Re: Ein langer Weg
von Eneas » So 9. Okt 2022, 18:12
Schon wieder hatte er etwas falsches gesagt. Kosta bremste ihn gleich und bat ihn, dass er damit aufhörte. Der andere Krieger erklärte ihm flüsternd, dass er niemals mit dem Krieg würde abschließen können. Er könnte nur lernen damit zu leben. Eneas nickte betroffen.
"Es tut mir leid.. ich will dir nur so gerne helfen", erwiderte er leise. Er konnte sich gut vorstellen, dass Kosta jetzt glaubte, dass er den Krieg niemals hinter sich lassen würde. Vielleicht würde es auch so eintreffen. Es gab für Eneas, selbst nach Jahrzehnten, immer noch Momente wo er an Nevander dachte und wo es sehr schmerzte. Nicht mehr so wie früher, doch genug, dass er wusste, dass solche Erlebnisse einen nie vollständig verließen. Eneas hatte nie gewollt, dass Kosta so etwas schreckliches erlebte, das es ihm die Sprache versagte. Eneas hätte bei ihm sein müssen. Wieso hatten sie sich auch gestritten? Hatte am Ende er Kosta fortgetrieben? Wenn sie sich nicht gestritten hätten, womöglich wäre all dies nie passiert. Er sollte sich deswegen keine Vorwürfe machen. Dadurch konnte Eneas auch nichts ungeschehen machen. Dennoch hätte er am liebsten die Zeit zurückgedreht, um alles Leid, das seinem Liebsten widerfahren war, ungeschehen zu machen.
Kosta war aber jetzt anscheinend nichtmal bereit, auch nur ansatzweise daran zu denken was ihm passiert war. Er bat Eneas, es gut sein zu lassen. Eindeutig wollte er nicht über die Albträume reden.
"Ich hatte dir nur Mut machen wollen", erklärte Eneas leise. Er hatte Kosta nicht ausfragen oder bedrängen wollen.
Dieser entschuldigte sich dafür, dass er ihn mit den Albträumen belastete. Eneas schüttelte den Kopf. "Nein, belaste mich", bat er, "Ich will für dich da sein." Er stritt nicht ab, dass ihn die Albträume seines Freundes beschäftigten, aber das war doch normal oder? Er sorgte sich nunmal um Kosta. Dass dieser wieder und wieder Eneas' Hilfe ablehnte, machte den Krieger ganz verzweifelt. Einfach daneben zu stehen, während sein Freund litt, war unerträglich. Nur sagte ihm Kosta dann, dass ihn weder Krieg noch Albträume beschäftigte. Es wäre Eneas, der ihn so verletzte und ihn nicht schlafen ließ. Kosta entschuldigte sich dafür, doch Eneas wusste nicht was er dazu sagen sollte. Kosta hatte ihm ja untersagt, ihre Beziehung zu erwähnen, aber jetzt sprach er sie selber an, warf Eneas vor, dass dieser daran schuld wäre, wie es Kosta ging. Eneas senkte getroffen den Kopf, presste die Lippen zusammen. Was jetzt? Würden sie doch darüber reden? Sie hatten es schon mehrmals auf der Insel versucht, aber es war nie geglückt. Und hier auf dem Schiff war es zu gefährlich. Wenn sie dann wieder stritten?
"Ich dachte, es wäre nicht der richtige Moment für uns...", wandte Eneas ein, "Und dass dich die Erinnerungen an den Krieg zu sehr quälen und im Griff haben, als dass du jetzt auch noch das mit uns versuchen willst zu klären. Ich wollte nicht auch noch mehr zu deiner Last beitragen." Ihm war klar, dass er das nicht immer geschafft hatte, aber nun zu hören, er war die einzige Last, die Kosta plagte, war schwer zu verdauen.
Er hob den Kopf wieder. "Aber es ist wohl unmöglich, dass wir das mit uns pausieren oder beiseite schieben können..." Das hatte eindeutig nicht geklappt. Er drückte Kostas Hand hilflos. "Es tut mir leid. Es ist alles nicht so gelaufen wie ich mir das vorgestellt hatte.." Eindeutig hatte er nicht erwartet, dass es so schwer werden würde. Die Vorstellung war wohl naiv gewesen. "Und du hast dir das sicher auch anders gedacht..." Sie hatten ja bereits herausgefunden, dass sie zwei sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber hatten wie eine Beziehung werden sollte.
"Aber ich glaube weiter, dass sich das irgendwie vereinbaren lässt." Er lächelte Kosta entschuldigend an. "Es tut mir leid, dass ich verantwortlich bin für deinen schlechten Schlaf und alles andere..." Schweren Herzens zog er seine Hand fort.