Re: Vierundzwanzig Stunden
von Timaris » Mi 2. Nov 2022, 20:46
Ah, das war also der andere, dachte Timaris. Ein Kämpfer, aggressiv und forsch. Doch gleich war er wieder weg und Minan schüttelte den Kopf, war wieder sanft und ängstlich. Trotzdem beschloss Timaris auf den anderen ein zu gehen. Vielleicht konnte sie ihn so wenigstens noch so lange wach behalten, bis sie ihn in sein eigenes Zimmer gebracht hatte.
Der Junge schloss nämlich schon wieder sein Augen. War er so erschöpft von der letzten Nacht oder war es der innere Kampf gegen sich selbst, der ihm so zu schaffen machte? Wahrscheinlich war es beides zusammen. Nein, der Ring war ganz bestimmt nicht ein normaler Ring des Gehorsams gewesen.
"Nein, ich werde dir keine waffe in die Hand geben", sagte sie hart und stand auf. "Damit kannst du sowieso nicht umgehen. Talian wird dir wohl kaum beigebracht haben, wie man mit einem Messer oder einem Schwert umgeht. Da ich nicht will, dass du dich damit nur selber verletzt, werde ich dir keine Waffe geben." Die Wahrheit. "Ausserdem, sollte es dir in den Sinn kommen, mich mit einer Waffe angreifen zu wollen, werde ich dich mit meinen Juwelen aufhalten. Da bist du mir nicht ebenbürtig, denn deine sind ausgebrannt." Nackte, brutale Wahrheit.
"Du wirst einen anderen Weg zu kämpfen finden müssen Minan", fuhr sie etwas sanfter fort. "Doch wir finden bestimmt jemand, der dich auch den Umgang mit Waffen lehren kann. Wenn du dann soweit bist, bekommst du dann auch eine."
Sie packte ihn fest, aber nicht grob an den Schultern und setzten ihn auf. "Und nun hoch mit dir. Ich werde dir jetzt deine Zimmer zeigen. Und dann kannst du dich entscheiden, ob du lieber noch etwas schlafen willst, oder lieber doch gleich in die Bibliothek gehen willst", fuhr sie bestimmt fort. "Wenn du dauernd so müde bist, brauchst du einen Ort, an dem du dich zurück ziehen kannst. Und den zeige ich dir am Besten als erstes. Und zu deiner Frage, wie du Wahrheit und Lüge unterscheiden kannst, dafür entwickelst du mit der Zeit ein Gespür. Es ist bestimmt nicht einfach und du wirst wohl immer wieder hereinfallen, aber das machen alle Menschen." Sogar sie selbst, auch wenn sie das gar nicht gerne zu gab. "Aber ich bin mir sicher, dass du stark genug dafür bist."