Re: Hexe
von Liasanya » Di 31. Jan 2023, 19:04
Die blutigen Tücher waren schnell beseitigt gewesen. Dennoch war Lia nicht gleich in die Krankenstation zurück gegangen, sondern nur bis zu der Türe. Da hatte sie sich an die Wand gelehnt und war langsam daran zu Boden gerutscht, bis sie schlussendlich am Boden sass. Darken und Merion wollten bestimmt etwas Zeit für sich haben. Ausserdem wollte Darken sie bestimmt nicht sehen, nachdem sie sich wieder gestritten hatten.
Lia seufzte und vergrub ihren Kopf in ihren verschränkten Armen. Sie hätte es ihm nicht sagen sollen. Sie hätte einfach nur schweigen und ihre Arbeit tun sollen. Aber sie hatte so verflucht viel Sehnsucht nach ihm und machte sich solche Sorgen um ihn. Am liebsten wäre sie die ganze Zeit nur bei ihm geblieben. Ihr war klar, was das bedeutete, doch sie wollte es nicht wahrhaben. Was das erste Mal in ihrem Leben war. Sonst hatte sie sich noch nie dagegen gewehrt. Aber bei Darken. Er setzte sich doch schon selber genügend unter Druck und Minan, der hatte Angst vor ihr.
Sie sollte und wollte es nicht zulassen, was ihr schon eine ganze Weile klar war, sie aber immer Darken zuliebe verdrängt hatte. Doch das irritierte und verunsicherte sie so sehr. Dabei würde sie ihn doch gerne so oft wie möglich treffen. Es machte sie wahnsinnig, sich zurück halten zu müssen.
Bevor sie aber frustriet aufschreien konnte, streifte sie ein unsicherer Speerfaden von Merion, der ihr mitteilte, dass Darkens Hand zu bluten angefangen hatte. Verflucht sturer Prinz. Bestimmt hatte er sich wieder überanstrengt weil er zu stolz gewesen war, sich füttern zu lassen. Sofort war sie auf den Beinen und stürzte in die Krankenstation zu Darken.
Vorsichtig löste sie den alten Verband untersuchte die Wunde und hielt vorerst eine Mullbinde an sein Handgelenk, um die Blutung zu stoppen. "Wie ist denn das passiert?" wollte sie wissen. "Hast du wieder...?" begann sie an Darken gerichtet, als ihr allmählich aufging, nach was es in dem Raum so roch.
Liasanya war ja eigentlich eher eine geduldige Person. Und abgesehen von Darken brauchte es recht viel, um sie zu reizen und wütend zu machen. Aber wenn man ihren Patienten schadete und ihnen nicht die benötigte Ruhe gönnte, wurde sie fuchsteufels wild. Erst recht, wenn sie ihre Juwelen geopfert hatte und Darken das so missbrauchte und ausnutzte, nur um seinem Gespielen einen runter zu holen. Wie konnte er es wagen?
"Raus hier", zischte sie Merion eisig an. Ihre Augen hatten sich zu Schlitzen verengt und ihr Zorn war praktisch greifbar. "Raus hier", wiederholte sie drohend. "Sofort. Ich will dich hier nie wieder sehen." Sie starrte den Krieger so lange nieder, bis er sich tatsächlich aus der Krankenstation zurück zog. Zwar hatte er zu Anfang noch tapfer versucht, ihrem Blick standzuhalten, doch dann hatte er schuldbewusst seine Augen niedergeschlagen und war gegangen, nachdem er Darken noch einmal rasch über den Arm gestreichelt hatte.
Kaum hatte sich die Türe hinter dem Krieger geschlossen, funkelte sie Darken aufgebracht an. "Du?" Sie zitterte schon fast vor Wut und brachte die Worte kaum hervor. "Wie kannst du es nur wagen?" Was, wenn er nun ihre Kunst gebraucht hätte. Sie hätte es ihm nicht geben können und er wäre vielleicht gestorben, bis Sesha gekommen wäre. Er konnte es sich gerade überhaupt nicht leisten, noch mehr Blut zu verlieren. Sie hatte ihm vertraut, dass er keine Dummheiten machen würde und nun setzte er alles für ein bisschen Sex aufs Spiel.
"Ich werde dich ans Bett fesseln, damit du keine solche Dummheiten mehr machen kannst", zischte sie tonlos und meinte es durchaus ernst. Obwohl sie wusste, wie sehr Darken das hasste.
"Das wirst du nicht tun", erklang hinter ihr die Stimme der Königin, ruhig, fest und entgültig bestimmend. Beim Feuer der Hölle, warum musste sie immer sofort wissen, wenn jemanden in ihrer Umgebung aufgebracht war. Aber vielleicht hatte sie gerade zum ungünstisten, oder auch passendsten Moment ihren Bruder besuchen wollen.
"Eoshan, ich...", wollte Lia sich beherrscht erklären, doch die Schwarze Witwe schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. Lia klappte abrupt den Mund zu und schwieg.
"Was ist passiert?"
Lias Gedanken rasten. Sie könnte nun sagen, was passiert war, aber das wäre sowohl Darken, als auch Eoshan wohl sehr unangenehm. Die junge Frau war doch noch so unerfahren. Vielleicht konnte sie den Geruch nicht zuordnen.
"Ich habe nicht aufgepasst", erklärte sie wahrheitsgemäss. Inzwischen hatte sie sich wieder etwas beruhigt und ihre Wut war sowieso schon längst von der Autorität der Königin unterdrückt und weggefegt worden. "Dabei ist seine tiefe Wunde am Handgelenk wieder aufgebrochen. Ich werde sie nun nähen müssen."
Sie schaffte es kaum, Eoshans eindringlichen Blick zu erwidern. "Du überanstrengst dich doch nicht wieder Liasanya?" fragte diese schon fast drohend und dunkel. "Wir haben doch eben erst heute Vormittag darüber gesprochen." Hastig schüttelte Lia den Kopf.
"Nein, es geht schon. Sescha kann es sich dann ja nachher noch einmal ansehen", beteuerte sie und nach einem letzten langen Blick, nickte die Königin schliesslich. "In Ordnung. Ich werde später noch einmal vorbei sehen."
Der Heilerin blieb nichts anderes mehr übrig, als schwach mit dem Kopf zu nicken und zu zu sehen, wie Eoshan die Krankenstation verlies. Ihre Knie waren ganz weich geworden und sie setzte sich erst einmal auf den Stuhl, den Merion vorhin herbei geholt hatte. Dann schloss sie ihre Augen und atmete ein paar mal tief durch. Ihre Hände zitterten. Lia hatte der Ausstrahlung und Kraft der Königin nicht viel entgegen zu setzen und wenn Eoshan dies selten genug einmal einsetzte, dann tat sie es richtig. Dann konnte man ganz Dea al Mon in ihr spüren und das war sehr überwältigend und atemberaubend.