"Ja, die Liebe kann einem blind für alles machen", stimmte Kosta leise zu. Das war womöglich auch ein Grund, weswegen Julia mit Ayden geschlafen hatte, obwohl sie über Kaynes Vater bescheid wusste. Kosta kam die Hexe nicht so kaltherzig vor, wie sie sich gab. Vielmehr wirkte sie für ihn wie ein verängstigtes Mädchen, welches zu ängstlich war, sich ihren Gefühlen zu stellen. Sie könnten sie ja verletzen oder aus der Bahn werfen. "Die kalte Wut hingegen zählt nicht, um deinen Charakter zu bilden. Wichtig ist, was du tust, wenn du nicht mehr in der kalten Wut bist. Wenn du wieder klar denken kannst. Solltest du dich dann entscheiden, etwas grausames zu tun, hast du einen Charakterzug deines Vaters angenommen. Doch so schlimme Dinge du in echter, kalter Wut auch tust, sie zeigen nicht auf, was für ein Mensch du bist."
"Wenn er sie hat, tut er das wahrscheinlich wirklich", meinte Kosta unumwunden. "Natürlich würdest du sie nicht verstossen. Du weisst das. Sie weiss das. Eigentlich. Aber manchmal vergisst man sein Wissen, kann sich nicht mehr daran erinnern. Vielleicht wird sie es neu lernen müssen. Deswegen sage ich dir ja, dass du noch viel, viel Geduld haben musst." Kayne konnte das alles gar nicht glauben und wollte wissen, was aus seinem Freund gewesen war. Wenigstens da konnte Kosta etwas schöneres berichten.
"Ich weiss nicht so recht, wie er das gefunden hat", zuckte Kosta mit den Schultern. Kaynes Tränen nahm er zwar wahr, doch er reagierte nicht darauf, da dies dem Prinzen bestimmt unangenehm gewesen wäre. "Ich glaube, er weiss es selber nicht. Damals war er einfach nur froh, dass es vorbei war. Und dann war er frustriert und verzweifelt, weil es doch nicht so ganz vorbei war. Manchmal wollte er sich rächen, manchmal nicht. Manchmal fand er es zuviel, wie er gerächt worden war, manchmal zuwenig." So oft hatten sie nicht darüber gesprochen. Sie hatten anderes zu bewältigen gehabt. "Doch, er lebt noch. Er wurde mit etwas bestraft, das für ihn schlimmer als der Tod war." Timaris hatte ihm das gesagt und er glaubte ihr vorbehaltlos. Immerhin kannte sie Nevander am besten.