. Das tat weh. Sein Vater war ihm so nahe gewesen und sie hatten sich dennoch nicht sehen können.
Obwohl er nun offen weinte, blickte er auf und sah zu dem Kriegerprinzen, der seinen Vater getroffen hatte. Ihm lagen so viele Fragen auf den Lippen, aber er wußte gar nicht welche er zuerst stellen sollte. "E-er.... er weiß also, dass ich noch lebe?", fragte er, schluckte. Schließlich hatte er die ganze Zeit über geglaubt auch sein Vater hielte ihn für tot. Selbst als er die Vision gehabt hatte über seinen Vater, der ihn besuchte, hatte das mehr wie ein Wunschtraum angemutet und nun war sein Vater wirklich hier gewesen.
"Ich hätte ihn so gerne gesehen." Er wischte sich die Tränen fort, doch es kamen immer mehr.

Damit nicht genug, ließ Pyratres jetzt eine Kiste, einen Beutel und eine Musik- und Bilderkugel erscheinen. Die ersten beiden Sachen waren von seinem Vater und die Kugeln von dem Dea al Mon. Ungläubig blickte Minan zu ihm, beruhigte sich auch erstmal halbwegs. "Das ist alles für mich?" Staunend betrachtete er die Sachen, auch wenn sie noch verpackt waren. In dem Beutel fand er ganz viel Geld. Hatte ihm sein Vater das dagelassen? Er wußte ja noch immer nicht was passiert war. "Was... was hat mein Vater denn gesagt? Geht es ihm gut?" Minan leckte über seine salzigen Lippen. "Ich vermisse ihn so.... dabei kenne ich ihn noch gar nicht so lange." Als er die Kiste öffnete, machte sein Herz einen Satz und er strahlte erfreut. "Meine Geschenke!", entfuhr ihm, "Das haben mir meine Halbgeschwister geschenkt. Das einzige Mal wo ich sie gesehen habe. Den Degen habe ich von meinem älteren Bruder, das Pinselset von meiner Schwester und die Schreibfedern von meinem jüngeren Bruder", erklärte er. Sacht berührte er die Gegenstände. "Ich dachte, ich sehe sie nie wieder..." Minan seufzte schwer. "Ich würde meine Geschwister auch so gern wiedersehen. Selbst wenn ich sie bisher nur einmal sah. Ich wünschte, sie würden hier leben."
Dann wandte er sich den Kugeln zu. Warum schenkte ihm der Haushofmeister denn etwas? Vorsichtig berührte Minan die Kugeln und gleich sprangen sie an. Er konnte seinen Vater sehen und hören! Wie er mit Pyratres sprach und versuchte vorgelassen zu werden weil er wissen wollte was mit Minan passiert war.
Erst jetzt als Minan das hörte und sah, wurde ihm klar wie sehr ihm eigentlich sein Vater fehlte. In Hayll hatte er ihn einmal die Woche besucht und jedes Mal hatte er den weiten Weg von Scelt bis nach Hayll auf sich genommen. Abermals brach der junge Prinz in Tränen aus und presste das Taschentuch an sich.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 19:17

Aufmunternd lächelte er ihm zu, als der Prinz das Taschentuch schüchtern entgegen nahm. Aber dann musste er bedauernd mit dem Kopf schütteln, als Minan fragte, ob sein Vater wisse, dass er noch lebe. "Er vermutet es", erklärte er leise. "Er vermutet und hofft es. Er hofft es mit seiner ganzen Kraft."
Er konnte es nur zu gut verstehen, dass Minan seinen Vater gerne gesehen hätte. Gerne hätte er Cerco auch nach Faolchur gebracht. Doch sie beide kannten die Gründe nur zu gut, weshalb das nicht ging und deshalb erwähnte er es nicht. Stattdessen wob er einen Wärmezauber für das Taschentuch, das von salzigen Tränen regelrecht durchnässt wurde. So würde es schneller trockenen und Minan konnte es weiter benutzen.

Kaum wahrnehmbar nickte er, als Minan fragte, ob all diese Dinge für ihn seien. Natürlich war alles für ihn und Pyratres wünschte sich, dass es aus glücklicherem Anlass geschah. Die Fragen des Prinzen kam er allerdings nicht dazu, sie zu beantworten, denn er redete gleich weiter, dass er seinen Vater doch gar nicht so lange kannte und dass er die Dinge in der Kiste von seinen Halbgeschwistern geschenkt bekommen hatte. Dabei kamen interessante Dinge aus seinem Leben zum Vorschein, über die er gerne mit dem Prinzen gesprochen hätte. Einfach damit dieser seiner Familie dadurch nah sein konnte.

Doch inzwischen hatte Minan die Kugeln zum Laufen gebracht und sah sich deren Inhalt an. So beantworteten sich seine Fragen von selbst. Aber irgendwann war es zuviel und der Junge brach haltlos in Tränen aus, klammerte sich an das Taschentuch, welches etwas mager, als dass es wirklich tröstend wirken konnte. So trat er zu ihm ihn und legte ihm tröstend seine Hand auf seine zitternde Schulter.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 19:18

Irgendwann zwischen all dem Weinen bemerkte Minan wie Pyratres zu ihm getreten war und seine Hande auf seine Schulter legte. Zunächst kam das dem jungen Prinzen erst einmal wieder unbehaglich vor und er zog auch instinktiv die Schultern zusammen wie in Erwartung von härteren Berührungen, aber dann entspannte sein Körper sich leicht und er konnte die Berührung auch als das erkennen was sie war: Trost.
Dennoch schniefte und schluchzte Minan noch weiterhin, versuchte sich vergeblich zusammenzureißen, er wollte doch hier nicht vor dem Haushofmeister herumheulen. So mußte der Prinz trotzdem erst einmal die Kugeln abschalten und sich von den Sachen abwenden, um sich zu fangen, atmete mehrmals tief und zittrig durch.
"D-danke... danke für die Kugeln und dass du das aufgenommen hast", brachte er schließlich doch leise hervor und blickte im Sitzen zu Pyratres auf.

"Es tut mir leid, dass ich... so viele Probleme bereite", gab er kläglich zu, ließ den Kopf sinken und wischte sich die Tränen fort, um nicht noch erbärmlicher auszusehen. "Meinst du, er kommt wirklich wieder?", fragte Minan, seufzte schwer. "Manchmal reicht Hoffnung nicht... aber es wäre so schön... ich hatte nie eine richtige Familie, ich weiß gar nicht wie das so ist. Außer hier..." Ja, hier hatte er es erst so richtig kennengelernt, auch wenn er ein Quartier für sich hatte. Aber Eoshan oder andere wären sofort da wenn es ihm nicht gut ging, das war im gewissen Sinne auch beruhigend.
"Ich wußte, dass mein Vater irgendwann nach Dea al Mon findet... ich hatte eine Vision. Und ich wußte auch, dass wir uns nicht sehen durften... es ist trotzdem schmerzhaft", bemerkte er leise. "Danke, dass du ihn wieder zum Gehen gebracht hast. Ich will ihn nicht auch noch in Gefahr bringen... er ist doch nicht in Gefahr oder?" Fragend sah er Pyratres an.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 19:19

Erst fragte sich Pyratres, ob es ein Fehler gewesen war, Minan die Hand auf die Schultern zu legen, da dieser zusammen zuckte und so wirkte, als würde er befürchten, er würde geschlagen werden. Das hätte Pyratres beinahe dazu gebracht, wütend zu knurren. Nicht weil er zornig auf den weinenden Prinzen war, sondern auf seine Peiniger, die ihm so eine Angst eingeflösst hatten. Doch dann schien er zu verstehen, was diese Geste zu bedeuten hatte und entspannte sich. tröstend massierte Pyratres seine Schulter noch weiter, hockte sich zu ihm auf den Boden und wartete geduldig, während Minan versuchte sich zu beruhigen, was ihm aber erst nach einer Weile gelang und erst nachdem er die Kugeln abgeschaltet hatte.

"Das habe ich doch gerne getan Minan", antwortete er mit einem aufmunternden Lächeln. "Und du bereitest doch gar keine Probleme. Was für welche überhaupt? Mir tut es nur Leid, dass ich deinen Vater nicht habe einlassen dürfen. Aber er kommt ganz bestimmt wieder", versicherte er überzeugt. "Er hat es doch versprochen. Ausserdem leidet er ja auch sehr darunter, nicht zu wissen, was mit dir los ist. Er wird wiederkommen und bis dahin kannst du ja hier herausfinden, wie es ist eine Familie zu haben."
Pyratres musste grinsen und knuffte Minan aufmunternd, leicht in die Seite. "Immerhin hast du jetzt eine unternehmungslustige und quirlige Schwester, ein weise und liebevolle Grossmutter und einen pedantischen und überfürsorglichen Onkel bekommen. Das reicht doch für allerlei Ablenkung und Aufregung."

Da er den Arm schon um Minans Schultern gelegt hatte, drückte er ihn tröstend etwas an sich. Nur kurz. Anschliessend sassen sie gleich wieder einfach nur beieinander. "Du bist wirklich ein sehr tapferer junger Mann, Minan Darken", stellte er anerkennend klar. "Und nein, dein Vater ist nicht in Gefahr. Zumindest nicht mehr als alle anderen auch und schon gar nicht durch dich."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 19:19

Der Haushofmeister hatte sich neben ihn gesetzt, massierte auch leicht seine Schulter, doch im Moment konnte Minan das annehmen und es half sogar ein bißchen, dass er sich beruhigte und langsam aufhörte zu weinen. Als er sich bei Pyratres bedankte, lächelte ihn dieser an, meinte, der Prinz würde keine Probleme bereiten und es täte ihm auch leid, dass er seinen Vater hatte nicht einlassen dürfen.
"Ja, ich hoffe, er kann bald wiederkommen", gab Minan zu, "Aber hier ist es auch schön", versicherte er rasch, "Der schönste Ort, den ich kenne. Außer es ist nachts und so dunkel und man hört Wolfsgeheul...", räumte der junge Prinz ein, schließlich hatte er Angst vor Wölfen. Sich die letzten Tränen fortwischend, blickte er zu dem Dea al Mon, versuchte sich zusammenzureißen. Nur als Pyratres ihn knuffte, schreckte er wieder etwas zusammen, fing sich jedoch rasch. Verwirrt sah er den Kriegerprinz mit großen noch von Tränen glänzenden Augen an.
"Wen meinst du denn mit dem pedantischen und überfürsorglichen Onkel?", fragte er ahnungslos nach und begriff das noch nicht so ganz. Auch war er sich nicht so ganz sicher was genau ein Onkel war. Mittlerweile wußte er, dass es Geschwister gab und auch Großeltern, obwohl er seine nie kennengelernt hatte, aber wie genau eine Familie war... davon hatte er keine Ahnung. Obwohl er es so gerne kennenlernen würde und Eoshan gab ihm dazu die Gelegenheit. So fühlte er sich Stück für Stück nicht mehr so wie ein Außenseiter, sondern wirklich wie jemand, der dazu gehörte. Selbst wenn er kein Dea al Mon war.

Da umarmte ihn Pyratres plötzlich und Minan versteifte sich unwillkürlich. Zum Glück war es schnell vorbei, etwas verwirrt blickte er den viel älteren Mann an. Was war denn das jetzt gewesen? Er hatte das Bedürfnis fortzurutschen, blieb aber sitzen wo er war. Dann sagte der Kriegerprinz ihm noch, er wäre ein sehr tapferer junger Mann.
"Danke..", murmelte Minan verlegen, "Aber ich fühle mich meist nicht so. Ich hab vor so vielen Sachen Angst, selbst vor einer Umarmung. Wie kann man da tapfer sein?" Er schüttelte bitter den Kopf und seine Augen wirkten für eine Weile viel älter als seine äußere zierliche Erscheinung.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 19:20

Es freute Pyratres ja schon, dass Minan Dea al Mon als den schönsten Ort bezeichnete, den er kannte. Einerseits weil er es dem Jungen gönnte, an einem Ort zu sein, an dem er sich wohl fühlte. Andererseits aber auch weil es ja seine eigene Heimat war und er sich schon geschmeichelt fühlte, dass Minan sie als wunderschön bezeichnete.
"Du magst keine Dunkelheit?" fragte er sanft nach. "Aber vollkommen dunkel ist es hier doch nie. Man muss nur den Blick dafür finden. Und Wölfe magst du auch nicht und ihren schönen Gesang? Wieso denn das? Sie tun dir doch hier in der Stadt nichts."

Dann sah er Minan aber richtig überrascht an, als er fragte, wen er denn mit dem pedantischen und überfürsorglichen Onkel meinte. "Hat Eoshan dir den nicht gesagt, wen du alles zur Familie hinzu bekommen hast?" fragte er verblüfft. "Gut, ich bin zwar genau wie du nicht Blutsverwandt mit Eoshan, doch irgendwie bin ich ihr Onkel geworden und sie hat mich adoptiert und in ihre Familie aufgenommen. Dabei war sie damals noch ein ganz kleines Mädchen. Doch instinktiv hat sie gespürt, wie sehr ihr das gebraucht habe. Und jetzt freue ich mich um so mehr, neben einer Nichte auch einen Neffen zu haben, die ich lieben und auf sie aufpassen kann. Allerdings müssen wir uns wohl erst noch ein wenig besser kennen lernen."

Seine kleine Umarmung schien schon zuviel für Minan gewesen zu sein. Pyratres spürte, wie dieser sich unwillkürlich versteifte und ihn dann etwas verwirrt ansah. Sofort nahm er seine Hände wieder zurück.
"Du hast Angst vor einer Umarmung? Es tut mir Leid, ich wollte dich nicht ängstigen. Aber natürlich kann man tapfer sein, wenn man vor vielen Dingen Angst hat. Dann sogar ganz besonders." Er erwiderte aufrichtig den Blick von Minan und für einen Moment fühlte er sich als der Jüngere von ihnen beiden. "Ich meine, diese Ängste sind doch bestimmt nicht angenehm und leicht für dich zu ertragen. Dennoch hälst du durch und machst weiter, kämpfst darum, dass sie dich nicht beherrschen. Das ist in meinen Augen sehr tapfer."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 19:21

Auch wenn die Nachfragen von Pyratres an sich harmlos gewesen wären, so rührten sie doch an Minans Vergangenheit und so gerne redete er nicht darüber, vor allem wo er den Kriegerprinz noch nicht so genau kannte. Er schüttelte etwas den Kopf. "Eigentlich kann ich im Dunkeln sehr gut sehen...", meinte er ehe er leiser noch etwas hinzufügte, "Vielleicht liegt das daran, dass ich so lange in ihr gelebt habe. Und nein, Wölfe mag ich nicht, sie machen mir Angst und ich mag auch ihr Heulen nicht." Selbst wenn er schon oft gehört hatte, wie die Dea al Mon es als schönen Gesang bezeichneten. Minan erschauderte leicht. "Ich weiß ja auch, dass sie nicht zur Stadt kommen, aber die Angst ist trotzdem da, weil..." Er schluckte, nagte an seiner Unterlippe, redete aber nicht weiter. Sein Blick glitt über die Bäume, die sie umstanden. Jetzt hier hatte er keine Angst, es war friedlich und die Nähe der Bäume, ihre Schwingungen wie die Herzschläge eines sehr langsamen Lebewesens, beruhigten ihn ungemein.

Er war trotzdem erleichtert als Pyratres erstmal das Thema wechselte, ihm begann zu erklären wer alles zu Eoshans Familie gehörte und dass er gewissermaßen ihr Onkel wäre, wenn auch nicht vom Blute her. "Ich kenne bisher nur ihre Großmutter..", gab er zu. Aufmerksam hörte Minan zu wie der Haushofmeister erklärte und etwas von Nichten und Neffen sagte, mehr verunsicherte ihn aber wie Pyratres 'lieben' und 'aufpassen' erwähnte.
"Und so ein Neffe bin ich? Was bedeutet das?", fragte zögerlich nach, offenbarte damit auch, dass er diese Verwandschaftsverhältnisse nicht wirklich kannte. "Was... was meinst du mit ähm lieben und aufpassen?", traute er sich zu fragen. Hoffentlich nicht das was Minan im ersten Moment befürchtet hatte, doch er sagte sich immer wieder, dass Eoshans Familie, seine Familie hier, nicht so war und ihm nichts passieren würde. Besonders als Pyratres sich sogar für die Umarmung entschuldigte und gleich seine Hände fortzog. Minan entspannte sich wieder.
"Nein, nicht vor der Umarmung... nur dass danach noch mehr passieren könnte", gab er zu, "Es tut mir leid, das ist nicht wegen dir, ich will dir nichts unterstellen." Der Kriegerprinz kam ihm doch nett vor und selbst Darken würde das allmählich einsehen müssen, auch trotz des Kampfes von vorhin."U-und wenn ich jemanden länger kenne, kann ich ihn auch umarmen. Ohne dass ich gleich an etwas anderes denke. Es ist schwer das alles zu ändern, aber ich versuchs." Er seufzte und streckte seine Hand aus, woraufhin ein Schmetterling angeflogen kam und sich gleich auf die Handfläche setzte, seine schillernden Flügel sonnte.
"Hast du denn auch eine andere Familie?", fragte Minan, etwas neugierig geworden. "Also Kinder, die von deinem Blut sind... oder eine Gefährtin oder einen Gefährten", fügte er hinzu. Pyratres hatte ja gesagt, dass sie sich näher kennenlernen müßten.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 19:21

Es offenbarte sich, wie wenig Minan über das alltägliche Leben wusste. Kannte er doch noch nicht einmal die Bezeichnungen Neffe und Onkel und das stimmte den Kriegerprinzen sehr traurig. Gleichzeitig machte es ihn auch wütend und er hätte am liebsten die dafür verantwortlichen Köpfe dafür eingeschlagen. Doch er blieb ruhig, um den Jungen nicht noch mehr zu erschrecken.
"Ja, du bist so ein Neffe und Eoshan ist meine Nichte", erklärte er freundlich. "Normalerweise, also wenn wir blutsverwandte wären, dann wäre ich der Bruder deiner Mutter oder deines Vaters. Und wäre ich eine Frau, dann wäre ich deine Tante. Tanten und Onkels sind dazu da, dass sie die Kinder ihrer Schwestern oder Brüder etwas verwöhnen, ihnen ab und zu eine Süssigkeit zustecken und mit ihnen schöne Dinge unternehmen. Manchmal passen sie auch auf die Kinder auf, wenn die Eltern mal etwas Zeit für sich haben wollen und helfen bei der Erziehung."
Das war etwas schwer zu erklären. So etwas musste man einfach erleben, um es wirklich zu verstehen. Doch Pyratres hoffte, dass er trotzdem etwas Licht in die Dunkelheit hatte bringen können. Allerdings war die nächste Frage noch schwerer zu beantworten. Durch Minans Tonfall befürchtete er, dass die Antwort sehr entscheidend war. Und nachdem er nochmals darüber nachgedacht hatte, bemerkte er auch, wie Minan das falsch verstehen könnte bei seiner Vergangenheit.
"Mit lieben meine ich, dass man seine Familienmitglieder einfach gern hat. Selbst wenn man sie streitet. Sie sind dir wichtig und du willst, dass ihnen nichts geschieht. Denk nach, was du für Eoshan empfindest, dann weisst du was ich mit lieben meine. Du wirst feststellen, dass das eine ganz andere Liebe ist, als die zwischen Gefährten. Doch es ist ebenfalls ein sehr starkes und inniges geistiges Band.
Und aufpassen. Kleine Kinder langen gerne ins Feuer, weil es so hübsch aussieht, essen gerne giftige Beeren, weil sie so schön glänzen, krabbeln gerne bis an die Astspitzen hinaus, wo er zu schwach ist, um sie zu tragen, weil sie dort ein Vogelnest mit niedlichen Kücken entdeckt haben. Da du nicht willst, dass ihnen etwas geschieht, passt du eben auf sie auf, um sie vor Gefahren zu schützen. Wobei kleine Kinder ungemein schnell, wenig und phantasiereich sein können, wenn es darum geht sich in irgend eine Gefahr zu bringen.
Wenn sie älter werden, werden sie meist vernünftiger und lernen auf sich selber aufzupassen. Doch auch die Gefahren ändern sich. Wie zum Beispiel wenn Eoshan nach Askavi geht, um sich da mit Lady Angelo zu unterhalten. Da möchte ich sie auch beschützen, damit ihr nichts passiert. Nicht dass die eyrische Königin ihr etwas tun würde, aber auf dem Weg dorthin kann so allerlei geschehen.
Manchmal gibt es auch gar nichts zu beschützen, da keine Gefahr lauern. Dann ist man als Onkel eben einfach nur da. Doch das ist auch ein ganz wichtiger Part. Denn so kann sich Eoshan sicher und geborgen fühlen und weiss, dass sie jemanden zum Reden hat, wenn sie traurig oder sie etwas beschäftigt.
Und jetzt gilt das natürlich auch für dich. Aber ich weiss, dass wir uns noch nicht so gut kennen und wir das Vertrauen zueinander erst aufbauen müssen. Wenn man in eine Familie hineingeboren wird, ist das ganz von alleine da. Wenn man sich eine Familie zusammensucht, muss es erst noch wachsen.
Wie du das mit dem Umarmen gesagt hast. Du kennst mich noch nicht so gut und weisst nicht, was noch passieren könnte. Aber mit der Zeit wirst du merken, dass ich nichts in die Richtung von dir will. Und bis dahin werde ich einfach darauf warten, dass du mich umarmst, wenn du es möchtest. Vorhin wollte ich dich nur trösten. Eoshan hat das immer sehr geholfen, aber du bist ja natürlich nicht sie. Sondern ein eigener Mensch mit eigenen Gefühlen und Wünschen und das ist auch ganz gut so. Aber Minan, Familienmitglieder wollen sowieso nie mehr voneinander. Zwischen denen herrscht keine Sexualität."

Das war ein wirklich schweres Gespräch. Besonders, dass er dabei ruhig bleiben sollte, wenn Minan annahm, dass ihm wieder weh getan würde. Der Kriegerprinz fühlte sich nicht beleidigt, dass so etwas von ihm vermutet wurde. Wusste er ja, was man dem Prinzen angetan hatte. Nein, die Tatsache, dass Minan so etwas wegen seinen Erfahrungen befürchtete, machte ihn rasend.
"Nein", antwortete er etwas traurig auf Minans Frage nach Blutsverwandten. "Das habe ich nicht." Nicht mehr. Doch er sprach nicht gerne darüber und die, die darüber Bescheid wussten, waren tot. Bis auf Talyn. "Ich habe aber noch Eltern und eine Tante. Geschwister habe ich keine. Eine Gefährtin habe ich zur Zeit auch nicht und an Männern bin ich nicht interessiert. Also habe ich auch keinen Gefährten." Er zögerte kurz, wusste nicht so richtig ob er das sagen sollte. Andererseits wussten das eh fast alle an diesem Hofe und da war es nicht fair, dies seinem Neffen zu verheimlichen. Auch wenn es seltsam war, mit ihm darüber zu reden. "Lady Talyn war eine Zeit lang meine Gefährtin. Doch das ist schon sehr lange her. Noch bevor Eoshan geboren wurde. Ich habs dir auch nur gesagt, weil es viele Wissen und damit du über deine Verwanschaft etwas bescheid weisst. Aber ich habe mitbekommen, dass du einen Gefährten hast", wechselte er rasch das Thema und schob den Ball wieder zu Minan zurück.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 19:23

Pyratres setzte an ihm zu erklären was Neffen und Nichten waren, Tanten und Onkeln. Der Prinz versuchte sich dies alles zu merken, nur bei der Erwähnung von Süßigkeiten verzog er leicht das Gesicht. "Ich mag aber gar keine Süßigkeiten", traute er sich zu erwidern. Nicht, dass Pyratres ihm nun dauernd Süßigkeiten schenkte und er die essen müßte. Aber das wäre noch ein kleines Übel mit dem er leben könnte, sagte er sich. Es fielen noch mehr Wörter mit denen Minan etwas anderes verband und jedesmal seine Augen etwas leerer wurden. "Erziehung?" Das war so eines der Wörter, er wollte bestimmt nicht, dass der Kriegerprinz bei seiner "Erziehung" half. Oder wie meinte er das? Er meinte es bestimmt nicht so böse und gemein wie der Prinz es sich dachte, versuchte er sich selbst zu beruhigen. Zu seiner Erleichterung begann Pyratres aber einiges davon zu erklären und auch was er mit Lieben und Aufpassen gemeint hatte. Der Dea al Mon verglich dies mit der Liebe, die Minan zu seiner Schwester empfand und der zerbrochene Prinz nickte nachdenklich.
"Ich glaube, ich weiß was du meinst...", warf er ein. Dann war das vielleicht alles gar nicht so schlimm, etwas von seiner Anspannung fiel von ihm ab. Es war nur ein bißchen ungewohnt, weil er Pyratres noch nicht so sehr konnte und dementsprechend zurückhaltender und vorsichtiger war. Der Kriegerprinz erklärte auch das mit dem Aufpassen und dass das unabhängig vom Alter war, sich nur die Gefahren ändern würden.

"Also dann würdest du aufpassen, dass mir keine Wölfe zu nahe kommen?", fragte er nach im Versuch das zu verstehen, legte den Kopf leicht schief und blickte Pyratres an. Der Schmetterling auf Minans Hand krabbelte weiter. Der Dea al Mon bestätigte, dass sie sich erst kennenlernen müßten, um Vertrauen aufzubauen, wenn man in eine Familie hineingeboren wäre, wäre es von Anfang an da.
"Ich bin in keine Familie hinein geboren worden", erwiderte Minan, zuckte mit den Schultern. Er wollte ja auch vertrauen können und es fiel ihm zum Teil leichter als Darken, der noch viel mißtrauischer und schwerer zu erreichen war. Pyratres beruhigte ihn, dass er wirklich nichts in diese eine Richtung von ihm wollte, ihn nur hatte trösten wollen, zwischen Familienmitgliedern gäbe es keine Sexualität. "Jetzt weiß ich das auch...", flüsterte er traurig.
Er war froh, dass sie dann erstmal nicht mehr über seine Familie sprachen, sondern Pyratres etwas von seiner erzählte, aber verneinte, dass er eine Familie hätte, wobei er genauso traurig klang. Nur verstand er nicht warum der Kriegerprinz hinzufügte, er hätte noch Eltern und eine Tante. Dann hatte er ja doch eine Familie. Oder hatte er eigene Kinder gemeint? Vielleicht wollte er ja eine eigene Familie gründen und war traurig, dass er es noch nicht getan hatte. Minan blickte den Dea al Mon nachdenklich an. Nein... er ist wegen etwas anderem traurig, spürte er als Schwarze Witwe. Jetzt hätte der Prinz vielleicht auch gerne seinen neuen Onkel getröstet, doch er traute sich noch nicht so recht.
Da redete Pyratres schon weiter, dass er keine Gefährtin hätte und an Männern nicht interessiert wäre. Minan erfuhr auch noch, dass der Haushofmeister einst mit Lady Talyn zusammen gewesen wäre. Etwas erstaunt blickte er ihn an. "Seid ihr denn jetzt noch Freunde?", fragte er, als er selbst eine Frage gestellt bekam und prompt Röte in seine Wangen kroch. Verlegen pustete er den Schmetterling von seiner Handfläche und blickte stattdessen auf seine Fußspitzen.
"Ja... mit Merion", gab er zu, "Wir sind noch nicht solange zusammen, das ist mein erster Freund." Er lächelte ein bißchen verträumt. "Er ist Krieger und er will mal Wächter werden, er ist sechszehn", erzählte Minan nun doch etwas. "Ich bin siebzehn, aber auch noch nicht so lange. Das alles hier ist noch so neu..." Er streckte sich etwas. "Und wie alt bist du? Wenn du mit Lady Talyn zusammen warst..." Minan überlegte, Eoshans Großmutter war doch auch schon älter. "Wer sind denn dann Eoshans Eltern?"
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 19:23

"Du magst keine Süssigkeiten?" fragte der Kriegerprinz ob Minans schüchternem Einwand. Eoshan war versessen danach. Damit hatte er sie immer wieder locken oder trösen können. "Na dann muss ich mir etwas anderes einfallen lassen, wie ich dich verwöhnen kann", stellte er mit einem schiefen Grinsen fest und hatte gerade keine Ahnung, wie er das anstellen sollte. Er musste den Jungen einfach erst noch besser kennen lernen.

"Aber Wölfe stellen doch keine Gefahr dar", meinte Pyrares etwas verblüfft, als ihn der Prinz danach fragte, ob er aufpassen würde, dass ihm keine Wölfe zu nahe kämen. "Zumindest nicht hier in der Stadt." Dann begriff der Kriegerprinz aber, dass Minan wohl vor ihnen Angst hatte und hatte sie deswegen als Beispiel für das Aufpassen genommen, um es zu verstehen. So nickte er schliesslich bedächtig. "Wenn du das möchtest, würde ich aufpassen, dass dir keine Wölfe zu nahe kommen", bestätigte er somit ernst. "Möchtest du das den Minan?"

Es tat ihm so leid für den Prinzen, dass er schon solchen Kummer und Leid hatte erleben müssen. In keine Familie hineingeboren zu werden, war einfach nur grausam und sehr einsam. Und seine Worte, er wisse nun auch, dass es zwischen Familienmitgliedern keine Sexualität gäbe, liessen in Pyratres nur wieder Übelkeit und Zorn hochwallen. Doch jahrelange Übung half ihm dabei, ruhig zu bleiben und sich auf Minan zu konzentrieren. Später würde er dann wohl einen Dauerlauf machen oder einen der erfahrenen Krieger zu einem Kampf fordern. Jemanden, der es mit mit ihm aufnehmen konnte.

"Ja, Lady Talyn und ich sind noch Freunde. Wohl bessere, als je zuvor", bestätigte er mit einem gutmütigen Lachen. Er sah ja zu niedlich aus, wie verlegene Röte seine Wangen überzog und er auf seine Füsse sah. "Nur weil man gemerkt hat, dass es als Gefährten nicht klappt, muss man nicht gleich für immer zerstritten sein. Wir kommen sehr gut miteinander aus und es hat mich sogar ein wenig geschmerzt, als sie mich freigegeben hatte, damit ich Eoshan dienen konnte."
Er musste schmunzeln, als er das verträumte Lächeln von Minan gewahrte. Ihn schien es ja schwer erwischt zu haben mit Merion. Und Pyratres fand, dass es an der Zeit wäre, ein Auge auf den sechzehnjährigen Krieger, der Wache werden wollte, zu werfen. Doch das brauchte er seinem Neffen jetzt nicht unter die Nase zu reiben.
"Ich bin 45 Jahre alt", beantwortete er etwas belustigt eine der vielen Fragen des Prinzen. "Und falls du dich fragst, ob es einen grossen Altersunterschied zwischen uns gibt, ja, das tut es in der Tat. Doch das war nie ein Hinderungsgrund und Lady Talyn ist nun einmal eine wunderschöne und faszinierende Person. Eoshans Eltern sind Daiwen und Ryundin Sitara." Erklärte er möglichst unbekümmert, obwohl ein eisiger Schmerz die nie verheilende Wunde in seinem Innern durchzuckte. "Lady Daiwen ist eine geborene Terlys und Prinz Ryundin Lady Talyns Sohn."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 19:24

Bei Pyratres' Nachfrage wegen den Süßigkeiten nickte er, nur bei den Worten wie er den Prinzen sonst verwöhnen könnte, blickte Minan etwas zaghaft drein. Verwöhnt zu werden hatte bei ihm eher eine negative Bedeutung, doch er sagte sich, dass es Pyratres gewiss nicht auf diese weise meinte und das half etwas. Minan traute sich aber nichts zu sagen, als dem Dea al Mon entfuhr, Wölfe wären keine Gefahr. Das hatte er jetzt schon so oft gehört, nur an seiner Angst änderte das nichts und schließlich fragte der Kriegerprinz nach, ob er denn aufpassen solle, dass sich Minan keine Wölfe näherten. Hastig nickte er.
"Ja, das wäre... nett. Danke", erwiderte er scheu, erklärte aber nicht warum genau er Angst vor Wölfen hatte. "Vielleicht habe ich irgendwann keine Angst mehr vor ihnen", fügte er noch hinzu, klang aber nicht so als würde er selbst daran glauben.

Minan war dankbar, dass sie dann über Lady Talyn sprachen und Pyratres erklärte, dass sie immer noch Freunde waren, obwohl es als Gefährten nicht so recht geklappt hatte. Also hatte der Haushofmeister zuerst Eoshans Großmutter gedient und dann Eoshan selbst. Aber nicht ihrer Mutter? Nein, es klang nicht so. Die Namen von Eoshans Eltern fielen nun auch und es kam heraus, dass Eoshans Vater also der Sohn von Talyn gewesen war.
Gewesen war...
Er hatte das einfach so gedacht, aber Minan spürte, dass es irgendwie richtig war. Fragend blickte er Pyratres an. "Sie sind nicht mehr hier?", fragte er leise nach. "Eoshan ist nicht bei ihnen aufgewachsen, sondern bei Talyn? Was ist denn passiert?" Und warum hatte er seine Schwester nie danach gefragt? Aber er war ja noch dabei, überhaupt zu begreifen was eine Familie war und über seine Eltern redete er schließlich auch nicht gerne. Vielleicht wußte Pyratres aber mehr. Minan fragte sich, wer denn dann Eoshans Großvater war, denn der war bisher mit keinem Wort erwähnt worden und Pyratres konnte es nicht sein, er war zu jung.
Aufmerksam sah der junge Prinz zu dem Dea al Mon in der Hoffnung jetzt mehr über die Geschichte der Sitaras zu hören.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 19:25

Er hätte es wissen müssen, dass nach der Frage, wer Eoshans Eltern seien auch die Frage kam, wo sie denn nun waren. Er hatte es gewusst. Trotzdem hatte er Minan nicht abgeblockt und ihm diese Frage beantwortet. Doch nun, stellte Minan eine erkennende Frage nach der anderen. Schmerzvoller als Pfeile prasselten sie auf ihn nieder, rissen eine alte, verdrängte Wunde wieder auf.

Pyratres roch Rauch. Feuer und Blut. Viel zu viel, als dass er sonst noch etwas erkennen konnte. So viel Leid und Schmerz. Es drohte ihn zu vernichten. Ihm war, als würde er in all dem Feuer und Blut ertrinken. Aber da war dieses Mädchen. Diese kleine Königin in seinem arm, so winzig und zierlich. Mit feinen silbernen Löckchen auf dem Kopf und grossen silbernen Augen, die ihn fragend nd vertrauensvoll anblickten. Ein Leben, das es zu schützen galt. Ein Leben für das es sich zu kämpfen lohnte und jede Narbe auf seiner Seele wert war.

Der Kriegerprinz hatte seine Hände bei den Erinnerungen zu Fäusten geballt und die Lippen zu einem blutleeren Strich zusammengepresst. "Nein", brachte er rau hervor. "Sie sind nicht mehr hier und Eoshan ist bei ihrer Grossmutter aufgewachsen." Er wandte seinen Kopf zu Minan und blickte ihn aus dunklen Augen an. "Und bei mir", fügte er leise hinzu, was aber wie ein kleiner Aufschrei war. Er hatte sie beschützt und für sie gesorgt. Hatte darauf geachtet, dass es ihr gut ging und es ihr an nichts mangelte. Das hatte er doch oder? Es ging ihr doch gut? Er hatte nicht schon wieder versagt und es war das Opfer wert gewesen.
"Feuer und Blut, das ist passiert", brachte er schmerzerfüllt hervor. "Frag nicht weiter Prinz. Es tut zu weh."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » So 8. Jan 2023, 19:26

Minan merkte, nein spürte vielmehr was er mit seiner Frage ausgelöst hatte, sah den Schmerz in den Augen des Kriegerprinzen und wie er fest die Fäuste geballt hatte, die Lippen ebenso aufeinander gepresst. Da war fast so etwas wie Blut und Feuer in den Augen des Dea al Mon, etwas was Minan erschreckte und er rutschte unwillkürlich ein wenig von Pyratres fort. Halb erwartete er, dass dieser ihm gar nicht mehr antwortete, ihn vielleicht gar für die Frage rügte, doch dann sprach er doch und bestätigte, dass die Eltern nicht mehr hier waren und Eoshan bei ihrer Großmutter und ihm aufgewachsen war. War er dann mehr ein Vater für sie gewesen denn ein Onkel?
Und was bedeutete es, dass die Eltern nicht mehr "hier" waren? Waren sie gestorben oder hatten sie den Wald verlassen? Aber welcher Dea al Mon tat dies freiwillig? Es warf in Minan nur noch mehr Fragen auf, aber Pyratres wehrte allein schon mit seiner verbitterten Miene jegliche aufkommenden Fragen des Jungen ab.

"Es.. tut mir leid", wand er kleinlaut ein und legte den Kopf leicht schief, um Pyratres zu betrachten, mit Augen, die älter als siebzehn schienen. "Es muss wirklich sehr schmerzhaft gewesen sein..." Zaghaft streckte er seine Hand aus und berührte die Schulter des Mannes wie um ihn zu trösten, jedoch nur vorsichtig und sehr sachte. Feuer und Blut... Minan erschauderte leicht. Jetzt traute er sich auch nicht mehr nach Eoshans Großvater zu fragen.
"Ich kenne meine Großeltern auch nicht. Nur die Mutter von meinem Vater, die lebt noch", berichtete er und bei seinem Besuch hatte er sie nur aus der Ferne gesehen und war wegen der Hunde viel zu verstört und panisch gewesen, um genauer darauf zu reagieren. Aber von den Eltern von Talian hatte er nie etwas gehört. Ob sie schon tot waren? Ob Talian sie auch nie gekannt hatte? Er würde es wohl nie erfahren.
"Merion wartet, glaube ich, schon auf mich", bemerkte er in die Stille hinein, denn irgendwie war ihm so, als wollte Pyratres jetzt lieber wieder alleine sein. Oder vielleicht waren das auch nur seine eigenen Gefühle.
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Pyratres » So 8. Jan 2023, 19:26

Pyratres erschauderte sacht unter der sanften Berührung, als Minan ganz vorsichtig und kaum spürbar seine Hand auf die Schulter des Kriegerprinzen legte. Als er den Blick des Prinzen erwiderte, bemerkte er, dass dessen Augen so viel älter als siebzehn Jahre alt wirkten. Teilweise wusste er ja schon, was den Jungen derart hatte altern lassen. Aber da musste noch mehr gewesen sein. Viel, viel mehr. Doch Pyratres war froh, dass er nicht wusste war. So egoistisch dies auch klingen mochte, er wollte es nicht wissen.

"Es braucht dir nicht leid zu tun", riss er sich wieder zusammen. Pyratres musste den Jungen nun wirklich nicht noch mehr einschüchtern und verwirren, als er es so schon getan hatte. "Ja, es war sehr schmerzhaft. Ist es immer noch. Es gibt Schmerzen, die nie aufhören. Man kann sie höchstens verdrängen oder mit etwas überlagern."
Minan erzählte nun, dass er seine Grosseltern auch nicht kennen würde. Nur die Mutter seines Vaters lebte noch. Aber anscheinend war er noch nicht dazu gekommen, sie kennen zu lernen. Der Kriegerprinz nickte sacht. "Ja, das gibt es auch, dass Menschen einfach sterben, weil sie alt sind. So ist es auch gut und vereinfacht es etwas für die zurück gebliebenen."

Minan schien das drückende Gespräch dann aber zuviel zu werden und er meinte, das Merion schon auf ihn warten würde. Pyratres nickte und erhob sich geschmeidig, bot dem Prinzen seine Hand an, um ihm hochzuhelfen. "Natürlich", meinte er lächelnd, schob das Feuer und den Tod wieder tief nach unten weg. "Ich wünsche dir einen schönen Nachmittag und viel Spass mit ihm. Und wenn du etwas brauchst, oder etwas nicht stimmt, komm einfach vorbei." Er hielt kurz inne. "Obwohl, es wäre auch schön, wenn du mich auch einfach so besuchen kämtest."
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Re: Der verlorene Sohn

Beitragvon Darken » Do 19. Jan 2023, 21:07

Pyratres sagte ihm, es müsse ihm nicht leid tun, da es manche Schmerzen gäbe, die nie aufhörten und die man allerhöchstens für eine zeitlang verdrängen könne. Der junge Prinz nickte verstehend. "Ich weiß...", gab er leise zurück. Wenn es jemand wußte, dann er, denn es hörte nie auf sich leer anzufühlen, niemals. Nur manchmal konnte er es vergessen oder die Leere mit etwas anderem füllen. Als Minan zaghaft an seine Verabredung mit Merion erinnerte, erhob sich der Kriegerprinz und dieses Mal nahm Minan die dargebotene helfende Hand an.
"Ich wünsch dir auch einen schönen Nachmittag. Vielleicht sehen wir uns abends wieder im Speisesaal", entgegnete Minan, lächelte flüchtig. Pyratres bot ihm auch an, dass er jederzeit zu ihm kommen könne, gäbe es ein Problem, obwohl er ihn natürlich auch einfach so besuchen dürfe. "Das mache ich. Danke, Pyratres." Das meinte der junge Prinz auch ernst. Zwar würde es vielleicht noch etwas dauern bis er von selbst zu dem Kriegerprinzen kam, doch der erste Schritt war gemacht und sie hatten sich über das Gespräch über seinen Vater etwas besser kennengelernt.

Sein Vater... Minan mußte die Nachricht immer noch verdauen. Er nickte dem Dea al Mon nochmals zu, ging dann in die andere Richtung dort wo sein Freund ihn erwartete. Im Gehen strich er gedankenverloren an den Bäumen vorbei, erspürte ihre alte beruhigende Aura und hoffte, dass die Ruhe auch auf ihn überging. Er hätte seinen Vater so gern wiedergesehen, aber irgendwann... solange hatte er hier eine neue Familie was ihm zusätzlichen Halt gab. Ob er Merion von seinem Vater erzählen sollte? Minan konnte sich noch nicht entscheiden, aber es beschäftigte ihn schon und allein die Nähe zu dem Krieger war oft schon tröstend und tat gut.
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