Re: Reise nach Glacia
von Darken » Mi 15. Feb 2023, 20:55
Tiarla riet ihm, dass er wieder nach Hause gehen sollte wenn er es so vermisste. Sie könnte ihn dort hinbringen. "Aber ich weiß nicht wo das ist", flüsterte er, "Wie kann man sein Zuhause vergessen?" Er hatte es getan und er sehnte sich auch sehr nach Dea al Mon, nur hatte die Königin gesagt, er wäre noch nicht lange dort und nur ein Gast. Hoffentlich hatte diese Lia alle Antworten, er wollte sich unbedingt wieder erinnern.
Auch wenn Tiarla sagte, dass es manchmal besser wäre keine Erinnerungen zu haben, dann würde man auch mit nichts belastet. Jonael fühlte sich sehr belastet, mit all den Fragen auf die er so drängend Antworten haben wollte. Leise fragte er nach den Künsten der Heilerinnen, doch die Schwarze Witwe meinte, dass es schon viele, mächtige Heilerinnen sein müßten. Es wäre schwer das zu finden.
"Nein... ich weiß nicht wo ich meinen Arm verloren hab", flüsterte er, wagte kaum laut zu reden, denn Karon wollte sicher schlafen und hatte öfters davon geredet, dass noch eine lange Reise vor ihnen läge. "Ich dachte nur... wenn eine Heilerin mir meine Erinnerungen wiedergeben kann, dann vielleicht auch meinen Arm..." Der junge Prinz seufzte, schloss die Augen und kuschelte sich tiefer in die Decke. So viele Fragen...
Wieder träumte er sehr wirr, sehr oft war da dieser Junge mit hellem, fast silbernen Haar und dieser wunderschönen Stimme, die einem einen Schauder nach den anderen verschaffte. Schöne, glücklich machende Schauder. Aber dieses Mal träumte er von einem anderen Mann, er war groß und hatte langes, schwarz glänzendes Haar. In seinen Pranken hielt er eine filigrane Perlenkette, doch sie zersprang ihm, er konnte sie nicht halten und die Perlen kullerten überall hin. Der Mann konnte nur eine einzige festhalten, eine andere rollte vor Jonaels Füße. Neugierig hob er sie auf und betrachtete das schillernde Gebilde mit großen, staunenden Augen. Die Perle wuchs zu einer schönen Seifenblase heran wo sich abenteuerliche Szenen abspielten.
Der Mann kämpfte verbissen gegen eine Horde Angreifer, die Augen vom Blutrausch verschleiert. Eine Frau näherte sich ihm, doch in seiner Wut schlug er sie genauso heftig beiseite wie alle anderen, wie eine feingliedrige Puppe fiel sie zu Boden, die Augen weit aufgerissen vor Schmerz und Tod.
Jonael hob erschrocken den Kopf, der Mann wandte sich bereits ab. "Hallo? Warte, das hast du vergessen, hier ist noch eine Perle. Geh nicht weg, hallo?" Jonael hielt die Perle hoch, rannte dem großgewachsenen Mann arglos hinterher, doch Nebel verschluckte seine Gestalt und bald war er nicht mehr zu sehen.
Als Jonael aufwachte, erinnerte er sich nicht mehr sehr an die wirren Träume. Karon wollte auch gleich weiterziehen, sie wollten es heute noch bis zu diesem Dorf schaffen wo sie über die Winde ein Stück weiter reisen konnten. Bibbernd tappste der junge Prinz aus der Scheune ins Kalte. Verwirrt wischte er sich über die Wange als er spürte, dass da was nasses war. Seine Augen wurden noch größer als er einen weißen, kleinen Fleck auf der Fingerspitze sah. Was war denn das?
Schnee.... schälte sich ein Wort ziemlich langsam aus seinem verborgenen Gedächtnis nach vorne. Jonael legte den Kopf in den Nacken, schaute nach oben wo noch mehr Schneeflocken langsam hinab rieselten.
"Oh... Schnee, schaut mal." Jonael haschte mit der Zunge danach, das Lächeln jetzt fiel schon weit leichter. Karon meinte nur, dass es ein Grund wäre so schnell wie möglich aufzubrechen bevor es noch heftiger schneite. So saßen sie bald wieder auf den Pferden und ritten weiter durch Glacia. Viel war nicht zu sehen, nur ab und zu Gehöfte an denen sie vorbei kamen. Jonael war ziemlich kalt, seine Zehen fühlten sich wie kleine Eiszapfen an.
Erst am Nachmittag gelangten sie zu dem Dorf wo Karon hingewollt hatte. Hier wollten sie ihre Vorräte und Proviant auffrischen. Zudem fand Jonael einen gefütterten, dicken Mantel aus weichem Leder mit dem ihm nicht mehr ganz so kalt war. Nun hörten sie auch das erste Mal von der Königin Savah und dass sie nicht bei ihrer Burg war, sondern woanders in der Wildnis und Wettkämpfe abhielt. Karon schien nicht sonderlich überrascht, er besaß dunkle Juwelen, vielleicht spürte er die Königin längst.
Jonael strich sich einige Schneeflocken aus dem dunklen Haar, probierte vorsichtig einige geräucherte Streifen Wildschweinfleisch was eine Glacierin ihm gegeben hatte.