Re: Geschenk für Goldauge
von Timaris » Do 18. Aug 2022, 20:31
Es wurde zusehends schwerer mit Eneas zu sprechen. Nicht weil sie beide einmal zusammen gewesen waren und Eneas schon damals in Kosta verliebt gewesen war. Das war schon lange genug her, damit es ihr nicht mehr weh tat. Insbesondere, da sie selber die beiden Krieger sehr, sehr gern hatte. Sie wünschte ihnen sehr, dass sie ihr gemeinsames Glück fanden. Es lag auch nicht an ihrer Verletzung und Vergiftung, die schmerzte. Vielmehr hatte sich im Verlauf des Gesprächs herausgestellt, dass es Kosta zutiefst verletzt hatte, dass Eneas nicht selbst erkannt hatte, dass er den jüngeren Krieger liebte. Timaris fürchtete, dass sie alles zerstören würde, sagte sie Eneas jetzt, dass Kosta ihn über alles liebte.
"Versuche es doch einmal aus seiner Sicht zu sehen, Eneas", versuchte sie vorsichtig ihrem ehemaligen Gefährten Kostas Handlungsweise näher zu bringen, ohne dabei zuviel zu verraten. "Wenn du denkst du hast die Wahl zwischen nur zwei Optionen. Wenn du denkst, du kannst nur wählen zwischen ihn nur alle paar Jahre einmal zu sehen oder mit ihm dahin gehen, wohin sein Herz ihn treibt, egal ob er Gefährten hat oder nicht, egal ob er dich zwischendurch als Liebhaber in sein Bett zieht. Wenn du scheinbar nur diese beiden Möglichkeiten hast, unter denen du entscheiden kannst, welche Option würdest du wählen. Was wäre dir wichtiger? Oder zwei andere Möglichkeiten. Bleibst du bei ihm, gibst dich ihm als Liebhaber hin, und erträgst es, wie eine weitere, diesmal starke und gute Beziehung von ihm in die Brüche geht oder gehst du, in der Hoffnung, dass die Beziehung fester wird und so endlich sein gebrochenes Herz heilen wird?" Timaris war sich ziemlich sicher, dass Eneas sich gleich wie Kosta entscheiden würde. Dass er einfach nur das Beste für seinen Liebsten wollte. Der Unterschied zu den Beiden war, dass Eneas selbst nach der langen Zeit mehr Optionen und Wege kannte, als Kosta. Dass er wusste, dass ihm auch ein eigenes Glück zustand.
"Ja, ich weiss, was ich dir angetan habe, als ich damals verlassen habe", lächelte Timaris traurig zu ihrem vorherigen Kommentar des gebrochenen Herzens. Sie hatte ja nur über einen hypothetischen Fall gesprochen. Was wenn Eneas Kosta wäre. Entsprechend hatte sie auch Eneas gebrochenes Herz gemeint. "Ich weiss, dass du dich seit damals nie mehr so sehr auf jemanden eingelassen hast." Genau wie sie seither niemanden mehr so sehr an sich heran gelassen hatte. Bis sie Aaron getroffen hatte. Timaris hatte damals nicht nur Eneas Herz gebrochen sondern auch ihr eigenes. "Und Kosta weiss es auch. Er wollte doch nur dein Glück mit Leto nicht zerstören. Deswegen ist er gegangen. Es hat ihn so sehr geschmerzt. Stell dir vor, wie es ist zu erfahren, dass nun auf einmal alles ganz anders ist. Wenn du erfährst, dass du den ganzen Schmerz um sonst ausgehalten hast. Dass du dich nicht aufgespart hast. So etwas ist nicht leicht zu ertragen. Vielleicht war es einfach zuviel auf einmal für ihn." Wohl auch der Gedanke, dass Eneas es nicht selber gemerkt hatte, dass er Kosta liebte und auch dass er nicht merkte, dass Kosta ihn liebte, ihn schon immer geliebt hatte.
"Du wolltest, dass er keine Schmerzen mehr leidet", stimmte Timaris verständisvoll zu, als Eneas sich wegen Kostas Rücken erklärte. "Aber manchmal muss man Schmerz, Leid und Blut zulassen, ja gar herbei führen, damit jemand heilen kann. Jetzt sieh mich nicht so entsetzt an. Du selbst hast eine Narbe, die du nie hast verschwinden lassen wollen. Die du in deine Tätowierungen miteinbezogen hast. Vielleicht wollte Kosta tatsächlich eine neue Tätowierung. Womöglich aber eine ganz andere, als du es dir vorstellst. Wieviel weisst du denn darüber, wie es zu seinem geschundenen, blutigen Rücken gekommen ist?" Ja, Eneas musste eindeutig lernen zuzuhören und nicht gleich zu urteilen, wenn er seine Beziehung zu Kosta retten wollte. Es war allerdings auch für Timaris schwer zu glauben und sich darauf einzustellen, dass der sonst so duldsame, fügsame und sanfte Krieger nun wütend rebellierte und sich von dem abwandte, den er am meisten Liebte.
"Das wird nicht reichen, Eneas", wehrte sie die Bitte des Kapitäns ab, Kosta zu überreden, sich noch einmal mit ihm zu treffen, damit sie reden konnte. Auch wenn die rührende, romantische Geste mit der Rose sie zum Lächeln brachte. "Wenn ich Kosta verraten und zu guter Letzt auch noch sein Herz brechen soll, anstatt dich schlichtweg zu verhaften und in den sichersten Kerker von ganz Hayll zu stecken, dann brauche ich mehr als dein Versprechen, dass du ihm zuhören wirst. Das wird bei weitem nicht reichen. Nun wo Kosta wütend auf dich ist, musst du viel, viel mehr machen, um euch beide zu retten. Du weisst, wie lange sich sein echter Zorn hinziehen kann. Wie tief der geht. Das musst du ausstehen. Du musst ihm nicht nur einfach zuhören. Du musst dich ihm hingeben. Voll und ganz. Wenn ich dir noch ein weiteres Gespräch mit Kosta ermöglichen soll, musst du dir vorher ganz sicher sein. Denn wenn Kosta weder dich noch mich mehr hat, der ihn auffangen kann, wird ihn das zerstören. Und vorallem Eneas, zweifle nicht an ihm. Egal was er tut. Egal mit wem er es tut. Zweifle nicht an ihm und sei einfach für ihn da. Wenn du mir das versprechen kannst, dann werde ich einem weiteren Treffen nicht im Weg stehen." Auch wenn sie es kaum ertragen konnte, Kosta und Eneas mitten im Hexenkessel von Raej zu wissen.