Re: Ein neuer Anfang
von Darken » So 13. Nov 2022, 17:50
Sie sagte keinen einzigen Ton mehr und statt ihm den Wagen zu überlassen und wieder zurück ins Bett zu marschieren wie sie eigentlich sollte, schüttelte sie den Knopf und kniff ihre Augen noch fester zusammen. Darken rieb sich genervt über die Stirn.
"Du stellst dich total kindisch an. Wie alt bist du noch gleich?", fragte er sie, aber eigentlich hatte er das ja noch nie gewußt. "Ich wollte nur klarstellen, dass ichs nicht mag, wenn man mich anstarrt. Du mußt dich nicht gleich darüber lustig machen." Auch so etwas was er nicht ausstehen konnte. Man hatte schon zu oft auf seine Kosten Spaß gehabt, weswegen er empfindlich darauf reagierte.
Und dann blockierte sie auch noch den Weg! Genau sowas war der Grund, dass er keine anderen Menschen mochte. Sie standen einem ständig im Weg. Der Prinz atmete tief durch. Und noch weniger wußte er wie er darauf reagieren sollte. "Von rationalem Denken hast du auch noch nie gehört oder? Erst willst du, dass ich so schnell wie es geht verschwinde und jetzt blockierst du den Ausgang", machte er sie darauf aufmerksam, falls ihr das selbst nicht aufgefallen sein sollte. Das ganze wurde ihm langsam zu blöd und es passte ihm auch nicht, dass sie den Fluchtweg versperrte, denn er wollte sich ganz sicher nicht an ihr vorbeizwängen. Seine Aggressivität stieg durch dieses Blockieren ebenfalls, er fühlte sich in die Enge getrieben.
"Verdammt nochmal geh endlich beiseite! Und schau mich wieder an! Schau mich an!", forderte er aufgebracht. Doch als sie es endlich tat und er ihren Blick auffing, erstarrte er. In Sekundenbruchteilen sah man die verschiedensten Emotionen durch seine eigenen dunklen Augen wiedergespiegelt ehe dann nur noch der Zorn übrig blieb. Und anders als Lia hatte er sofort erkannt, was los war, glaubte es zumindest zu wissen, glaubte das Begehren, das Verlangen in ihren Augen zu sehen. Etwas was er so sehr verabscheute und immer bekämpft hatte. Aber da war nicht nur Zorn, fast auch so etwas wie Enttäuschung und das steigerte seine Wut nur noch. Er durfte nicht enttäuscht sein, denn es bedeutete, er hätte etwas erwartet oder gehofft. Und Hoffnung war für die Schwachen, für die, die nicht alleine klar kamen. Er brauchte niemanden.
"Du hast mich angelogen...", brachte er hervor, zitternd vor Wut. Der Tonfall seiner Stimme steigerte sich. "Du bist genau wie all die anderen!" Der Prinz riss ihr den Servierwagen aus den Händen und schob ihn an ihr vorbei, durch die Türe. Ehe er an ihr vorbeigegangen war, blickte er sie noch einmal an, hasserfüllt.
"Schau mich nie wieder so an", zischte er, "Nie wieder."
Dann ging er fort, drehte sich nicht einmal um und schob den Wagen energisch und ziemlich geladen vor sich her ehe er zu viel bekam und schon im nächsten Gang, das ganze Dinge aufgebracht gegen die Wand stieß und in Richtung seines eigenen Quartiers stapfte. Kaum dort angekommen, legte er den Riegel vor und schob wie üblich die Kommode vor die Türe. Immer noch sehr geladen, fiel sein Blick auf das Schiffchen, das auf seinem Bett lag und Minan dort kurz vor dem Abendessen hingebracht hatte.
Nein... erriet Minan sofort seine Gedanken, doch Darken hörte nicht auf ihn, packte das kleine Boot und zerriss es wütend ehe er die Überreste gegen die nächste Wand schmiss.
Minan rannte zu den kärglichen Resten und versuchte sie wieder zusammenzufügen. Vergeblich.
"Warum hast du das gemacht? Es war mein Geschenk..." Er keuchte auf, spürte immer noch die unsägliche Wut des Anderen. Wie eine heiße Flamme, die ihn von innen heraus verzehrte. "Hör auf... hör auf...", bat er, rieb sich die Schläfe, "Bitte hör doch auf... sie hat es sicher nicht so gemeint."
Du hast ihren Blick auch gesehen! Es war da!
"Du hast sie aber erst provoziert... warum?", fragte Minan nach, setzte sich aufs Bett, obwohl sein Körper danach schrie sich zu bewegen und zu verausgaben.
Es... ist... nicht... meine... Schuld!
Und das war das Ende dieses Gesprächs. Er bekam nichts mehr aus dem Anderen raus und wenn der nicht wollte, konnte Minan auch nichts machen. Vielleicht war es das beste, wenn sie Liasanya erst einmal aus dem Weg gingen. Dabei hatten sie sich doch irgendwie hier einfügen wollen, es wirkte nicht wie ein sonderlich guter Start. Alles was der Prinz suchte war nur irgendein Platz, wo er endlich akzeptiert war und vielleicht auch ein bißchen hingehörte. Wo alte Wunden womöglich sogar heilen konnten... er wußte nicht, ob das hier war, aber eine andere Wahl hatte er genausowenig und sie mußten alle das beste daraus machen.
Er wechselte seine Kleidung zu einem grauen Unterhemd und schwarzen Pants und legte sich ins Bett, versuchte zu schlafen. Aber alles in ihm war in Aufruhr und es machte es nicht einfacher diesen Groll zu fühlen, der nicht von ihm stammte, den er aber trotzdem irgendwie spürte. Und zudem war es ein wirklich aufregender Tag für ihn gewesen. Vielleicht mehr Aufregung als er zu Anfang vertragen und damit umgehen konnte. Erschöpft und auch etwas ratlos und verstört rollte Minan sich in die Decke. Darken hatte die Heilerin sehr verletzt, er verstand ja auch wieso. Schließlich war der Andere ein Teil von ihm, aber er wünschte sich, er würde nicht die angreifen, die womöglich gar nichts Schlechtes von ihm wollten. Doch nach diesem Blick war auch Minan sich nicht mehr sicher und die alten Ängste saßen tief, sehr tief.