Re: Suche nach dem verlorenen Paar
von Kosta » So 23. Okt 2022, 09:17
Vertrauen und Akzeptanz, riet ihm Ulysses. Doch weder das eine, noch das andere half, damit die geliebte Person geschützt wurde. Kosta wusste zwar, dass er sehr oft in seinem Leben machtlos war, denn trotz allem war er nichts anderes als ein schlichter Sklave. Trotzdem musste man doch wenigstens versuchen, die Menschen zu schützen, die man liebte. Ulysses hatte schon recht. Er konnte seinem Sohn nicht vorschreiben, wie er leben sollte. Das machte es jedoch nicht einfacher, es zu ertragen. Es war auch etwas ganz anderes, sein eigenes Leben als Pirat zu riskieren, als zusehen zu müssen, wie andere ihr Leben riskierten. Das fühlte sich furchtbar an. Er mochte möglichst nicht daran denken, wie es Zucker ging. Für Ulysses, der einen Sohn im Krieg hatte, musste es noch so viel schlimmer sein. Sein Freund gab auch zu, dass er sich viele Sorgen machte. Ihm war jedoch klar, dass er nichts anderes tun könne, als abzuwarten bis Kalell wieder zurück käme. Als darauf zu vertrauen, dass er wieder zurück käme. Das wäre alles was er tun könne und er hätte es akzeptiert.
Während Kosta noch von den gewaltigen Worten der Kopf schwirrte, erklärte Ulysses, dass er jedoch helfen könne, nach Kalliope und Andiël zu suchen. Er hoffte, dass sie es wirklich über die Grenze nach Askavi geschafft hätten, da es sonst gefährlicher für die Mannschafft selbst würde. Er erklärte auch, dass sie jetzt die Vorratskammer aufräumen könnten. Das wollte er tun. Kosta nickte abwesen. Er war alles andere als bereit zu akzeptieren, dass er bei gewissen Dingen noch nicht einmal versuchen konnte zu helfen. Das kam ihm wie aufgeben vor. Wie im Stich lassen. Allerdings sah Kosta auch, dass Ulysses bedeutend ausgeglichener war als er selber, während sie gerade gleich viel für Kalell tun konnten. Nämlich nichts. Kosta erschauderte unter dem Gedanken, ein eigenes Kind zu haben, um welches er sich so gewaltige Sorgen machen musste. Das würde er nicht ertragen. Aber jetzt konnte er sich wenigstens erst einmal zusammen reissen und mit Ulysses die Vorratskammer aufräumen.
Entsprechend war er am Abend dann auch nudelfertig. Dabei waren sie dem Chaos immer noch nicht Herr geworden. Obwohl sogar Maria noch einmal vorbei gekommen war und etwas mitgeholfen hatte. Wobei sie Kosta prompt dazu einlud, auf der Krankenstation ebenfalls zum Sortieren vorbei zu kommen. Kosta war sich nicht so ganz sicher, ob das nun ein Scherz war oder nicht. Er war jetzt nach dem Abendessen jedenfalls so müde, dass er im Sitzen hätte einschlafen können. Trotzdem nahm er sich die Zeit, in der Kajüte sich mit Eneas in eine Koje zu kuscheln und ihm davon zu erzählen, dass er mit Ulysses die Vorratskammer am aufräumen war und dass Solomon dringend eine Küchenhilfe bräuchte, damit so etwas nicht wieder geschah. Idealerweise jemanden, der seine fürchterliche Schrift lesen konnte.
Eneas freute sich sehr für ihn. Vorallem darüber, dass er es gewagt hatte, mit Ulysses und Maria zu sprechen. Kosta nickte errötend. Er fühlte sich noch immer recht eingeschüchtert, doch es war nicht mehr ganz so schlimm. Als Eneas jedoch fragte, ob er nicht mal nach oben an Deck kommen wollte, lehnte er zögerlich ab. Sagte, dass es keine gute Idee wäre. Denn innerlich wurde er noch immer ganz knurrig bei dem Gedanken, dass Leto Eneas Befehle gab. Wenn es schon unbedingt sein musste, dann wollte er sich das wenigstens nicht mitansehen müssen. Lieber verbrachte er noch einmal einen Tag in der Vorratskammer.
Er verbrachte dann tatsächlich noch einen Tag in der Vorratskammer. Ulysses konnte ihm heute nicht viel helfen und es gab immer noch einiges zu inventieren und zu sortieren. Wenigstens hatte er dann doch keine vergammelten Sachen gefunden. Dafür galt es dann noch, die verschiedenen unangeschriebenen Krüge, Amphoren, Einmachgläser und Dosen anzuschreiben. Sofern er herausfinden konnte, was sich in den jeweiligen Gefässen befand. Dabei half ihm Solomon, der dann zum Schluss mit einer Magenverstimmung zu Maria musste.
Am Tag darauf wusste Kosta nicht so recht, was er tun sollte. Die Vorratskammer war aufgeräumt und er hatte das Gefühl, dass er sich Solomon nicht schon wieder aufdrängen sollte. Vielleicht könnte er zur Krankenstation zu Maria gehen, die ebenfalls gewollt hatte, dass er ihr beim Aufräumen half. Was vielleicht jedoch doch nur ein Spass gewesen war. Kosta traute sich nicht so recht, zu ihr zu gehen. Die Heilerin war immer so freundlich und ruhig mit ihm gewesen, aber er hatte es ihr nur schlecht gedankt im Hafen von Draega. Besser er blieb in der Kajüte und ging niemandem auf die Nerven. Er könnnte wieder einmal ein Buch lesen. Das hatte er schon länger nicht mehr getan.
Eneas spürte natürlich prompt, dass er sich nicht aus seiner Kajüte wagte und kam zu ihm, um ihn zu fragen, wie es ihm ging. Wahrscheinlich weil er genau wusste, dass er gerade wieder sehr unsicher war und von schlechtem Gewissen geplagt wurde. Kosta versuchte seinen besorgten Freund abzuwehren, da er doch selber an Deck gebraucht würde. Doch Eneas versicherte ihm, dass er durchaus Zeit für ihn hätte. So genoss es Kosta, von Eneas im Arm gehalten zu werden und viele kleine Küsse zu bekommen, bis er den Mut fand, sich Maria zu stellen. Er hatte ein bisschen Angst davor, dass es wieder so aufwühlend wurde, wie bei dem Gespräch mit Ulysses.
Maria war nicht alleine, als er zur Krankenstation kam. Eine der Passagierinnen, eine Eyrierin, liess sich von ihr einen neuen Verband anlegen. Die arme Hexe hatte ihren linken Flügel verloren. Das war so furchtbar. Ob das im Krieg passiert war? Warum wollte sie dann von Chaillot nach Askavi? Warum blieb sie nicht in Beldon Mor und ruhte sich aus? Ah, das ging ihn nichts an. Jetzt wo der Krieg vorbei war, würde man noch viel mehr verstümmelte Leute sehen können. Wenn die Versehrten aus den Feldlazareten zurück kamen. Kosta erinnerte sich an die freundlichen Priesterinnen im Tempel. Sie hatten gesagt, sie wären bereit dafür. doch das war nicht wahr. Für so etwas konnte man niemals bereit sein.
Tonlos grüsste er die anwesenden Ladies und fragte Maria dann nur, ob er helfen konnte. Sie war jedoch schon fast fertig und Kosta konnte ihr nur noch die Verbandsklammer geben. Danach verabschiedete sich die Eyrierin auch schon. Leicht geschockt von der Verletzung, überrollt von seinen Erinnerungen an den Krieg, stand Kosta abwesend da und fragte sich, was er hier eigentlich gewollt hatte. Als auch schon Eneas in die Krankenstation herein kam und ihn fragte, ob er rauf an Deck wolle, um frische Luft zu schnappen. Verwirrt runzelte Kosta die Stirn. Eneas würde Ärger bekommen, wenn er so oft bei ihm war. Ausserdem wusste Eneas doch, dass er sich das nicht antun wollte, zu sehen wie Leto ihm Befehle gab.
"Ich wollte eigentlich...", begann er ausweichend, ehe er stockte. "Warte! Uns Passagiere? Wieso uns? Du bist auch ein Passagier? Seit wann? Warum? Wegen heute morgen? Hattest du doch keine Zeit, um mir zu helfen? Warte, ich gehe zu Dido und erkläre ihr alles. Sie wird verstehen, dass du mir hast helfen wollen."