"Ja, ich bin auch eine Katze", grinste Lia und maunzte herausfordernd, hatte aber gerade etwas vollkommen anderes im Kopf als das Mädchen. Doch das gehörte gerade überhaupt nicht hier hin. Und dann war da wieder Minans umschmeichelnde, lockende Stimme, mit der er Maldris einschärfte wie sie den Trank zu sich zu nehmen hätte und für was er gut sein würde. Zwar wehrte sie sich noch kurz etwas mit der Begründung, Medizin würde immer eklig schmecken. Als ob irgend einer von Lias Heiltränken nicht gut schmecken würde! Doch der Widerstand schmolz unter seinem Blick und seiner Stimme wie Butter dahin. Maldris würde den Trank genau so nehmen, wie er sie angewiesen hatte. Selbst wenn er wirklich so schlecht schmecken würde, würde sie ihn zu sich nehmen. Minans Stimme hatte sie eingefangen und liess nichts anderes zu.
"Natürlich schmeckt sie nicht schlecht", lächelte Lia. "Ich würde doch nicht zulassen, dass er dir ein bitteres Gebräu einflösst. Gerade du solltest doch wissen, dass meine Heiltränke nicht schrecklich schmecken. Aber gut, dass du beim nächsten Mal besser aufpasst, auch wenn das Entfernen der Nähte nicht weh getan hat. Minan wird wohl nicht immer Zeit haben, mich zu begleiten und dich so so zu unterhalten."
Sie zerwuschelte das Haar des Mädchens und liess ihr Werkzeug verschwinden. "Bis auf ein ander Mal junge Wölfin", verabschiedete sie sich. Danach verabschiedete sie sich auch vom Rest der Familie. Als Dankeschön bekamen sie eine Flasche mit einer klaren, bernsteinfarbenen Flüssigkeit von der Mutter überreicht. Draussen sah Lia Minan eindringlich und nachdenklich an, drückte ihm dann die Flasche in die Hand. "Hier, die hast du dir wirklich verdient", meinte sie mit relativ neutraler Stimme. "Das hast du gut und sehr interessant gemacht, dafür dass du es mit Kindern nicht so hast." Sie warf ihm noch einmal einen Blick zu und es wirkte, als wolle sie noch etwas sagen, doch dann wandte sie den Kopf ab und machte sich daran, wieder zurück zum Hauptgebäude zu gehen. Sie musste sich erst einmal darüber klar werden, was sie so beschäftigte und wie sie es formulieren sollte. Sonst würde Minan sie nur wieder anfahren, oder vielleicht verletzt sein.
Lia beschwerte sich noch ein wenig, dass ihre Heiltränke nie schrecklich schmecken würden, empfahl Maldris aber trotzdem, es wäre gut wenn sie beim nächsten Mal besser aufpassen würde und Minan hätte ja auch nicht immer Zeit mitzukommen. Die Heilerin verwuschelte noch das Haar der Hexe und Darken so zu wie leicht und natürlich Lia mit dem Mädchen umgingen. Sie verabschiedeten sich, wobei der Prinz ein wenig distanziert gegenüber den Eltern blieb. Neugierig sah er zu wie Lia noch eine Flasche mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit bekam, vielleicht als Bezahlung oder Dankeschön, doch er fragte sich automatisch was darin war. Überraschenderweise übergab die Heilerin ihm dann die Flasche, sobald sie draußen waren. Ihr Blick dabei beschäftigte Darken nochmehr. Schweigend betrachtete er die Flüssigkeit in der Flasche und versuchte Lias Blick auszuweichen. "Danke..., aber wofür?", fragte er zögerlich und sie erklärte ihm, er hätte das vorhin gut und... interessant gemacht. Was meinte sie denn damit? Außerdem hatte er das Gefühl, sie gäbe ihm das quasi als Almosen, weil sie ja jetzt wußte, dass er zerbrochen und so arm dran war. Dennoch sagte er nichts dazu, hielt die Flasche immer noch in der Hand. "Ja, auch wenn mir lieber gewesen wäre, die Eltern hätten mir nicht dauernd zugeschaut..."
Die Dea al Mon neben ihm schien noch etwas sagen zu wollen, ließ es dann aber doch und schickte sich an zurück zugehen. Darken folgte ihr gemächlich. "Was ist in der Flasche drin?", fragte er nach. Es war mehr eine Frage aus Mißtrauen denn aus Neugier heraus. "Und stehen noch mehr Hausbesuche an oder war es das für heute?", hakte Darken nach. So schlimm war die Überraschung also doch nicht gewesen und er hatte es auch ohne Minans Hilfe geschafft. Er hielt ihr die Flasche wieder entgegen. "Du hast das genauso verdient. Eigentlich mehr, ich hab ja nicht viel gemacht."
Sie sah ihn noch einmal scharf an, als er meinte, ihm wäre es lieber gewesen, wenn die Eltern nicht die ganze Zeit zugeschaut hätten. Was mochte der Grund dafür sein? Der selbe, weshalb er so eine Stimme besass? "Sie haben sich um ihre Tochter gesorgt. Natürlich war die ganze Familie dabei, um Maldris Trost zu spenden, falls sie Schmerzen haben sollte", erklärte sie schliesslich. "Dagegen ist doch nichts einzuwenden. Das ist doch schön."
Die Flasche nahm sie nicht an und machte eine abwehrende Handbewegung. "Wir können den Inhalt gemeinsam geniessen", meinte sie wortkarg dazu, sah ihn auch nicht mehr an, konzentrierte sich auf den Weg und ihre wirren Gedanken. "Es ist ein Spezialgetränk der Familie. Ein geheimes Rezept, das sie schon seit Generationen in der Familie ist. Das Getränk ist leicht alkoholisch und sehr süss. Es steigt schnell zu Kopf, schmeckt aber unglaublich gut. Wofür? Es ist dein Lohn. Ich habe meinen schon erhalten und du hast genug getan, um ihn dir zu verdienen."
"Ja, das ist schön...", bestätigte er ihre Worte, mußte es sich selbst ins Gedächtnis rufen. Die Eltern hatten nur ihrer Tochter beigestanden, hatten sie nicht alleine lassen wollen. Darken dachte daran wie die Mutter Maldris über den Kopf gestrichen hatte, sicher eine liebevolle Geste, doch er hatte es nicht sehen können. Er dachte daran wie er Talian geküsst und berührt hatte. So oft, so unglaublich oft... seine Finger schlossen sich fester um die Flasche. Lia lehnte es ab, sie wieder anzunehmen, schlug aber vor, sie könnten den Inhalt der Flasche gemeinsam genießen. Darken warf ihr eigen fragenden Seitenblick zu. Wie meinte sie das jetzt schon wieder? Trotzdem tat er die Flasche in seine schwarze Umhängetäsche, die er ja noch von dem Ausflug dabei hatte. Ohne Juwelengepäck mußte man sich eben behelfen und er hatte seine Hand gerne frei.
Die Dea al Mon erklärte ihm, was genau sich in der Flasche befand, ein alkoholisches Getränk also, das hätte er sich eigentlich denken können. Sie gingen weiter aufs Hauptgebäude zu. Eigentlich hatte er keine Lust mit ihr zu trinken und den Inhalt der Flasche zu genießen wie Lia es ausgedrückt hatte. "Ich trink nicht so viel Alkohol", wand er ein. Darken blickte nach oben, wo die Strahlen der Nachmittagssonne durch das Blätterdach fielen. Flecken des grüngefärbten Lichtes trafen auf die Holzbrücke über die sie gerade gingen. "Danke, dass du mich mitgenommen hast." Er wußte, es war nicht wirklich notwendig gewesen. Einer von der Familie hätte Maldris genauso ablenken können. "Meinst du, ich muss ihr jetzt wirklich eine Holzfigur schnitzen?", fragte er nach. "Ich glaub, ich hätte sogar eine dabei gehabt..." Manchmal schnitzte er, um seine Gedanken zu beruhigen und sich abzulenken. Er tat das lieber als zu malen, während es bei Minan genau umgekehrt war.
"Von diesem Getränk kannst du sowieso nicht viel auf einmal trinken", antwortete sie ihm abwesend, als er widerstrebend einwand, dass er nicht viel Alkohol trank. Das Zeug war so süss. Das verklebte einem die Speiseröhre. Nach einem kleinen Glässchen hatte man wieder für eine Weile genung. Aber unheimlich lecker war es trotzdem.
"Das gehört dazu", erklärte sie knapp, als er sich bei ihr bedankte, dass sie ihn mitgenommen hatte. Wäre sie nicht so sehr mit ihren Gedanken beschäftigt gewesen, hätte sie wohl bemerkt, dass er nicht mehr so zynisch wie am morgen war. Doch es beschäftigte sie sehr, wie er mit Maldris umgegangen war. Es war eindeutig effektiv gewesen. Aber sie war sich nicht so sicher, ob es auch richtig gewesen war.
"Wenn du es gerne machst, würde es sie bestimmt freuen." Ob es möglich war, dass Schwarze Witwen ein Netz mit ihrer Stimme weben konnten? Sie würde wohl mit Eoshan darüber sprechen und vorher würde sie Minan nicht mehr zu einem Krankenbesuch mitnehmen. Möglicherweise war Minan sich gar nicht bewusst, was er getan hatte. Vielleicht brauchte er darin einfach noch etwas Unterricht. Immerhin war nichts passiert. Maldris war nicht eingefangen worden. Allerdings glaubte Liasanya nicht wirklich daran. Er hatte zu genau gewusst, wie er seine Stimme hatte einsetzen müssen. Sanft hatte er das Mädchen umschmeichelt und seine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Vielleicht sollte sie doch besser mit Minan darüber reden. Zögerlich hob sie den Kopf und musterte Minan erneut eindringlich.
Mittlerweile fiel ihm dann auch auf, dass Lia ihm nur noch wortkarg antwortete und eindeutig mit ihren Gedanken beschäftigt war. Darken musterte sie von der Seite, während sie weitergingen, nun schon bei dem großen Hauptgebäude angelangt, wo fast der ganze Hof untergebracht war. Der Prinz kramte währenddessen in der Tasche und erhaschte dann mit den Fingern die geschnitzte Figur. Erst als er sie unter den Fingerkuppen erspürte, fiel ihm auf, was für eine Figur es war und er zog seine Hand rasch wieder zurück. Ihm wars ja egal wen oder was er schnitzte solange es ihn ablenkte.
"Ja, ich mach es gerne, ist eine gute Ablenkung", gab er gelassen zurück und beschloß die Heilerin ein bißchen zu testen, ob sie ihm überhaupt noch wirklich zuhörte. "Es ist immer nur so schwer sie wieder zu zerstören, wenn sie einmal erst zum Leben erwacht sind. Besonders die Lias sind sehr hartknäckig. Und sie beißen", begann er irgendwas zu erzählen, als die Heilerin ihn abrupt eindringlich ansah. Darken verengte seine Augen leicht. "Hörst du mir doch zu?", fragte er nach. Traute sie sich nicht mehr mit ihm zu reden, nun wo er ihr gesagt hatte, dass er zerbrochen war? Hatte sie Angst ihn zu verletzten? Verflucht, er wollte kein Mitleid. Und sie sollte ihn auch nicht so anstarren. "Wenn du was zu sagen hast, dann sags!", forderte er sie wütend auf und machte eine Geste mit der Hand wie als würde er sie heranwinken, aber er wollte bloß ihre Worte hören. "Ich brauch keine Almosen, weder von dir noch von sonstwem." Über ihnen hörte er das Geräusch was Regentropfen machten, wenn sie langsam auf die Blätter auftrafen. Plätschernde Geräusche entstanden.
"Almosen?" fragte sie ihn überrascht und sah ihn auch entsprechend an. Dann wurde ihr bewusst, dass er wohl schon eine Weile etwas geredet hatte, ohne dass sie wirklich zugehört, sondern nur abwesend genickt hatte. Eifrig überlegte sie sich, was er vorhin gesagt hatte. Er schien wütend zu sein, winkte sie aufgebracht zu sich.
"Entschuldige, ich habe dir nicht wirklich zugehört", meinte sie dann bedauernd und gab es auf, darüber nachzudenken, wozu sie wohl alles genickt hatte. "Ich war in Gedanken versunken." Sie musste wirklich sehr in Gedanken versunken gewesen sein, denn inzwischen hatte es angefangen zu regnen. Das Plätschern der Regentropfen auf die Blätter war zu hören. Allerdings würde es noch etwas dauern, bis das Wasser sie erreichte. Inzwischen könnten sie in Ruhe Schutz im Haupthaus suchen.
"Das was du mit Maldris gemacht hast", begann sie zögerlich. "Deine Stimme... Wärst du etwas älter... und sie auch..." Sie schüttelte den Kopf. Nein, das war nicht das was sie sagen wollte. Also schon irgendwie, und doch nicht. "Wenn du schon Erfahrung darin hättest einer Königin zu dienen..." versuchte sie es erneut, stellte dann aber fest, dass sie so auch nicht weiter kam. "Können Schwarze Witwen eigentlich auch mit ihrer Stimme ein Netz weben?" platzte es schliesslich aus ihr heraus. Das schien ihr am meisten Sinn zu machen.
Wo immer die Dea al Mon gewesen war, sie hatte sich eindeutig nicht in Hörweite gefunden und reagierte erst, nachdem er sie schon eine Weile wütend angefahren hatte. Schließlich gab sie zu, ihm nicht zugehört zu haben und sie wäre in Gedanken versunken gewesen. "Hab ich gemerkt", knurrte er, "Soll ich dich mit deinen Gedanken allein lassen? Ich hab nämlich wirklich bessres zu tun als...", setzte er beißend an, als Lia wieder das Wort ergriff und ihn auf Maldris ansprach. Darken ging eine Wendeltreppe hinauf, so dass sie ein Stockwerk höher kamen. Mittlerweile fielen einige der Regentropfen zwischen den Blättern hindurch, doch zu wenige, als dass sie ernsthaft nass werden würden. Lia redete weiter, obwohl sie jeden Satz nur anfing und keinen je beendete. Trotzdem erfasste er das, was sie sagen wollte, glaubte es zumindest. Der Prinz fragte sich, ob es das war, was die Heilerin so beschäftigt hatte. Es konnte nicht sein... nein, sie durfte sich keine Gedanken darüber machen.
"Ich weiß nicht was du meinst", log er, ihm einerlei ob sie erkannte, dass er log oder nicht, "Schonmal von dem Brauch gehört, Sätze auch zu beenden?" Sie fragte ihn, ob Schwarze Witwen mit ihrer Stimme fähig waren Netze zu werben. Darken blickte sie aus seinen geheimnisvoll dunklen Augen an, vielleicht war ganz kurz die wahre Antwort auf diese Frage zu erkennen, doch dann verschwand der Ausdruck und er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß wirklich nicht wovon du redest." Er streckte die Hand aus und fing einige Regentropfen auf. Darken schloss die Hand langsam zur Faust, ließ sie wieder sinken. Natürlich wußte er wovon sie redete, aber was sollte er darauf schon antworten? Und das was er tat, war nichts dagegen, was der Tänzer konnte. Er hatte Maldris ablenken sollen, er hatte es getan. Warum klangen dann Lias Worte fast wie eine Beschwerde? Bei einer Terrasse, die überdacht war, blieben sie stehen, als der Regen immer heftiger von den Blättern rauschte. Das Geräusch von Miraden von Tropfen war zu hören. Darken holte die Flasche aus seiner Tasche, entkorkte sie mit seinen Zähnen, spuckte den Korken fort und nahm dann einen Schluck. Leicht verzog er das Gesicht, als das alkoholische Getränk seine Kehle hinabrann. "Sehr süß", stellte er fest. Der Prinz leckte sich über die Lippen, setzte die Flasche wieder ab, machte dann einen Schritt auf die Heilerin zu, bedachte sie mit einem forschenden Blick. "Willst du mir irgendwas unterstellen, hm?"
Er log sie an. Es war das erste Mal, dass er sie anlog, soweit sie das beurteilen konnte. Dieser Blick, so kurz er auch gewesen war, hatte ihr viel verraten. Weshalb tat er das, bei einem so scheinbar harmlosen Thema? Was hatte er zu verbergen? Lia wurde etwas unsicher. Natürlich wollte sie nichts über ihn wissen, was er ihr nicht bereitwillig mitteilte. Andererseits war sie auch für ihre Patienten verantwortlich und Minan war kein Dea al Mon. Andere Völker hatten manchmal sehr seltsame Bräuche. Wie gefährlich war das nun, was er vor ihr verbarg. Denn irgendwie hatte sie das Gefühl, dass es ihn schon sehr beschäftigte, um was es jetzt auch gerade ging.
Nachdenklich beobachtete sie ihn, wie er einige Regentropfen auffing und ihr kamen unwillkürlich die Erinnerung an das Baden im Fluss in den Sinn. Die Wassertropfen hatten so schön auf ihm ausgesehen. Es wäre jetzt bestimmt auch schön, ihn in den Regen zu stellen, zu sehen, wie das Wasser über seinen Körper perlte, das schwarze Haar, das ihm ins Gesicht perlte.
"Wie du meinst", fand sie schliesslich in einem Tonfall, der klarstellte, dass sie ihm nicht glaubte. "Dann werde ich eben Eoshan fragen. Sie wird das bestimmt wissen." Da nahm der Prinz die Flasche aus seinem Beute, entkorkte sie mit seinen Zähnen und trank dann direkt aus der Flasche. Dabei sah er unglaublich verwegen aus. Allerdings war es schon ein wenig kleiner Frevel, dieses Getränk so respektlos zu trinken. Allerdings kam sie dann nicht umhin, ihn breit anzugrinsen, als er feststellte, dass es sehr süss sei. Das hatte sie ihm ja gesagt. Doch dann trat er auf sie zu, bedachte sie mit einem forschen Blick und fragte sie schon beinahe drohend, ob sie ihm etwas unterstellen wolle. Sie wich nicht zurück, reckte trotzig ihr Kinn und funkelte ihn etwas ärgerlich an.
"Bis gerade wollte ich dir nichts unterstellen, nein", stellte sie bestimmt klar. "Ich wollte nur herausfinden, was genau du gemacht hast und wie gefährlich das sein kann. Denn auch gute Dinge können ihre Gefahren bergen. Aber jetzt unterstelle ich dir eindeutig etwas, ja. Ich unterstelle dir, dass du mich anlügst. Du weisst ganz genau, was ich gemeint habe."
Sie glaubte ihm nicht, aber es war ihm auch egal. Er mußte ihr nichts sagen. Für Darkens Geschmack wußte sie genug und alles was er weiter sagen würde, würde sie nur noch neugieriger machen und er wollte ihre Fragen nicht beantworten. Trotzdem passte ihm auch Lias Entscheidung, sie würde Eoshan fragen, nicht so recht. Die Schwarze Witwe würde zurückfragen, warum Lia das wissen wollte und dann würde sie von Maldris und ihm sprechen und womöglich würde Eoshan erzählen, was mit ihm los war. Gerade funkelte die Heilerin ihn ärgerlich an, erklärte ihm, sie hatte nur herausfinden wie gefährlich das war, was er gemacht hatte und sie wüßte sehr genau, dass er sie angelogen hätte und dass er wußte wovon sie sprach. Der Prinz wollte sich von ihrer offenen Entgegnung nicht verunsichern lassen und er blieb stehen wo er war. Zurückzutreten wäre ein Zeichen von Zugeständnis und Schwäche gewesen, was er keinesfalls tun wollte. Dafür nahm er selbst in Kauf, dass sie sich dadurch ziemlich nahe standen. Auf dem Holzdach über ihnen plätscherte der Regen, Tropfen bildeten davor einen Perlenvorhang.
"Du solltest nicht so viel nachdenken, Lia. Ich hab ja keine Ahnung was du dir eingebildet hast... aber Stimmen, die so berauschend und süß wie dieser Alkohol sind und wie zarte Netze in denen man sich verfängt..." Er lächelte flüchtig verwegen wie als wäre allein dieser Gedanke absurd, doch gerade durch den Alkohol den er zuvor getrunken hatte, war seine Stimme so sanft wie Honigsamt geworden. "Das gibts nur in deiner Fantasie." Darken blickte sie intensiv an. "Und da sollten alle Gedanken dazu auch bleiben, meinst du nicht auch? Eoshan will sich bestimmt nicht deine haltlosen Fantasiegespinste anhören." Darken nahm langsam noch einen Schluck aus der Flasche. "Außerdem... ist ja überhaupt nichts passiert. Du warst diejenige, die gesagt hat, ich soll Maldris ablenken und das habe ich gemacht. Mehr war da nicht." Er hob kurz die Schultern an, schüttelte fast leicht enttäuscht den Kopf. "Aber wenn du mir als Zerbrochenen nichts Normales zutraust und unbedingt nach einer anderen Erklärung suchen mußt, bitte... ich halt dich nicht ab."
Da war sie wieder, diese honigsamtene Stimme. Eine Stimme mit der er eine Frau mit Leichtigkeit in sein Bett hätte locken können. Seine dunklen Augen blickten sie unglaublich intensiv und er versuchte ihr zu suggerieren, dass sie sich das nur einbildete. Obwohl ihr Herz raste, erwiderte sie seinen Blick nun wirklich verärgert. "Ich bin kein kleines Mädchen, Minan", fuhr sie ihn an. "Du weisst genau, dass ich mir nichts eingebildet habe. Versuche mir nicht einzureden, ich würde halozinieren. Das ist gemein und hinterhätlig. Ich habe nichts getan, um das zu verdienen."
Sie redete sich gerade so richtig in Fahrt. Am besten hätte sie Minan gar nicht mitgenommen. Wie war sie auch nur auf diesen Gedanken gekommen? Am ersten Tag hatte er ja überdeutlich klar gemacht, was er für seltsame Gewohnheiten hatte. "Ich dachte du hättest etwas Erfahrung, aber anscheinend nicht genug. Mit einer solchen Stimme kann man sehr viel machen. Aber selbst wenn ich mir das nur einbilden würde, würde sich Eoshan meine Ängste und Sorgen gerne anhören. Wie schätzt du sie denn auch ein? Sie ist die Königin und will, dass es ihrem Volk gut geht und als Freundin, will sie mir erst recht helfen. Also tu nicht so, als wäre es etwas total peinliches, wenn ich mit meinen Unsicherheiten zu ihr gehen."
Inzwischen wallte feurige Wut durch ihre Adern. Wie konnte er jetzt so arrogant und achtlos von dem Met trinken und sie enttäuscht angucken, so als hätte sie ihm diese Gemeinheiten an den Kopf geworfen. "Ja klar, schieb jetzt nur alles auf diese Zerbrochenen-Schiene", schnauzte sie ihn an und piekste ihn mit ihrem Finger auf seine Brust. "Aber weisst du was, diese Ausrede zieht bei mir nicht. Du hast das bei Maldris wunderbar gemacht und ich wollte einfach wissen, ob dir das bewusst war, oder ob man deine Fähigkeit schulen sollte. Weil so etwas kann manchmal ganz schön nach hinten losgehen."
Seine Worte schienen nichts weiter bewirkt zu haben, als dass sie noch wütender geworden war, ihm vorwarf, sie wäre kein kleines Mädchen und sie beide wüßten ganz genau, dass sie sich nichts eingebildet hätte und er wäre gemein und hinterhältig und überhaupt. Begriff sie einfach nicht, dass er nicht darüber reden wollte? Mußte die Frau immer alles kleinreden und ausdiskutieren? Lias Wuttirade ging nahtlos weiter, darüber, dass man mit so einer Stimme wie er sie hatte, viel machen könnte. Eigentlich war da schon der Punkt erreicht, wo der Prinz gerne zurückgeschrieen hätte, er setzte auch mehrmals dazu an, aber die Heilerin ließ ihn gar nicht zu Wort kommen, sprach über Eoshan und schmetterte damit auch seinen Versuch ihre Unsicherheit lächerlich zu machen, gnadenlos ab. Verfluchte Dea al Mon und ihre Offenheit! Er kam einfach nicht damit klar und ganz bestimmt nicht hatte er diese Auseinandersetzung gewollt, aber hier waren sie mal wieder und stritten sich.
Lia erkannte auch, dass er das mit dem Zerbrochenen wirklich nicht so empfand und es nur eine Ausrede war, aber mehr als das störte es Darken, dass sie ihn berührte. Wenn es auch aus dem Zorn heraus geschah. Ruckartig stellte er die Flasche auf einen kleinen Holztisch neben ihnen und einer Bank ab. Darkens Augen waren mindestens so zornerfüllt wie die der Dea al Mon. "Halt endlich die Klappe!", fuhr er sie an, als er es geschafft hatte, sie zu unterbrechen. "Kapierst du nicht, dass ich nicht darüber reden will? Muss man dir immer alles kleinkauen, damit dus verstehst?!" Der Prinz hatte ihre Finger gepackt, die eben noch gegen seine Brust gepiekt hatten. Fest drückte er sie zusammen, mehr in Rage als dass er merkte was er da eigentlich tat. "Aber wenn du dann endlich Ruhe gibst... ja, ich weiß was ich mit meiner Stimme machen kann. Ich weiß es sehr gut, mehr als du ahnst", knurrte er, "Bist du jetzt zufrieden, hm? Oder willst du noch eine Kostprobe?" Wütend und auch verletzt blickte er Lia an, zog sie näher an sich. "Willst du wissen wie gut ich wirklich bin? Wie weit muss ich gehen, damit du endlich... endlich aufhörst mir all diese Fragen zu stellen?" Aber bevor die Heilerin eine Antwort darauf geben konnte, ließ er sie los und stieß sie abrupt von sich. "Lass mich einfach in Ruhe... das ist besser für uns beide." Er sah zur Seite hinaus in den Regen.
Sie zuckte nicht zusammen, als er die Flasche heftig auf den Tisch stellte. Von so etwas liess sie sich nicht ablenken. Besonders dann nicht, wenn solch dunkle Augen sie so zornerfüllt ansahen. Stattdessen konzentrierte sie sich voll und ganz auf den wütenden Prinzen vor ihr, der ihr schmerzhaft die Finger quetschte und sie anherrschte ihre Klappe zu halten. Das ging bei den Schmerzen allerdings Schlecht und sie wimmerte leise auf. Doch sie hielt sich zurück, sich von ihm mit einigen gezielten Schlägen zu befreien. Allerdings war dieser antrainierte und verinnerlichte Impuls nicht leicht zu unterdrücken. Doch sie wollte ihn ausreden lassen, da sie spürte, dass ihn etwas mindestens genau so beschäftigte, wie sie.
Auf einmal stand sie unglaublich nah bei ihm und er erklärte ihr, dass er durchaus wüsste, was er mit seiner Stimme anrichten konnte. Wütend und verletzt sah er sie an und fragte, ob sie wissen wollte wie gut er darin sei. Gleich darauf stiess er sie abrupt zurück. Doch sie wich nur einen halben Schritt zurück, spannte sich an. Als Kriegerin liess sie sich nicht einfach so herum schubsen. So standen sie immer noch recht nahe beieinander. Aber sein Ausbruch hatte sie ruhiger werden lassen. So starrte sie nun etwas ausser Atem auf seinen schlanken Hals, betrachtete die Muskeln und die Adern, den er ihr so wunderbar präsentierte, weil er zur Seite in den Regen hinaus sah.
"Ich habe schon realisiert, dass du nicht darüber reden willst Minan", meinte sie schon beinahe sanft. "Aber in dem Fall konnte ich keine Sicherheit darauf nehmen. Ich muss doch wissen, ob es unabsichtlich geschah oder ob du es im Griff hast. Ich tu das doch nicht, um dir weh zu tun, Minan, sondern nur um festzustellen, ob du mit dem vielen Vertrauen umgehen kannst, dass dir jetzt zum Beispiel Maldris entgegenbrachte. Das ist nicht immer einfach, besonders dann nicht, wenn man nicht helfen kann. Keine schöne Erfahrung."
Sie atmete noch einmal tief durch, um sich vollends zu beruhigen. "Und nun da du mir gesagt hast, dass dies kannst werde ich auch nichts mehr kleinkauen ausser mein Essen und dir wohl auch eine Weile keine Fragen mehr stellen." Mit einem etwas hilflosen und entschuldigenden Lächeln fügte sie noch hinzu. "Aber früher oder später werde ich dir wohl wieder einmal Fragen stellen. Das passiert eben einfach, wenn man sich mit jemandem unterhält"
Ihre Nähe wurde von Mal zu Mal bedrückender, weil sie immer noch nicht zurückgewichen war und dicht bei ihm stand. Darken blickte weiter in den Regen hinaus, wollte Lia nicht ansehen. Diese hatte nun angesetzt zu reden, allerdings sanft und nicht mehr gar so wütend. Die Dea al Mon beteuerte, dass sie ihm nicht hatte weh tun wollen, sondern nur hatte sicher gehen wollen, ob er über die Wirkung seiner Stimme wußte. Der Prinz sagte nichts dazu, aber als sie erwähnte, sie würde eine Weile keine Fragen mehr stellen, wandte er sich doch leicht zu ihr um und sah ihr etwas hilfloses Lächeln, kurz bevor sie einwand, irgendwann würde sie ihm doch wieder Fragen stellen. Darken zuckte mit den Schultern, streckte sich leicht. "Wüßte nicht worüber wir uns unterhalten sollen", wies er Lia wieder zurück, er konnte einfach nicht anders. Ihr ausweichend ging er zurück zu dem Tisch mit der Flasche, nahm sie an sich. Darken dachte an die Gespräche, die sie geführt hatten. Darüber, dass sie Freunde werden könnten, wenn sie sich erstmal besser kannten, aber er war sich nicht sicher, ob er das konnte. Oder wollte. Das ging ihm einfach zu schnell und er wußte nicht damit umzugehen.
"Ich muss mich noch umziehen bevor ich Eoshan treffe", sagte er ihr und trat bis dicht vor den Regenvorhang, wandte nochmal das Gesicht zu Lia. "Bis bald dann..." Darken trat hinaus in den Regen, der sofort als Tropfen auf sein Gesicht und den Rest seines Körpers traf, an der Haut herabfloss und die Kleidung an ihm kleben ließ. Ohne sich noch nochmal zu der Heilerin umzudrehen, sagte er noch etwas zu ihr. "Und hör auf mich Minan zu nennen. Ich heiße Darken." Der Prinz nahm einen Schluck von dem süßen Getränk und ging dann gemächlich durch den Regen fort.
Verwirrt blickte sie ihn an, als er meinte, er wüsse nicht über was sie sich unterhalten sollte. Sie hatten sich doch nun schon Stunden miteinander unterhalten. Gut, ganz am Anfang hatten sie sich gestritten, wie jetzt eben, wenn man das denn überhaupt als Streit bezeichnen konnte. Aber dazwischen während der Kräuterkunde hatten sie sich doch gut unterhalten. Weshalb sollte das denn jetzt nicht gehen? Nein, momentan war es wohl nicht gut, eine Frage zu stellen. Besonders deswegen nicht, weil sie ihm doch gerade eben versprochen hatte, eine Weile keine mehr zu stellen.
So sagte sie nichts dazu und sah ihn nur weiter verwirrt an. Natürlich gab es auch Momente, wo man nicht wusste was man sagen sollte, aber irgendwie erschien es ihr nicht so, dass Minan dies gemeint hatte. Denn er wich auch zurück, schnapte sich die Flasche und trat in den Regen hinaus. Wandte sich zum Gehen mit der Begründung, er müsse sich noch umziehen, bevor er zu Eoshan ginge. Dazu konnte sie nur nicken. Jetzt musste er dies erst recht tun, wo er nun so nass war. So wie seine nassen Haare und seine nasse Kleidung so eng an ihm klebte, so verführerisch.
Lia kämpfte gerade darum, Erinnerungen an vergangene Liebesabenteuer im Regen zu verdrängen, die sich mit ungewollten Vorstellungen von Minan und ihr im Regen mischten, als er meinte sie solle ihn nicht mehr Minan nennen, da er Darken hiesse. Nun endgültig verwirrt sah sie ihm nach, wie er gemächlich im Regen fortging. Er wollte es förmlich haben? Nun gut, das konnte er haben. wieder etwas verärgert eilte sie ihm nach und riss ihm entnervt die Flasche aus den Händen, trank ebenfalls einen Schluck und schalt sich selber, dass sie dieses Getränk so wenig würdigte. "Wie du wünschst Prinz Darken", schnaubte sie. Wenigstens waren jetzt wieder alle gefährlichen Fantasien verdrängt, obwohl ihre Kleidung in kürzerster zeit ebenfalls nass waren. "Ich dachte, du trinkst nicht viel", fügte sie spöttisch hinzu. "Aber anscheinend haben wir andere Vorstellungen von viel trinken. Wie es aussieht muss ich mir meinen Anteil jetzt schon sichern, wenn ich noch etwas davon haben will. Immerhin hast du ja gemeint, dass ich auch etwas davon bekommen sollte." Sie prostete ihm zu, nahm noch einen Schluck und gab ihm die Flasche zurück. So heftig, dass Lia sie ihm fast in den Bauch rammte. Verwirrt und verärgert, steuerte sie auf eine Türe zu, die in den Frauentrakt führte. "Bis bald dann", äffte sie ihn nach. Der Kerl war einfach nur unmöglich. Aber immerhin hatte sie nun keine Frage gestellt, was er ihr ansonsten hätte vorwerfen können.
Er hatte erwartet, sie würde ihn einfach gehen lassen und ihm endlich seine Ruhe lassen, doch nicht so Lia. Die Frau zerrte erbarmungslos an seinen Nerven, ließ ihm seinen Abgang durch den Regen nicht, sondern mußte natürlich gleich hinter ihm hergehen. Darken hatte es gerade erst eine weitere Treppe nach oben geschafft, als die Heilerin schon bei ihm war, die Flasche aus der Hand riss und einen tiefen Schluck nahm. Leicht kopfschüttelnd sah der Prinz ihr dabei zu, wobei sich Wassertropfen von seinen schwarzen Haarspitzen lösten. "Du weißt auch nie wann Schluß ist", bemerkte er lapidar. Lias Entgegnung war mit einem 'Prinz Darken' auf eine beißende Spitze getrieben, natürlich, sie hatte mal wieder nichts begriffen. Langsam ging ihm ihre Art alles misszuverstehen gehörig auf die Nerven. Darken wollte doch nur, dass sie ihn in Ruhe ließ. "Ich vertrag mehr als es den Anschein hat", gab er zurück, als die Dea al Mon ihn damit stichelte, dass er doch eigentlich nicht viel trinken würde. Was sollte die Bemerkung überhaupt? Sie kannte ihn ja nichtmal. Und dass der Alkohol sich auch bei ihm so allmählich in knospender Röte auf seinen Wangen wiederspiegelte, ignorierte er gekonnt. "Ich glaube, wir haben von allem eine ganz andere Vorstellung", korrigierte er ihre nächsten Worte, nachdem sie sich verteidigt hatte, warum sie grad einfach aus der Flasche getrunken hatte.
Noch immer standen sie im Regen. Wassertropfen trafen platschend auf die Holzplanken, auf ein ohnehin schon gefülltes Fass, prasselten von den vielen Blättern, die über ihnen thronten. Und zuletzt rannen sie auch über ihre Gesichter, krochen in ihre Kleidung. Lias kurze Hose und ihr violettes Shirt waren schon längst vom Regen vollgesogen, klebten an ihrer Haut. Das Haar von ihr wirkte wie nasses, glänzendes Stroh. Die Dea al Mon trank noch einen Schluck aus der Flasche, drückte sie ihm dann feste gegen die Brust so dass Darken ungewollt leicht aufkeuchte. Wütend fauchte er leicht als Lia ihm den Rücken kehrte und ihn noch ein bißchen weiter verhöhnte. Die Frau war einfach nur unmöglich. Gleichfalls einen tiefen Schluck des süßen Alkohols nehmend, machte er noch einen Schritt auf die Heilerin zu. "Du bist echt die begriffsstutzigste Frau, die ich je erlebt hab", bemerkte er aufgebracht. Er hätte auch 'dumm' sagen können, aber für seinen Geschmack hielt er sich noch zurück. Die Flasche haltend, wischte er sich mit dem Handrücken gleichzeitig den Regen aus dem Gesicht, wobei einige Spritzer des Alkohols nun auch über sein Gesicht rannen und er mit der Zunge über seine Lippen leckte. "Und du kannst die dumme Flasche behalten. Ich will deine Almosen nicht." Dass er schon viel daraus getrunken hatte, mal außer acht gelassen. Darken trat zu ihr und stieß ihr die Flasche entgegen, mindestens genauso grob wie sie es vorhin gemacht hatte. Aus glänzend dunklen Augen blickte er Lia kurz an und ließ jenen Blick über ihre Erscheinung wandern. "Wie kommts eigentlich, dass du jedes Mal nass bist, wenn wir uns streiten?", fiel ihm auf. Er erwartete auf die Frage nicht wirklich eine Antwort. Trotz der Kälte des Regens war ihm warm vom Alkohol. "Aber du bist hübsch, wenn du nass bist." Vielleicht stritten sie sich deswegen dauernd. Sie standen sich so nahe wie zuvor schon einmal, er sah auf ihren rosigen regennassen Mund. Er dachte daran, das freiwillig zu tun was man ihm so oft aufgezwungen hatte und was er seitdem verabscheute. Doch allein der pure Gedanke daran erschreckte ihn. Ihn, den sonst wenig Angst machen konnte. Darken wandte sich abrupt ab, ging zurück. "Bis bald dann." Eigentlich sagte er das nur, um das letzte Wort zu haben. Und damit sie ihn endlich in Ruhe ließ.
Weit kam sie allerdings nicht und Minan stand wieder nah vor ihr. Natürlich nicht, ohne sie vorher wieder zu verspotten und ihr erneut vorzuwerfen, dass sie ihm Almosen gäbe. Grob gab er ihr die Flasche wieder, heftig so dass sie nun an der Reihe war aufzukeuchen. "Das war bestimmt kein Almosen und mehr von dem Getränk verträgst du gerade ganz bestimmt nicht", fauchte sie ihn an und nahm sich ebenfalls einen weiteren tiefen Schluck. Die zarte Röte auf seinen Wangen sah einfach zum Anbeissen aus. Es wäre zu schön, diesen süssen Jungen jetzt einfach zu verführen. Doch das würde er nicht wollen, auch wenn seine dunklen, glänzenden Augen sie ausgiebig musterten.
"Wenn es jetzt nicht zu regenen angefangen hätte, hättest du bestimmt einen Weg gefunden mich nass zu machen", erwidertes sie mit einer Mischung aus Verärgerung und Belutsigung. "Und du bist immer hübsch, egal ob du nass bist oder nicht." Nein, das hatte sie jetzt eigentlich nicht sagen wollen.
Und dann war da so Moment. Nur ganz kurz und anhand ihres Streites kaum möglich, doch einen winzigen Augenblick lang erschien es so, als würden sie sich jetzt dann gleich küssen. Aber dann wandte er sich auch gleich wieder ab, wich zurück und der Moment war vorbei.
Erneut verabschiedete er sich und wollte schon im Regen verschwinden. Dabei standen sie doch hier gleich vor einer Türe, die ins Hauptgebäude führte, wenn auch in den Frauentrakt. Was stellte er sich auch wieder so kompliziert an. "Ach lass den Blödsinn und komm mit", meinte schnaubte sie genervt und winkte ihn heran. "Du brauchst doch nicht aussen herum zu gehen. Du bist vollkommen durchnässt und solltest dringend deine Kleidung wechseln, genau wie ich." Sie öffnete die Türe und trat ein, legte sofort einen Wärmezauber über sich. "Nun komm schon und stelle dich nicht so an. Ich lade dich auch ein und du bekommst meine Erlaubnis hier durch zu gehen Prinz Darken." So, förmlicher ging es wohl nicht. Aber es gab ihm die Sicherheit, dass er nichts falsch machte, wenn er hier durchging.
Er vertrug nichts mehr, aber sie schon? Wütend starrte Darken sie an, während Lia ungerührt einen Schluck aus der Flasche nahm. Am liebsten hätte er ihr dieses Ding aus der Hand gerissen und an der nächsten Wand zerschellt. Der Prinz wollte noch etwas sagen, aber irgendwie ging die Unterhaltung überhaupt nicht dorthin wo er es wollte. Nämlich zum Abschied. Er mußte hier doch weg... und war er grad der einzige, der ihren Kommentar mit dem nass machen, zweideutig verstand? Und hatte sie ihn gerade als hübsch bezeichnet? Darken blickte die Heilerin kritisch an, blinzelte den Regen fort. Ihr Mund war leicht geöffnet... er dachte ans Küssen und somit wandte er sich nicht nur von der Dea al Mon sondern auch von dieser Idee ab. Eine Idee, die ihm sicher nur wegen des Alkohols gekommen war.
Anstatt dass Lia ihn wenigstens endlich gehen ließ, fuhr sie ihn an, er solle sich nicht so anstellen und mitkommen. Zuerst wollte Darken kategorisch ablehnen, aber dann begann die Heilerin sich zu erklären und er müsse dringend seine Kleidung wechseln. Langsam drehte er sich wieder zu ihr um. "Du lässt ja doch keine Ruhe", bemerkte er genervt und folgte ihr, nachdem sie die Türe geöffnet und ihn nochmals eingeladen hatte und er würde keinen Ärger bekommen, obwohl es der Frauentrakt war. "Und hör auf mich mit Prinz anzusprechen", sagte er rau, nachdem er an ihr vorbei getreten war und nun neben der Heilerin den Gang entlang schritt. Es fühlte sich gleich viel wärmer an. "Mich hat noch nie wer als Prinz behandelt, kein Grund damit jetzt anzufangen." Dann schwieg Darken, er wollte die Frau nicht noch weiter zu einem Gespräch ermuntern. Als sie zu der Biegung kamen, wo es zu den Gemächern von Lia ging, blieb der Prinz stehen. "Ich muss hier lang weiter. Kann ich jetzt gehen oder pfeifst du mich erneut zurück?" Er strich sich eine nasse dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. Sein schwarzes ärmelloses Shirt klebte an seiner Brust. Gegen eine heiße Dusche hätte er jetzt nichts einzuwenden. Hinterher wurde er noch krank und dann würde Lia erst recht nicht aufhören ihn in Ruhe zu lassen. Also wollte er dieses Szenario wirklich vermeiden. "Du wirst doch jetzt hoffentlich nicht wieder krank oder?", fiel ihm dabei ein. Nicht dass er besorgt wäre, doch wem würde sie die Schuld geben? Ihm.
"Nein, ich gebe bestimmt keine Ruhe", meinte sie leicht triumphierend, als er neben ihr eintrat und breitete den Wäremzauber auch auf ihn aus, soweit ihre Kräfte dies auch zuliessen. "Ich habe dich von Anfang an als einen Prinzen behandelt, so wie alle Dea al Mon. Ich werde jetzt bestimmt nicht damit aufhören", grummelte sie dann aber weiter, während sie gemeinsam durch die Gänge gingen. "Ich wüsste gar nicht wie das ginge." Das wusste sie wirklich nicht. Sie war Blut und spürte das Blut von anderen. Einen Prinzen behandelte man nun einmal als einen Prinzen und einen Kriegerprinzen wie einen Kriegerprinzen. Würde man das nicht tun, konnte das sehr gefährlich werden. Es war ein rein instinktives Handeln. Allerdings wusste sie nun auch nicht genau, wie sie ihn ansprechen sollte. Etwa einfach nur bei seinem Nachnamen? Darken. Das klang etwas seltsam.
Schliesslich kamen sie zu der Gangverzweigung wo sie sich trennen mussten und Minan machte wieder seine gewohnt spöttischen Kommentare. Doch damit nicht genug. Erneut musste er sich über sie lustig machen. Diesmal damit, dass er sie erinnerte, wie schwach sie gewesen war und gleich krank geworden war von etwas Wasser. Normalerweise geschah so etwas nicht, aber ihr Körper war geschwächt gewesen, da sie ihre Juwelenkraft vollkommen verausgabt hatte. Wütend und verlegen zugleich lief sie knallrot an und funkelte ihn zornig an. "Nein, ich pfeife dich nicht zurück, wenn du jetzt gehst", fauchte sie ihn aufgebracht an. "Immerhin bist du kein dressiertes Hündchen oder so. Ausserdem, würdest wirklich mitkommen, wenn ich dich darum bäte? Wohl kaum. Und nein, ich werde nicht wieder krank. Diesmal habe ich ja auch nicht..." Abrupt brach sie ab. Das ging ihn doch alles gar nichts an. "Ach was kümmerts dich?"
Sie wartete nicht auf seine Antwort, erwartete auch keine. Stattdessen drehte sie sich abrupt um und ging in die Richtung, in der ihr Zimmer lag. Jetzt waren sie doch recht lange gut ausgekommen und nun das. Dabei hatte sie ihm doch nur eine Freude machen wollen und ihn deswegen mit zu Maldris genommen. Aber irgendwie war alles schief gelaufen. Dummer, kleiner, verwöhnter Junge. Was musste er auch so verführerische Anwandlungen haben?
Wie konnte es anders sein, Lia wurde bei seinen Worten wieder wütend, mit geröteten Wangen blickte sie ihn aufgebracht an, meinte er wäre kein dressiertes Hündchen und deswegen würde sie ihn auch nicht zurückpfeifen. Darken sah sie aufgebracht an, sie sollte ihn bloß nicht mit einem dressierten Hund vergleichen, er ballte seine Hand zur Faust. Dann brach die Heilerin aber mitten in ihrer wütenden Rede ab und der Prinz blickte sie mißtrauisch an. Was hatte sie sagen wollen? Gleich darauf entschied Lia jedoch, dass ihn das wohl nicht kümmerte und wandte sich rasch ab, schritt den Gang entlang, der zu ihrem Quartier führte. Arrogante Frau! Er würde immer noch selbst entscheiden, was ihn interessierte und was nicht. Aber eigentlich sollte er froh sein, dass er somit aus dieser Unterhaltung gekommen war. Nur dass Lia die Flasche mitgenommen hatte, passte ihm nicht so ganz. Der Prinz zuckte mit den Schultern. Sollte die Dea al Mon doch machen was sie wollte, er würde ihr ganz bestimmt nicht nachrennen.
So bog er in Richtung Männertrakt ein und suchte sein eigenes Zimmer auf, ließ seine Tasche in eine Ecke fallen und ging ins Bad, um die nassen Klamotten loszuwerden und sich zu waschen. Wie hochprozentig dieses süße Gesöff wohl gewesen war? Darken war sich nicht ganz sicher, aber es mußte schon im zweistelligen Bereich gewesen sein. Seitdem er zerbrochen war, vertrug er wirklich nicht mehr so viel wie mit schwarz. Der Prinz seufzte, streifte sich eine dunkelbraune Hose über und ein weißes Hemd, knöpfte es langsam vorne zu, während noch Wasser von seinen Haarspitzen tropfte. Darken nahm ein Handtuch, trocknete seine Haare weiter ehe er sich ausgestreckt aufs Bett sinken ließ und die Augen schloß, einfach nur dem Regen lauschte. Mußtest du so viel davon trinken? Minan rollte sich zusammen, ihm war ein bißchen schwummrig zumute. Ob Eoshan schon hier gewesen war? Wo sollte er sie überhaupt treffen? Der junge Prinz versuchte sich an die Unterhaltung zu erinnern.