Re: Frühlingsträume
von Darken » Sa 7. Jan 2023, 10:34
Er sah Lia fragend an sobald sie das Gesicht fast im Schmerz verzog und eine Hand auf dem Bauch gelegt hatte. "Geht es dir nicht gut?", fragte er, versuchte nicht allzu besorgt zu klingen, obwohl er das war. Trotz des Trainings, meinte die Heilerin, sie wollte sowieso gehen und gab dann zu, dass sie Bauchschmerzen hatte. Oder etwas in der Art. Stirnrunzelnd sah ihr Merion nach.
"Hat sie ihr Mondblut?"
Darken zuckte mit den Schultern. "Woher soll ich das wissen?" Trotzdem nahm er sich vor nachher mal nach ihr zu sehen. Auch weil er ja sowieso den Kräuterkundeunterricht hatte zu dem Minan ihn wohl oder übel zwingen würde. "Gehen wir?" Der Prinz schickte sich bereits an den Salon zu verlassen während Merion noch etwas unsicher zu Kreol sagte.
"Aber das Training, ich kann doch nicht... okay, gut." Dann eilte er schon Darken hinterher und bald gingen sie nebeneinander her. "Wohin gehen wir denn jetzt?"
Wenn Darken das nur wüßte. Welcher Ort wäre denn geeignet? Sein Zimmer? Nein, lieber nicht, vielleicht irgendwo draußen. So ging er nur schweigend durch die Stadt, während er spürte wie Merion immer unruhiger wurde. Der Prinz unternahm aber auch nichts um das Schweigen zu brechen, er brauchte es um seine Gedanken zu ordnen.
Bei der Weidenlaube, wo Minan oder er manchmal saßen, um zu lesen, blieb Darken stehen, war aber zu aufgewühlt, um sich zu setzen. Merion sah ihn erwartungsvoll an.
"Also was auch immer es ist, ich... ich werd mich bemühen, ruhig zu sein und...." Verlegen spielte er mit seinen Händen, schien Darken kaum ansehen zu können. "Ich... mag dich", sagte er ganz leise, kaum hörbar. Darauf wußte der Prinz überhaupt nichts zu sagen, doch er lächelte wenigstens.
"Erinnerst du dich noch daran wie ich bei der Priesterin war und ich mich so... seltsam verhalten habe? Wo du mich bedroht hast?", begann Darken und Merion nickte zögerlich, setzte sich auf eine der Bänke. "Weißt du, dort wo ich herkomme... das war kein schönes Leben. Man... hat... mir sehr weh getan. Auch schon als Kind." Er blickte ernst durch das Weidengeflecht hindurch, konnte aber hören wie Merion tief einatmete vor Entsetzen. "Ich war ein Sklave und ich bin erst vor ein paar Monaten.. befreit worden... deswegen ist das normale Leben noch neu für mich." Ach, er konnte das nicht gut erkären, so bat er Minan den Rest zu übernehmen, außerdem wollten sie es ja beide Merion sagen.
"Ich hatte nie eine richtige Familie und... man hat mir so weh getan, dass ich dadurch zerbrochen bin. Ich war ganz allein..." Er biss sich auf die Unterlippe, wandte den Kopf leicht zu dem Dea al Mon, der ihn nur fassungslos ansah. "Ich will nur, dass du verstehst... warum ich manchmal so... naja anders bin." Minan setzte sich nun doch, sogar neben Merion. In ihm kribbelte alles wie verrückt, er hatte Angst wie der Krieger es aufnehmen würde. "Man hat nicht nur meine Juwelen zerbrochen, um das durchzustehen habe ich... ich habe, also das klingt jetzt vielleicht verrückt und unglaublich, aber ich...", er zögerte noch kurz, doch es wollte heraus, "Ich habe verschiedene Persönlichkeiten entwickelt. Splitter von mir, Facetten... verstehst du das?"
Der Krieger schüttelte den Kopf. "Das ist.. das ist schrecklich. Was man mit dir gemacht hat, meine ich. Deswegen hast du deine Flügel und deinen Arm verloren oder?"
Minan nickte, rang mit sich. "Aber du mußt das mit den Splittern verstehen... es... es gibt nicht nur mich. Du hast heute schon mit zwei verschiedenen Ichs von mir geredet. Wunderst du dich nichtmal, dass ich einmal... ähm netter bin und etwas zurückhaltener und dann beim Training wieder ganz anders? Einmal, das bin ich, Minan... und das andere Mal ist es ein Splitter, der sich Darken nennt", versuchte er zu erklären. Was wenn er mich jetzt für verrückt hält? Wenn er nichts mehr mit mir zu tun haben will?
"Merkst du den Unterschied?", fragte Darken und Merion blickte ihn intensiv an ehe sich in seine grauen Augen so etwas wie Erkennen schlich.
"Deine... Signatur, sie ist anders. Ich dachte bisher, das läge daran, dass du eben zerbrochen bist", erwiderte er erschrocken. "Genau wie beim See, da war sie so..." Er wurde rot.
"Weiblich? Ja, das war Hexe... ein Splitter, der aber wirklich nur selten herauskommt, sie hält sich für ein Mädchen. Deswegen meinte ich, dass ich Eoshan nie etwas tun würde. Ich nicht, aber manche Splitter... sie können gefährlich werden", gab Darken zu. "Es gibt noch mehr, aber du siehst so aus als hättest du erstmal genug gehört."
Merion erhob sich abrupt, ging aufgewühlt hin und her. "Wie... also woher weiß ich denn mit wem ich es zu tun habe? Wer ähm... wer bist du?" Hilflos sah der Dea al Mon ihn an. Na, wenigstens rannte er nicht weg.
"Ich bin Darken. Und woran du es erkennst? An der Signatur, an der Stimme, der Haltung, manchmal sogar an der Augenfarbe. Aber am besten noch dadurch, dass du mich besser kennenlernst. Deswegen habe ich... wir es dir erzählt. Weil ich dich auch mag, Merion, und ich wollte, dass du Bescheid weißt." Er schwieg eine Weile, wartete ruhig ab wie Merion die ganze Sache aufnahm und dass der Krieger sich erstmal wieder fangen konnte.
"Also ich bin derjenige, der immer zum Training kommt. Obwohl Minan und ich uns in letzter Zeit abgewechselt haben. Naja... ich schnitze gerne, ich bin, glaub ich, nen bißchen zynisch und sarkastisch. Ich kämpfe gerne, bin allgemein am liebsten draußen unterwegs und nicht gerade der Geduldigste. Und wenn ich mal die Geduld verlier oder man mich in eine Ecke drängt, kann ich ganz schön aggressiv werden", erzählte er über sich, obwohl er sich dazu wirklich überwinden mußte. "Dann gibt es Minan, mit dem hast du eben geredet. Er ist lieb, sanft, etwas schüchtern und bei vielen Dingen wird er schnell rot. Er malt sehr gerne und liest viel, er interessiert sich eigentlich für viele Dinge, die Natur, Geschichten... er spielt besser Harfe als ich." Inzwischen war er auch aufgestanden.
Sag auch was über mich, drängte ihn der Tänzer. Du hast selbst Hexe erwähnt. Bin ich denn schlimmer als sie? Komm schon!
"Mit einem Splitter hattest du noch nicht zu tun. Wir nennen ihn den Tänzer, weil er eben gerne tanzt." Darken seufzte. "Er... sagen wir, er ist ein wenig die sinnliche, erotische Seite." Merion blickte ihn prompt mit großen Augen. Es war das erste Mal überhaupt, dass sie so richtig über Erotik sprachen. "Er verführt sehr gerne, er mag die Nähe von anderen sehr."
"Warum hatte ich bisher noch nie mit ihm zu tun?", fragte der Krieger. Mit der Frage hatte der Prinz irgendwie nicht gerechnet.
"Naja, sagen wir, wir anderen mögen ihn nicht so sehr. Er kommt eigentlich nur bei Musik zum Vorschein, weswegen wir es vermeiden, in die Nähe von Musik zu kommen." Mehr wollte er auch gar nicht darüber sagen. "Du hast sicher ne Menge Fragen, also leg ruhig los." Selbst wenn Darken es normalerweise mit Beantwortung von Fragen nicht so hatte. Doch der Krieger verfiel in Schweigen was auch nach einer Weile anhielt. "Na schön, dann hab ich eine Frage. Kommst du damit klar? Sind wir noch befreundet?"
Merions Miene hellte sich auf, er zögerte nichtmal, sondern nickte gleich. "Ja, sicher. Ich muss nur etwas drüber nachdenken, ich hätte nie gedacht, dass du mir so etwas erzählst", gab er zu. Darken blickte ihn verwundert an.
"Wieso, was hast du denn gedacht?", fragte er zurück.
"Ähm... ich weiß nicht. Ich wußte ja nicht was du sagen wolltest", stammelte Merion, schaute zur Seite. "Danke, dass du es mir gesagt hast. Dann will ich dir auch etwas sagen... ich..." Der Dea al Mon schien mit sich zu kämpfen, schlug die Augen wieder nieder. "Ich glaube, ich mag Männer." Gleich darauf blickte er Darken wieder an wie um zu sehen was der davon hielt.
Der verstand erstmal so überhaupt nicht was daran so aufregend sein sollte. "Ja, und?" Sag ihm, du stehst auch auf Kerle, bat ihn der Tänzer. Merkst du nicht was er versucht dir zu sagen? "Mir ist das eigentlich egal." Nach den Worten ließ Merion die Schultern hängen und Darken merkte, dass das irgendwie falsch rüber gekommen war. Dunkelheit, er kannte sich doch überhaupt nicht damit aus. "Ich meine, das Geschlecht ist mir egal", fügte er hastig hinzu. "Ich... hab auch schon Erfahrungen mit Männern gemacht." Die zwar alle nicht freiwillig gewesen waren, doch das verschwieg er.
Der Dea al Mon sah ihn fasziniert und auch leicht begeistert an. "Wirklich? Wow, das ist... äh toll... Ich..." Merion kam ihm plötzlich näher, Schweigen breitete sich aus und wurde von einer gewissen Anspannung erfüllt. Man hörte nur die Geräusche des Waldes um sie herum, während der Krieger seine Hand ausstreckte und zitternd über Darkens Brust streichelte. Der Traum... hatte er nicht auch in der Weidenlaube gespielt? Sein Herz pumpte übermächtig Blut durch seinen Körper, alles in ihm fühlte sich zum Zerreißen gespannt an ehe er nicht mehr länger konnte und einen Schritt zurück machte.
"Das ist nicht weil ich dich nicht will", stellte er klar, "Es ist nur zu schnell." Und irgendwie ergriff er grad die Flucht. Er! Darken wandte sich ab, ließ Merion in der Laube stehen und eilte zurück zur Stadt. Von einem Drama ins nächste, das hielt doch kein Mensch aus. Was war nur los mit ihm? Und hatte er wirklich gesagt, er wolle Merion?
Schmetterlinge umschwirrten ihn und Schmetterlinge in seinem Bauch. Verdammt, er wollte das nicht! Und Minan und der Tänzer waren nicht minder aufgeregt. Darken rannte schon fast zur Stadt, suchte sein Zimmer auf, schloss sich ein und zog dann dort wie ein eingesperrtes Raubtier Kreise hin und her. Schon bald hielt er es aber nicht mehr aus, eilte zur Krankenstation. Er fühlte sich wie unter Strom gesetzt.
"Hey... wie geht es deinem Bauch?", fragte er sobald er hereinkam.