Re: Sturm of Fort Maloun
von NSC » So 24. Jul 2022, 06:44
Regensang
Die Heilerin starrte zurück in die großen Augen des Haylliers, während er davon erzählte wie schwer es wäre alleine zu reisen. Wollte er Mitleid erwecken oder arm und schwach erscheinen? Die Nummer konnte er sich abschminken. Bei der Operation hatte er nicht mit der Wimper gezuckt, er war bestimmt kein Feigling. Trotzdem wäre jeder vernünftiger Mensch der Schlacht fern geblieben anstatt mitten reinzuspazieren und sich gefangen zu nehmen. Er hatte vielleicht gehofft plündern zu können.
Regensang verschob die Gedanken in ihren Hinterkopf. Jetzt hatten die Verletzten ihre volle Aufmerksamkeit. Nur die Sorge um Rashar ließ sich nicht ganz verdrängen. So war sie sehr erleichtert, als es endlich Nachricht vom Fort Meloun gab und dass es gefallen war. Nun ging alles sehr schnell. Der Wagen wurde bereit gemacht und die Schwer verletzten hinauf gezogen. Der Gefangene Iason versuchte sich gleich einen Platz auf dem Wagen zu erschleichen, meinte, er würde auf die Verletzten aufpassen. Er wollte mit zum Fort, um dem Kriegerprinzen zu helfen.
"Auf dem Wagen ist nicht Platz für so viele und du kannst laufen. Deine Beine sehen noch ziemlich gesund aus", entgegnete sie. Dann begann er auch noch auf sie einzureden, dass sie Ruhe brauchte und zu Kräften kommen müsste. Sie sollte essen, er würde ihre Tasche tragen. Der Mann hielt ihr einen Apfel hin. Er kam Regensang fast unwirklich vor, so hell und rot inmitten all des Schmutzes. Trotzdem griff sie grob danach, biss hinein.
"Du bist die schlimmste Art von Chauvinist", knurrte sie ihn danach an. "Du glaubst, ich bin so zerbrechlich und schwach, ich brauch einen männlichen Beschützer, der mir hilft. Willst du das sein, hm? Mich vor der großen, bösen Welt da draußen beschützen? Vor den großen, bösen Männern? Du hast keine Ahnung wer ich bin." Die schmutzige Heilerin biss wieder in den Apfel. "Los, reih dich bei den anderen Gefangenen ein. Deine Sonderbehandlung is zuende."
Damit warf sie ihre Tasche auf den Karren, zog sich dann selbst rauf.
Tiger
Er konnte das Schwarztraum in sich spüren wie einen dunklen Geist, der ihn gepackt hatte und lähmte. Die Welt war zu einem Stillstand gekommen, wo nichts mehr eine Bedeutung zu haben schien. Oder war er es, der sich nicht mehr bewegte? Sein Körper war stets eine tödliche Waffe gewesen, doch nun fühlte Tiger war es jemand anderer außer er selbst, der sie führte. Wenn der Krieg vorbei ist, nehm ich es nicht mehr. Noch dieser Kampf und der nächste und nächste...
Manchmal vermisste er seine animalischen Instinkte nicht mehr. Wieso, wenn er die kalte Zielstrebigkeit des Schwarztraumes in sich hatte und durch die Reihen der Gegner glitt wie ein Hai. Der andere Kriegerprinz - Bonderus - war zu einem dunklen Fleck am Rande seiner Wahrnehmung geworden. Er fühlte kaum Aggressionen gegen ihn, wollte kein Revier verteidigen. Im Gegenteil... inmitten der Schlacht hatte Tiger für einen kurzen Moment geglaubt so etwas wie Verbundenheit zu ihm zu spüren, zu wissen wo er war, wessen Leben er gerade auslöschte, wie rasch sein Blut durch seine Adern pulsierte. Gewiss nur die Hitze des Moments...
Der Kampf in der Schlucht war entscheidend gewesen. Nur wenig später verfolgten sie die flüchtenden Soldaten. Je mehr sie rannten, desto mehr erhoffte sich Tiger eine Regung seines Jagdinstinktes. Sie hatten keine Zeit für Gefangene. Pfeile flogen, Speere wurden geworfen, andere Soldaten niedergeritten. Ein blutiger Weg führte bis zum Fort.
Wenn Juwelen im Spiel waren, nützten Verteidigungsanlagen nur solange etwas wie sie von Blutleuten mit dunklen Juwelen operiert wurden - oder es schlicht genug waren, um die Masse zu bilden. Fort Maloun besaß inzwischen weder die Stärke noch die Masse. Die Schilde, die sie errichteten, waren rasch mit vereinten Kräften durchbrochen. Rashar hatte einigen Soldaten in der Kompanie in der Schlucht geschont und sie angewiesen stattdessen ihre Juwelenkräfte zu sparen. Jene Männer waren es nun, die die Schilde brachen. von den Palisaden des Forts flogen Pfeile durch den Himmel wie ein schwarzes Netz, das sich über sie ausbreitete. Die meisten wurden durch Schilde aufgehalten, andere bohrten sich in Körper.
Dann waren sie über den Palisaden und im Inneren des Fortes. Kaum Zelte, sie hatten hier alte Barracken und Holzhütten mit Stroh bedeckt. Kruppe schwang brüllend den mitgebrachten Kopf des Raejer Kommandeurs. Einige der Raejer lieferten einen Kampf, versuchten sich in den Barracken zu verschwanzen. Die meisten ergaben sich. Einige wurden verschont, andere trotz allem sofort erschlagen egal was sie riefen. Es kam darauf an in was für einer Laune der Verbrecher in der schwarz-roten Uniform Sions war.
"Fort Maloun ist unser!", rief Rashar, auf dem Wehrgang über dem Tor stehend. "Durchsucht das Fort nach Verstecken. Und lasst jeden leben, der sich ergeben hat! Wir werden hier für einige Zeit bleiben, wer also meint seine zukünftige Schlafstätte zerstören zu müssen, kann ruhig draußen im Dreck schlafen!"
Dann hörte man das Geschrei und Geweine von drei Frauen, die von einigen der johlenden Soldaten aus einer der Barracken gezerrt wurden. Mehrere begannen sich blutrünstig darum zu prügeln, wer sie zuerst haben könnte. Aufgehetzt und erregt vom Sieg. Tiger beobachtete wie zwei sich um eine der Raejerinnen stritten, kämpften und dabei die Frau aufgaben, die sofort von einem dritten erobert wurde, der ihr gierig die Röcke zerriss. Der Kriegerprinz zog sich einem Stützpfeiler hoch zu Rashar. Seine Geschmeidigkeit hatte nur marginal unter einigen Verletzungen gelitten.
"Meinst du das ernst, dass wir hier bleiben?", fragte er.
"Der größte Teil", antwortete Rashar. "Bis wir neue Befehle erhalten."
Tiger sah hinunter ins Fort, beobachtete das Treiben aus katzenhaften, ruhigen Augen. "Was ist dein Endplan hier?"
"Raej zu erobern?" Der Eyrier grinste. "Und das Tor finden bevor er es findet", fügte er düsterer hinzu.
Tiger entdeckte Jason Bonderus, wie er sich um seine Leute kümmerte. Ein kleiner, abgekämpfter Haufen, so kam es Tiger jedenfalls vor. Für die meisten von denen schien es die erste Schlacht gewesen zu sein, unsicher und verstört beobachteten sie nun die Freuden des Sieges. "He, Jason", rief Tiger zu dem anderen Kriegerprinzen runter. "Wie ist deine Einheit beisammen? Schick sie hier rauf. Wir brauchen ein paar wache Köpfe, um ein Auge auf die Umgebung zu haben." Falls Raejer Verstärkung eintraf, sollten sie darauf vorbereitet sein.
"Ich habe Flieder gesandt. Der Rest sollte bald hier sein mit den Verletzten und Gefangenen", sagte Rashar. Er reichte Bonderus die Hand, als der Kriegerprinz die schmale Steintreppe hochkam. Sie und ein halber Steinturm schienen der Überrest eines noch älteren Stützpunktes zu sein. "Hier stehen wir und leben noch", sagte der Kommandeur der Sechsten.
"Wenn ich Bovert wäre, würd ich mir schonmal eine Schiffspassage zurück nach Dhemlan buchen", bemerkte Tiger, befühlte sich sein linkes blutiges Spitzohr.