Re: Hexe
von Darken » Sa 28. Jan 2023, 23:05
Hatte sie ihn wirklich gerade entsetzt angesehen? Aber Sesha hatte ja auch aufgehört ihn weiter zu verbinden. Vielleicht waren die Verletzungen an den Beinen besonders schlimm und hässlich. Ob Narben zurückbleiben würden? Er hatte so etwas noch gar nicht gefragt, aber es war besser überhaupt nicht darüber zu reden. Es war seine Schuld, dass er so zugerichtet war, da konnte er jetzt nicht wirklich auf so etwas hoffen. Minan streckte immer noch seine Hand zittrig nach dem Glas aus, aber stattdessen nahm die Heilerin gedankenverloren einen Schluck Saft. "Kann... ich auch.. was?", fragte er sie leise. Bei ihrer Frage, ob er noch weiter schlafen wolle bevor die restlichen Verbände gewechselt wurden, schüttelte er eine Spur zu rasch den Kopf. Nein, keine weiteren Albträume. Und auch nicht wieder zurück zu Hexe, nicht gerade jetzt, er war so erschöpft von alledem und er hatte Angst. Worüber er aber kaum mit jemanden reden konnte, außer mit seiner Schwester, aber er wollte sie nicht schon wieder stören, sie mußte sich doch auch ausruhen.
Als Minan sich leise entschuldigte, dass es ihm leid tat, fuhr ihn Liasanya plötzlich heftig an und der zerbrochene Prinz zuckte unwillkürlich zusammen, drückte sich etwas mehr in die Kissen. Sie schimpfte mit ihm, dass niemand ihn hatte verlieren wollen und sie würden ihn doch lieben, da dürfe er sich nicht aus ihrem Leben schleichen. Sie klang so voller Angst. Minan blickte sie aus großen matt glänzenden Augen an, ihre Worte trafen ihn, er hatte nicht gehen wollen, sie konnte das nicht glauben. Weiter verstörten ihn die Worte, dass er hier geliebt wurde.
"Ich wollte das nicht...", flüsterte er, "Ich... will leben..." Sein Wille dazu war ungebrochen und deswegen hatte er so schreckliche Angst. Dass ein Teil in ihm war, der das nicht wollte, der jederzeit wieder zuschlagen konnte wenn er das nicht rechtzeitig unter Konrolle bekam. "Ich... hab Angst sie... kommt wieder..." Man durfte ihn ja auch gar nicht mehr allein lassen. Ein Wunder, dass man ihn nicht ans Bett gefesselt hatte. Minan ließ den Kopf hängen, seufzte. "Es tut mir leid..." Das meinte er ernst. Es tat ihm nach all der Zeit immer noch Leid, dass er anderen Leuten so viel Mühe und Kummer bereitete. Liasanya schien ganz besonders darunter zu leiden, sie hatte sich gewiss bei der Heilung verausgabt, er war sehr schlimm verletzt gewesen, es war knapp geworden ihn zurückzuholen, das wußte und spürte er selbst.
Er schwieg betreten, atmete angespannt ein und aus und ließ die Heilerin ihre Arbeit machen, wobei sie sich erst seinen Unterschenkeln zuwandte. Ihre Berührungen waren sanft, aber dennoch wußte er nicht wohin er schauen sollte. So bekam er nicht mit, dass Lia ihm bei ihren nächsten Worten nicht in die Augen schauen konnte. "Wegen... mir?", wisperte er, wischte sich die Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Unbehaglichkeit wuchs, er wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass es Lia nicht gut gegangen war. Der Prinz sah sie nun doch an, irgendetwas war aber anders, er spürte, dass da noch mehr war... nein, eher fehlte. Gestern hatte er das auch schon wahrgenommen, aber er war viel zu schwach gewesen, als dass er es länger hätte behalten können.
In seinen Ohren hörte er das Nachhallen von splitterndem Kristall, er hörte das oft, er hielt es für das Echo seiner eigenen zerbrochenen Juwelen. Der Glanz seiner Augen verschwamm, wurde trüb. Sein Blick fokussierte sich auf Lias Gesicht bis es das einzige war was er noch sah, helle perlmutt schimmernde Haut, eine gläserne Maske mit einem fröhlichen Lächeln. Sie hing noch eine Weile in der Luft bis sie plötzlich zu Boden fiel, er wollte noch danach greifen, aber er war zu weit weg, sie entglitt ihm und zerbrach mit hellem Klirren auf dem Boden.
Minan keuchte auf, strampelte mit den Füßen, bis er Lias Berührung los war und er die Beine rasch an sich ziehen konnte. "Was... was ist mit dir?", fragte er mit bebender Stimme. "Etwas ist anders..." Er konnte es nicht recht benennen, aber die Vision, die ihn so abrupt überkommen war, verunsicherte ihn sehr.