Er erstarrte sofort und blickte wie gelähmt auf die Musikkugel. Angst, Angst vor sich selbst kroch erneut rasend schnell in ihm empor. Sie lässt dich nicht gehen, sie will dich nur erneut benutzen indem sie den anderen Splitter ruft... der, der es gerne macht... aber er ist nicht immer da, er verschwindet danach und lässt einen einfach im Stich.
"Nein...", hauchte er flehend, "Bitte nicht... bitte tu das nicht..."
Minan keuchte leise auf, als die Musik unbarmherzig zu spielen begann und etwas tief in ihm drin wachrief. Es ließ eine Saite in ihm selbst schwingen, wie ein Instrument... ein Instrument, das nur wohl gestimmt war, wenn alle Saiten miteinbezogen wurde. Nicht nur eine.
"Ich will ihn nicht akzeptieren... ich will das nicht", wehrte er sich gegen Timaris' Worte und die aufkommende Musik, die ihn sanft einlullte und ungewollt in seinen Bann zog. Minan blickte in sich wie in einen tiefen Brunnen und auf dem Grund, dort sah er ein anderes ich von ihm. Ein sinnliches, verführerisches Ich, das sich zwischen roten Satinlaken räkelte. Dennoch war dieses Ich tief, tief unten, für gewöhnlich für ihn verborgen. Manchmal bekam er etwas von den anderen Splittern mit, von dem aggressiven Teil in ihm, der ihn beschützte, ihn das Mißtrauen lehrte und der kämpfte. Aber jener Splitter... den wollte er am allerwenigsten sehen und so lag er tief unten und damit gleichzeitig im Kern seiner selbst.
"Warum gibt es dich?", hauchte er. Der Tänzer lächelte geheimnisvoll. Ohne mich wärest du schon längst tot. Ohne mich hättest du nichts für was es lohnen würde zu leben. Ich bin deine Lust... deine Lebenslust, Minan. Und ich war schon immer da, du hast mich nur nie gehört. Der andere leckte sich langsam über die Lippen. Ich wollte mit ihnen schlafen, mit beiden... mir macht das Spaß, mir... gefällt es. Seine Stimme vibrierte sinnlich beim Wort 'gefallen'.
"Ich.. weiß es", sagte Minan stockend zu Timaris. "Er... sagt, es hätte ihm gefallen."
Und sag ihr noch etwas... ich wollte uns wieder zusammenfügen, ich habe ihre Kräfte genutzt, die sie bei ihren Höhepunkten freigesetzt haben, um alle Splitter zu sehen... aber es war zu schwierig... du hast mich wieder verdrängt. Trotzdem glaube ich, ist es der richtige Weg. Die Lust anderer Menschen hat uns auseinandergerissen und zerbrochen, unsere eigene Lust wird uns wieder zusammenfügen.
Minan biss sich auf die Lippen, schüttelte den Kopf. Nein, er wollte das nicht hören, nein... nein... als einzigen Ausweg sah er nur, den Ständer mit der Musikkugel umzukippen. Die sanfte Melodie verklang, er atmete wie gehetzt, war wieder allein.
"Er... hat gesagt, ich soll dir etwas sagen..." Seine Stimme verklang zu einem furchtsamen Flüstern. "Die Lust anderer Menschen hat uns auseinandergerissen und zerbrochen, unsere eigene Lust wird uns wieder zusammenfügen", brachte Minan hervor. Das andere sagte er nicht, das klang zu unglaublich. Er hatte furchtbare Angst, dass der Tänzer es noch einmal versuchte. "Aber ich will das nicht... er soll das nicht noch einmal tun... ich will nicht wieder die Kontrolle verlieren... oh, Dunkelheit, er wird es wieder tun... was soll ich nur tun?" Sein Atem ging immer rascher und unkontrollierte, er fuhr sich mit seiner Hand durch die Haare, blickte dann Timaris verzweifelt an. "Bitte halte ihn auf, bitte... ich will nicht mit ihm vereint werden, ich will nicht..."