Verzweifelt versuchte er Olintes zu erklären, welch ein Chaos in ihm tobte, wie er sich fühlte, an was er glaubte und was nicht. Doch es war sehr schwierig, da er das meiste selber gar nicht so recht wusste. Es war mehr so ein vages Gespür. Dazu pendelte er zwischen extremen Gefühlen hin und her. Tiefer Trauer, schwerer Schuld und explosiver Wut. Es war so ungewohnt für ihn, dass er kaum wusste, wie er damit umgehen sollte. Zumal die Wut beinahe jedes mal wieder hochschwappte, wenn Olintes etwas sagte. Der Krieger hörte ihm gar nicht zu. Oder er verstand nicht, was er sagte. Er drehte ihm die Worte im Mund um und verallgemeinerte sie.
Ein paar Mal war Kosta versucht, während der Standpauke etwas einzuwerfen und zu erklären. Doch er kam gar nicht wirklich dazu, während Olintes ohne Luft zu holen vorwarf, dass er nie was sagte. Er könne jetzt nicht sein Sklavendasein vorschieben, da sie ihn nie als solchen behandelt hätten. Konnte er sehr wohl. Denn für da, wo er es ihnen vorwarf hatten sie ihn tatsächlich als solchen behandelt. Er warf es ihnen ja nicht über die ganze Zeit hinweg vor. Nur da, wo sie ihn entführt hatten. Das eine Mal, wo er wirklich nicht mehr einer Meinung mit Eneas gewesen war. Da wo er widersprochen hatte, hatten sie ihn geradezu niedergeknüppelt. Sollte er jetzt etwas sagen und es wieder riskieren und womöglilch erneut zu weit in seiner Wut gehen, wie ihm ebenfalls vorgeworfen wurde, oder sollte er besser schweigen? Kosta entschied sich für zweiteres, da er sowieso nicht zu mehr kam, als versuchsweise mal den Mund zu öffnen. Also presste er ihn schliesslich nur noch zu einem dünnen Strich zusammen und in seinen Augen funkelte es zornig auf.
"Ich habe keine Angst", platzte es dennoch fauchend aus ihm heraus. Er kam jedoch nicht dazu, dies weiter auszuführen, da Olintes schon wieder weiter lamentierte. "Du hast recht, du hast keine Ahnung", stimmte er ihm zornig zu. Schliesslich hatte Olintes wirklich keine Gefährtin. Kosta setzte gerade dazu an, ihm deutlich die Meinung zu Geigen, als Farell um die Ecke geschossen kam und Olintes zurief, er solle ihn nicht anbrüllen. Kosta blinzelte verwirrt und blickte dann aufgebracht zu dem älteren Krieger. Olintes hatte kein Recht, ihn anzubrüllen.
"Wir vertragen uns ganz und gar nicht", wehrte Kosta aufgewühlt ab und entzog sich Farells Hand. "Ich bin wütend und Olintes macht das nicht gerade besser. Du steckst mich in irgendwelche Schubladen, die du wohl aus schlechten Romanen hast, weil du mich nicht verstehst. Kein Wunder, wenn du gar nicht richtig zuhörst. Und dann wagst du es auch noch, mich zu verurteilen. Das ist unverschämt und anmassend. Ich habe nicht zugelassen, dass ihr mich wie einen Sklaven behandelt. Dieses Recht habt weder ihr noch ich. Es war die ganzen Jahre über auch alles in Ordnung. Es gab nichts zu sagen und als es etwas zu sagen gab, habe ich das vorgestern auch getan. Aber weder ihr noch Eneas wolltet das hören. Ich durfte nicht gehen, wie jeder andere freie Mensch auch. Ich musste mich erst freikämpfen und aus dem nichts auf einen Wind springen, um frei sein zu können. Also sage mir nicht, ich hätte zugelassen, dass ihr mich wie ein Sklave behandelt. Das war eure Entscheidung an dem Tag. Euer Fehler." Zornig stand Kosta auf. In ihm tobte zuviel Wut, als dass er jetzt einfach hätte sitzen können.
"Ich habe keine Angst, Olintes", fuhr er den anderen Krieger zornig an. "Es ist mir absolut egal, ob unsere Beziehung öffentlich ist oder nicht. Ich weiss, dass diese Beziehung funktionieren wird, wenn ich mich zurück nehme. Doch Eneas will das nicht, weil er denkt, dass er mich kennt. Aber das tut es nicht und wenn ich ihm diesen Wunsch erfülle, wird die Beziehung nicht funktionieren. Dunkelheit, ich war immer für ihn da. Selbst gestern Abend bin ich noch zu ihm gegangen, damit er sich nicht wieder so fühlt, wie bei Timaris und wenigstens noch einmal die Gelegenheit hat, etwas zu sagen oder zu erklären. Ich war da, obwohl ich nie wieder auch nur einen Fuss auf dieses verfluchte Schiff setzten wollte. Für ihn. Wenn er mich genug lieben würde, hätte er von selbst erkannt, dass er mit mir eine Beziehung haben will. Dann hätte er gewusst, dass er mir nicht in dem Moment seine Liebe gestehen soll, wo ich mich so von ihm verraten fühle. Dann hätte er mich im richtigen Moment genommen und nicht erst Hilfe von Timaris gebraucht. Oder von Leto weil sie..." Hart klappte Kosta seinen Mund zu, weil er beinahe die arme Priesterin verraten hätte, die alles versucht und nun trotzdem alles verloren hatte. Bestimmt hasste sie ihn jetzt. Es tat Kosta so leid. Doch sie würde sicher nicht wollen, dass er sich ihr näherte und sich bei ihr entschuldigte.
"Es gibt kein Mittelding, wie du es nennst, Olintes, weil ich Eneas nichts mehr zu geben habe", erklärte er abweisend. "Ich habe ihm jahrelang alles gegeben, was ich habe. Das ist kein Vorwurf, sondern eine Tatsache. Ich tat es gerne und es hat mich gefreut, wenn Eneas glücklich alles genommen hat. Doch jetzt habe ich mich selber verloren. Ich kann ihm nichts mehr geben, bis ich mich wieder gefunden habe. Alles und nicht nur das, was Eneas gefällt, sondern auch das, was ich verdrängt habe, um ihm zu gefallen. Du sagst, ich wisse, wie wichtig Eneas Freiheit ist, Olintes. Ja, das weiss ich. Ich weiss auch, dass mir Freiheit vollkommen egal ist. Welcher Wille hat nun mehr Gewicht, Olintes? Meiner ist falsch, nicht wahr? Er ist schlecht und sollte nicht befolgt werden. So denkst du doch, oder? Und nun sage mir noch einmal, dass du mich als freien Mann respektierst. Einen Scheiss tust du. Keiner von euch. Ihr fragt noch nicht einmal nach, warum ich so empfinde. Es ist einfach nur falsch und wird bekämpft. Deswegen ist Eneas Liebe nicht genug. Weil er nicht weiss, wen er liebt und nicht bereit ist, mich so zu akzeptieren, wie ich bin, geschweige denn, dass er mich versteht. Er müsste schon seine heiss, geliebte Freiheit aufgeben, um das auch nur ansatzweise tun zu können. Doch eher wird in der Hölle die Sonne scheinen. Wenn die Herren nun nicht mehr weiter diesen Gang und den Hafen blockieren würden. Ich muss mich für späte zurecht machen." Damit stürmte er wütend in sein Zimmer und schmetterte die Türe dabei hinter sich zu. Kosta war so aufgebracht, dass er es sogar an dem Brief vorbei in sein Bad schaffte.