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Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 12:57

Es war schwierig für Eneas, seinen Freund zu verstehen, der erneut darauf beharrte, dass ihm das alles nicht mehr genügte. So viel war Eneas auch klar geworden, aber es traf ihn immer noch etwas unvorbereitet, dass Kosta sich scheinbar eine viel extremere Beziehung vorstellte als es der Pirat je für möglich gehalten hätte. Oder wollte Kosta nun doch etwas anderes? Es machte Eneas alles sehr unsicher.
"Ich höre, dass du mehr willst.. und etwas anderes, aber, Kosta, ich weiß nicht genau was", sagte Eneas ratlos, "Ich verspreche dir, es wird nicht mehr wie früher sein. Ich will dich als Gefährten. Ganz offiziell. Es würde nichts mehr im Verborgenen stattfinden und jeder wüsste, dass wir zusammen sind." Aus all dem widersprüchlichen vermeinte der Krieger jedenfalls herauszuhören, dass Kosta diese offenen Besitzansprüche wollte.
"Vielleicht würden ein paar versautere Dinge im Verborgenen stattfinden", rutschte ihm heraus, da seine Gedanken teilweise weiterhin mit diesen erotischen Fantasien beschäftigt war, die Kosta ihm so sündig eingeflüstert hatte. Eneas hatte schon so lange keinen Sex mehr gehabt, er sehnte sich danach, egal wie. Es war vermutlich nicht die beste Gesprächsgrundlage. Er war kurz davor, seinem Freund alles mögliche zu versprechen. Er würde versuchen dominant zu sein. Ganz bestimmt und am liebsten jetzt gleich.

Eneas riss sich noch einmal zusammen, griff nach Kostas Händen und bemühte sich seinen Freund zu überzeugen, dass es mit ihnen klappen konnte. Er wollte Kosta gehören. Wenn dieser ihn besitzen und für sich beanspruchen wollte, dann durfte er das gerne tun. Eneas sehnte sich so sehr danach. Nur vielleicht ohne die Leine...
Aber er könnte manchmal ein dezentes Halsband tragen, wenn Kosta es gefiel und er es so wollte, spann er seine Gedanken weiter.
Eneas konnte nicht aufhören ihm sanft über den Handrücken zu streicheln. Er wollte glauben, dass sein Freund sich doch auch sehnte und mehr wollte. Konnten sie nicht wenigstens einmal... vielleicht würde danach alles klar sein. Nein, das war natürlich absurd, aber gerade wollte er es nur zu gerne glauben.
In seinem Versuch, Kosta zu verstehen, musste Eneas dann doch etwas falsches gesagt haben. Sein Freund entriss ihm wütend die Hand und fragte, was er denn mit Vertrag gemeint hätte. Ah, verdammt.
"Äh, das meinte ich nicht.. ich weiß ja nicht, was du so gewohnt bist... dieses herrische Besitzen und so...", stammelte er, "Ich meine... ich weiß, dass du mich willst und Gefühle für mich hast, aber ich weiß nicht, auf welche Weise du mich willst.. das ist so verworren, Kosta. Ich dachte... ähm..." Verwirrt suchte Eneas nach Worten. Irgendetwas, das seinen aufgebrachten Freund wieder besänftigte, aber es schien zu spät.
Kosta zischte ihn an, dass, wenn Eneas so davon redete, er ihn wirklich als Sklaven haben wollte. Fabiene und er gäbe ein hübsches Gefolge ab. Danach erhob sich der schlanke Krieger rasch. Verletzt blickte Eneas nach oben.
"Oh nein, komm mir nicht mit der Nummer." Er stand ebenfalls auf, "Das kauf ich dir nicht mehr ab. Du sagst das nur wieder, um mich auf Abstand zu halten." Dieses Mal wollte Eneas nicht darauf reinfallen. Und er glaubte auch nicht, dass Kosta ihn als Sklaven haben wollte.
"Du willst mich. Ich will dich", fasste er zusammen, "Wieso reicht das nicht? Ich bin bereit, neues auszuprobieren. Ich will mich ändern. Ich will eine Beziehung mit dir und ich weiß jetzt schon, dass sie anders sein wird als alles was ich zuvor erlebt habe. Wenn du uns nur lässt...", appellierte er an Kosta, der schon wieder so aussah, als wollte er fliehen. Vielleicht sollte Eneas ihn gehen lassen. Er fürchtete, wenn er seinen Freund weiter so bedrängte, würde dieser erst recht zurückschlagen. Nur wollte Eneas ihn so sehr... er konnte sich nicht helfen.

Sa 8. Okt 2022, 12:57

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 14:43

Eneas stammelte, dass er nicht wisse, was Kosta so gewohnt sei in Bezug auf diese herrische Besitzend. Kosta wunderte es nicht. Eneas wollte es ja auch gar nicht heraus finden. Was das mit einem Vertrag zu tun haben sollte, begriff er hingegen immer noch nicht. Aber er fragte nicht noch einmal nach. Dazu entwickelte das Gespräch sich viel zu schnell. Dazu war Kosta viel zu wütend. Es beruhigte ihn auch nicht, dass Eneas sagte, dass er zwar wisse, dass Kosta Gefühle für ihn hegte, aber eben nicht wisse, auf welche Weise er ihn wolle. Das war doch vollkommen egal. Auf jede Weise, die er kriegen konnte. Doch egal, was Kosta sagte, Eneas glaubte ihm nicht. Oder wollte ihm nicht glauben.

Wenn er sagte, wie bisher, sei es in Ordnung gewesen, glaubte Eneas ihm nicht. Wenn er sagte, er wolle sich ihm unterwerfen, was Kosta zwar nicht getan und Eneas einfach nur angenommen hatte, dann zögerte er und scheute sich vor der Verantwortung, war sich nicht sicher, ob er ihm das bieten konnte. Womit er wahrscheinlich recht hatte. Sobald Kosta dies jedoch bestätigte und einen Rollentausch vorschlug, war es jedoch auch nicht gut. Kosta wusste, dass er es nicht richtig formulierte. Er sollte es anders tun. Ruhiger bleiben. Nicht so aufgewühlt, wütend und scharf zugleich sein. Es war eine höllische Kombination, die ihn gemein werden liess. So sagte er Eneas noch einmal, dass er ihn als Sklaven haben wollte. Einfach um ihn zu provozieren und auch um ihn wach zu schütteln.

Eneas glaubte ihm jedoch nicht. Wollte es wohl einfach nicht, da ihm die Vorstellung wohl zu ungeheuerlich war, sich selbst in Sklaverei zu begeben. Verständlich. Kosta hatte fliehen wollen. Eneas erhob sich nun ebenfalls und schimpfte mit ihm, dass er ihn nur auf Abstand halten wollte. Eneas würde Kosta wollen und Kosta Eneas. Warum das denn nicht reichte. In Kosta explodierte bei dieser Frage die Wut, die schon die ganze Zeit über in ihm gebrodelt hatte.
"Ja, warum reicht das nicht?" schrie er Eneas zornig an. "Warum hast du gesagt, dass es nicht reicht?" Eneas war derjenige gewesen, der ihm in Draega im Hafen abgesprochen hatte, dass seine Hingabe nicht in genug war. "Du hast gesagt, es sei nicht in Ordnung. Ich würde damit lügen. Dabei bist du der Lügner. Du lässt uns nicht. Und du willst auch gar nichts ändern. Du willst genau das Gleiche wie zuvor. Genau das Gleiche! Du sagst die anderen wissen jetzt Bescheid. Das stimmt nicht. Sie wussten schon vorher Bescheid. Nur du weisst es jetzt auch. Also nichts hat sich wirklich geändert. Schon vergessen? Die versauten Dinge sollen im Verborgenen bleiben." Mit wütend funkeltend Augen starrte er Eneas nieder, stand dabei ganz dicht vor ihm, während er ihm die kurz zuvor gesagten Worte vorwarf.
"Ich soll im Verborgenen bleiben", zischte er wütend. "Denn ich bin richtig, richtig versaut. Aber das ist nichts, wofür man sich zu schämen braucht, wie du es tust, Eneas. Man sollte es einfach nur geniessen. Doch du willst es verstecken. Von mir aus. Dann versteck mich. Es stört mich nicht. Aber sag nicht, du änderst dich und bist bereit für etwas neues. Das bist du nicht. Und vorallem sag mir nie wieder, dass es mir nicht reichen würde. Du hast keine Ahnung, was für mich in Ordnung ist und was nicht." Eneas machte ihn so zornig. Schwer atmend trat er beherrscht einen Schritt zurück, dann noch einen, bevor er sich erneut umwandte und diesmal wirklich vor Eneas wegrannte. Er wollte ihm nicht noch mehr wehtun. Er hatte schon viel zu viel und viel zu falsches gesagt. Er hätte sich Fabiene nehmen und mit ihm zur Strandfeier gehen sollen.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 14:50

Als Eneas ihn zu Rede stellte, dass er ihn absichtlich verletzte, um ihn auf Abstand zu halten, kochte bei Kosta noch mehr die Wut hoch. Eneas fragte ihn wieso es nicht reichen würde, dass sie einander wollten. Sein Freund explodierte, schrie ihn an, wieso es denn nicht reichen würde. Davor hätte er noch gesagt, es reiche nicht.
Eneas öffnete den Mund, fieberhaft nach Worten suchend. "Du- du verdrehst mir die Worte!", warf er Kosta vor. Ja, klar, auf dem Schiff hatte Eneas gemeint, dass es ihm nicht mehr reichte, wenn sie bloß heimliche Liebhaber waren. Aber jetzt meinte er doch etwas ganz anderes.
"Es war auch nicht in Ordnung!", schrie er, um zu Gehör zu kommen, "Das hör ich doch gerade von dir ganz genau. Du hast scheinbar neue Vorstellungen gebildet wie es zwischen uns ablaufen soll. Sag mir nicht, du denkst immer noch, unsere Ab und An Liebschaft wäre für dich in Ordnung." So aufgebracht wie Kosta war, so oft sie über eine mögliche Beziehung diskutierten und nun auch noch stritten, da war für Eneas eindeutig, dass sich Kostas Meinung gewandelt hatte. Im Grunde begrüßte Eneas dies, aber er hatte nicht erwartet, was für extreme Vorstellungen Kosta über eine Beziehung zwischen ihnen hatte. Eneas verstand diese noch nicht richtig.
Kosta warf ihm vor, dass Eneas lügen würde. Er würde verhindern, dass sie zusammenkämen und er wollte sich auch nicht ändern. Er wollte genau das gleiche wie früher.
Empört und verletzt sah Eneas seinen Liebsten an.
"Das stimmt nicht!", erwehrte er sich der Behauptung und schüttelte abwehrend die Hände, "Ich will nicht genau das gleiche. Ich will eine feste Beziehung mit dir. Ich will dein Gefährte werden!", rief er energisch, "Das ist total anders als das was wir früher gemacht haben! Siehst du das nicht?!" Er raufte sich die Haare. Dass Kosta das nicht so sah, tat unglaublich weh. Es wirkte so, als sei es nichts besonderes, wenn sie Gefährten sein würden. Eneas hatte sich - vielleicht naiverweise - ausgemalt, sein Liebster würde ekstatisch über den Gedanken sein, dass sie Gefährten würden, aber es schien ihn nichtmal zu beschäftigen. Ob sie nun Gefährten waren oder nicht, alles war in Ordnung, alles war egal, nichts störte ihn. Es tat weh und machte Eneas wütend.

Kosta beharrte trotzdem, dass sich nichts geändert hätte. Eneas wollte weiterhin, dass die versauten Dinge im Verborgenen blieben. Der schöne Krieger machte einen halben Schritt auf ihn zu, starrte ihn erbost an und zischte, dass er damit im Verborgenen bleiben sollte, denn er wäre durch und durch versaut. Er würde sich dessen aber nicht schämen und es genießen. Wenn Eneas ihn verstecken wollte, sollte er ruhig, es störe ihn nicht.
"Was redest du da für einen Mist?!", gab Eneas aufgebracht zurück, "Ich meinte doch nur, dass ich den Sex und diverses versautes Vorspiel nicht in die Öffentlichkeit tragen will. Nur weil ich in Gegenwart unserer Freunde oder dergleichen bedeckt bleiben will, bin ich nicht gleich verklemmt! Das heißt nicht, dass ich nicht vor allen anderen Händchen halten will oder umarmen, oder meinetwegen rumknutschen und auf deinem Schoß sitzen. Ich will dich nicht verstecken! Darum geht es mir doch." Dass ihre Liebschaft eben nicht mehr im Verborgenen war. Aber das war Kosta ja scheinbar sowieso egal.
Wieso wollte Kosta ihm nicht glauben, dass Eneas bereit für etwas neues war und sich ändern könnte? Der andere Krieger hatte einen Schritt zurückgemacht und wandte sich ab.
"Kosta?!", rief Eneas ihm her, "Ich bin bereit! Bist du denn bereit, hm? Jedes Mal, wenn du mir sagst, dass dich nichts stört und dir alles recht ist, klingt es so, als sei dir alles scheißegal!" Aber sein Freund drehte sich nicht mehr um und eilte schnellen Schrittes den Hügel hinunter. Eneas fluchte unflätig, und dann nochmal. Scheiße!
Was machte er da? So schlimm hatten sie seit dem Streit im Schiff nicht mehr gestritten. Wie sollte das je etwas werden mit einer Beziehung, wenn sie jetzt schon dauernd stritten? Eneas stöhnte unzufrieden. Das war nicht gut gelaufen, aber er wusste selbst, dass es nichts brachte, Kosta nochmal nachzueilen. Wenn er in die Ecke gedrängt würde, würde daraus gar nichts gutes kommen.
Frustriert ging Eneas nach einer Weile langsamer den Hügel hinunter. Es war dunkel und er sah kaum etwas, aber gerade wollte er keine Lichtkugel herbeirufen. Er gehörte gerade in die Dunkelheit. Verdammt, er hatte so scheiße reagiert. Wo war der Vorsatz geblieben, einen ruhigen Kopf zu behalten? Hatte Kosta recht und sie würden nie mehr als ein paar Gelegenheitsliebhaber sein und das war okay? Eneas seufzte. Vielleicht hatte sein Freund auch etwas ganz anderes gemeint. Es war schwer, ihn momentan zu lesen.
Der Pirat ging weiter zurück in Richtung Dorf.

Ein Rascheln schreckte Eneas aus seinen Gedanken auf. Er blickte zur Seite und sah gerade noch wie ein junges Mädchen gebückt durchs hohe Gras schlich. Sie versuchte ihre Signatur zu verbergen, aber es gelang ihr nur mäßig. Eneas spürte, dass da seine Nichte unterwegs war.
"Pandora?", rief er sie an.
Er hörte ein erschrockenes Keuchen, und dann ein leises 'Mist'.
"Pandora", wiederholte Eneas mahnend, "Ich spür dich. Was machst du so spät noch hier draußen?"
Es raschelte nochmal und dann tauchte die junge Königin zwischen dem hohen Gras auf. Trotzig blickte sie ihn an. "Zur Strandfeier gehen", sagte sie. Eneas nickte. Das ergab Sinn, aber wieso machte sie so ein Geheimnis darum? Oh... vielleicht hatte es Estella ihr nicht erlaubt, ging ihm auf.
"Und was sagt deine Mama dazu?", fragte er. Pandora nagte an ihrer Unterlippe, schien zu überlegen. Womöglich, ob sie ihren Onkel anlügen sollte oder nicht, doch dann schien sie zu dem Schluss zu kommen, dass das sowieso nicht funktionieren würde und verlegte sich gleich aufs Protestieren.
"Ich bin nicht zu jung! Jetzt sind wir schon weg von Mineva und sie verbietet mir immer noch alles!", maulte sie. "Ich wollte doch gar nicht lange bleiben!"
Eneas wusste, dass auf der Feier ein paar ältere Jungs sein würden. Womöglich hatten die Pandoras Neugier und Estellas Sorge geweckt. "Hör mal, deine Mama verpasst mir auch noch Hausarrest, wenn ich dich nicht zurückbringe...", setzte er an. "Wenn sie sieht, dass dein Bett leer ist, macht sie sich bestimmt große Sorgen."
Pandora rollte mit den Augen und stöhnte auf. "Du bist so uncool", jammerte sie. Uff. Eneas lächelte verkniffen und strich sich über den Hinterkopf.
"Ich bin uncool? Hast du mein Piratenschiff gesehen?", verteidigte er sich. Eneas fühlte sich plötzlich so alt.
"Dann lass mich zur Feier", bat Pandora. Eneas musste trotzdem den Kopf schütteln. Er winkte sie zu sich. Mit hängendem Kopf und maulend wie ungerecht alles sei, kam das Mädchen auf den Weg. Dabei raschelte das Gras, doch Eneas sah wie sich die Grashalme auch weiter entfernt auf der Wiese bewegten. Jemand, der sich genau dann bewegte, wenn Pandora es tat. Geschickt, doch als Eneas seiner Vermutung nachging und seine Sinne schweifen ließ, merkte er die kleine, vertraute Signatur.
"Okay, raus aus der Wiese!", rief er. Wieviele steckten da noch drin? "Tileo!", wiederholte Eneas ein bißchen strenger. Schließlich sollte der Junge erst recht nicht nachts herumschleichen. Ach, sie hatten ihm viel zu viele Piratenkniffe beigebracht.
Trotzdem kam der Junge schließlich zögerlich aus der Wiese und stand nun betreten neben Pandora. Die Königin war eindeutig überrascht. "Du wolltest auch zum Strand?", fragte sie.
"Auf der Strandparty sind ältere Jugendliche, die Bier trinken. Das ist erst recht nichts für dich, Tileo. Wieso bist du nicht in deinem Bett?", ermahnte Eneas ihn.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 15:05

Angespannt lag er im Dunkeln in seinem Bett und lauschte aufmerksam den Geräuschen der Nacht. Neben den vielen Zikaden hörte er Arions regelmässiges, tiefes Atmen. Sein Freund war gleich eingeschlafen, nachdem sie zu Bett gebracht worden waren. Doch Tileo konnte nicht einschlafen. Er hatte heute mitbekommen, wie einige der Jugendliche sich für eine Feier am Strand verabredet hatten. Das interessierte ihn nicht besonders. Doch er hatte bemerkt, wie auch Pandora das mitbekommen hatte. Tileo hatte ihren Blick gesehen und inzwischen wusste er ganz genau, was das bedeutete. Deswegen lag er nun aufgeregt im Bett und konzentrierte all seine Sinne auf sie.

Tatsächlich spürte er bald darauf auch, wie sie sich bewegte und hörte, wie sich ihr Fenster öffnete. Leise, um Arion nicht zu wecken, schlüpfte Tileo unter seiner Decke hervor, streifte sich hastig kurze Hosen und ein Leibchen über, bevor er es Pandora gleich tat und ganz vorsichtig das Fenster öffnete, um daraus heraus zu klettern. Es war gar nicht so leicht, dies möglichst geräuschlos zu tun. Wenigstens klappte das mit dem Signatur unterdrücken schon ganz gut. Seitdem er geraubt worden war, hatte er das sehr gut geübt, damit ihn nie mehr jemand finden würde, wenn er es nicht wollte. Ausser Garlan. Der fand einem immer.

Durch das Anziehen hatte er Pandoras Signatur verloren, aber da er wusste, wo sie hin wollte, konnte er sie leicht wieder finden. Verstohlen schlich er ihr nach, duckte sich hinter den Büschen und bewegte sich nur, wenn Pandora es tat, damit sie ihn nicht hörte. Er kroch durch das hohe Gras und legte sich dann auch prompt flach hinein, als plötzlich Taelos nach Pandora rief. Heftig wummerte sein Herz in der Brust. Tileo war so konzentriert auf Pandora gewesen, dass er den Kapitän gar nicht gespürt hatte. Oh, das war gar nicht gut. Taelos würde bestimmt enttäuscht sein, dass er nicht in seinem Bett lag. Das wollte Tileo nicht. Aber er hatte doch Pandora auch nicht alleine zu dieser Feier gehen lassen können. Zu diesen... diesen... alten Kindern.

Jetzt war Pandora jedoch in Sicherheit. Er konnte sich zurück schleichen und so tun, als sei nie etwas gewesen. Auch wenn er schon eine Ahnung hatte, dass er es Iason trotzdem beichten würde. Vorsichtig versuchte er sich umzudrehen, als Pandora maulend aus der Wiese trat und sich darüber beschwerte, wie unfair das alles war. Er musste jedoch zu laut gewesen sein, denn Taelos rief, dass alle aus der Wiese kommen sollten. Erschrocken zuckte er zusammen. Doch es nutzte nichts. Taelos rief ihn sogar mahnend bei seinem Namen. Mist. Er musste vor Aufregung vergessen haben, seine Signatur weiter bedeckt zu halten. Nervös stand er auf und gehorchte langsam, kam auf die Strasse hinaus und stellte sich mit gesenktem Kopf neben Pandora. Er mochte es nicht, wenn der Kapitän mit dieser strengen Stimme zu ihm sprach. Obwohl er wusste, dass Taelos ein ganz lieber Mann war, jagte ihm das Angst ein.

Pandora fragte ihn überrascht, ob er auch zum Strand gewollt hätte. Taelos schimpfte gleich, dass dies nichts für ihn wäre. Da wären ältere Jugendliche, die Bier trinken würden. Tileo zog den Kopf ein. Er hatte ja gar nicht zu dieser Feier gewollt. Er hatte nur Pandora schützen wollen. Nervös blickte er zu ihr und wusste, dass er das nicht sagen konnte, da sie ihn sonst nur wieder auslachen würde. Sie würde sagen, dass sie nicht von einem kleinen, schwachen Jungen beschützt werden müsste. Fest presste Tileo seine Lippen aufeinander. Die Erinnerung daran nagte noch immer an ihm.
"Ihr Erwachsenen trinkt zum Abendessen auch Bier und da dürfen wir auch dabei sein", erwiderte er Taelos und sagte nicht, warum er nicht in seinem Bett war. Das wegen Pandora konnte er jetzt nicht sagen. Aber anlügen wollte er den Kapitän auch nicht.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 15:12

Tileo schwieg scheinbar trotzig, doch er sah dabei nervös zu Pandora. Oh... war er ihr etwa nach? Denn Eneas' Nichte hatte nicht so gewirkt, als hätte sie gewusst, dass Tileo ihr folgte. Ob er sie mehr als ein klein bißchen gern hatte? Das war irgendwie süß.
Wie von selbst musste Eneas daran denken, dass er davon unbedingt Kosta erzählen wollte, ehe er stockte. Nein, nicht nach dem heftigen Streit..
Tileo meinte fast frech, dass Erwachsene beim Abendessen auch Bier trinken würden und da dürften sie ja auch dabei sein. Gutes Argument, schlagfertig. Aber Eneas konnte das nicht durchgehen lassen. Wenn Tileo wieder bei seinen Eltern war und dort dann auch nachts herumschleichte? Fast hätte Eneas den kleinen Jungen gar nicht entdeckt.
"Wir betrinken uns aber nicht und wir stellen auch keine Dummheiten an", entgegnete er. Nicht, dass dies nicht auch vorkam, aber gewiss nicht beim Abendessen mit den Kindern herum. "Bei der Strandfeier ist keine erwachsene Aufsichtsperson dabei. Estella wollte deshalb bestimmt nicht, dass ihr dorthin geht. Und euch betrinkt." Eneas vermutete auch, dass ein paar der übermütigen Jugendlichen ins Meer gehen würden. Er wusste ja selbst was er in dem Alter alles angestellt hatte. Und die hatten sicherlich auch nicht im Sinn, auf Pandora und Tileo achtzugeben. Eher würden sich die Kinder mitreißen lassen, es den Jugendlichen nachzumachen.
"Wir brauchen keine.. erwachsene Aufsichtsperson", äffte Pandora ihn nach. "Ich würd nix trinken! Wieso bist du so streng?" Sie sah ihn mit einer gekonnten enttäuschten Miene an.
"Komm, du weißt genau, dass du was angestellt hast. Werf das nicht mir vor", sagte Eneas kopfschüttelnd. "Glaub mir, ich würd euch gern da hinlassen, aber dann lieg ich die ganze Nacht wach und hab riesige Angst, dass euch dort etwas passiert. Wie wärs, wenn wir in ein paar Tagen unsere eigene Party machen?"

"Nein, das ist soo uncool", stöhnte das Mädchen. Wie schaffte sie es nur so spielend leicht, dass Eneas sich alt fühlte? Kein Wunder, dass sein älterer Bruder Gefahr lief graue Haare zu bekommen.
"Na los, kommt mit. Jetzt müssen wir die arme Estella wecken", sagte Eneas und führte die beiden Kinder zum Gemeinschaftshaus. Tileo war bestimmt müde. Eneas ließ die beiden Kinder vorneweg gehen. Pandora beugte sich flüsternd zu dem Jungen.
"Cool, dass du auch zur Feier wolltest...", wisperte sie. Das Mädchen sah kurz nach hinten zu Eneas ehe sie noch leiser wurde. "Du warst viel leiser als ich. Das musst du mir beibringen", flüsterte sie. So leise, dass Eneas es nur mit Hilfe seiner Juwelenkunst mitbekam. Er hatte nur hören wollen, ob die zwei weitere Ausrisspläne schmiedeten. Aber die Vorstellung, dass Tileo Pandora beibrachte zu schleichen, war ebenso bedenklich. Uhh, als Eneas dem Jungen dies spielerisch gezeigt hatte, hatte er nicht bedacht, dass dies solche Kreise ziehen würde. Kosta würde sicherlich mit ihm schimpfen. Falls er noch mit ihm redete...

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 15:24

Der Kapitän hatte eine gute Erklärung dafür, warum das Biertrinken beim Abendessen etwas ganz anderes war, als das bei der Strandfeier. Aber um ehrlich zu sein, war Tileo der Unterschied ziemlich egal. Er war einfach nur froh, dass Taelos ihm nicht böse war und es anscheinend Iason auch nicht sagen wollte, bei was er ihn erwischt hatte. Hoffentlich. Ausserdem schien Pandora nicht zu verstehen, dass er ihr hinterher spioniert hatte. Das war auch gut. So hatte der Krieger absolut kein Problem damit, dass Taelos sie nun zurück brachte.

Pandora sah das jedoch ganz anders. Sie war richtig frech zu Taelos und sah ihn auch noch vorwurfsvoll an. Tileo verstand sie nicht. Sie konnte doch froh sein, dass Taelos nicht mit ihnen schimpfte. Mehr noch, er schlug sogar vor, dass sie ihre eigene Party machen könnten. Tileo bekam deswegen grosse Augen vor Freude. Doch Pandora fand das doof und wollte nicht. Also manchmal war sie wirklich selber doof. Immer wollte sie unglücklich sein. In Mineva, da hatte Tileo es noch halbwegs nachvollziehen können. Da hatte sie sich verstecken müssen. Aber hier? Hier hatte sie doch alles und durfte sogar kurze, auffällige Röcke tragen. Manchmal glaubte er, dass Pandora gerne unglücklich war.

"Können wir Estella nicht schlafen lassen, wenn wir jetzt brav ins Bett gehen?" sprang er trotzdem in die Bresche, als doch Ärger auf sie zukommen drohte. Estella würde bestimmt mit ihnen schimpfen und nicht einfach wie Taelos grosszügig mit ihnen sein. "Sie muss doch gar nichts davon erfahren, was wir nicht haben tun können. Dann muss sie sich auch keine Sorgen machen wegen der betrunkenen Jugendlichen." Das wäre doch besser für alle. Mit grossen Augen blickte er flehend zu Taelos, musste sich dann aber bald wieder auf den Weg in der Dunkelheit konzentrieren, das der Kapitän Pandora und ihn irgendwie vor sich hintrieb.

Da flüsterte Pandora ihm unvermittelt zu, dass es toll sei, dass Tileo auch zu der Feier gewollt hätte. Überrascht blickte er zu ihr. Das stimmte so nicht ganz. Er hatte nur auf sie aufpassen wollen. Doch der Junge hütete sich, ihr das zu sagen. Gleichzeitig kam er sich vor wie ein Lügner, weswegen seine Wangen ganz heiss wurden. Oh hoffentlich sah man in der Dunkelheit nicht, dass sie vor Verlegenheit ganz rot wurden. Unbeholfen grinste er ihr zu. Seine Unsicherheit verschwand jedoch schlagartig, als Pandora von ihm beigebracht haben wollte, wie man so leise schleichen konnte. Das war wunderbar. Dann konnten sie ganz viel Zeit miteinander verbringen und sie würde sehen, dass er nicht einfach nur ein schwacher, kleiner Junge war.
"Es wäre mir eine Freude und eine Ehre, Lady Pandora", antwortete er zuvorkommend, wie er es von Iason gelernt hatte. Schelmisch zwinkerte er ihr strahlend zu und verneigte sich andeutungsweise vor ihr.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:16

Oh mann, war das süß. Nun verbeugte sich der Junge auch noch klein vor Pandora, die erfreut grinste. Natürlich hatte er diese höfliche, liebe Geste von Kosta gelernt. Eneas hatte ihm nur Unsinn beigebracht. Trotzdem hätte er Tileo am liebsten geknuddelt, doch er hütete sich dies vor Pandora zu tun. Vermutlich hätte Tileo es dann nicht gewollt, wo er augenscheinlich stark und erwachsen vor dem Mädchen wirken wollte. So versuchte er auch eine drohende Bestrafung durch Estella abzuwehren. Man müsste sie ja nicht wecken und dann müsste sich Estella auch keine Sorgen machen über das was sie sowieso nicht hatten tun können.
"Das geht nicht, Tileo. Wir können das vor Estella nicht verheimlichen", musste Eneas leider ablehnen, "Ihr seid nachts aus euren Zimmern geschlichen, das ist nicht in Ordnung. Und wenn ich das Estella nicht sage, kriege ich auch einen riesigen Ärger. Am Ende schickt sie mich ohne Nachtisch ins Bett", versuchte er einen Scherz. Nur so leicht ließ sich Pandora nicht aufmuntern.
"Nichts darf ich", maulte Pandora. "Ich wollt doch nur gucken. Ich bin alt genug."
"Hab es nicht so eilig mit dem erwachsen werden, Pandora", riet Eneas ihr, als sie auf das Gemeinschaftshaus zusteuerten, "Du bist eine Königin." Und mit einem grünen Juwel eine mächtige noch dazu. Eneas konnte es gut verstehen, dass Timaris sie in Sicherheit hatte wissen wollen. Genauso wie Estella es von Mineva gewohnt war, sehr auf Pandora achtzugeben und sie zu beschützen.
"Du wirst später einmal viel Verantwortung haben, sehr viele Termine und Verpflichtungen." Er kannte dies ja sehr gut von Timaris. Am Ende hatte es sie auseinander gebracht. Ihre Liebe zu Hayll und ihre Bestimmung zu regieren. Eneas hatte ihr dorthin nicht folgen können. Beziehungsweise hätte es ihn nur unglücklich gemacht. Das hatte er mit den Jahren eingesehen. Hoffentlich ging es Timaris gut. Eneas hatte sie nichtmal gesehen, seitdem sie von ihrer Vergiftung geheilt worden war. Ein ander Mal vielleicht. Momentan hatte sie gewiss sehr viel zu tun.
"Also genieß es, noch ein Kind zu sein", sagte er Pandora. Sie sah ihn leicht trotzig von der Seite an.
"Solang es innerhalb meiner Schlafensgehzeit ist, meinst du?", gab sie zurück. Eneas grinste.
"Sei froh, dass du Menschen in deinem Leben hast, die auf dich aufpassen und für dich da sind. Das ist das allerwichtigste", fand er. Später würde sie vermutlich viele Menschen haben für die sie wiederum verantwortlich war.

Sie kamen in den Innenhof, wo Eneas begann Estella zu senden, dass er Pandora und Tileo draußen erwischt hätte. Die Hexe hatte bereits geschlafen, aber es dauerte nicht lange, da war sie wach und oben im ersten Stock öffnete sich hastig eine Türe. Im Nachthemd bekleidet eilte Estella über den Außengang und dann die Treppe hinunter.
Zunächst war große Sorge in ihrem Gesicht zu erkennen. "Pandora, Tileo, geht es euch gut? Was ist passiert?", fragte sie alarmiert und kam auf sie zu. Barfuß. Sie hatte es so eilig gehabt, dass sie scheinbar nichtmal in Sandalen geschlüpft war. Ihr krauses, schwarzes Haar war zerzaust.
"Sie wollten sich zur Strandfeier schleichen", erklärte Eneas.
"Was? Pandora, wir haben doch darüber geredet", entfuhr Estella. Mahnend sah sie ihre Tochter an. Diese blickte ihre Mutter trotzig an, wirkte aber auch etwas betreten und mit sich ringend.
"Wir haben nichts gemacht!", platzte es dann aus ihr raus.
Estella stemmte die Hände in die Hüften. "Nachts aus den Betten schleichen und hinterrücks aus dem Haus ist nichts?! Also wirklich! Und dass du da mitmachst, Tileo, hätte ich nicht gedacht." Sie schüttelte tadelnd den Kopf.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:35

Taelos blieb leider unerbittlich in seinem Vorhaben, Estella über ihr ausbüxen zu informieren. Weil er sonst auch Ärger bekäme. Das wollte Tileo natürlich nicht. Auch wenn er nicht so ganz nachvollziehen konnte, wie Taelos Ärger mit Estella bekam, wenn sie das ganze vor ihr verheimlichten. Aber er wagte nichts mehr einzuwenden. Nicht, dass der Kapitän noch böse mit ihnen wurde. Pandora war wirklich frech und quengelte weiter. Taelos blieb jedoch geduldig und erklärte der jungen Königin, dass sie noch früh genug erwachsen werden würde, wo sie dann ganz viel Verantwortung, Termine und Verpflichtungen hätte. Das klang etwas, worüber man unglücklich sein konnte. Pandora hingegen schien das nicht zu stören. Sie war manchmal wirklich etwas komisch.

Tileo horchte jedoch auf, als Taelos erklärte, dass es das allerwichtigste wäre, wenn sie in ihrem Leben Menschen hätte, die auf sie aufpassen und für sie da sein würden. Unwillkürlich straffte der Junge seine Schultern. Das würde er. Pandora würde immer auf ihn zählen können. Dessen war er sich sicher. Auch wenn sie manchmal ein wenig doof war.
Trotz dieses felsenfesten Entschlusses kostete es dann doch Mut und Überwindung sich Estella zu stellen, als diese mit wehendem Nachtgewand und zerzausten Haaren zu ihnen eilte und ganz besorgt fragte, ob es ihnen gut gehen würde. Was denn passiert sei. Prompt musste Tileo da an seine eigene Mama denken, die sich bestimmt auch ganz viele Sorgen machte, wie es ihm ging und sich fragte, was mit ihm passiert war. Bestimmt war sie ganz traurig und weinte viel. Tileos Augen fingen ebenfalls an zu brennen. Dabei wollte er nicht vor Pandora heulen. Er vermisste seine Mama und seinen Papa nur so sehr. Heftig versuchte er seine Tränen wegzublinzeln.
"Es tut mir Leid , Estella", entschuldigte er sich reumütig. Mit grossen, schimmernden Augen blickte er zu ihr auf. Scheu trat er auf sie zu, schob sich dabei bewusst leicht vor Pandora, um sie zu schützen und legte zart seine Hand auf die von Estella. "Wir wollten dir keine Sorgen bereiten. Wirklich nicht. Darüber haben wir nicht nachgedacht." Das hatte Tileo wirklich nicht. Er hatte nur an Pandora gedacht und dass es besser war, wenn sie nicht alleine ging.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:36

Als Estella sich so um sie sorgte, ob ihnen etwas passiert sei und ob es ihnen gut ging, bemerkte Eneas eine Veränderung bei Tileo. Er bekam feuchte Augen, sah die Hayllierin mit großen Augen an und entschuldigte sich schließlich ganz reuig, während er immer mal wieder blinzelte. Oh je, waren das etwa Tränen in seinen Augen? Eneas hatte nicht zu streng sein wollen, doch Tileos Tränchen waren erst gekommen, als Estella so besorgt aufgetaucht war. Ob sie ihn an seine eigene Mutter erinnerte?
Mittlerweile wussten sie schon länger, wo sich Tileos Eltern befanden und trotzdem hatte Eneas es sträflichst vernachlässigt. Wahrscheinlich auch, weil er den Jungen so gerne um sich hatte, aber es war im hohen Maße egoistisch ihm deswegen seine Eltern vorzuenthalten. Sie hatten Tileo versprochen, ihn zu seinen Eltern zurückzubringen und es war Zeit, dies endlich einzuhalten. Eneas musste mit Kosta darüber reden. Und dort lag teilweise das Problem. Die letzte Tage hatte er sich intensiv um seinen Freund gekümmert und an kaum etwas anderes gedacht. Kostas Befinden und Stimmungen schwankten noch zu sehr. Er würde sicherlich mitkommen wollen, aber war er dafür stabil genug? Außerdem hatten sie sich nun auch noch so sehr gestritten... es wäre nicht gut, jetzt zu reisen. Eneas kam es trotzdem wie eine Ausrede vor.
Tileo griff nach Estellas Hand und beteuerte aufrichtig, dass sie ihr keine Sorgen hatten machen wollen. Die Hexe ließ sich von dem Jungen etwas erweichen.
"Ja, nachgedacht habt ihr nicht." Sie schüttelte tadelnd den Kopf. Eneas hätte Tileo am liebsten gepackt und ihn vor dem Tadel geschützt. Er wäre viel zu weichherzig bei Kindern..

"Na gut, ihr seid ja nicht bis zur Feier gekommen. Aber auch nur, weil Eneas euch erwischt habt. Da ihr heute so lange aufgebleiben seid, gehts morgen zwei Stunden früher ins Bett", entschied Estella dann. Pandora riss entsetzt die Augen auf.
"Was?!", protestierte sie empört. "Mama!"
"Nix, Mama. Sei froh, dass ich dir keine Woche Hausarrest aufbrumme", schimpfte Estella. "Los, marsch ins Bett. Und wehe, du versuchst nochmal nachts aus dem Zimmer zu schlüpfen, junge Dame." Sie deutete mit dem Arm die Treppe rauf und maulend fügte sich Pandora.
"Gute Nacht, Tileo", wünschte sie dem Jungen aber noch. "Beim nächsten Mal schaffen wirs", fügte sie frech hinzu und zwinkerte ihm zu.
"Pandora!", rief Estella mahnend und die junge Königin rannte kichernd die Treppen rauf.
Tileo stand noch betroffen und mit feuchten Augen bei ihnen. Eneas ging in die Hocke.
"Wie wärs, wenn ich dich jetzt ins Bett bringe?", schlug er vor, "Heute hatte ich noch gar keine Gelegenheit dazu..." Er lächelte und breitete die Arme aus, falls Tileo eine Umarmung wollte bevor der Pirat ihn hochhob. Eneas hatte darauf geachtet, dass Pandora wieder in ihrem Zimmer verschwunden war, während Estella ihr nachging, um das auch zu überprüfen.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:38

Estella schimpfte mit ihnen, dass sie wirklich nicht nachgedacht hätten. Tileo fühlte sich entsetzlich. Er hatte ihr nicht wehtun wollen. Aber er hatte doch Pandora nicht alleine gehen lassen können und sie verpetzen kam gar nicht in Frage. So etwas machte man nicht. Kein ehrenhafter Pirat würde das je tun. Dessen war Tileo sich absolut sicher. Mit schlechtem Gewissen nahm er unglücklich die zwei Stunden früher ins Bett gehen müssen entgegen. Aber wenigstens war Pandora nicht nur unzufrieden. Denn als sie ihm eine gute Nacht wünschte, flüsterte sie frech hinzu, dass sie es beim nächsten Mal schaffen würden. Dabei zwinkerte sie ihm verschwörerisch zu und kicherte beim Treppen raufrennen.

Ja, wenigstens war sie nicht mehr so unzufrieden. Das freute Tileo. Oh, aber beim nächsten Mal? Tileo wollte kein nächstes Mal. Er wollte Estella und Taelos nicht wieder gegen sich aufbringen. Sie waren doch so lieb zu ihm. Das hatten sie nicht verdient, dass sie sich wegen ihm Sorgen machen mussten. Aber wie sollte er das Pandora nur beibringen, ohne dass sie ihn für einen langweiligen, kleinen Jungen hielt. Er war so schockiert über das, was auf ihn zukommen würde, dass er darob ganz vergass Pandora eine gute Nacht zu wünschen. Er starrte ihr einfach nach, bis sie in ihrem Zimmer verschwunden war.

So hatte er auch gar nicht gemerkt, wie Taelos neben ihn getreten war und neben ihm in die Hocke gegangen war. Überrascht blinzelte er ihn an, als er anbot, ihn ins Bett zu bringen. Mit grossen Augen sah er zu, wie Eneas seine Arme einladend ausbreitete. Vergeblich blinzelte er noch einige Male heftig, doch diesmal verlor er den Kampf und die Tränen schossen ihm in die Augen.
"Es tut mir so leid, Taelos", schniefte er herzerweichen und warf sich sehnsüchtig in die Arme des Kapitäns, umklammerte seinen Hals fest mit seinen schlanken Armen. "Es tut mir so leid. Ich... ich wollte keine Dummheiten machen. Bitte. Es tut mir Leid. Estella und du, ihr solltet euch keine Sorgen machen. Ihr seid so lieb. Estella ist so lieb zu mir. Aber ich vermisse meine Mama", schluchzte er unter dicken, heissen Tränen. "Sie macht sich bestimmt auch grosse Sorgen wegen mir. Was mir passiert ist. Sie hat mich doch auch lieb und Papa auch.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:39

Zunächst sah ihn Tileo überrascht an, blinzelte noch, kämpfte gegen die Tränen ehe sie ihm plötzlich hervorquollen, dick und zahlreich. Ohje, Eneas hatte es fast befürchtet. Er schloss ihn sofort in eine feste, starke Umarmung, als der Junge sich schniefend an ihn drückte, die kleinen Ärmchen um Eneas' Hals geklammert. Tileo stammelte mehrere Entschuldigungen hervor und dass er keine Dummheiten hatte machen wollen.
"Ist schon gut, ich bin nicht böse", versicherte Eneas ihm, "Estella hat sich auch nur Sorgen gemacht und deswegen war sie etwas strenger. Es ist nicht so schlimm."
Aber anscheinend beschäftigte Tileo eben gerade der Umstand, dass Estella sich Sorgen gemacht hatte. Weinend platzte der Junge hervor, dass er seine Mama vermisste, die sich gerade jetzt bestimmt auch viele Sorgen um ihn machte. Oh je. Eneas streichelte Tileo tröstend und hob ihn dann hoch, während der schlanke Junge dicke Tränen auf Schulter und Brust des Piraten vergoss.
"Es wird wieder gut. Du siehst deine Mama und deinen Papa sehr bald wieder", versuchte er Tileo zu beruhigen. "Ich habe dir doch gesagt, dass wir deine Eltern wiedergefunden haben. Es tut mir leid, dass wir bisher keine Zeit hatten, dich dorthin zu bringen." Eneas fühlte sich deswegen schuldig.

"Du musst nicht mehr lange warten", tröstete Eneas ihn in der Hoffnung, dass die Tränchen bald weniger wurden, "Kosta hat die Königin gerettet und nun ist auch Kosta selbst in Sicherheit. Ihm gehts ja auch wieder besser." Das stimmte nicht vollständig, aber das konnte er unmöglich Tileo erklären. Eneas verstand es ja selbst kaum. Nur bekam Tileo ja mit, dass Kosta wieder sprach und sich unter die anderen mischte.
"Das heißt, wir werden dich bald zurückbringen zu deiner Mama und deinen Papa. Piratenehrenwort", versprach Eneas lächelnd und streichelte Tileo tröstend über den Kopf. "Und vorher machen wir die Feier von der ich gesprochen hab. Deine Abschiedsfeier, ja? Mit all deinen Freunden, und dann grillen wir und es gibt ganz viel leckeres Zeug und fetzige Musik", zählte er auf. "Das findet sicher auch Pandora cool genug." Er zwinkerte Tileo zu ehe er ihn nach oben in den ersten Stock trug.
Eneas hoffte, dass es den Jungen aufmunterte. Er sollte nicht auch noch traurig sein. Wenigstens konnte der Pirat Tileo helfen. Es war ein simpleres Problem als das dem er bei Kosta gegenüberstand.
Was nicht bedeutete, dass es nicht auch etwas weh tat. Er mochte Tileo sehr und sich von ihm endgültig zu verabschieden, würde gewiss nicht so leicht.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:40

Er musste nur noch heftiger weinen, als Taelos ihm versicherte, dass er ihm nicht böse war. Es tat so gut von ihm lieb in den Arm genommen zu werden. Er hatte so ein schlechtes Gewissen, dass er Dummheiten gemacht hatte und dass Estella sich Sorgen um ihn gemacht hatte. Auch tat es ihm leid, dass er so offen seine Eltern vermisste. Natürlich durfte er das. Das wusste Tileo. Aber er kam sich undankbar vor, wo er es da doch so gut hatte. Und wo Iason und Taelos alles unternahmen, seine Eltern zu finden, obwohl es ihnen selber auch nicht gut ging. Iason wegen dem Krieg und Taelos weil es Iason nicht gut ging.

"Meinst du?" hickste Tileo ertappt, als Taelos ihm vorschlug eine tolle Abschlussfeier zu machen, die auch Pandora gefallen würde. Vorsichtig löste er sich etwas vom Hals des Kapitäns, war aber froh, dass ihn dieser weiterhin beschützend festhielt. Seine Wangen färbten sich rot vor Verlegenheit. Hastig wischte er seine Tränen weg. "Ich bin gern hier. Ich weiss, dass ihr mich zu meinen Eltern bringen werdet. Dass ihr sie gefunden habt, ist schon ein Wunder. Natürlich werdet ihr mich zu ihnen bringen." Das glaubte Tileo auch ohne Piratenehrenwort.
"Es ist nur, manchmal kann ich es kaum erwarten, obwohl es so schön hier ist", nuschelte Tileo verlegen. "Vorhin, als Estella so besorgt war. Dabei wollte ich Pandora eigentlich nur beschützen. Ich weiss, hier ist es sicher. Aber trotzdem hätte doch etwas passieren können. Müssen... müssen wir auch Iason davon erzählen? Ich will nicht, dass er entäuscht von mir ist", gab er aufgewühlt zu.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:41

Erst einmal weinte Tileo noch etwas kräftiger, doch irgendwann beruhigte er sich ein bißchen. Spätestens, als Eneas die tolle Feier beschrieb, versiegten die Tränen. Der Junge hickste unglaublich süß, fragte zweifelnd, ob Pandora die Feier wirklich gefallen würde.
"Bestimmt. Wir organisieren Malzbier und wir grillen und dazu machen wir eine richtig scharfe Soße, die jeden aus den Socken hauen wird", sagte Eneas. Er konnte sich nicht vorstellen, dass seine Nichte ausgerechnet bei Tileos Abschiedsfeier maulig sein würde. Tileo hatte rote Wangen bekommen, er wischte sich die Tränen fort. Eneas half ihm kurz indem er auch sachte und fürsorglich über Tileos nasse Wange strich. Der Pirat lächelte ihn sanft an.
"So. Alles wieder gut", sagte er. Wenn es für Erwachsene bloß auch so einfach gewesen wäre...
Der Junge erzählte, dass er gerne auf der Insel wäre und auch wüsste, dass er wieder zu seinen Eltern kommen würde. Er glaubte ganz fest daran, dass Eneas und Kosta ihn zurückbringen würden. Das war gut. Dass Tileo wieder so vertrauen konnte, nachdem er solch ein schlimmes Erlebnis durch die Hand anderer Menschen gehabt hatte.
"Ja, und das sehr bald", wiederholte Eneas noch einmal, "Ich werde mich mit den anderen beratschlagen und dann kann ich dir bald sagen, wieviele Tage du noch warten musst."

Natürlich konnte er verstehen, dass Tileo es kaum erwarten konnte. Eneas trug ihn über den Gang, strich ihm liebevoll durchs Haar. "Deswegen musst du dich nicht schämen. Natürlich vermisst du deine Mama und deinen Papa. Weiß du, selbst Erwachsene vermissen ihre Eltern manchmal." Das schien den Jungen weiter zu beruhigen.
Er erklärte, dass er Pandora hatte beschützen wollen.
"Du wolltest gar nicht zur Feier, hm? Du wolltest nur auf sie aufpassen?", erriet Eneas. Der Junge schien sich in das ältere Mädchen verguckt zu haben.
"Müssen... müssen wir auch Iason davon erzählen? Ich will nicht, dass er entäuscht von mir ist", sorgte sich Tileo.
"Er wird nicht enttäuscht von dir sein, wenn du ihm erklärst wieso du nachts raus bist. So wie du es jetzt mit erklärt hast. Das war sehr tapfer von dir Pandora beschützen zu wollen. Selbst wenn du dafür ein paar Regeln gebrochen hast", versicherte Eneas. "Manchmal muss man Regeln brechen, wenn man die, die man mag, beschützen will. Und guck mal, wirst du dich nicht besser fühlen, wenn du es ihm sagst und nicht verheimlichst?" Eneas war sich ziemlich sicher, dass der Junge Kosta alles beichten würde.
Eneas öffnete die Türe zu Tileos und Arions Zimmer. Der Pirat legte einen Finger an seine Lippen, um Tileo zu bedeuten, kurz leise zu sein. Schließlich schlief Arion ja bereits. Eneas errichtete einen Hörschutz um seinen Neffen.
"So", sagte er leise, "Ich habe eine Hörblase um Arion errichtet. Jetzt wecken wir ihn nicht auf." Deswegen rief Eneas auch nur eine ganz schwache Lichtkugel herbei. Sie war bauchig dick und der Schriftsteller ließ die Illusion kleiner Flügel um sie herscheinen. So schwirrte sie wie ein guter Geist um Tileos Bett herum.
"Hast du schon Zähne geputzt?", fragte Eneas, als er Tileo sachte auf dem Bett absetzte. Der Junge bejahte. "Und wo ist dein Schlafanzug?"

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:47

Taelos war sich ganz sicher, dass Pandora auch an seine Feier kommen würde. Denn sie würden Malzbier organisieren, dann würden sie grillen und dazu eine richtig scharfe Sauce machen, die jeden aus den Sochen hauen würde. Tileo musste kichern. Das klang gut. So versiegten seine Tränen allmählich. Taelos half ihm, die letzten Tränen von der Wange zu streichen. Das fühlte sich gut an. Fast so, als wäre er zu Hause bei Papa. Aber das war er nicht, weswegen er auch sehr traurig war. Dabei wollte er Taelos keine Vorwürfe machen. Er vermisste nur seine Eltern. Der Kapitän war ganz lieb und verstand das. Er würde sich mit den anderen besprechen und dann könne er ihm sagen, wieviele Tage er noch warten müsse. Tage? Oh, das ging ja auf einmal ganz schnell. Tileo hatte angenommen, dass er noch ein paar Monate waren müsste, oder so. Aber anscheinend verstand Taelos das so sehr, dass er seine Eltern vermisste, dass er sich extra beeilte. Vielleicht vermisste er seine Eltern gerade auch, wo er doch sagte, dass auch Erwachsene manchmal ihre Eltern vermissen würden.

Dankbar fiel er Taelos erneut um den Hals und drückte ihn ganz fest an sich. Er war so lieb zu ihm. Verlegen gab er zu, warum er sich eigentlich aus dem Zimmer geschlichen hatte. Prompt erkannte Taelos, dass er eigentlich gar nicht zur Strandfeier gewollt hatte. Er hätte eben nur auf Pandora aufpassen wollen. Tileo bekam ganz rote Wangen, nickte dann aber hastig. "Jaaa", gab er kläglich zu. Er hatte nichts verbotenes machen wollen. Deswegen fragte er unwohl nach, ob sie Iason genau wie Estella Bescheid geben mussten. Iason war dann bestimmt sehr enttäuscht von ihm, was Tileo eigentlich keineswegs wollte.
Zu seiner Verwunderung erklärte Taelos ihm jedoch ernst, dass Iason nicht von ihm enttäuscht sein würde, wenn er ihm genau wie Taelos erklärte, warum er es getan hatte. Denn es wäre tapfer von Tileo gewesen, dass er Pandora hätte beschützen wolle. Selbst wenn er dafür ein paar Regeln hätte brechen müssen. Das wäre manchmal sogar nötig, wenn man die, die man mochte, beschützen wollte. Tileo bekam grosse Augen, musste dann aber zögerlich nicken. Taelos hatte wahrscheinlich recht. Wenn er Iason nicht davon erzählte, würde er die ganze Zeit über ein schlechtes Gewissen mit sich herumtragen müssen. Das fühlte sich auch nicht gut an.

Inzwischen hatte Taelos ihn wieder hoch in sein Zimmer getragen. Kurz hatten sie am Eingang gewartet, weil Taelos eine Hörblase um Arion errichtet hatten. Das war schön. So konnten sie noch etwas miteinander reden, ohne seinen Freund zu wecken. Das wollte Tileo ja nicht, aber er hatte doch noch etwas auf dem Herzen, was er Taelos gerne erklären wollte.
"Ja, habe ich", antwortete er brav, ob er sich schon die Zähne geputzt hätte. "Mein Schlafanzug ist unter dem Kopfkissen." Sauber zusammen gefaltet, so wie Iason ihm das beigebracht hatte. "Ich hätte es auch gerne Estella erklärt, warum ich aus dem Zimmer abgehauen bin, damit sie nicht so enttäuscht von mir ist", gestand er kleinlaut. "Ich wollte ihr wirklich keine Sorgen bereiten. Aber das konnte ich vor Pandora doch nicht sagen. Dann hätte sie mich erst recht für dumm gehalten. Sie denkt sowieso schon, dass ich ein kleiner, schwacher Junge bin. Ist... ist es sehr schlimm, dass ich Estella nicht die Wahrheit gesagt habe?" Mit grossen Augen blickte er zu Taelos auf, damit dieser ihm half, das Richtige zu tun.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:48

Als Tileo erklärte, dass sein Schlafanzug unter seinem Kopfkissen wäre, hob Eneas es an, um darunter zu schauen. Tatsächlich und sauber gefaltet. Das erinnerte ihn unwillkürlich an Kosta. Selbst etwas so kleines wie ein zusammengefalteter Schlafanzug. Eneas bekam seinen Liebsten einfach nicht aus dem Kopf.
"Dann zieh ihn mal an", sagte Eneas. Tileo beteuerte, dass er Estella auch gerne erklärt hätte, wieso er abgehauen wäre. Vorhin hatte der Junge mit roten Wangen zugegeben, dass es wegen Pandora gewesen war. Selbst schien Tileo noch nichts mit einer Strandfeier mit Alkohol und Musik anfangen zu können. Das war auch sehr gut so. Wohl war er alt genug, schon insgeheim für ein Mädchen zu schwärmen.
Zerknirscht sagte Tileo, dass er Estella nicht enttäuschen wollte, aber in Gegenwart von Pandora, hätte er seine wahren Gründe nicht sagen können. Er befürchtete, dass Pandora ihn dann erst recht für dumm, klein und schwach hielt.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie dich für klein und schwach hält", wandte Eneas ein, während er dem Jungen half sein Hemd auszuziehen. Tileo wollte wissen, ob es schlimm wäre, dass er Estella nicht die Wahrheit gesagt hätte.
"Nein, es war ja nur ein kleines Flunkern. Ausgerissen bist du so oder so. Du hast nur die richtigen Gründe verschwiegen. Du kannst es ihr ja morgen erzählen. Wenn ihr einmal alleine seid", riet Eneas, "Sie wird sicher verstehen wieso du gelogen hast. Klar, möchtest du vor Pandora nicht als uncool wirken", bemerkte der Pirat und zwinkerte.

"Aber, Tileo, wenn du mal in eine bedrohliche Situation kommst oder etwas, was du nicht verstehst und was fremd ist, vielleicht mit Jugendlichen oder Erwachsenen, dann solltest du so etwas immer deinen Eltern sagen. Oder eben Estella oder mir und Iason, die gerade auf dich aufpassen", versuchte er dem Jungen einzuschärfen. Er sollte den Erwachsenen solche Erlebnisse nicht verheimlichen.
"Ja? Du solltest nicht verschweigen, wenn dir etwas Angst macht oder dir jemand weh tut. So etwas sagt man seinen Eltern immer. In Ordnung?" Er lächelte Tileo an und half ihm dabei, den Schlafanzug anzuziehen. Eneas erwartete, dass der Junge nun ins Bett schlüpfte, aber nein, erstmal mussten Hemd und Hose sorgsam auf dem Stuhl gefaltet werden.
Dann krabbelte der Junge aufs Bett und Eneas deckte ihn liebevoll mit der dünnen Decke zu.
"Das war eine aufregende Nacht, was? Morgen gehts dafür viel früher ins Bett. Davor solltest du dich nicht drücken. Dafür wird es Pandora sicher gefallen, dass sie einen Leidgenossen hat", bemerkte der Pirat. Tileo würde da bestimmt im Ansehen des Mädchens steigen. "Um nachts herumzuschleichen, gehört ne große Portion Mut dazu. Ich glaube, da würde einen niemand mehr für schwach halten."

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:48

"Sie hat es aber gesagt", schmollte Tileo. "In Mineva hat sie gesagt, dass ich ein kleiner, schwacher Junge sei." So schnell konnte er das nicht vergessen. Nicht bei Pandora. Sie war manchmal wirklich doof. Etwas grimmig zog er mit Taelos Hilfe seinen Schlafanzug an. Danach faltete er seine Kleidung ordentlich zusammen, wie Iason es ihm gezeigt hatte und legte sie sorgsam auf den Stuhl, bevor er ins Bett krabbelte. Taelos schlug ihm derweil vor, dass er Estella morgen erklären könne, warum er sich aus dem Zimmer geschlichen hätte. Sie würde es sicher verstehen. Taelos verstand jedenfalls, dass Tileo nicht als Spielverderber vor Pandora hätte dastehen wollen. Der Junge spürte, wie er wieder rot wurde.

Sobald er im Bett lag, deckte Taelos ihn behutsam zu. Tileo versteckte sich bis zur Nasenspitze unter der Decke, damit der Kapitän nicht sah, wie er schon wieder rot geworden war. Trotzdem hörte er mit grossen Augen zu, weil Taelos so einen ernsten Tonfall drauf hatte. Er wollte, dass er seinen Eltern, Estella oder Iason und ihm Bescheid gab, wenn ihm etwas seltsam vorkam.
"Ja, Taelos", nickte er artig, als der Krieger ihn fragte, ob das in Ordnung sei. "Du meinst, damit man nicht wieder stehlen kann, oder? Das werde ich nicht mehr zulassen. Man wird mir nie wieder so wehtun und Pandora und Arion auch nicht", entschlüpfte es ihm grimmig. Er wusste zwar, dass er gegen einen Mann nicht kämpfen konnte. Aber er kannte nun ganz viele Tricks, wie er um Hilfe schreien konnte. Selbst wenn Pandora ihn dann als Schwächling sehen würde. Hauptsache das passierte nie wieder. Und er würde lernen, wie er gegen Erwachsene oder Jugendliche kämpfen konnte.

"Nein, ich werde mich nicht davor drücken", versprach er dem Kapitän, dass er morgen früher zu Bettgehen würde und schob die Decke wieder etwas hinunter. "Meinst du wirklich, sie findet mich deswegen mutig?" Das wäre schon toll. Zumindest teilweise. Er klemmte sich die Decke unter die Arme und verschränkte diese. "Aber weisst du, Taelos, ich will nicht, dass sie mich für toll hält, weil ich Dummheiten mache. Das ist doch doof. Anständig und ehrenhaft zu sein ist viel besser." Deswegen sollte Pandora ihn toll finden. Leider hatte die hübsche Königin aber ganz komische Ansichten.
"Was ist eigentlich inzwischen mit dir und Iason?" fragte er traurig nach, wo sie schon so wehmütigen Gedanken nachhingen. "Glaubt er dir immer noch nicht, dass du ihn magst? Warum glaubt er dir nicht?"

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:50

Tileo ließ sich nicht so ganz davon überzeugen, dass Pandora ihn nicht als schwach und klein ansah. Das hätte sie nämlich in Mineva behauptet. Eneas wusste nicht was dort vorgefallen war. Anscheinend konnte der Junge aber genauso lange einen Groll hegen wie Kosta.
"Es war bestimmt schwierig in Mineva. Alles so neu und unbekannt", fühlte Eneas mit. Hatte seine Nichte deswegen geglaubt, dass Tileo schwach und klein sei? Es klang sehr ruppig. Das niedliche, kleine Mädchen hatte sich sehr verändert in den letzten Jahren. Leider sah Eneas seine Familie nicht so häufig.
"Ich glaube nicht, dass sie immer noch so denkt", versuchte er den Jungen zu beruhigen, "Spätestens nicht mehr, wo du ihr doch so toll alles auf dem Schiff gezeigt hast. Erinnerst du dich noch? Da war Pandora diejenige, die verunsichert war, weil alles so fremd war und du derjenige, der sich gut auskannte."
Tileo rutschte bis zur Nasenspitze unter die Decke, lugte mit großen Augen hervor. Es war da seeehr schwer, ihm ernst zu erklären, dass er den Eltern nichts verheimlichen sollte, wenn er eine ängstliche oder unwohle Situation erlebt hatte. Tileo schien es trotzdem zu verstehen und stimmte brav zu. Er kam erst wieder etwas unter der Decke hervor, als er entschlossen beteuerte, dass er nicht mehr zulassen würde, dass man ihm oder Pandora oder Arion so weh tat. Er hatte einen großen Beschützerinstinkt für einen kleinen Krieger. Eneas hoffte sehr, dass Tileo nie mehr so etwas fürchterliches zustoßen würde.

Als sie über die morgige Strafe sprachen, fragte Tileo zweifelnd, ob Pandora ihn tatsächlich für mutig halten würde.
"Sicher bin ich mir nicht, doch es sah schon ein bißchen danach aus", räumte Eneas ein. Ihm kam in den Sinn, dass er Tileo womöglich nicht so viele Hoffnungen machen sollte in seinen Versuchen ihn zu trösten und aufzumuntern. Pandora war sehr viel älter und es war unwahrscheinlich, dass Tileos Schwärmerei erwidert würde. Jedenfalls nicht jetzt, wo die junge Königin lieber bei den älteren Jugendlichen herumhängen wollte. Dabei hatte sie direkt vor ihrer Nase einen tollen Freund und Beschützer. Aber so war das manchmal. Man sah erst viel zu spät, was man an anderen Menschen hatte. Eneas hatte auch manchmal das Gefühl, dass er viel versäumt hatte. Vor allem bei Kosta.
Tileo hatte sich seine eigene Meinung über sein nächtliches Schleichen gebildet und ob dies bei Pandora Eindruck schinden würde. Die kleinen Arme verschränkend, fand der Junge, dass es doof wäre, wenn sie ihn fürs Dummheite machen toll fände. Anständig und ehrenhaft wäre viel besser. Das klang schon wieder sehr nach Kosta. Eneas musste schmunzeln.
"Da hast du recht. Ehrenhaft zu sein ist viel besser", stimmte er zu. Es wäre für den Jungen sicherlich zu kompliziert, zu hören, dass Pandora wohl dabei war eine Jugendliche zu werden und die loteten gerne mal ihre Grenzen aus. Da gehörte es auch dazu, Regeln zu brechen und Neues auszuprobieren. Wer weiß wie Tileo sein würde, wenn er mal Jugendlicher war.
Da fragte ihn Tileo, wie es nun zwischen ihm und Iason wäre. Würde Iason ihm immer noch nicht glauben, dass Eneas ihn mochte? Und wieso war das so? Uff, wenn Eneas das selbst wüsste, dann wären sie gewiss schon einen Schritt weiter. Leider konnte er das nicht sagen. Als Erwachsener musste man so tun, als hätte man Ahnung.
"Ich wollte ihm erst einmal etwas Zeit geben, dass er sich von seiner gefährlichen Mission erholen kann", wich der Pirat zunächst aus, "Und jetzt? Da unterhalten wir uns viel, wie es wohl werden könnte, wenn wir ein Paar sind." Das stimmte ja auch. Nur ließ Eneas weg, dass es keine Unterhaltungen, sondern eher Streits waren. Heftige, verletzende Aussprüche...
Der Hayllier versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
"Ich glaube, Iason hat noch ein bißchen Angst, dass das mit uns nicht klappt. Hmmm..." Wie erklärte er das nur? Eneas kam ein passendes, kindgerechtes Beispiel in den Sinn.
"Er möchte zum Beispiel, jeden Raum in unserem zukünftigen Haus dunkelrot anstreichen, aber ich möchte, dass nur das Schlafzimmer dunkelrot ist und der Rest des Hauses nicht. Und da versuchen wir uns eben zu einigen." Hoffentlich war das gut genug erklärt.
"Wir haben uns jedenfalls beide unheimlich lieb", beruhigte er Tileo, "Er hat Bauklötze gestaunt, als er den tollen Rosenstrauch gesehen hat, um den wir uns gekümmert haben." Das auch dies eher negativ verlaufen war, verschwieg Eneas. Im Grunde war alles bisher sehr entmutigt und widersprüchlich abgelaufen, doch für Tileo - und auch für sich selbst - wollte er lieber ein hoffnungsvolleres Bild zeichnen.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:53

So einfach liess Eneas ihn jedoch nicht gehen. Wütend rief er ihm hinterher, dass er bereit sei. Fragte provozierend, ob denn Kosta jedoch bereit sei. Denn jedes Mal, wenn er ihm sagte, dass ihn nichts störe und ihm alles recht sei, klänge es so, als sei ihm alles scheissegal. Deutlich sichtbar zuckte Kosta unter dem Vorwurf schmerzerfüllt zusammen. So heftig, dass er beinahe über eine Unebenheit im Boden gestolpert wäre. Er konnte sich gerade noch fangen. Wimmernd presste er seine Hand gegen seinen Brustkorb. Genau da, wo sich sein Herz befand. Es tat so weh. Er hatte das Gefühl, es würde gleich auseinander springen, wenn er es nicht festhielt. So wie ein Glas, das zu Boden fiel.

Tränenblind hastete er zurück in sein Zimmer und wünschte sich verzeweifelt, dass er es nie verlassen hätte. Doppelt schloss er es hinter sich ab und verkroch sich hektisch schluchzend in eine Ecke. Dort kauerte er sich zitternd zusammen und versuchte nicht auseinander zu fallen. Seine Bedingungslosigkeit war also Gleichgültigkeit in Eneas Augen. Das tat so unendlich weh.
Wenn ihm alles Gleichgültig war, warum war er dann nicht bei seiner Königin, die er aus tiefstem Herzen verehrte? Warum hatte er sich entschieden, mit Eneas zu segeln und bei ihm zu bleiben? Warum hatte er jeden seiner Liebhaber für ihn verlassen? Warum fing er nichts mit Fabiene an, der sich ihm nur zu bereitwillig hingegeben hätte? Warum hatte er Eneas aus Turgors Weg geschubst und sich selber geopfert, obwohl er damit Timaris Leben riskiert hatte? Warum, Eneas? Warum?
Kosta wünschte sich, er wäre nie von dieser grässlichen Stichwunde genesen. Gerade spürte er sehr genau, wo das Messer eingedrungen war, was es alles zerschnitten hatte. Es tat so unendlich weh. Er musste sich auf die Faust beissen, um nicht zu schreien. Er spürte die Wunde so deutlich, dass er sich sicher war, dass er sie exakt nachschneiden könnte, wenn er sich jetzt einen Dolch in den Bauch stiess. Hastig klemmte er seine Hände unter seinen Beinen ein, fixierte sie fest, als er merkte, dass ihm dieser Gedanke immer verlockender vorkam. Das durfte er nicht tun. Abgesehen davon, dass er Timaris versprochen hatte, durchzuhalten, würde er viele Menschen damit verletzen, was er trozt allem nicht wollte.

Aber es war schwer, zu überleben. Leben brachte er schon gar nicht mehr auf die Reihe. Es reichte nur noch zum überleben. Hektisch atmend sass er in seiner Ecke und liess die Zeit vergehen. Zu Schlaf kam er nicht wirklich und der Gedanke an Essen kam ihm am nächten Morgen auch nicht. Er regierte nicht aufs klopfen an seine Zimmertür und die Versuche ihn heraus zu locken. Er konnte nicht raus. Er würde nur wieder ganz schlimme Fehler machen. Erst am Nachmittag, als Fabiene scheu fragte, ob sie heute wie gesagt gemeinsam spazieren gingen, liess er den Jüngling ein. Zu einem Spaziergang konnte Kosta sich nicht aufraffen, doch er liess Fabiene ein, um mit ihm zu sprechen. Gemeinsam sassen sie dicht beieinander auf dem Bett. Kosta fragte ihn nach der Strandfeier und half dem Jugendlichen einige Dinge zu verstehen, die sich ihm nicht so ganz erschlossen hatten.

Das ruhige, langsame Gespräch mit Fabiene half ihm, sich soweit zu beruhigen, dass er sich schliesslich doch noch aus dem Zimmer wagte. Er holte sich etwas kleines aus der Küche, was er kaum hinunter brachte und nutzte seine momentane Energie, um sich etwas um Tileo zu kümmern. Das war auch wichtig, denn nachdem er mit ihm und Arion eine Weile Ball gespielt hatte, gestand ihm der Junge, als sie alleine waren, dass er am gestrigen Abend Dummheiten gemacht hätte. Kosta hörte ihm ruhig zu, was es gewesen war, lächelte dann aber und drückte ihn an sich. Liebevoll und stolz versicherte er ihm, dass er absolut richtig gehandelt hatte. Versicherte ihm, dass das eben dazu gehörte, wenn man jemanden beschützen wollte. Er warnte ihn jedoch auch kindgerecht davor, wie schwer es sein konnte, wenn man ein Beschützer war. Sie kamen aber überein, dass man manchmal gar keine andere Wahl hatte. Dass das eigene Blut einem keine andere Wahl liess.

Tileo akzeptierte seine Strafe fürs ausbrechen ohne wenn und aber. Ganz im Gegensatz zu Pandora, die sich lauthals über ihre strenge Mutter beschwerte. Zur Belohnung brachte Kosta Tileo selber ins Bett und plauderte noch ein wenig mit ihm. Arion fand das so spannend, dass er auch gleich früher ins Bett wollte. Kosta brachte auch ihn gerne ins Bett und wünschte den beiden Jungs eine gute Nacht, als es soweit war. Danach hatte er seine Energie aufgebraucht und wollte rasch zurück in sein Zimmer. Dabei lief er Fabiene in die Arme, der ihm so gerne noch etwas zu Abendessen bringen wollte. Seufzend liess Kosta ihn in sein Zimmer ein, ass lustlos einige Bissen vom Abendessen. Bis Fabiene ihn geschickt davon ablenkte und ihn in ein Gespräch verwickelte. Er wollte wissen, warum Tileo heute früher ins Bett gemusst hatte. Kosta erklärte es ihm und sprach danach mit dem zarten Sklaven darüber, wie es war, wenn man andere beschützen wollte. Fabiene war immer davon ausgegangen, dass er selber beschützt werden musste. Kosta erzählte ihm von der anderen Seite.

Am nächsten Morgen wachte er mit Fabiene in seinen Armen, der sich süss dicht an ihn gekuschelt hatte, wieder auf. Sie Beide lagen auf dem Bett auf der Bettdecke und hatten ihre Kleidung noch an. Kosta blinzelte verwirrt. Er konnte sich nicht so recht erinnern, was passiert war. Sie hatten geredet und dann musste er irgendwann eingeschlafen sein. Das erste Mal seit langem hatte er eine Nacht lang wieder ruhig und tief durchgeschlafen. Überrumpelt dankte er Fabiene dafür, wollte dann aber wieder für eine Weile alleine sein.
Am Nachmittag ging er dann jedoch wie versprochen wirklich mit Fabiene spazieren. Diesmal sprachen sie über Säuglinge und Kleinkinder und wie man ein Zimmer am Besten sicher für sie machte. Kosta machte Fabiene darauf aufmerksam, dass er ja doch auch ein Beschützer war, wenn er sich um das Wohlergehen von Lady Winter und ihrem Kind Sorgen machte. Das liess den Jüngling aus allen Wolken fallen und er hatte einiges zum Nachdenken bekommen.
Anschliessend traf Kosta sich wieder mit Tileo und verbrachte Zeit mit ihm. Am Abend, brachte Fabiene ihm wieder etwas zu essen in sein Zimmer und blieb diesmal auf Kostas bitte die Nacht über wieder bei ihm. Es tat so gut, wieder einmal durchschlafen zu können. Ruhe zu finden und der Jüngling strahlte so viel Ruhe aus. Zwar konnte Kosta spüren, dass er auch mehr als bereit für Sex war, doch er drängte es ihm nicht auf. Stattdessen kuschelte er sich wieder unschuldig und in Kleidung an ihn, damit Kosta sicher einschlafen konnte.

So vergingen die Tage. Kosta wich wieder allen aus der Mannschaft aus, sprach kein Wort mit ihnen und verkroch sich in sein Zimmer. Noch nicht einmal Eneas liess er an sich heran, wie er es vorher getan hatte, verschloss seine Zimmertür demonstrativ mit einem Schlüssel. Er ass weiterhin kaum etwas. Einzig Fabiene konnte ihn ab und an aus seinem Zimmer locken oder ihn dazu zu bewegen, zwischendurch etwas zu sich zu nehmen. Mit ihm sprach er und gab ihm Tipps und Tricks für Lady Winters Zimmer. Oft waren sie auch schweigend beieinander, ob sie nun spazieren gingen oder sich in Kostas Zimmer verschanzten. Der Krieger genoss es ebenfalls. Es gab ihm Kraft danach viel Zeit mit Tileo und seinen Freunden zu verbringen. Mit ihm zu spielen, Hausaufgaben für die Schule zu machen oder ihm Dinge beizubringen, die er gerne wissen wollte. Und Nachts half ihm wieder Fabiene, wieder zur Ruhe zu kommen, indem er bei ihm schlief und sich sanft im Arm halten liess.

Bis Tileo eines Tages einmal sagte, dass er gar nicht gewusst hätte, dass dunkelrot seine Lieblingsfarbe wäre. Das hatte Kosta auch nicht gewusst. Weswegen er sagte, dass er dunkelrot zwar sehr gerne hätte, dass dies aber nicht seine Lieblingsfarbe sei. Neugierig fragte er den Jungen, wie er denn darauf käme. Na, weil er Eneas und sein Haus in der Farbe streichen wollte. Wie bitte? Kosta hakte genauer nach und da erklärte Tileo ihm, was Eneas ihm gesagt hatte.
"Ach so", antwortete Kosta etwas bedröppelt, verstand aber, was Eneas dem Jungen hatte sagen wollen. "Ja, ich würde wirklich gerne das ganze Haus dunkelrot streichen. In einem so dunklen Rot, dass es schon fast schwarz wirkt. Ich weiss, das ist sehr unheimlich, aber irgendwie auch magisch. Etwas ganz besonderes das sonst niemand hat. Doch es muss nicht sein. Von mir aus müssen wir nicht neu streichen. Das ist einfach das, was ich machen würde, wenn Eneas neu streichen möchte."
Kosta war sich nicht sicher, ob Tileo mit dieser Antwort etwas anfangen konnte. Er wirkte jedoch ganz zufrieden und verabschiedete sich plötzlich, weil er noch etwas ganz dringendes tun musste, von dem er jedoch nicht sagen wollte, was es war. Überrumpelt blieb Kosta alleine zurück und merkte erst nach einem Moment, dass er hinten im Garten stand, wo Eneas das Rosenbüschchen gezogen hatte. Wütend und finster starrte er es an. Blödes Ding. Er sollte es ausreissen. Er hatte nie Rosen von Eneas gewollt. Er war nicht eines seiner Mädchen.

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 17:55

Der Junge schien das komische Beispiel trotz allem zu verstehen und drückte Eneas' Hand, um ihn aufmunternd zu sagen, dass Iason und er bestimmt ein Paar wurden, wenn sie sich lieb hatten. Eneas lächelte gerührt.
"Bestimmt... schlaf gut, Tileo, und schöne Träume." Er gab Tileo noch einen liebevollen Kuss auf die Schläfe ehe er die Leuchtkugel verschwinden ließ und, nach einem letzten Blick zu dem Jungen, das Zimmer verließ. Selber fiel es Eneas sehr schwer einzuschlafen. Sich um die Kinder zu kümmern, war eine willkommne Ablenkung gewesen, doch sobald er im Bett lag, musste er wieder an den furchtbaren Streit denken. Sie hatten sich gegenseitig angegriffen und verletzt. Wieso? Was stimmte zwischen ihnen nicht?
Der Pirat lag noch stundenlang wach, lauter Gedanken im Kopf, ehe er endlich einschlief. Am anderen Morgen wollte er sich bei Kosta entschuldigen und mit ihm darüber reden, Tileo gemeinsam zu seinen Eltern zu bringen, doch Kosta kam nicht aus seinem Zimmer heraus. Eneas klopfte mehrmals, bat Kosta darum, zu reden, doch der andere Krieger reagierte nicht.
"Okay.. ich lass dich in Ruhe", gab Eneas auf. Er versuchte sich abzulenken, denn die Sache mit Kosta beschäftigte ihn gedanklich unentwegt. Der Kapitän trommelte den Rest der Mannschaft zusammen, dass sie sich endlich daran machte, das Schiff zu überholen. Es war kein leichtes Unterfangen und Ulysses hatte eine ganze Liste von Dingen, die repariert und ausgebessert werden mussten. Und dann war da noch Laertes komische Zeichnungen von einer Apparatur, die ihnen angeblich helfen sollten.
Zunächst mussten sie das Schiff jedoch aus dem Wasser heben und am Strand aufbocken. Sie verbrachten den ganzen Tag damit, dafür die Holzstützen vorzubereiten und am Strand aufzustellen. Als Eneas nachmittags für eine kleine Stärkung zurück zum Haus kam, sah er gerade noch wie Fabiene in Kostas Zimmer ging. Eneas zog die Augenbrauen kritisch zusammen. Fabiene durfte also zu Kosta? Was hatte das zu bedeuten?
Nur diese kleine Beobachtung und mit dem Vorhaben sich abzulenken, war es vorbei. Missmutig saß Eneas im Hof, schlang sein Essen herunter und grübelte ein weiteres Mal über den Streit. Er hasste das. Würde es nie zwischen ihnen funktionieren? Was sollte er machen, um Kosta vom Gegenteil zu überzeugen? Er schien lauter neue Ideen und Bedingungen zu haben. Wollte er das alles wirklich oder waren es nur Vorwände, wieso eine Beziehung nicht klappen konnte? Eneas begann es auch allmählich zu glauben.
Er war gerade mit dem Essen fertig, als Kosta und Fabiene aus dem Zimmer kamen. Eneas stand hastig auf und verließ den Hof. Momentan wollte er Kosta lieber in Ruhe lassen.
Am Abend ging Eneas ihm erneut in den Weg. Er hatte schon Tileo ins Bett bringen wollen, doch da spürte er bereits Kosta bei dem Jungen und entfernte sich wieder. Wieder konnte er kaum einschlafen, wälzte sich unruhig hin und her.

Die nächsten Tage wurden nicht besser. Immer öfter sah er Fabiene in Kostas Zimmer gehen, selbst am Abend und erst am anderen Morgen kam er wieder hinaus. Eneas brodelte. Erst als er merkte wie er Fabiene bitterböse Blicke hinterherschickte, riss er sich erschrocken zusammen. Er grollte gerade einem feinfühligen Jugendlichen. Stattdessen reagierte sich Eneas damit ab, Holz zu hacken. Kräftig sauste die Axt immer wieder auf den Block hinab.
"Sieht aus, als hättest du Aggressionen abzubauen", bemerkte Damien knapp, als er näher kam.
"Ach was", stieß Eneas keuchend aus und machte energisch weiter, Schweiß auf der Stirn. Erst als Damien ihm zwei eisgekühlte Biere unter die Nase hielt, hörte der Pirat auf.
"Saufen?", fragte sein Kumpan.
"Oh ja", stimmte Eneas zu und so betranken sie sich für den Abend und das Einschlafen gelang wesentlich leichter. Nur konnte er das nicht jeden Tag so handhaben. Kosta ging er weiterhin aus dem Weg, vielleicht auch in der kindischen Hoffnung, dass sein Freund einmal zu ihm kommen würde, doch dies erfüllte sich nicht. Dafür hörte er, dass man Kosta öfter mit Fabiene spazieren gehen sah. Er war der einzige, den Kosta momentan an sich heranließ. Eneas war eifersüchtig auf Fabiene, dass er es vermochte, dass sich Kosta bei ihm aufhalten wollte. Eneas selbst hatte immer noch nicht mit ihm reden können. Dabei hatte er Tileo versprochen, es würde sich nur noch um Tage handeln bis sie ihn zurückbrachten und jetzt waren es schon fast wieder zwei Wochen.
Eneas hatte sich vollends in die Arbeit gestürzt, die 'E' auszubessern. Sie hatten das Schiff mithilfe der Kunst aus dem Wasser gehoben und auf die Stützen niedergesenkt. Nun konnten sie sich an die Arbeit machen, Muscheln vom Kiel zu entfernen und einige der verzogenen und beschädigten Planken auszubessern. Eneas arbeitete bis zur völligen Verausgabung. Es war das einzige, was ihn einschlafen ließ. Wenn er beschäftigt war, konnte er sich wenigstens nicht andauernd über sich selbst ärgern.
Es war nachmittags, als er zurückging. Er hatte sein Hemd ausgezogen und an seinen Gürtel geklemmt, direkt neben der tiefen Tasche mit den Schiffswerkzeugen. Seine Brust war völlig verschwitzt. Die letzten Tage war es heiß auf der Insel gewesen und durch die viele Arbeit am Strand war er braungebrannt geworden. Eneas wollte noch schnell in den Garten, um zu gießen, bevor er sich duschen wollte.
Der Krieger hatte zwei Gießkannen gefüllt, schleppte sie durch den Garten, als er unvermutet Kosta bei den Rosenbüschen stehen sah. Eneas konnte nicht verhindern, dass sein Herz gleich schneller schlug. Dann bemerkte er den finsteren Blick des Kriegers und wie er damit den ersten Rosenbusch anstarrte. Eneas' Hoffnung sank sofort. Kosta war womöglich nicht hier, um zu reden, sondern um die Rosen rauszureißen. Er schien sie immer noch nicht haben zu wollen.
Eneas kam näher, stellte die Gießkannen ab. "Hey...", sagte er unbeholfen. "Wenn sie dir nicht gefallen, kann ich da auch etwas anderes hinpflanzen", sagte er, begann aber trotzdem die Rosen zu gießen. "Timaris habe ich immer Rittersporn und Gladiolen geschenkt, und Leto gefielen Gerberas und Anemonen am liebsten. Ich dachte, ich schenke dir klassische Rosen, so tiefrote... aber vielleicht war das nicht das richtige", überlegte er, während er die Rosenschere aus seiner Werkzeugtasche nahm und den Strauch etwas zurückschnitt. Er hatte Kosta öffentlich seine Hingabe zeigen wollen. Klassisch und normal, so dass Kosta sah, dass Eneas eine richtige Beziehung mit ihm wollte. Außerdem hatte es ihn an Alea erinnert. Aber es war nicht gut angekommen. Kosta wollte offensichtlich nichts normales. "Vielleicht willst du überhaupt keine Blumen."

Re: Verstummt

Sa 8. Okt 2022, 18:03

Erschrocken zuckte er zusammen, als jemand an ihn heran trat. Als Eneas an ihn heran trat. Kosta hatte ihn gar nicht wahrgenommen. Es war auch schwierig. Eneas war hier überall. Seine Signatur war für Kosta so präsent wie ein Leuchtfeuer. Sie war immer und überall, hüllte ihn ein. Besonders hier bei den Rosen, die er gepflanzt hatte. So hatte er gar nicht gemerkt, dass Eneas tatsächlich zu ihm gekommen war. Nervös und misstrauisch schaute Kosta zu ihm. Sein Blick huschte jedoch unsteht umher, suchte nach einem Fluchtweg. Er wollte sich nicht wieder mit Eneas streiten. Er wollte ihm nicht wehtun oder sich von ihm wehtun lassen.

Noch weniger konnte er etwas mit Eneas' Verhalten anfangen. Dieser bot ihm an, dass er an die Stelle auch etwas anderes hinpflanzen könne, goss die Rosen dann aber ganz im Widerspruch dazu. Aha! Und was würde dann mit den Rosen passieren? Und was sollte er mit Eneas' Plauderei anfangen, dass er Timaris Rittersporn und Gladiolen und Leto Gerberas und Anemonen geschenkt hatte. Bei ihm hätte er gedacht, dass er ihm klassische Rosen schenken sollte. So tiefrote. Kosta fragte sich, warum. Warum Eneas ihm tiefrote Rosen schenken wollte und warum er ihm das alles erzählte. Gleich darauf überlegte Eneas auch, dass das vielleicht nicht das Richtige gewesen sei. Oh ja, damit hatte er absolut recht.

"Ich bin keines deiner Mädchen", stellte Kosta eisern klar. "Also nein, ich will keine Blumen von dir." Der Blumenstrauss hatte ihn ziemlich überrollt. Er war ihm so falsch vorgekommen. So viele, kleine Leben, die seinetwegen umsonst gestorben waren. Das hatte er nicht gewollt. Und er war wirklich keines von Eneas Mädchen, die man mit Blumen becircen musste. "Aber lass die Büsche, wo sie sind. Sie werden sonst nur sterben. Das will ich nicht." Dabei hatte er selber gerade noch daran gedacht, die Rosen auszureissen. Doch nun, wo Eneas es vorschlug, sah er das auf einmal ganz anders. "Es sind meine Rosen. Du hast nicht das Recht sie zu töten. Du sollst auf sie aufpassen." Ach, er redete schon wieder Unsinn. Er sollte besser gehen, bevor er Eneas noch mehr weh tat.
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