Re: Die Suche geht weiter
von Eneas » Di 19. Jul 2022, 19:23
Sie waren schon beim Pierende als sich dann auch endlich Kostas Gestalt aus der Dunkelheit schälte und er zu ihnen ins Boot sprang. Das kleine Gefährt schaukelte kurz und Eneas verzog ein wenig das Gesicht. Die harte Holzbank tat seinem Hintern nicht gerade gut, aber es war nicht das erste Mal, dass er mit Striemen und wundem Hintern dem Piratenleben frönte. Mit allem was das so mit sich brachte.
*Na, hast dich von ihm lösen können?*, neckte Farell Kosta und klopfte ihm lobend auf die Schulter. Sie ruderten rasch vom Pier weg und verschwanden in der Dunkelheit, kalt und schwarz umgab sie das nächtliche Meer.
"Genug gerudert", sagte Eneas als sie weiter draußen waren und nicht mehr so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen würden. "Den Rest erledigen wir mit der Kunst. Sonst schaffen wirs nicht. Hoffen wir, dass unser liebeskranker Prinz noch nicht ganz den Bogen raus hat wie man ein mehrere Tonnen schweres Schiff antreibt." Auch das hatten sie selbst schon in verzweifelten Situationen getan. So war es nichts neues, dass die kleine Gruppe nun zusammen arbeitete. Einer legte ein Schutzschild um das Beiboot, die anderen sorgten dafür, dass ordentlich Fahrt aufkam. Auch mit Schutzschild knarzte und ächzte das Boot bedenklich. Der Wind schoss um sie herum, die Wellen peitschten hoch auf.
"Wir können das Tempo nicht so lange halten", rief Damien.
"Da hinten ist sie!" Rachel deutete auf die vertrauten Umrisse des Klippers. Schon hier konnte Eneas die kalte Wut von Kayne spüren, rasch kontrollierte er ob er alle Signaturen fühlen konnte und war erleichtert, dass es so war.
*Ist alles in Ordnung bei euch?*, sandte er Leto. *Werft uns ein paar Seile zu.*
Das Beiboot nahm noch an Fahrt auf und Eneas versuchte seinen schmerzenden Hintern zu ignorieren. Dunkelheit, er wollte endlich aufstehen. Und vor allem nach seinen Leuten sehen. Es dauerte nicht mehr lange, da waren sie backbord angekommen und von oben wurden zwei Strickleitern herabgeworfen. Eneas war der erste, der rasch nach oben kletterte und sich dann über die Reling schwang, wo Leto ihn gleich drückte. Sein Blick ging jedoch sofort zu Kayne. Das hier war lange genug so gegangen. Eneas wartete noch bis die anderen ebenfalls da waren.
Eneas ging schweigend aufs Achterdeck, wo der Prinz stand. Dem Krieger begann es zu frösteln, er warf noch einen durchdringenden Blick zu Julia. Trotz ihres Streites mit Kayne hatte sie ganz offensichtlich nichts gegen die Entführung unternommen. Dabei hatte Eneas geglaubt, sie wäre die vernünftigere von den beiden. Aber ihre Juwelenstärke hatte sie arrogant gemacht, sie scherte sich nicht um Regeln und Vereinbarungen, kümmerte sich nicht um Privatssphäre und schien niemanden Respekt zu zollen außer sich selbst. Doch es war schwer die beiden zu beurteilen, wenn Eneas sie nur mit den Sorgen um ihre Freundin kannte.
"Kayne... du mußt das Schiff nicht mehr steuern", sagte er zu dem Prinzen, war näher gekommen. Der Mann mit dem wilden, eisblonden Haar starrte ihn finster an.
"Ihr haltet nur alles auf", fuhr er ihn an, "Ihr wollt sie gar nicht finden."
"Natürlich wollen wir das", bekräftigte Eneas ruhig. "Aber lass uns segeln, das können wir am besten. Schone deine Kräfte..." Vorsichtig streckte er seine Hand aus, wollte sie dem großgewachsenen Prinzen auf den Arm legen, aber der ließ das nicht zu und stattdessen erhielt Eneas einen scharfen, elektrischen Schlag.
"Ich lasse nicht zu, dass ihr wieder umkehrt!" Kayne sah unbeirrt nach vorne und die 'E' pflügte regelrecht durchs Meer.
"wir kehren nicht um, das würde zu viel Verdacht erregen", erwiderte Eneas und blieb weiterhin ruhig. "Das hier ist nicht dein Schiff, Kayne. Wir bringen dich zu Siandra, aber du mußt uns vertrauen. Ich weiß, dass die Hilflosigkeit unerträglich werden kann und ich kann verstehen, dass du handeln willst. Aber das hier ist nicht der richtige Weg. Wir werden sie finden. Lass uns jetzt das Schiff steuern, wir planen eine Route."
Eindringlich blickte er Kayne an, das Eis um ihn herum schwand ein wenig, doch wirklich friedlich wirkte der Mann nicht. "Keine Verzögerungen mehr", beharrte er.
"Keine Verzögerungen mehr", stimmte Eneas zu, "Nun haben wir ja ein paar konkrete Adressen." Er verschwieg, dass sie irgendwo noch Vorräte aufnehmen mußten, vielleicht konnten sie für zwei Stunden irgendwo Halt machen.
Da machte die 'E' endlich einen abrupten Halt, die Planken knarrten, Wellen klatschten gegen die Bugwand und Eneas atmete erleichtert aus. Dunkelheit, sein Hintern tat so weh.