Re: Der Verrat
von Kosta » Sa 20. Aug 2022, 19:16
Inzwischen hatte Ayden nichts mehr dagegen, mit den Rebellen mitzugehen. Vielleicht sah er selber ein, dass ein paar Stunden sie nicht gross aufhalten würden. Vielleicht bekamen sie hier sogar eine warme Mahlzeit. Nicht dass ihnen in der schwülen Hitze von Raej kalt geworden wäre. Doch etwas Abwechslung zu Brot und Käse wäre schon schön. Besonders für den Haushofmeister, der sich das alles rein gar nicht gewöhnt war, aber erstaunlich tapfer durchhielt.
Ein Versteck bei den Rebellen war jedenfalls alleweil sicherer und gemütlicher, als ein zugiges, zerstörtes Dorf. Besonders jetzt, wo sich herausgestellt hatte, dass Leandra auch hier war und sie für sie bürgen konnte. Da durfte Kosta Ayden gar als hayllischen Botschafter vorstellen. Was auch viel sinnvoller war. Ayden konnte viel besser in Timaris Namen sprechen. Ausserdem konnte der Haushofmeister die Rebellen selbst von seinem Plan überzeugen, Zorya in eine Falle zu locken. Insbesondere, wo er so genaue Vorstellungen hatte, wie es geschehen sollte, dies aber nicht Kosta mitteilen wollte. Für den Sklaven wäre es also entsprechend schwierig, das richtige zu fordern.
Erst einmal wollte der Anführer jedoch weg hier von dem ausgestellten Waldrand. Das klang nur logisch, also zogen sie sich in den Wald zurück. Ihr Wagen stellte sich dabei etwas als ein Hindernis heraus, doch zum Glück hatten sie genügend Männer dabei, die halfen zu schieben oder zu heben, wenn es nötig sein sollte. Bis auf Ayden packten alle einmal mit an. Kosta rollte innerlich mit den Augen. Prinz Asar war zwar ein guter Schauspieler, wenn es bestimmte Situationen erforderten. Doch wenn es darum ging die Rolle ununterbrochen zu leben, drückten da manchmal schon seine adligen Attitüden durch.
Tiefer im Wald stiessen sie auf gut verborgene Hütten, die scharf bewacht wurden. Raejer ziehlten mit Pfeilen auf sie, damit sie ja keine Dummheiten machten. Hatten sie nicht vor und sobald bekannt wurde, dass Rajan, wohl der Anführer, zurück sei und Leandra ihn vorgestellt hatte, entspannten sich die Wachen. Wobei Kosta sich unwillkürlich fragte, an welchen Iason die Raejer wohl dachten. Das gab bestimmt verwirrungen, wenn einer von einem zierlichen, freundlichen Krieger sprach und der andere von einem draufgängerischen, hünenhaften Kriegerprinzen. Dass es zwei Iasons gab, dürfte wohl unterwegs verloren gehen. Es war ein lustiges Gedankenspiel, dem Kosta jedoch nicht all zu lange nachhängen konnte.
"Dies ist mein Begleiter Evan", stellte Kosta nun endlich Prinz Asar vor. "Zwar verkleidet, doch nur zum Schutz, denn er ist ein offizieller Bote Haylls und darf im Namen der Königin sprechen." Das Staunen war gross. Leandra knuffte ihn in die Seite.
"Hätte nicht gedacht, dass du das wirklich fertig kriegst. Ist der auch wirklich echt?" Auf einmal sah sie Ayden mit ganz anderen Augen an.
"Natürlich", beteuerte Kosta. Echter gings gar nicht. Immerhin war er der Haushofmeister höchst persönlich. Dennoch folgten sie Rajan erst einmal in eine Hütte, die wohl als Besprechungsraum diente, wo Ayden sein Siegel zeigen konnte. Da stahl sich Hoffnung auf die Gesichter der Raejer.
Von nun an übernahm Ayden die Leitung der Gespräche und war schon bald ganz in seinem Element. Kosta musste zugeben, dass es faszinierend war, ihm dabei zuzusehen. Wie er Informationen über die Lage der Rebellen einsammelte, wissen wollte, wie es um die 6. stand und Pläne erläuterte, wie man weiter vorgehen könnte. Irgendwann fiel sein Blick dabei auf Leandra, die wohl ganz ähnlich geschaut hatte wie er selbst. Sie bemerkte seinen Blick ebenfalls und sie grinsten einander an. Es war schön, den anderen am Leben zu wissen, selbst wenn sie einander nicht gut kannten. Es war einfach schön, dass jemand weniger gestorben war.
Es wurde später Nachmittag und schliesslich früher Abend. Ein kräftiger Eintopf wurde gereicht. Reiss mit Gemüse und gar etwas Fleisch darin. Es schmeckte wirklich nicht schlecht. Dann aber war es Zeit für Kosta zu verkünden, dass er noch weiter wollte. Er wollte auch noch mit der 6. Kompanie Kontakt aufnehmen und sie dazu bewegen, sich ihnen anzuschliessen. Den Rebellen wollte es nicht so recht gefallen, da bei der Eroberung von Fort Maloun viele Raejer gestorben waren. Sie wollten die Verbrecher lieber büssen lassen, anstatt sie auf ihrer Seite zu wissen. Doch auch sie sahen ein, das zweiteres viel vernünftiger war.
So brach Kosta mit dem Einsetzen der Dämmerung ein. Er hatte wieder seine dhemlanische Rekrutenuniform angezogen. Nicht um die Soldaten aus der 6. zu täuschen. Sie würden inzwischen wohl wissen, was in Loraka geschehen war. Es ging vielmehr darum, Zugehörigkeit zu vermitteln und vorallem sah man schwarz in der Dunkelheit sehr schlecht. Kosta wusste noch nicht, wie er sich dem Fort nähern wollte. Erst einmal hielt er seine Signatur jedenfalls verdeckt. Vielleicht würde er auch bis zum Morgengrauen warten. So oder so bezweifelte er, dass er nah genug heran kommen würde, um am Tor anzuklopfen. Er musste den richtigen Moment abpassen, wo Leute wache standen, die ihn nicht gleich mit Pfeilen durchlöchern wollten.
Ach, dabei wäre Kosta ihnen doch am liebsten entgegen geflogen. Erst Zucker um den Hals, um ihm einen dicken Schmatzer aufzudrücken und dann Tiger um den Hals, um ihm von seiner Tochter zu erzählen. Es waren so frohe Botschaften, dass es Kosta vor Freude im Bauch richtig kribbelte und er ganz nervös wurde. Fast wie einem Schulmädchen auf seinem ersten Ball. Dabei war das doch bescheuert und ziemlich Lebensgefährlich. Dennoch hielt er es jeweils nicht lange aus und musste schon bald wieder wie ein Honigkuchenpferd strahlen.