Re: Wer ist Prinz Erenos?
von Eneas » Mo 17. Feb 2020, 14:28
Er hatte geglaubt, dass es das war das Kosta von ihm gewollt hatte. Ein bestimmenderes Auftreten und er hatte ihn den ganzen Tag über immer wieder gereizt, schien darauf zu warten, dass Eneas aktiver wurde. So versuchte er es erneut. Er traute sich längst nicht Kosta gegen die Türe zu pressen und wild zu küssen wie er es sich eigentlich ausmalte, doch Eneas kam dichter auf ihn zu und strich ihm über die Brust. Sein Liebster stöhnte und wimmerte leise, atmete hörbar. Keuchend gestand er, dass er mehr brauche, doch dann erschrak er wohl über seine eigene Antwort und er entschuldigte sich sofort. Es täte ihm leid und er wolle noch nach Zucker sehen. Es wäre zu gefährlich und zu früh.
"Oh.. ich wollte nicht-", fing Eneas betreten an, aber sein Freund schlüpfte hastig an ihm vorbei und floh wieder mal. Eneas sah ihm frustriert hinterher. Verflixt, er hatte die Situation wieder falsch eingeschätzt. Mal wirkte es so, als wolle Kosta ihm durchaus näher kommen, flüsterte ihm seine scharfen Vorstellungen hinzu, doch wenn sie sich dann wirklich näher kamen, machte er schnell einen Rückzieher und schien erst da zu realisieren, dass er noch nicht so weit war. Was vollkommen in Ordnung war, aber Eneas wünschte sich, sein Freund würde es vorher bemerken. Bevor er Eneas vollkommen hart und bereit machte.
Der Krieger zog sich ins Bad zurück und sorgte dafür, dass die Erregung abklang. Er ärgerte sich über sich selbst, dass er die Signale falsch eingeschätzt hatte. Kosta hatte ihm oft vorgeworfen, dass Eneas ihn nicht richtig kennen würde und das schien es wieder mal zu bestätigen. Anderseits schien sein Liebster sich momentan auch selbst noch zu suchen und sich in vielem unsicher zu sein. Bis dahin bedeutete es wohl weitere kalte Duschen. Eneas würde damit klarkommen. Er wünschte sich nur, dass es Kosta bald besser ging.
Etwas später kam auch sein Freund zu Bett. Dieses Mal in einem sehr hochgeschlossenen Schlafanzug und eindeutig nervös. Er blieb vor dem Bett stehen und schien nicht hineinkommen zu wollen. Eneas war ebenso nervös als er nach Kostas Hand griff und ihn ins Bett zog. Nahm er sich damit ebenfalls wieder zu viel heraus? Hätte er lieber anbieten sollen unten auf dem Sofa zu schlafen? Würde Kosta sich losmachen? Alles war möglich.
Stattdessen ließ sich sein Freund in eine Umarmung ziehen und begann darin leise zu weinen. Besorgt hielt Eneas ihn fest und versuchte ihn gut zu trösten. Der Besuch mit Alvaro war eine Katastrophe gewesen. Es hatte Kosta viel zu sehr aufgewühlt und das zeigte sich einmal mehr, als Kosta in dieser Nacht wieder sehr heftige Albträume bekam. Er hatte immer mal wieder Albträume, doch seit sie hier wohnten, war es erstmal besser geworden. Bis heute. Bis Alvaro. Oder hatte Eneas mitschuld? War es sein dummes Verhalten gewesen? Er hatte Alvaro von Kosta gestoßen und sich aufgespielt. Vielleicht war es das gewesen.
Doch Eneas konnte nicht fragen, als Kosta schreiend aufwachte. Er konnte ihn nur halten, ihm gut zureden und ihm versichern, dass sie in Mineva in Sicherheit waren und das alles gut war. Selbst wenn der letzte Teil nicht stimmte.
Es wirkte eine Weile und Kosta schlief wieder ein, doch Eneas war zu besorgt, um noch ein Auge zu zu tun. Es war berechtigte Sorge, denn sein Liebster schreckte noch mehrmals schreiend auf, schlug um sich und war kaum zu beruhigen.
"Ich bin da. Es ist alles gut. Kosta... du bist nicht mehr in Dhemlan." Eneas bekam ihn nicht zur Ruhe. Dann kam ihm die Idee seinen Freund nach draußen zu bringen. Das hatte auch geholfen, als sie im Tempel bei den Priesterinnen gewesen waren, nachdem sie Tileo zurückgebracht hatten. Mit der Decke um sie geschlungen trug er Kosta auf den Balkon, der zum Schlafzimmer oben angrenzte. Eneas war mehr als erleichtert, als die Idee Früchte zu tragen schien und Kosta sich endlich beruhigen konnte. Unter freiem Himmel hatte sich sein Freund oft wohler gefühlt. Er hatte schon lange Zeit Probleme mit Dunkelheit und beengten Räumen. Leider hatte Dalmadans Feste das nochmals verstärkt.
"Guck, der Mineva Nachthimmel.... wir können ein Weilchen hier sitzen. Ich halte dich", versprach Eneas. Sie saßen auf der gepolsterten Bank, Kosta halb darauf gekuschelt und dort schlief er dann auch ein und die Albträume hatten fürs erste endlich ein Ende.
Aber es war leider damit nicht getan. Am nächsten Tag wirkten sie alle ein wenig durchnächtigt und sie alle drei holten Schlaf mittags nach. Es wurde ein eher ruhiger Tag. Eneas wagte nicht mit Kosta über die Nacht zu reden. Gestern war eindeutig aufwühlend genug gewesen. Kosta musste erst wieder zur Ruhe kommen und es war vielleicht besser, wenn sein Freund mit einem Gespräch auf ihn zukam. Das würde zwar länger dauern, doch Eneas hatte bitter lernen müssen, dass es meist alles schlimmer machte, wenn er Kosta zur Rede stellen wollte. Man konnte das bei ihm nicht erzwingen.
Dafür konzentrierte sich der Krieger darauf, dass er Yadriël beim Lesen und Schreiben helfen wollte. Er besorgte Material dafür in der Stadt und auch kleine Hanteln mit geringem Gewicht. Eneas hielt es fürs Beste, wenn der Dhemlaner auch damit anfing. Wenn es gut lief und der Gips ab war, könnte Yadriël sich vielleicht eigenständiger im Rollstuhl fortbewegen. Das wäre wenigstens ein Anfang.
Der Prinz war dagegen weniger begeistert von den Lehrstunden. Seiner Meinung nach schien er genug durchgemacht zu haben und auch das Argument von Langeweile zog nicht viel. Die meisten Sklaven, aktuelle oder ehemalige, waren darin geübt Langeweile auszuhalten. Freizeit war ein Fremdwort für Yadriël. Das Hanteltraining funktionierte zumindest besser als das Lesen und Schreiben. Es waren niedrige Gewichte, doch nach ein paar Übungen war der Prinz bereits erledigt und wollte nicht mehr. Eneas fiel dabei auf, dass Yadriël eines von Kostas Armbändern trug. Ein selbst geflochtenes noch dazu. Warum schenkte er ihm das? Hatte es etwas zu bedeuten? Schon wieder etwas was der Dhemlaner sich von Kostas angeeignet hatte. Der Name und jetzt das Armband. Eneas schluckte seinen Groll hinunter.
Kosta hatte auch die nächste Nacht Albträume und wieder zogen sie sich später auf den Balkon zurück. Eneas fragte nicht. Eigentlich hatte er Andiël und Kalli einladen wollen, doch die hätten Kosta sicher noch zusätzlich an den Krieg erinnert. Das war zu viel. So bemühte Eneas sich, dass die nächsten Tage extra ruhig waren. Yadriël für kurze Zeit um den Block zu fahren, war das meiste was sie machten. Wenn es nicht sowieso zu regnerisch war. In den letzten Tagen war ein kräftiger Wind von der Küste gekommen.
Zwischendurch bekamen sie alle Post von Timaris. Selbst Yadriël, der aber wenig begeistert darüber zu sein schien. Er lehnte auch vehement Hilfe beim Lesen des Briefes ab und so erfuhren sie dessen Inhalt nicht. Da nur Kosta es schaffte ihn ab und zu zu Lese- und Schreibeinheiten zu überreden, hatte Eneas mehr Zeit für den Garten. Einen Nachteil hatten die extra ruhigen Tage. Er sehnte sich nach dem Schiff und der Piraterie. Manchmal fiel ihm einfach die Decke auf den Kopf. Der Garten bot zumindest etwas Abwechslung.
Als Kosta wieder besser schlief und Eneas es nicht länger aushielt, schlug er endlich vor Andiël und Kalliope konkret einzuladen. Yadriël war mittlerweile auch etwas fitter und wurde nicht mehr so schnell müde. In sechs Tagen kam wenigstens endlich der Gips ab.
Erneut bereiteten sie alles für ein Essen vor. Heute war ein schöner Frühlingstag. Genau richtig um den neuen Tisch und Stühle für die Veranda einzuweihen, die sie besorgt hatten. Eneas hatte die letzten Tage an der Veranda gearbeitet und sie erneuert. Er hatte allmählich akzeptiert, dass sie wirklich länger hier wohnen würden. Außerdem gab es selbst kaum ein Ferienhaus in dem Eneas nicht etwas gebastelt und geschraubt hatte. Alles hatte begonnen mit dem Leuchtturm zu dem ihm damals Timaris geschleppt hatte. Seitdem schien er nicht mehr damit aufhören zu können Dinge instant zu setzen. Es hatte wohl wirklich etwas heilendes und beruhigendes.
"So ein Scheißdreck", fluchte Yadriël im Hintergrund.
"Was?" Eneas war gerade dabei die Polsterungen mit Bändern an den Stuhlen zu befestigen.
"Dieses dämliche Kreuzding, das der Kleine mir gegeben hat." Der Prinz saß in seinem Rollstuhl bereits auf der Veranda. "Hat er selbst gebastelt. Und jetzt soll ich das lösen."
Eneas grinste. "Kreuzworträtsel. Deswegen hängst du also da dran. Du konntest nicht nein sagen."
Yadriël brummte. "Mach du mal bei diesem goldigen Blick." Er starrte wieder auf das Blatt, das Ende seines Bleistiftes nachdenklich gegen den Mund gedrückt. "Riesiger Wald. 1... 2... 8 Buchstaben", zählte er. Dann sah er Eneas auffordernd an.
"Oh nein, ich helf dir nicht", wehrte dieser ab und band weiter die Sitzkissen und Rückenlehnen fest. "Außerdem solltest du das wissen. Seid ihr nicht erst gestern alle Territorien durchgegangen?", gab er wenigstens einen Tipp.
Der Prinz verfiel wieder ins Grübeln. "Dann passt das andere aber nich mehr... Dreck! So eine Folter", fluchte er weiter.
Als Kosta mit frisch angesetztem Eistee zu ihnen kam, wedelte Yadriël mit dem Blatt. "Ich will eine extra große Portion von dem Schokoladenmousse wenn ich das Wort schaffe", forderte er. "Außerdem tun meine Arme immer noch weh vom Rühren." Eneas schmunzelte in sich hinein.
Es war ziemlich gutes Oberarmtraining gewesen. Und auch jetzt schien Kosta einen spielerischen Weg gefunden zu haben, Yadriëls Allgemeinwissen und Buchstabieren zu üben. Es funktionierte. Jedenfalls lag es nicht unangerührt in der Ecke wie sonst oft.