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Verstummt





Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Do 6. Okt 2022, 18:35

Kosta lächelte zaghaft zurück, als Eneas ihn bat sich für ihn auszuruhen und zu erholen. Er zählte einige Dinge auf von denen er hoffte, dass sie seinem Freund momentan auch gefallen würden. Und er schmuggelte eine Sache rein, die gerade etwas schwerer schien. Mit anderen zusammen zu sitzen und zu grillen. Kosta nickte nur sehr vorsichtig dabei. Sie würden sehen wie es werden würde. Eneas hoffte, dass er seinem Geliebten nicht zu viel zumutete. Anderseits wollte er Kosta auch nicht ermöglichen, sich dauernd zu verstecken und abzuschotten.
Eneas legte seinen Arm zärtlich um ihn und versuchte ihn zu ermuntern, sich Tileo zu stellen und wie schön das Wiedersehen werden würde. Er glaubte, dass Kosta Tileo durchaus vermisste, aber irgendwie schien da plötzlich eine Barriere zu sein. Eine Angst, die Eneas nicht verstand.
Tileo wollte bestimmt alles über Kostas Mission wissen. Sie konnten es ja kindgerecht erzählen und vielleicht würde es auch Kosta helfen indem er sich bewusst wurde wieviel er geschafft und geleistet hatte. Trotz all den schrecklichen Erlebnissen. Kosta schüttelte den Kopf und wirkte verlegen, dann stubste er gegen Eneas' Brust.
"Ich? Ich war nur krank vor Sorge und konnte dich nicht alleine lassen", erklärte er, "Und auf dem Weg haben wir ein paar mächtige Königinnen aufgesammelt, die das Stürmen der Burg erledigt haben. Das war nicht geplant. Ich bin froh, dass wir helfen konnten."
Kosta kuschelte sich an ihn und Eneas genoss es ungehemmt. Es tat so gut, die Nähe seines langjährigen Freundes zu spüren. Dabei ging es ihm nicht gut.
"Wenn ich dich schon in Raej eingeholt hätte... ich weiß nicht, ob ich dich nach Dhemlan hätte ziehen lassen...", sagte Eneas leise. Er war immer so egoistisch, was Kosta betraf. Er wollte es nicht sein, aber es schien unmöglich. Seine Leidenschaft ging einfach mit ihm durch.
"Und wenn du dich nicht durchgesetzt hättest, als ich dich mit dem Schiff entführt hatte... da hatten wir gerade erfahren, dass sie vergiftet ist und du wolltest ihr unbedingt helfen", erinnerte er sich. Dort hatte Kosta eine schwere Entscheidung getroffen. Eneas dachte darüber nach. "Ich liebe sie sehr, aber ich weiß nicht, ob ich das gekonnt hätte. Fast in den sicheren Tod nach Dhemlan für das Gegengift. Die Chancen waren so gering. Ich weiß, das wusstest du erst in Raej.. oder hast es geahnt, aber es war bestimmt nicht leicht diesen Entschluss dann zu treffen. Ich kann mir vorstellen, dass einen so etwas nachts wachhält.. oder schlecht schlafen lässt." Er atmete tief durch, gab dem zitternden Kosta einen Kuss auf den Kopf. "Aber sie lebt. Und du lebst. Das ist ein Anfang. Und du hast großartiges vollbracht. Egal, ob du zwischendurch gezweifelt hast, oder dich mal falsch entschieden hast oder was immer du hast tun müssen, um es zu schaffen..."
Er drückte Kosta an sich, streichelte ihm über die Arme.

Auf einmal hörte er schnelles, aber leichtes Fußgetrappel und nur wenig später zog jemand an der Klinke, um die Türe zu öffnen. Eneas war noch dabei sich zu erheben, damit er sich vor Kosta stellen konnte, als schon Tileo hereinplatzte. Der Junge musste sich gleich beim Anlegen auf das Schiff gestohlen haben. Anscheinend hatte er das Wiedersehen nicht ausgehalten und war schnurstracks zur Kapitänskajüte gelaufen. Eneas war sehr gerührt und nochmal so erfreut.
"Tileo!", rief er und fing den Jungen auf, bevor er sofort zu Kosta rannte. Eneas hob ihn hoch und drückte ihn fest. "Uhh, bist du groß geworden", beschwerte er sich gespielt und genoss wie Tileo lachte und protestierte. Es waren ja nur ein Monat oder zwei vergangen seitdem er Tileo auf Nuranessa hatte zurücklassen müssen. Der Kleine schien sich gut eingelebt haben, trug eine kurze, abgewetzte Hose, ein ärmelloses Hemdchen, sein Lederarmband und einen Lederanhänger um den Hals. Vielleicht ein Geschenk von jemanden. Zudem war er braungebrannt. Vermutlich vom vielen Spielen und Herumtoben draußen. Außerdem hatte er einen ganz schönen Wuschelmop bekommen. Eneas wirbelte ihn herum, strich ihm durchs Haar.
"Oh, da braucht aber jemand einen Haarschnitt. Du siehst ja aus wie ein wilder Löwe", scherzte er und musste Tileo einfach noch was knuddeln. Eneas war wirklich froh, den Jungen wiederzusehen. Aber er wollte Kosta auch Gelegenheit geben, sich etwas zu fangen und auf das Kommende vorzubereiten.
Schließlich musste Eneas Tileo loslassen, denn der drängte darauf, auch Kosta zu begrüßen. Eneas setzte ihn wieder ab und blickte Kosta aufmunternd an.
*Mach ihm die Freude und umarm ihn*, sandte er seinem Freund, der noch zu zögern schien. Tileo sollte nicht erschrecken. Wobei der Junge nicht mehr so ängstlich war wie damals als sie ihn in Raej freigekauft hatten. Aber er hatte Kosta lange nicht mehr gesehen und er wusste davon, dass Kosta verärgert mit Eneas gewesen war.
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von Anzeige » Do 6. Okt 2022, 18:35

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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Do 6. Okt 2022, 18:42

Er wäre mit Eneas mit gegangen, wenn dieser ihn in Raej schon eingeholt und ihn nicht mehr gehen lassen hätte. Er wäre mit ihm mit gegangen, wenn Eneas ihn damals auf dem Schiff gefangen gehalten hätte. Er hätte Timaris einfach so sterben lassen, um bei seinem Liebsten zu sein und ihn glücklich zu machen. Er hatte Eneas zur Seite gestossen, damit das Messer von Turgor seinen Bauch traf und nicht Eneas Rücken und er würde es jederzeit wieder tun. Selbst mit dem Wissen, dass dies Timaris' Tod bedeutete. Und das lud ihm eine weitere alles erdrückende Schuld auf, die er kaum auszuhalten wusste. Das Gefühl wurde nur noch grösser, als Eneas seinen Versuch, sich selber umzubringen, als Heldenmut bezeichnete. Er hatte fest damit gerechnet, bei dieser Mission zu sterben. Er hatte es sich ersehnt. Kosta verdiente es nicht, sich so von Eneas trösten und auf den Kopf küssen zu lassen. Er hatte ihn doch auch hintergangen und verraten. Dennoch konnte er nicht anders, als zitternd da zu bleiben, wo er sich gerade befand. Für alles andere fehlte ihm die Energie.

Bis jemand plötztlich die Türe öffnete. Erschrocken wich Kosta zurück. Eneas erhob sich. Aber er hatte doch gesagt, sie würden erst später von Bord gehen. So, dass niemand ihn bedrängen konnte. Tileo hatte jedoch andere Pläne gehabt und musste es an Bord geschafft haben, noch während der Steg ausgefahren worden war. Natürlich, er hatte sie vermisst. Kosta hatte ihn auch sehr vermisst und hatte gegenüber dem lieben Jungen auch ein wahnsinnig schlechtes Gewissen.
Eneas hatte sich glücklicherweise geistesgegenwärtig erhoben und packte den Krieger, um ihn ganz fest zu drücken und zu herzen. Er machte das so gut und Tileo lachte herzlich. Scheu blickte Kosta zu ihnen auf. Sollte er den Jungen wirklich umarmen, so wie Eneas es angedeutet hatte? War das in Ordnung für ihn? Wirklich? Wenn er es nicht tat, würde er Tileos Herz brechen. Das wusste Kosta. Und fliehen konnte er auch nicht mehr.
Tileo wollte zu ihm. So gerne er Eneas auch hatte, so hatte er Kosta noch viel länger vermissen müssen. Der Kapitän stellte ihn ab und Kosta betrachtete den Jungen mit grossen Augen. Es tat so gut zu sehen, wie gesund und fröhlich er aussah. Nicht mehr so blass und ausgezehrt wie auf dem Sklavenmarkt. Er war braungebrannt, hatte zerzaustes Haar und strahlte, wie ein glückliches Kind strahlen sollte.

Da sandte Eneas ihm, dass er doch Tileo die Freude machen sollte, ihn zu umarmen. Unsicher und fragend blickte er zu seinem Freund hoch. Dessen goldenen, sanften Augen lächelten ihn aufmunternd an. War es echt? Meinte Eneas es ernst? Oder sagte er es nur ihm zuliebe? Kosta konnte diesmal keine heimliche Trauer in seinem Blick sehen. Aber vielleicht täuschte er sich nur wieder. Doch als Eneas Tileo einen kleinen Schubs in Kostas Richtung gab, konnte der Krieger nicht anders, als den Jungen fest in seine Arme zu schliessen und ihn liebevoll an sich zu drücken. Er hatte sich solche Sorgen um ihn gemacht. Wie es ihm ging, wo er ihn doch so im Stich gelassen hatte. Tileo hatte schon viel zu viel schlimmes erlebt und Kosta hatte ihm nur noch mehr angetan. Es tat ihm so leid. Aber es ging ihm gut. Tränen der Freude und der Rührung schossen ihm in die Augen. Er hatte ihn so vermisst.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Do 6. Okt 2022, 18:44

Kosta sah ihn fragend an und Eneas lächelte aufmunternd zurück. Er sollte Tileo umarmen. Der Junge wartete nur darauf und schien nun auch etwas unsicher zu werden, wieso Kosta nicht auf ihn zuging. Eneas musste wohl beiden nachhelfen. Er schob Tileo in die Richtung von Kosta und da endlich überwand dieser seine Unsicherheit und umarmte das Kind. Eneas lächelte zufrieden. Ging doch. Kosta drückte den Jungen ganz fest und innig ehe er feuchte Augen bekam und ihm Tränen in den Augenwinkeln standen. Auch Tileo musste aufgelöst und glücklich zugleich weinen. Ein leises Schluchzen.
Eneas trat rasch zu den beiden, um ihnen beruhigend über die Schultern zu streicheln.
"He, wenn ihr so weiter macht, fang ich gleich auch noch an", bemerkte er halb scherzhaft. Er ließ die beiden sich halten und ein bißchen ausweinen. Kosta schien dies auch nötig zu haben und es war gut, dass er das wieder tun konnte. Hoffentlich würde er merken, dass es doch schön war, Tileo zu umarmen und er keine Angst hatte haben müssen. Vielleicht hatte er Angst vor den überwältigenden Emotionen gehabt.
Als der Junge sich wieder etwas beruhigt hatte, sprudelten gleich viele Fragen heraus. Wie es Kosta ginge, ob er jetzt hier bleiben würde, ob er der Königin geholfen hätte und sofort. Eneas legte seine Hand auf Kostas Schulter, drückte sie sachte, aber sein Freund schien zwar die Umarmung geschafft zu haben, nicht aber seine Stimme wiedergefunden zu haben.
"Ja, jetzt bleiben wir hier", bestätigte Eneas lächelnd, "Und er hat der Königin sehr geholfen. Er hat sie gerettet. Nur das war sehr schwer, Tileo. Kosta wurde verletzt."

Der Junge machte gleich große, erschreckte Augen. "Keine Angst, das wird schon wieder. Er braucht nur Erholung und Ruhe. Kosta kann momentan nicht sprechen. Wegen der Verletzung", fuhr er fort und ging dabei vor Tileo in die Hocke, um den Jungen zu beruhigen und ihm alles so gut wie möglich zu erklären.
"Die Heilerinnen haben ihn sehr gut versorgt", versicherte er, "Es braucht einfach Zeit. Aber jetzt sind wir ja hier und können es Kosta richtig gemütlich machen, ja? Hilfst du uns dabei? Wir können Kostas Zimmer gemeinsam gemütlich einrichten." Eneas erinnerte sich daran wie aufgewühlt Tileo geworden war, als er bemerkt hatte, dass Kostas Zimmer ganz kahl gewesen war. "Wir haben eine Menge von seinen Sachen dabei. Eine Tonne. Da, siehst du die kleine Umhängetasche? Meinst du, die kannst du tragen?" Er deutete auf die Tasche. Tileo war für den Moment abgelenkt und wollte natürlich mithelfen Kostas Gepäck zu tragen.
Eneas blickte seinen Freund prüfend an. *Ich glaube, mit Tileo an deiner Seite schaffst du es, dass wir jetzt an Land gehen können*, sandte er innig. Der Großteil würde gewiss schon von Bord gegangen sein oder dabei sein, die Waren auszuladen und zu verteilen. Da wären viele beschäftigt.
*Und wenn dich irgendjemand drückt oder berührt... das ist nicht schlimm. Tileo hast du doch auch umarmen können. Und wenn ein paar Tränen fließen und du dich überwältigt fühlst... lass es einfach zu. Ich bin die ganze Zeit über bei dir*, versuchte er Kosta zu überzeugen und ihm seine Angst zu nehmen.
Eneas griff nach einem Seesack und klemmte sich eine kleine Kiste unter den Arm.
"Ich glaube, wir müssen noch ganz oft hin und her schleppen", befand er. "Schaffst du das, Tileo?", fragte er fürsorglich, als dieser die Tasche geschultert hatte. "Und hat Estella gut auf dich aufgepasst? Hast du Pandora und Arion alles auf der Insel gezeigt?"
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Do 6. Okt 2022, 19:44

Erschrocken bemerkte er, dass Tileo ebenfalls zu weinen begonnen hatte. Vorsichtig löste er sich etwas von ihm, tastete vorsichtig über seine Seiten. Hatte er ihm weh getan? Hatte er ihn zu sehr an sich gedrückt? Ah, nein, Tileo weinte ebenfalls vor Freude und presste sich gleich von sich aus ganz fest an ihn, so dass Kosta einen Moment lang kaum Luft bekam. Auch Eneas schien kurz davor zu weinen, scherzte deshalb. Kosta musste schluchzend Lachen. Am Schluss würde noch die ganze Mannschaft weinen müssen, weil sie alles so glücklich waren, wieder hier in Sicherheit bei ihren Liebsten zu sein.

"Wie... wie geht es dir?" hickste Tileo, nachdem er sich etwas beruhigt hatte. Viel schneller als Kosta selbst. Dieser wischte sich rasch die Tränen aus den Augen und lächelte ihn lieb an. Er wollte Tileo nicht verletzen und versuchte tapfer für ihn zu sein. Allerdings wurde er mit einer Welle von Fragen überflutet, die er nur mit Nicken beantworten konnte. Selbst wenn er seine Sprache wieder gefunden hätte. Tileo wollte aufgeregt alles gleichzeitig wissen. Eneas griff geistesgegenwärtig ein und erklärte dem Jungen, dass sie hier bleiben würden, dass der Königin geholfen aber Kosta auch verletzt worden war. Da blickte nicht nur Tileo Eneas mit grossen Augen an. Warum verschreckte er das Kind so sehr.
Eneas beruhigte ihn gleich, ging in die Hocke und versicherte Tileo, dass es ihm bald wieder besser gehen würde. Er bräuchte nur Ruhe und Erholung, aber erstmal könne er wegen der Verletzung nicht sprechen. Beschämt senkte Kosta den Kopf. Er fand es nicht richtig, den Jungen so anzulügen. Aber alles andere hätte das Kind nur weiter verstört und Tileo hatte schon viel zu viel schlimmes erleben müssen. Vielleicht war es auch nicht so sehr gelogen. Kosta wusste nicht, warum er nicht mehr sprechen konnte. Sicherlich lag es nicht an einer körperlichen Verletzung. Doch ihm war klar, dass seine Seele sehr schwer verletzt war. Damit hing es sicherlich zusammen, dass er kein Wort mehr heraus brachte. So nickte er mit einem aufmunternden Lächeln und strich mit seinen Daumen sanft die letzten Tränen von Tileos Wangen.

Mit den Erklärungen zufrieden, die Eneas ihm gab, verbündeten sich die beiden Piraten gegen ihn und heckten Pläne aus, wie sie Kostas Zimmer gemütlich einrichten könnten. Schliesslich waren ja alle von Kostas Sachen dabei und das wären eine ganze Menge.
"Arion und ich haben ein Piratenschiff aus unserem Zimmer gemacht", strahlte Tileo. "Das muss ich euch unbedingt zeigen. Aus Kostas Zimmer machen wir auch so etwas tolles." Natürlich wollte er die Umhängetasche tragen und so blieb Kosta nichts anderes übrig, als den beiden Verschwörern zu folgen. Unwohl schulterte er sich auch einen grossen Seesack. Er fühlte sich nicht bereit, das Schiff schon zu verlassen. Doch ihm war klar, dass er es musste, wenn er Tileo nicht weiter beunruhigen wollte.

Eneas schien seine Gedanken erraten zu haben und sandte ihm, dass er es mit Tileo an seiner Seite sicherlich schaffen würde. Ausserdem wäre es nicht schlimm, wenn ihn irgendjeman drücken oder berühren würde. Tileo hätte er ja auch umarmen können. Es wäre nicht schlimm, wenn Kosta weinen müsse. Er solle es einfach tun. Eneas würde die ganze Zeit über bei ihm bleiben. Verwirrt und unsicher musterte Kosta den Kapitän. War er wirklich einverstanden, wenn er andere berührte? Er war doch so wütend gewesen wegen Andiël und Zucker. So unsagbar wütend und verletzt. Kosta wollte ihm das nicht wieder antun.

"Klar schaff ich das", grinste der Junge grossspurig und selbstbewusst, dass er helfen können würde, die ganzen Sachen zu tragen. So aufgedreht wie er gerade wirkte und von einem Bein aufs andere hüpfte vor Freude, schien er wirklich voller Energie zu sein. "Jaaa, Estella passt viel zu sehr auf. Dabei ist es hier ganz ungefährlich. Oh, aber es gibt so viel zu entdecken. Die ganze Insel haben wir noch nicht erkundet. Aber die Stadt. Die Schule hier ist auch nicht so doof wie in Mineva. Weil ich bin nicht blöd. Ich hatte nur vorhin keine Schule. Hier hat es andere, die so sind wie ich. Sogar noch viel, viel älter."
Kosta lächelte erleichtert, dass es Tileo so gut ging und dann gleich noch einmal, weil der Junge seine freie Hand in die von Kosta schob, während sie an Deck gingen. Er wollte trotz aller Grossspurigkeit noch seine Sicherheit in der Nähe wissen. Und Kosta brauchte diese kleine Hand zum Trost und zur Ermutigung. Der Rest der Mannschaft war bestimmt ungehalten mit ihm, weil er nicht geholfen hatte und ihnen aus dem Weg gegangen war. Scheu versteckte er sich so halb hinter Eneas und spienzte vorsichtig hervor. Auf dem Steg waren noch immer mehr als genug Leute für seinen Geschmack und herzten und drückten die Piraten, weil sie froh waren, dass sie wieder hier waren. Es ängstigte den überforderten Krieger und der Weg bis zum Haupthaus kam ihm plötzlich unendlich lang vor.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Do 6. Okt 2022, 19:45

Nachdem der Junge zunächst unsicher geworden war wegen Kostas Verletzung, lenkten ihn die Fragen und die Pläne bezüglich Kostas Zimmer schnell wieder ab. Er strahlte, als er von seinem eigenen Zimmer erzählte, das er sich mit Arion teilen würde. Es sähe jetzt aus wie ein Piratenschiff.
"Wirklich? Natürlich will ich das unbedingt sehen", stimmte Eneas lächelnd zu. Kosta blieb zurückhaltender, doch zum Glück schien er zu akzeptieren, dass sie jetzt schon das Schiff verlassen würden. Er nahm sich sogar einen der bereits gepackten Seesäcke. Eneas nickte ihm aufmunternd zu und versuchte ihn per Speerfaden auf das Kommende zu wappnen.
Tileo hüpfte vorweg, während er plaudernd Eneas' Fragen beantwortete. Ja, Estella passte auf ihn auf, aber auch viel zu sehr. Die Insel hätten sie noch nicht ganz erkundet und die Schule wäre nicht so doof wie in Mineva, da es hier auch andere ältere Kinder gab, die ganz neu unterrichtet würden.
Eneas lauschte dem allen zufrieden, während er sich vornahm, Estella besonders zu danken, dass sie Tileo unter ihre Fittiche genommen hatte. Eigentlich war der Plan gewesen - sobald man Tileos Eltern ausfindig gemacht hatte - ihn dorthin zu bringen, aber das war nicht gegangen ohne dass der Junge vorher Kosta gesehen hätte. Er hatte sich, genau wie Eneas, viele Sorgen um Kosta gemacht.
Jetzt gingen die beiden endlich wieder einträchtig nebeneinander her. Tileo hatte Kosta vertraut an der Hand gefasst und so kamen sie oben an Deck an. Dort wurde Kosta gleich wieder scheuer, zögerte, den Steg zu betreten.
Eneas fasste Kosta an der anderen Hand und lächelte ihn an. Wenn Kosta an beiden Händen jemanden hielt, würde er erstmal auch nicht viele Möglichkeiten haben, gedrückt zu werden. So gingen sie auf den Steg zu und langsam hinunter. Es blieb natürlich nicht aus, dass sie zunächst umlagert wurden. Auch Eneas wurde überschwenglich begrüßt. Er tat sein bestes, um alle Umarmungen abzugreifen und wenn jemand doch Kosta drückte, so sorgte Eneas dafür, die Person schnell in ein Gespräch zu verwickeln und abzulenken, damit es nicht zu lange für Kosta wurde. Währenddessen sandte Eneas ihn immer mal wieder Speerfäden, dass sie bald beim Haus wären und dass er das toll machte.
Wenn direkte Fragen an Kosta gestellt wurden, so antwortete Eneas an seiner statt, aber einmal erklärte er auch, dass Kosta wegen einer Verletzung nicht sprechen könnte und Ruhe brauchte. Natürlich zeigte man sich da besorgt, aber man verstand es auch und ließ sie erstmal weitergehen. Er zog seinen Freund weiter und so marschierten sie durch das kleine Städtchen, das sich verwinkelt in die Felsen schmiegte.

Bald waren sie beim Gemeinschaftshaus angekommen, wo gerade einige hastig noch ein Willkommensbanner im Innenhof aufspannten. Pandora war unter den Helfern. Sie war genauso braungebrannt wie der Rest und hatte ein kurzes oranges Kleid an. An ihrem rechten Unterarm waren dutzende schmale geflochtene Armbänder befestigt.
"Eneas! Kosta!" Sie ließ den Zipfel des Banners fallen und rannte auf sie zu. Hinter ihr kam Arion langsamer nach. Sein Gesicht und seine Hände waren mit Wassermeloneresten verschmiert. Eneas knuddelte ihn trotzdem, auch wenn das Zeug nun auf seinem Hemd landete. Estella kam rasch, um ihm die Hände abzuwischen.
"Es ist so schön, dass ihr wieder hier seid. Und mit so guten Nachrichten", freute sich Estella. Das schien sich wie ein Lauffeuer verbreitet zu haben. Einige von der Mannschaft befanden sich auch bereits im Innenhof. "Wie geht es euch?"
"Müde von der langen Reise", sagte Eneas lächelnd, "Es tut gut wieder hier zu sein. Lass uns erstmal das ganze Gepäck abladen", schob er dies vor. "Komm, Tileo, zeig uns den Weg zu Kostas Zimmer."
Eneas schob Kosta an den anderen vorbei und die Treppe rauf auf die rundumlaufende Galerie in den ersten Stock. Tileo lief vorraus. Er wusste natürlich wo sich Kostas Zimmer befand und platzte gleich aufgeregt hinein, wollte eifrig wissen, wo er die Tasche abstellen und ob er schon Sachen ausräumen sollte.
"Eins nach dem anderen", bremste Eneas den Jungen. "Morgen fangen wir an mit dem Einrichten, da kannst du ganz viel helfen. Heute waren wir schon lange auf den Beinen. Lass Kosta und mich erstmal in frische Kleidung wechseln und dann komm ich in den Innenhof, ja?" Eneas nannte bewusst nur ihn selbst, da er nicht wusste, ob sein Freund dafür schon bereit war. Hoffentlich verstand Tileo dies.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Do 6. Okt 2022, 19:53

An Land waren noch immer genügend Leute, die sie begrüssen wollten und sich darüber freuten, dass sie wieder da waren. Kosta kannte sie alle und hatte sie gerne. Trotzdem fühlte er sich nicht in der Lage, sie alle zu drücken und ihnen liebe Dinge zu sagen, wie sonst auch immer. Er wollte schon, aber er wusste nicht, ob es Eneas nicht störte. Kosta war vollkommen verwirrt. Eneas hatte Tileo in seine Arme geschoben und die Speerfäden hatten ganz danach geklungen, als hätte er nichts dagegen, wenn er andere Leute umarmte. Nur stimmte das auch? Was wollte Eneas wirklich von ihm. Die Wut auf ihn, weil Kosta mit Andiël geschlafen hatte, war noch so präsent.

Eneas fasste Kosta bei der freien Hand und so geschützt durch ihn und Tileo, schaffte es Kosta an Land zu gehen. Scheu und entschuldigend lächelte er die Leute an, senkte immermal wieder verlegen den Blick und hatte ein wahnsinnig schlechtes Gewissen, dass er nicht so für sie da sein konnte, wie er sollte. Die Umarmungen liess er ruhig über sich ergehen, erwiderte sie sachte so gut es ging mit je einem Krieger an seinen Händen. Gleichzeitig bekam er ganz viele Speerfäden von Eneas, der alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Er sandte ihm, dass er das gut machen würden und dass sie es bald geschafft hätten. Wirklich? Es machte Eneas nichts aus, wenn so viele Leute ihn umarmten? Kosta war zutiefst verwirrt und überfordert.

Schweigsam und nachdenklich liess er sich von Tileo und Eneas weiter durch die kleine Stadt ziehen. Tileo war aufgeregt und erzählte ihm stolz, was er hier schon so alles gemacht hatte und dass er inzwischen schon ganz gut im Meer schwimmen könne. Liebevoll drückte Kosta ihm warmherzig lächelnd die Hand, um ihm zu zeigen, wie stolz er auf ihn war. Das erste Mal schaute Tileo noch verwirrt auf seine Hand, doch dann begriff er, dass das Kostas momentaner Weg zum Sprechen war und akzeptierte es zufrieden. Er erzählte auch, wie er Pandora beschützt hatte und wie die kleine Königin hier viel glücklicher war, weil sie hier kurze Röcke tragen durfte. Kosta verstand das nicht so recht, aber ihm fiel auf, dass Pandora relativ oft in den Erzählungen des Jungen vorkam. Er erinnerte sich, wie Tileo in seinem Brief geschrieben hatte, dass er seiner Königin dienen würde. Er lächelte und wünschte sich dem Jungen, dass es ihn mit Zufriedenheit erfüllen würde.

Beim grossen Gemeinschaftshaus angekommen kam ihnen besagte Pandora entgegen gerannt. Sie sah braungebrannt und gesund wie Tileo aus. Genau wie Arion, der mit Wassermelone verschmiertem Gesicht ihr langsamer folgte. Tileo grinste derweil stolz, weil er Eneas und Kosta sozusagen mitgebracht hatte. Kosta zerzauste ihm das Haar. Quasi als dankeschön, dass er ihn hier hoch geholt hatte. Danach drückte er auch Pandora und Arion, die Eneas ihm einfach weiter reichte, nachdem er sie selber begrüsst hatte.
Kurz darauf kam die Mutter der Beiden Kinder. Auch Estella schien aufgeblüht zu sein. Sonst hatte sie immer etwas unter ihrer Schwiegermutter zu leiden gehabt und hatte schwer für die Familie Tolarim arbeiten müssen. Hier konnte sie sich voll und ganz um ihre Kinder kümmern, was aber auch eine anstrengende Arbeit zu sein schien. Rasch wusch sie Arion seine Hände und sein Gesicht sauber, während sie sie begrüsste.

Bevor noch mehr Leute sie umringen konnten, oder jemand aus der Mannschaft nun einmal besorgt und froh zu Kosta treten konnten, um zu wissen, wie es ihm ging, schaffte Eneas es, ihn die Treppe rauf zu der Galerie im ersten Stock zu bugsieren. Weil sie müde von der langen Reise wären und sie erst einmal das ganze Gepäck abladen müssten. Erleichtert floh Kosta vor seinen Freunden und liess sich hinter Tileo herschieben. Dieser führte ihn zielgenau in Kostas altes Zimmer und wollte es gleich einrichten beginnen. Glücklicherweise schaffte Eneas es, ihn auf morgen zu vertrösten. Sie wollten erst einmal in frische Kleidung schlüpfen und dann käme er in den Innenhof.
Tileo nickte und blickte dann zögerlich zu Kosta. Der Krieger sah ihm an, dass er versuchte seine Frage nicht zu stellen, ob Kosta auch käme. Aus liebevoller Rücksicht heraus. Kosta wusste, dass er hinunter gehen sollte. Aber es ängstigte und verwirrte ihn momentan sehr. Tileo konnte er jedoch auch nicht so hängen lassen. Deswegen ging er wieder vor ihm in die Hocke und umarmte ihn noch einmal fest, um ihm zu zeigen, wie wichtig er ihm war. Der Junge schlang ihm seine schlanken Arme um den Hals und drückte ihn auch ganz fest.
"Danke, dass du meine Eltern gefunden hast", wisperte er atemlos. "Es ist schön, dass du wieder da bist." Und bevor sie beide wieder anfangen konnten zu weinen, löste sich Tileo hastig. "Ich bin dann schon mal unten", erklärte er aufgedreht, wirbelte herum und rannte aus dem Zimmer hinaus.

Tileo war so stark. Kosta schämte sich, dass er nicht besser für ihn da sein konnte. Er fühlte sich wie erschlagen. Schwach erhob er sich und drehte sich mit hilflosem Blick zu ihm um. Er sollte etwas sagen. Ihn fragen, wie das mit den Berührungen nun war. Anderseits wusste er genau, dass Eneas nicht gerne über ihn bestimmte. Egal wie sehr Kosta das liebte. So blieb ihm die Frage wieder im Hals stecken und raubte ihm den Atem. Je mehr er sich anstrengte, etwas zu sagen, egal was, desto knapper bekam er Luft. Angsterfüllt und überfordert starrte Eneas an, kurz davor von seiner Panikattacke überrollt zu werden.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Do 6. Okt 2022, 19:53

Tileo zögerte noch ein bißchen, sah abwartend zu Kosta, ob der nicht doch irgendwie reagieren würde. Kosta ging vor dem Jungen in die Hocke und gab ihm nochmal eine feste Umarmung. Eneas hörte Tileo leise flüstern, doch er ließ den beiden ihren Moment und stellte erstmal das Gepäck für Kosta ab. Dann hatte sich der Junge wieder gelöst, sagte, dass er schonmal vorgehen würde und rannte energiegeladen wieder aus dem Zimmer. Eneas blickte ihm lächelnd nach ehe er die Türe schloss. Kosta wollte sicher etwas durchatmen. Hoffentlich hatten ihn all die Begegnungen nicht zu sehr mitgenommen.
Sein Freund sah ihn fast hilflos an. Er schien mit sich zu ringen, sein Blick war fragend und verwirrt. Dann ging sein Atem plötzlich gepresster. Eneas trat rasch zu ihm, fasste ihn an der Hand und zog ihn mit sich, damit sie sich auf das Bett in der Ecke setzen konnten.
"Ist schon gut.. ", beruhigte er seinen Freund, "Ich kann mir vorstellen wie schwer das war. All diese Begegnungen und die ganzen Fragen wie es dir ergangen ist. Du hast das gut gemacht." Er nahm Kosta in den Arm und streichelte ihn. Eneas hoffte, er würde das richtige sagen und tun. Gleichzeitig fühlte er sich leicht schuldig, da es ihm so sehr gefiel, sich so innig um seinen Freund kümmern zu können. Dass dieser, trotz all der Abneigung vor den anderen, immer noch vertraut mit ihm war und seine Hilfe und Nähe suchte. Es war eine komplette Kehrtwendung zu dem Kosta mit dem Eneas gestritten hatte und der unbedingt das Schiff hatte verlassen wollen. Der seine eigenen Pläne gehabt hatte was er tun wollte. Eneas hatte zeitweise befürchtet, er würde seinen Geliebten nie mehr wiedersehen. Natürlich war es da unendlich schön, dass sie jetzt gemeinsam in Nuranessa waren und Eneas ungehindert bei seinem Freund sein konnte. Aber er sollte es nicht schön finden, wenn es Kosta so furchtbar schlecht ging und er schreckliches durchgemacht hat.

"Ich werde den anderen auch sagen, dass du aufgrund einer Verletzung momentan nicht sprechen kannst", fuhr Eneas fort, "Es ist keine Lüge", versuchte er Kostas Sorgen zu zerstreuen. "Du bist verletzt. Hier drin." Er tippte dem Krieger sachte gegen die Brust. "Manchmal kommts mir so vor, als würdest du dich wieder wie früher verhalten... als du gerade mein Kammerdiener geworden bist. Da hast du immer versucht, es mir ja Recht zu machen und mich wie dein Herr zu behandeln", erinnerte Eneas sich. Er hoffte, Kosta würde nicht wieder in dieses Muster verfallen, wo er doch so viel mehr war. Aber Eneas wusste auch, dass es für Kosta immer leichter gewesen war, wenn jemand anderer die Entscheidung traf und momentan schien er zu mehr nicht imstande.
Egal wie sehr es den freiheitsliebenden Schriftsteller dagegen sträubte. Er wollte Kostas Gefährte sein, oder zumindest sein Freund, und nicht sein Herr. Es ging gegen alles wofür er einstand.
Nachdenklich hielt er Kostas Hand und blickte in das kahle Zimmer. "Wenn es dir hilft, kann ich eine Weile dein Herr sein", sagte er nach einem langen Schweigen leise.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Do 6. Okt 2022, 19:55

Eneas bemerkte sofort, wie er ins Trudeln geriet fasste ihn sanft an der Hand. Ergeben liess Kosta sich zum Bett führen und setzte sich gehorsam neben Eneas auf die Kante. Dass Eneas ihn an der Hand hielt, beruhigte ihn beinahe augenblicklich. Zumindest für den Moment. Es gab ihm einen sicheren Ankerpunkt und seine lieben Worte lösten etwas von der inneren Anspannung, so dass sein Atem wieder ruhiger gehen konnte. Liebevoll lobte sein Freund ihn, dass es schon gut sei. Er könne sich vorstellen, wie schwer das gerade gewesen sei. Doch Kosta hätte das gut gemacht. Der Krieger sah das etwas anders und fühlte sich ziemlich schuldig. Um so schöner war es, dass Eneas ihn trotzdem in den Arm nahm und ihn sachte streichelte. Von ihm aus hätte sie ewig so sitzen können.

Sein Freund fuhr fort, dass er auch den anderen sagen würde, dass Kosta aufgrund einer Verletzung momentan nicht sprechen könne. Schuldbewusst wurde der Krieger noch etwas kleiner. Er kam sich so schäbig vor, all die lieben Leute anzulügen. Als hätte er seine Gedanken gelesen, beteuerte Eneas, dass dies keine Lüge wäre. Kosta wäre verletzt und zwar in seiner Brust. Sachte tippte er dagegen. Kosta nickte kaum merklich. Ja, das hatte er sich auch schon überlegt. Dass irgendwas in seinem Herzen war, dass ihn daran hinderte zu sprechen. Vielleicht aus Angst, dass er das falsche sagen würde. Er mochte Eneas nicht weiter verletzen und er schämte sich sehr dafür, was er Eneas damals in Draega alles an den Kopf geworfen hatte. Das hätte er nicht tun sollen.

Leise erinnerte Eneas sich, wie Kosta gewesen war, als sie sich kennen gelernt hatten, denn es käme ihm manchmal so vor, als würde er sich wieder wie früher verhalten. Wie da, als Kosta Eneas Kammerdiener gewesen war und ihm alles versucht hatte Recht zu machen. Als er versucht hatte, Eneas wie seinen Herrn zu behandeln. Eneas hatte damit recht. Kosta fühlte sich wieder so scheu und bemühte sich alles zu tun, damit Eneas zufrieden mit ihm war. Aber nicht weil er ihn als seinen Herrn sah. Das war schon damals nicht so gewesen. Sondern einfach nur, weil er wollte, dass Eneas rundum glücklich war, weil er ihn von tiefstem Herzen liebte.

Leider kam Eneas nicht bis zu diesem Schluss. Kosta kam der Gedanke, dass er es Eneas erklären sollte. Damit kam jedoch auch die Erinnerung an seine Wut zurück. Warum, dass Eneas es nicht von selbst begriff? Wenn er es ihm sagte, das würde doch alles verderben. Es würde diese Unschuld, die Kosta einmal in seiner Hingabe gehabt hatte, völlig zerstören. Aber vielleicht war sie ohnehin schon weg. Zerstört durch ihren Streit und vergewaltigt durch das, was er in Raej und Dhemlan getan hatte. Wie... wie konnten sie so noch zu einander finden?
Eneas schien ähnliche Gedanken gehabt zu haben, den nach einer Weile des Schweigens sagte er schliesslich leise, dass er sein Herr sein könne für eine Weile, wenn es ihm helfen könne. Überrascht blickte Kosta auf. Damit hatte er nicht gerechnet. Was dachte sein Freund sich dabei? Dieser hielt zwar weiterhin seine Hand, doch er konnte ihn nicht anschauen dabei. Ihm war es offensichtlich zuwider, das tun zu müssen. Aber Kosta zuliebe würde er es tun. Der Krieger lächelte schuldbewusst. Eneas war so lieb zu ihm. Auch wenn er ihn nicht verstand.
Sachte drückte er Eneas Hand. Noch einmal, bis der Krieger ihn unwohl anblickte. Er wollte wirklich nicht sein Herr sein. Das musste er auch nicht. Zärtlich streichelte Kosta ihm einmal über die Wange, bevor er seine Hand wieder sinken liess und dann schlicht seinen Kopf schüttelte. Wenn Eneas nicht sein Herr sein wollte, musste er das auch nicht sein. Nicht so, wie der Krieger es sich vorstellte. Er schien noch immer nicht zu begreifen, dass er das in gewisser Weise ohnehin schon längst war. Dass er Kosta schon vor Jahrhunderten von Timaris geraubt hatte.

Kosta öffnete seinen Mund. Er sollte endlich wieder anfangen zu sprechen. Es gab vieles, was er erklären musste, damit Eneas nicht traurig war. Oder wenigstens ein bisschen. Alles konnte und wollte er nicht sagen. Aber wenigstens das harmlosere. Oder wenigstens, um Eneas guten Abend oder guten Morgen wünschen zu können. Doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Frustriert räusperte sich Kosta, blieb diesmal jedoch hartnäckig und gab nicht auf. Streng mit sich selbst konzentrierte er sich auf seinen Atem, räusperte sich noch einmal.
"Ich kann mich wieder an Andiël erinnern", brachte er schliesslich mit rauer, trockener Stimme heraus, selbst nicht wissend, warum er ausgerechnet dieses schmerzliche Thema anschnitt.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Do 6. Okt 2022, 19:56

Kosta sah ihn überrascht an. Eneas hoffte, er würde das richtige tun. Er wollte nicht Kostas Herr sein, aber wenn dieser ihn erleichtert und glücklich anstrahlen würde, wäre es das wert. Er wollte doch nur, dass sein Freund glücklich war. Er würde ja nur eine zeitlang für sie beide die Entscheidungen treffen, sagte er sich. Solange bis es Kosta wieder besser ginge. Eneas wollte nichts unversucht lassen. Kosta war zu ihm gekommen für Hilfe und Eneas wollte ihn wirklich nicht enttäuschen. Egal wie schwer es ihm selbst fallen würde.
Kosta drückte seine Hand fester und Eneas sah ihn unschlüssig an. Da war kein erleichtertes Strahlen und Dankbarkeit wie er vielleicht erhofft hatte. Stattdessen streichelte Kosta ihm sachte über die Wange. Auf der Schiffsreise hatte er ihn eher weniger von sich aus berührt, weswegen Eneas dies durchaus genoss. Dann aber schüttelte der andere Krieger den Kopf.
Er wollte nicht? Nun war es an Eneas überrascht zu schauen. "Ich dachte, es wäre das richtige...", sagte er unbeholfen. Wieso wollte Kosta nicht? War er doch soweit, dass er eigene Entscheidungen treffen wollte? Oder... wollte er es Eneas wieder recht machen? Sie hatten erst vor ein paar Monaten auf dem Schiff darüber gestritten. Dass er Kosta in Ketten legen sollte, wenn er ihn hier behalten wollte. Eneas hatte es nicht gekonnt. Kosta wusste also genau, dass Eneas eigentlich nicht seinen Herrn geben wollte.
Aber welche von den beiden Vermutungen stimmte? Es war schwer in dem schweigsamen, traurigen Krieger zu lesen.
"Ich wollte es nur anbieten... falls es dir hilft. Ich kann ein paar Entscheidungen übernehmen, wenn es dir zu viel wird", sagte Eneas leise.

Sein Freund öffnete den Mund. Wieder einmal wirkte es so, als wollte er ihm etwas sagen. Eneas schwieg geduldig, ließ es Kosta versuchen. Es war nicht der erste Versuch, weswegen Eneas auch nicht damit rechnete, dass sein Freund am Ende wirklich etwas sagen würde. Dass es Kosta wenigstens versuchte, war wertvoll genug.
Sachte streichelte er Kosta über die Hand, als dieser nichts hervorbrachte und sich frustriert räusperte. Eneas überlegte schon, welche aufmunternden Worte er sagen könnte, als er plötzlich - nach Tagen - Kostas Stimme hörte. Zwar rau und leise, aber es war seine Stimme. Er hatte etwas gesagt!
Eneas war darüber erst einmal so überrascht und erfreut, dass es etwas dauerte bis er realisierte was Kosta gesagt hatte. Er würde sich wieder an Andiël erinnern können.
"Du hast etwas gesagt", musste sich der Kapitän aber zunächst freuen. Er strahlte Kosta an ehe er etwas ernster wurde. "An Andiël? Du kannst dich wieder an deine Zeit mit ihm erinnern?" Eneas wusste genau welchen Zeitpunkt Kosta meinte. Es war ihr erster großer Streit gewesen. Das erste Mal, dass Eneas' Gefühle für seinen Freund mit ihm durchgegangen waren. Und es hatte sich alles an seinem damals noch sehr scheuen und unsicheren Freund entladen. Es war nicht recht gewesen und hatte Kosta für lange Zeit geschädigt.
Aber wieso konnte er sich nun wieder daran erinnern?
"Was ist passiert? Seit wann?" Hatte Kosta deswegen nicht sprechen können? Eneas überlegte rasch. "Als Sorra dich untersucht hat? Hat sie die Reste ihres eigenen Netzes entfernt?" Wobei Kosta danach doch noch gesprochen hatte. Zwar nicht mit Eneas, aber mit Timaris und Zucker und all den anderen im Palast.
Und wieso war das das Erste, was Kosta ihm nach Tagen des Schweigens sagte? Es musste wichtig sein. Es musste ihn belasten.
Eneas setzte sich etwas anderes hin, damit er seinen Freund besser anschauen konnte. Sanft griff er nach beiden Händen.

"Hör zu, nach unserem Streit... da hatte ich auf Nuranessa sehr viel Zeit über alles nachzudenken. Besonders darüber warum ich nicht schon viel früher meine Gefühle für dich erkannt habe", brachte er eindringlich hervor, "Damals.. unser erster Streit.. oder vielmehr mein Anschreien von dir", Kosta hatte ja nicht wirklich zurückgeschrieen geschweige denn sich verteidigt, "Ich war wütend. Aber nicht so sehr auf dich. Wir waren nicht zusammen. Du warst frei dich mit Andiël zu vergnügen. Aber es hat mich verletzt, das geb ich zu. Manchmal verletzt man andere, selbst wenn man nichts falsch gemacht hat." Das sollte Kosta mittlerweile wissen.
"Und ich war wütend, weil jemand anderer das ausleben konnte was ich mir heimlich ersehnte. Ungehindert mit dir zusammen sein zu können und uneingeschränkt deine Aufmerksamkeit und Bewunderung erlangen." Er küsste sachte Kostas Handrücken, beide nacheinander. "Ich war eifersüchtig. Es hätte dich nicht treffen sollen. Glaub mir, ich bereue es, dir so weh getan zu haben. Und du wolltest am liebsten alles ungeschehen machen. Für mich. Soweit, dass du dich der grausamen Prozedur unterzogen hast, dir all die schönen, sinnlichen Erlebnisse mit deinem ersten Liebhaber zu rauben."
Eneas streichelte ihm über die Wange. "Ich bin froh, dass du die Erinnerungen wieder hast. Sie sind doch ein Teil von dir. Ein paar mehr schöne Erinnerungen." Zumindest nahm er an, dass die Erinnerungen mit Andiël schöne waren.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Do 6. Okt 2022, 19:58

Kosta wurde ganz verlegen, als Eneas ihn erfreut anstrahlte, dass Kosta etwas gesagt hatte. Dabei war das doch eigentlich keine grandiose Leistung. Andererseits hatte es Kosta viel Selbstbeherrschung gekostet nur diesen Satz sagen zu können. Warum ausgerechnet diesen? Es gab doch noch ganz anderes zu besprechen. Wichtigeres. Neugierig fragte Eneas nach, ob er sich wirklich an die Zeit mit Andiël erinnern würde. Kosta zögerte, nickte dann aber vorsichtig. Ja, er glaubte schon. Er war mit dem Prinzen in einem Hotel gewesen, in einem Salon und er hatte plötzlich merkwürdige Erinnerungen an einen Ausflug. Es war seltsam fremd, aber es war eindeutig er und der Krieger wusste ja, dass Sorra Tolarim ihm die Erinnerungen damals genommen hatte.

Aufgeregt wollte Eneas wissen, wann das passiert sei. Als Lady Tolarim ihn untersucht hatte? Ob sie ihm da auch die Reste ihres eigenen Netzes entfernt hatte? Kosta dachte nach. Nein, das war nicht dann gewesen. Zumindest hatte er da nie an Andiël gedacht. Es war... er hatte von Andiël geträumt. Später. Kosta hatte Mühe alles in die richtige Reihenfolge zu bringen. Dennoch glaubte er nicht, dass es da an dem Morgen geschehen war. Also schüttelte er unsicher leicht seinen Kopf auf Eneas Fragen.

Dieser setzte sich nun anders hin und ergriff seine beiden Hände. Kosta wusste, dass Eneas das tat, weil er jetzt etwas mit ihm besprechen wollte. Augenblicklich wurde der Sklave noch etwas nervöser. Er glaubte nicht, dass er dazu schon bereit war. Aber natürlich würde er es versuchen. Er wollte Eneas nicht weiter verletzen. Also hörte er ihm scheu zu, wie er erzählte, dass er viel Zeit gehabt hätte zum Nachdenken. Besonders darüber, warum er nicht viel früher seine Gefühle für ihn erkannt hätte. Kosta nickte verhalten. Timaris hatte ihn erst darauf aufmerksam machen müssen. Konnten die Gefühle also überhaupt echt sein? Kosta glaubte das zwar schon, doch wenn sie stärker gewesen wären, hätte Eneas es von selbst erkannt. Früher und ohne Hilfe.
Eneas erklärte, dass er damals wütend gewesen sei, aber nicht auf ihn. Sie seien nicht zusammen gewesen und Kosta wäre frei gewesen, sich mit Andiël zu vergnügen. Es hätte Eneas nur so verletzt und wütend gemacht, weil jemand anderer etwas mit ihm gehabt hätte, als er. Kosta nickte wieder vorsichtig. Ja, das wusste er schon. Deswegen hatte er sich lange auch nicht mehr getraut, jemanden attraktiv zu finden, hatte sogar nie wieder Sex haben wollen, um der Versuchung nicht zu erliegen. Aber dann hatte Eneas ihn zu Kyris geschoben und gegen Roan hatte er auch nichts gesagt. Dabei hätte Kosta sich auf niemanden eingelassen, wenn er gewusst hätte, dass Eneas sich doch noch irgendwann dazu durchringen würde, ihn für sich zu beanspruchen. Er hätte gewartet und sich aufgespart.
Deswegen waren es auch keine schönen Erinnerungen für Kosta, die zurück gekommen waren. Auch wenn Eneas sich entschuldigte, dass er ihm in seiner Eifersucht das alles an den Kopf geworfen hatte und ihm sachte die Handrücken küsste. Überfordert liess Kosta es geschehen, schüttelte zum Schluss jedoch wieder sachte seinen Kopf. Nein, er war gar nicht froh und die Erinnerungen waren nicht schön. Im Gegenteil, sie zeigten ihm nur deutlich auf, was Eneas ihm alles geraubt hatte. Es tat weh. Denn die Erlebnisse mit Andiël waren so voller Unschuld und Neugierde gewesen. Auch wenn er dabei ab und an auf die Nase gefallen war.
"U... und jetzt?" fragte er rau und in sich gekehrt nach. Was wollte Eneas jetzt von ihm. Wer durfte ihn wie berühren. Tileo und die Kinder war anscheinend in Ordnung. Bei den Dorfbewohnern war er sich gar nicht so sicher. Vielleicht hatte Eneas es nur zugelassen, weil es anders nicht gegangen war. Und was war mit Fabien? Er war doch hier, oder? Noch jemand, um den er sich kümmern sollte und den er mehrfach im Stich gelassen hatte. Bei Zucker hatte Eneas es jedenfalls definitiv nicht gewollt, dass er ihn zum Abschied noch einmal umarmte.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Do 6. Okt 2022, 20:01

Kosta schüttelte sachte den Kopf bei der Frage, ob die Erinnerungen zurückgekommen wären, als Sorra ihn untersucht hatte. Eneas hätte gerne gewusst, wie und wann sich Kosta denn erinnert hätte. Was hatte ausgelöst?
Aber erst einmal schien es ihm wichtiger, dass er ergründete wieso Kosta dies als allererstes erwähnte, sobald er es geschafft hatte etwas zu sagen. Es musste ihm auf der Seele brennen. Eneas hatte auch viel über den Streit nachgedacht, denn es schien ihm so, dass ihn dort zum ersten Mal seine Gefühle für seinen Freund überwältigt hatten. Und er hatte eindeutig nicht gewusst was er mit diesen Gefühlen anstellen sollte.
Eifrig, vielleicht etwas zu übereifrig, versuchte Eneas zu erklären wie er den Streit nun sah und wieso er so gehandelt hatte. Dass Kosta eigentlich unverschuldet Opfer von Eneas' Wut über sich selbst und seiner Eifersucht geworden war. Kosta war nicht an ihn gebunden gewesen, er hatte es nicht verdient gehabt, dass jemand seine ersten sinnlichen Erlebnisse mit Wut beschmutzte. Trotzdem war es so passiert.
Eneas hatte einst gehofft, sie hätten den Streit überwunden und hinter sich gelassen, doch nun wo er seine Absichten eindeutig gemacht hatte und Kostas Gefährte werden wollte, mussten sie vielleicht noch einmal darüber reden, damit sie sich besser verstehen konnten. Er versuchte, seinem Freund das alles zu erzählen und begreiflich zu machen.
Kosta sagte nichts, aber er schüttelte den Kopf, als Eneas sagte, dass er sich freute, dass Kosta seine Erinnerungen wiederhatte.
"Du willst die Erinnerungen immer noch nicht haben?", fragte Eneas verwundert. Er verstand das nicht. Er dachte, Kosta hätte seinen Frieden damit geschlossen. "Ich dachte... es wäre etwas schönes. Ich hab sie dir nicht wegnehmen oder verderben wollen", fügte er leise hinzu. Das konnte Eneas nicht wieder ungeschehen machen. Nach all den Jahren schien sie das immer noch zu verfolgen.

Er war überrascht, als er Kostas Stimme noch einmal hörte. Rau fragte er, was jetzt wäre. Verwirrt blickte Eneas ihn an.
"Ich weiß nicht, was du genau meinst", sagte er. "Wie es nun weitergeht?", versuchte er zu erraten. Mit ihnen? Allgemein? Das wusste Eneas auch nicht genau. Sie würden einen Tag nach dem anderen angehen und er würde versuchen, Kosta dabei so gut wie möglich zu helfen. Und hoffentlich würden sie irgendwann auch über sie beide reden und Kosta ihn nochmal anhören, aber Eneas verstand, dass der Krieger momentan mit anderem zu kämpfen hatte. Es fühlte sich nicht so an, als wäre Kosta auch nur annähernd für eine Beziehung bereit. Das war okay. Eneas würde nicht drängen. Dafür hatte er viel zu viel Angst, dass er seinen Geliebten damit vertrieb und verschloss.
Kosta wirkte zögerlich. Hatte er etwas anderes gemeint? Deutete er gerade auf ihn?
"Ich? Du meinst, was mit mir ist? Oder.. wie ich jetzt über den Streit damals fühle? Ich meine, über meine Wut und Eifersucht?", riet Eneas weiter und tastete sich langsam vor. Er versuchte sich, in seinen Freund hinein zu versetzen. Damit schien er etwas näher dran zu sein. Es war aber eine etwas schwerere Frage.
"Ich war immer auf deine Liebhaber eifersüchtig", gab Eneas zu, "Obwohl ich kein Recht dazu hatte. Vielleicht war ich gerade deshalb so eifersüchtig. Weil ich nichts dagegen ausrichten konnte. Zuerst weil ich mit Timaris zusammen war und später... vielleicht weil ich es mir selbst versagt habe. Weil ich ein Feigling war. Ich weiß es nicht... Es ist schwer", sagte er. Er war wohl noch nicht mit Nachdenken fertig.
Eneas lächelte verkniffen. "Es tut mir leid, wenn ich dir weh getan und dich verwirrt habe und dir widersprüchliche Signale gegeben habe, während ich versucht habe herauszufinden wer ich bin und wie ich meinen Gefühlen Herr werde." Er realisierte wieviel er schon geredet hatte ohne dass Kosta ein Wort hatte sagen können.
"Und jetzt quassel ich dich auch noch voll", erkannte er, "Ich weiß nicht genau was in dir vorgeht und was dich beschäftigt. Halt mir den Mund zu, wenn ich Blödsinn rede." Eneas grinste leicht und vertraut.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Do 6. Okt 2022, 20:02

Kosta schüttelte den Kopf. Nein, er wollte die Erinnerungen noch immer nicht haben. Er wünschte sich, dass es nie passiert wäre. Inzwischen wünschte er sich sogar, dass er nie irgendwelche Gefährten oder Liebhaber gehabt hätte. Sie waren nicht nötig gewesen. Eneas alleine war ihm vollkommen genug. Selbst wenn er Eneas teilen musste. Warum hatte er dann je andere Gefährten gehabt, fragte er sich. Weil er gedacht hatte, Eneas wünschte sich das so für ihn. Zu Anfang zumindest. Später hatte Kosta schon begriffen, dass Eneas nicht glücklich mit seinen Gefährten und Liebhabern gewesen war. Deswegen hatte er zusehends heimlicher und versteckter Affairen gehabt. Weil er ja unbedingt hatte Sex haben müssen. Warum hatte er nicht einfach darauf verzichtet?

Mühsam versuchte er Eneas zu fragen, wie es denn jetzt war. Wieviel Berührung er zulassen sollte. Was Eneas von ihm erhoffte und erwartete. Leider verstand der ältere Krieger ihn gar nicht. Er wisse nicht, was Kosta meine. Ob er fragte, wie es nun weiter ginge. Kosta nickte zögerlich. Ja, das vielleicht auch. Was wollte Eneas nun. Wieviel Nähe von anderen zu Kosta konnte er akzeptieren?
Eneas gestand ihm, dass er immer auf Kostas Liebhaber eifersüchtig gewesen sei. Kosta nickte vorsichtig. Ja, das hatte er auch etwas mitbekommen. Allerdings verstand er nicht so ganz, warum Eneas kein Recht dazu gehabt hatte, eifersüchtig zu sein. Eneas glaubte, dass er deswegen wohl besonders eifersüchtig gewesen sei. Zuerst weil er mit Timaris zusammen gewesen war und dann weil er es sich selbst versagt hatte. Weil er ein Feigling gewesen sei. Da schüttelte Kosta heftig seinen Kopf. Eneas war ganz bestimmt kein Feigling. Er war tapfer, mutig und stark. Manchmal etwas verwirrt und verrückt, ja, aber sicher kein Feigling.

Er erklärte weiter, dass es ihm leid täte, wenn er ihm weh getan hätte. Kosta schüttelte erneut seinen Kopf. Nein, das hatte er doch nicht. Er war zwar jetzt eindeutig verwirrt und es tat schon weh. Aber vorher war alles in Ordnung gewesen. Kosta hatte es genossen, einfach bei Eneas sein zu dürfen. Schwierig war es erst jetzt geworden. Aber sicher nicht deswegen, weil Eneas ihn angeblich vollquasselte, weil er nicht wisse, was genau in ihm vorginge und was ihn beschäftigte. Das wusste Kosta auch nicht so recht. Leicht zuckte er mit den Schultern. Es war auch für ihn sehr verwirrend. Eneas sprach auch keinen Blödsinn. Kosta erwiderte das leichte Grinsen mit einem scheuen Lächeln und schüttelte sacht seinen Kopf.
"Wa... warum hattest du kein Recht dazu?" fragte er leise und pickte sich etwas aus dem heraus, was Eneas nun vieles erzählt hatte. "Hast du das Recht jetzt?" Das war das, was ihm am meisten aufgefallen war in den vielen Sachen, die Eneas gesagt und er nicht verstanden hatte. Vielleicht half es, wenn er diese Frage beantwortete. Die vorherige hatte er ja nicht wirklich beantwortet. Oder Kosta hatte die Antwort nicht gehört oder verstanden. Er wusste noch immer nicht, wie Eneas jetzt zu ihm stand und was er sich von ihm wünschte.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Do 6. Okt 2022, 20:06

Als Eneas sagte, dass er bezüglich Kosta ein Feigling gewesen war, schüttelte dieser betont deutlich seinen Kopf. Sah er das nicht so? Aber Kosta hatte ihm auch vorgeworfen, dass seine Liebe nicht stark genug sei. Er hatte sie nichtmal selbst erkannt und zugelassen. War das nicht feige gewesen?
Immer wieder schüttelte Kosta den Kopf, als Eneas weitersprach. Besonders, als Eneas sich entschuldigte, falls er Kosta weh getan hatte. Das empfand sein Freund wohl auch anders. Darüber hatten sie auch gestritten. Eneas hatte sich irgendwie verletzt gefühlt, weil Kostas Beteuerungen, dass ihn seine Rolle als heimlicher Liebhaber nie weh getan hätte, ihm als Gleichgültigkeit vorgekommen war. So, als wäre Kostas Liebe auch nicht stark genug, um mehr zu wollen... Es hatte so geklungen, als hätte es ihm gereicht und das hatte sofort Eneas' Angst verstärkt, dass sein Freund überhaupt keine richtige Beziehung wollte.
Zudem konnte Eneas einfach nicht glauben, dass er Kosta nie verletzt und belastet hatte. "Ich habe dich nie verletzt?", fragte er skeptisch, ob der andere Krieger dies mit seinem Kopfschütteln gemeint hatte. "Nichtmal, nachdem Timaris mich verlassen hat? Ich hab dich in das Kapitänsquartier eingeladen, wir hatten.... es lief so gut, aber ich hab dich sofort wieder rausgeworfen, sobald ich Carmen kennengelernt hatte." Seine erste Gefährtin nach Timaris. Es war eine Katastrophe gewesen. "Ich hab mich wie ein Arschloch aufgeführt. Ich hatte solche Angst nochmal so verletzt zu werden.. wie bei Timaris." Und deswegen hatte er niemanden wieder so nahe an sich herangelassen. Und Kosta hatte es abbekommen. Eneas hatte ihn einfach benutzt und dann liegengelassen beim Anblick einer schönen, rassigen Frau. Es war schäbig und kalt gewesen.
"Ich hatte kein Recht dazu, dich so zu behandeln. Oder eifersüchtig zu sein, wenn du mit jemanden zusammen warst...", seufzte Eneas. Er strich sich durch die Haare. Was machte er da? Sie konnten das doch nicht ausgerechnet jetzt besprechen. Er befürchtete, er würde Kosta prompt wieder zum Verstummen bringen oder in einen neuen Panikanfall. Natürlich wollte Eneas mit Kosta über sie beide reden, aber es war ein sehr schweres, kompliziertes Thema.

Kosta hielt ihm aber nicht den Mund zu und am Ende schaffte er es sogar, ihn etwas zu fragen. Wieso Eneas denn kein Recht dazu gehabt hätte.
"Wir waren keine Gefährten. Die ersten Male, wo ich eifersüchtig war... da war ich noch mit Timaris zusammen", versuchte er die Frage zu beantworten. "Weißt du noch Andiëls Einweihungsfeier? Sie hat mir eindeutig klar gemacht, dass sie mich nicht mehr teilen mag. Ich war ihr Gefährte und nicht deiner. Ich könnte doch nicht deine Treue verlangen, hat sie mich gefragt." Eneas war diese einschneidende Änderung in seinem Leben noch sehr präsent.
"Natürlich habe ich das alles abgestritten. Ich wollte Timaris' Gefährte sein. Ich liebte sie, ich hatte so hart darum gekämpft mit ihr zusammen sein zu können." Kosta wusste am besten, was Eneas dafür alles geopfert und durchgemacht hatte. Es war damals für Eneas nicht in Frage gekommen, etwas aufzugeben wofür er so dermaßen hart gekämpft hatte. Es hatte seine Gefühle für Timaris nur bestärkt. Und das mit Kosta... das hatte nicht sein dürfen.
"Sie wollte, dass meine Aufmerksamkeit nur noch ihr galt." Er erwähnte nicht, dass er sie sogar gebeten hatte Kosta für sein Studium woanders hinzuschicken. Noch etwas egoistisches. Zum Glück hatte Timaris sich durchgesetzt. Er sagte auch nicht wie dreckig es ihm danach gegangen war. Timaris hatte ihn beschworen so zu tun als sei alles in Ordnung. Er dürfte Kosta nicht noch einmal nach Aleia drängen. Er sollte eigene Erfahrungen und Entdeckungen machen. In aller Unschuld und Neugier. Eneas hatte dies auch gewollt, doch es hatte seinen Liebeskummer nicht gemildert. Er war verletzt gewesen, wütend und traurig. Timaris hatte gemeint, er bräuchte einen Entzug von Kosta. Kosta wäre nur eine andere Form von Laudanum gewesen. Eneas hatte ihr zugestimmt und sich einreden lassen, dass er bloß abhängig von Kosta war. Obwohl es eigentlich Liebe gewesen war..
Also waren Timaris und er weggefahren. Für einen weiteren Entzug. Dieses Mal von Kosta. Eneas hatte danach all seine Gefühle für Kosta weiter verdrängt und nach unten geschoben und sicher wieder und wieder eingeredet, dass sein Freund sich entfalten sollte und Eneas ihn nicht mit seinen Gefühlen belasten durfte. Er hatte den ganzen Liebeskummer weggesperrt und weggetrunken. Er hatte so viel von sich geopfert, um mit Timaris zusammen sein zu können. Er hatte das nicht aufgeben können.
"Und vielleicht..." Eneas stockte, "Vielleicht hat es deshalb Timaris gebraucht, dass ich meine Gefühle für dich.. wiederentdecke", erkannte er noch im Sprechen, "Ihre Erlaubnis. Weil es mit ihr begonnen hat, dass ich diese Gefühle verleugnet und verdrängt habe." Es war zu einer Routine geworden. Wann immer er Kosta mit einem anderen Mann gesehen hatte, hatte Eneas den Stachel der Eifersucht verspürt, aber es war so drin in ihm gewesen, sich deswegen sofort selbst runterzumachen. Dass er schäbig und egoistisch war. Dass er Kosta dies nicht zunichte machen sollte. Er sollte doch auch glücklich sein. Er sollte sich frei entfalten.
Eneas schwieg, leicht überwältigt von dieser Erkenntnis. Er hatte dies noch nicht so deutlich und in diesem Licht gesehen.
Zuletzt geändert von Eneas am Do 6. Okt 2022, 20:17, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Do 6. Okt 2022, 20:07

Erneut schüttelte Kosta seinen Kopf. Nein, Eneas hatte ihn nicht verletzt. Auch nicht, nachdem Eneas ihn nach seiner Trennung von Timaris in die Kapitänskajüte eingeladen und ihn dann rausgeworfen hatte, sobald er Carmen kennen gelernt hatte. Kosta hatte Eneas gerne getröstet und er hatte sich sehr für ihn gefreut, dass er wieder so stark geworden war, um sich verlieben zu können. Er hatte immer gewusst, dass er für Eneas nie etwas anderes sein würde, als ein sehr guter Freund. Das hatte ihn nie gestört. Er war schon froh und dankbar gewesen, dass er überhaupt so viel hatte werden können und es war ihm einfach nur wichtig gewesen, dass Eneas glücklich war. Das war es ihm noch immer.
Nur schien es so, dass Eneas ihm das nicht glauben konnte. Kein Wunder, nachdem Kosta ihn so verletzt und ins gefährliche Dhemlan gelockt hatte. Aber das würde er nie wieder tun. Er würde bei ihm bleiben. Da wo es sicher war für Eneas. Es kam nie gut, wenn er sich von Eneas trennte. Das war schon damals gewesen, als Carmen mit Eneas mitgesegelt und Kosta auf Chaillot zurück geblieben war. Nicht weil er sich von Eneas verletzt oder verraten gefühlt hatte. Er hatte nur zum ersten Mal seit langer Zeit die Gelegenheit gehabt, über seine eigenen Gefühle nachzudenken. Darüber wie er es empfand, nicht mehr bei Timaris sein zu können. Er hatte sie so urplötzlich schwer vermisst und war überfordert mit diesem Verlust gewesen. Mit dem Verlust und seiner Entscheidung mit Eneas zu segeln, der ihn dann nicht mehr gebraucht hatte. Er war sich wie ein schäbiger Verräter vorgekommen.

Weil er nicht verstand, dass Eneas kein Recht dazu gehabt hätte, eifersüchtig und besitzergreifend zu sein, fragte er vorsichtig nach, warum das so sei. Eneas erklärte ihm, dass sie keine Gefährten gewesen seien. Kosta verstand noch immer nicht. Eneas hätte es trotzdem sein dürfen und er hätte auch seine Treue verlangen dürfen, obwohl Timaris ihn nicht mehr hatte teilen wollen. Er nickte dazu, um Eneas zu zeigen, dass er ihm treu geblieben wäre, wenn er es gewünscht hätte, stockte dann aber. Wenn Timaris ihm anderes befohlen hätte, hätte er sich damals wohl noch gefügt. Sie hatte ja auch gewollt, dass er Spass hatte und sich jemanden fürs Bett suchte. Suchen hatte Kosta nicht wirklich müssen. Ehe er sich versehen hatte, war er erst von einem hübschen Prinzen leidenschaftlich genommen worden, nur um kurz darauf von einem riesigen Krieger hart durchgevögelt zu werden. Kosta war danach völlig durch den Wind gewesen und hätte sich ohne Nakarios liebevoller Hilfe nicht so schnell wieder fangen können.

Eneas erzählte ihm, was damals in ihm vorgegangen war. Dass er unbedingt mit Timaris hatte zusammen bleiben wollten, da er sie liebte und so hart darum gekämpft hatte, mit ihr zusammen sein zu können. Kosta nickte verstehend und drückte Eneas liebevoll die Hand. Eneas hatte so furchtbar schlimm leiden müssen damals. Kosta machte sich manchmal noch immer Vorwürfe, dass er geschwiegen und nicht gleich zu Timaris gegangen war. Auch jetzt spürte er diese Schuld wieder schwer auf seinem Herzen.
Er wäre ihm auch sehr gerne treu geblieben, wenn er auch nur geahnt hätte, was Eneas sich wünschte. Doch Timaris und er hatten alles gut vor ihm verborgen, damit er naiv und unschuldig seine Entdeckungen hatte machen können. Meistens sehr heisse und schöne Entdeckungen. Trotzdem wünschte Kosta sich gerade sehr, er hätte es niemals getan. Er wäre noch rein und unschuldig für Eneas. So wie sein Körper es war, kam es Kosta siedend heiss in den Sinn. Keine Narbe, kein Piercing und keine Tätowierung verunstaltete seinen Körper. Seine Haut war glatt, hell und weich. Kosta wusste nicht wie das geschehen war. Er war nach dem Traum mit Andiël einfach so aufgewacht, konnte er die Ereignisse allmählich in der richtigen Reihenfolge zusammen setzen. Bisher war ihm das nicht so wichtig gewesen. Er hatte nur seinen Körper vor Eneas verstecken wollen. Einfach weil es ihm nicht richtig vorkam, dass er, mit all der Schuld, die er auf sich geladen hatte, wieder so unberührt aussah, wie damals als er nach Mineva gekommen war.

Stockend überlegte Eneas, dass es vielleicht auch deshalb Timaris gebraucht hatte, damit er erkannte, dass er Kosta liebte. Es hätte wie ihre Erlaubnis gebraucht, die Blockade abzubrechen, die sie Eneas geholfen hatte zu errichten.
Kosta nickte zögerlich. Ja, das konnte er nachvollziehen. Es erklärte zumindest, warum Eneas so plötzlich so überzeugt gewesen war, dass er Kosta liebte und mit ihm zusammen sein wollte. Doch reichte das auch aus? Kosta verstand, dass Eneas eine Hürde zu überwinden gehabt hatte, aber hätte er die nicht von alleine überwinden sollen? Konnte Kosta das von ihm überhaupt verlangen? Und liebte Eneas denn ihn oder den Jungen von damals? Bisher hatte es sich ganz nach zweiterem angehört. Kosta wusste nicht, wie er der Junge von damals wieder sein sollte. Er hatte zu viel erfahren und zu viel Schuld aufgeladen. Ausserdem wollte Eneas doch auch, dass er für seine eigenen Wünsche einstand. Wünsche, die Kosta erst noch erforschen musste. Doch er begann zu spüren, das er sich eine allesverzehrende Beziehung zu Eneas wünschte. Eine, wo er ihm alles gab, jedoch auch alles forderte. Nur zweifelte Kosta stark daran, dass Eneas bereit dazu war. Dazu liebte er die Freiheit viel zu sehr.
So sassen die Beiden Krieger sich an den Händen haltend überwältigt auf dem Bett. Eneas überrumpelt von seiner Erkenntnis und Kosta ins nichts starrend, weil er erst einmal über alles nachdenken musste, was Eneas ihm gesagt hatte.
Zuletzt geändert von Kosta am Fr 7. Okt 2022, 06:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Do 6. Okt 2022, 20:15

Kosta sagte nichts mehr auf Eneas langer Erklärungsfindung, nach der er selbst überwältigt war. Schweigend saßen sie auf dem Bett, sich sachte an den Händen fassend. Für den Moment schien sein Freund nicht mehr die Stärke zu haben, zu sprechen. Oder er wusste nicht, was er sagen sollte.
Da gab es noch eine Frage, die Kosta ihm vorhin gestellt hatte. Ob Eneas jetzt das Recht hätte. War das ein Zeichen, dass Kosta dies so wollte? Eneas war unsicher.
"Es tut mir leid, dass ich mich nicht ohne Timaris meinen Gefühlen hab stellen können..", sagte er zunächst leise. "Ich weiß, du hast dir lieber gewünscht, dass ich es selbst erkenne... das wäre sicherlich romantischer gewesen." Eneas lächelte verkniffen. Nein, es war alles andere als romantisch gewesen. Daran änderte ein Blumenstrauß mit Rosen auch nichts. Der Pirat nahm sich vor, dies wieder gutzumachen. Sobald es Kosta wieder besser ging und er bereit schien, würde Eneas etwas romantisches für ihn tun. Ganz viel. In der Hoffnung, es würde seinem Geliebten überzeugen, dass Eneas' Liebe stark genug für sie war.
"Aber es gibt noch ganz viel, dass wir alleine rausfinden können..." Dessen war er überzeugt. "Nur wir beide." Er lächelte Kosta hoffnungsvoll an. Sein Freund sagte immer noch nichts, aber er hörte aufmerksam zu und hoffentlich würde ihn etwas davon überzeugen, es gemeinsam zu versuchen.
"Du hast mich gefragt, ob ich jetzt das Recht habe, eifersüchtig zu sein und deine Treue und Hingabe zu wollen..." Er schüttelte sachte den Kopf. "Nein, das hab ich immer noch nicht... wir sind kein Paar." Eneas schwieg kurz. "Aber ich würde das Recht gerne haben...", gestand er leise. "Wenn du es mir irgendwann geben magst." Er konnte sich kein schöneres Geschenk vorstellen.
"Ich weiß, das kann dir im Moment noch viel zu viel und drängend vorkommen... wo du doch mit ganz anderem zu kämpfen hast. Deinen Erlebnissen in Raej und Dhemlan... ich will keinen Druck aufbauen. Ich fürchte, ich tue es gerade schon wieder und-"
Ein plötzliches Klopfen riss ihn aus seinen intimen Worten. Eneas blickte zur Türe.
Man hörte Carlitas Stimme. "Wir kochen jetzt das Abendessen", sagte sie, "Habt ihr besondere Wünsche? Frikadellen, Gurkensalat und-", begann sie aufzuzählen.
"Ja, klingt gut!", rief Eneas. "Wir kommen gleich. Danke, Carlita!"
Die Haushälterin entfernte sich wieder geschäftig.

Er sah Kosta entschuldigend an. "Ich würde so gerne mit dir weiter über alles reden", sagte er, legte den Kopf leicht schief und grübelnd, "Aber ich glaube, das war so viel... vielleicht sollten wir erstmal verschnaufen und darüber nachdenken." Er fürchtete, er hatte Kosta viel zu sehr überfordert. Der Krieger ließ auch kaum erkennen wie er über all das dachte. Den Großteil hatte er geschwiegen, während Eneas ihm sein Herz ausgeschüttet hatte. Ein weiteres Mal.
Eneas wusste bloß, dass dieses Thema Kosta so wichtig war, dass es das erste nach Tagen des Schweigens war, was er erwähnt hatte. Eneas hatte warten wollen bis es seinem Freund besser ging bevor sie ihre Beziehung besprachen, aber das schien alles miteinander zusammenzuhängen und Kosta zu belasten.
Hoffentlich hatte Eneas nichts verdorben indem er so viel geredet hatte.
"Was meinst du? Fühlst du dich stark genug mit nach draußen zu gehen?", fragte er und lächelte Kosta aufmunternd an. "Du musst nicht mit den anderen reden, wenn du nicht willst. Aber du könntest dabei sitzen und zuhören? Tileo würde sich bestimmt freuen. Doch wenn es zu viel ist, dann bringe ich dir dein Essen auch hier nach oben. Die anderen würden schon verstehen."
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Do 6. Okt 2022, 20:23

Schweigend sassen sie beieinander und wussten wohl beide nicht mehr weiter. Bis Eneas sich schliesslich leise entschuldigte, dass es ihm leid täte, dass er sich nicht ohne Timaris seinen Gefühlen hatte stellen können. Es wäre sicherlich romantischer gewesen, wenn er das getan hätte, so wie Kosta sich das gewünscht hatte. Ja, das wäre romantischer gewesen. Allerdings war es zwischen ihnen noch nie romantisch gewesen. Leidenschaftlich, heiss und nicht selten aus tiefem Leid geboren. Kosta erhoffte sich jedoch keine Romantik von Eneas. Er war keines seiner Mädchen, denen er Rosen schenkte. Oder etwa doch? Nein, er wünschte sich Begehren von Eneas. Das dieser ihn sich nahm und nie wieder losliess. Aber er glaubte nicht, dass Eneas das konnte, oder auch nur wollte.

Wohl um es wieder gut zu machen, dass er es nicht von alleine erkannt hatte, wollte er ganz vieles alleine mit ihm herausfinden. Nur sie zwei. Dabei lächelte er Kosta hoffnungsvoll an. Der Krieger konnte das jedoch nicht erwidern, senkte ungewollt abweisend seinen Blick. Die Abweisung galt eher sich selber. Weil er doch schon so verbraucht und benutzt war. Was gab es da denn noch heraus zu finden? Höchstens wieviel Schmutz an ihm anhaftete. Kosta ekelte sich vor sich selber und Eneas wollte er das nicht aufbürden.
Sein Freund beantwortete ihm trotzdem seine zuvor gestellte Frage. Ob Eneas jetzt das Recht hätte, eifersüchtig zu sein und seine Treue und Hingabe einzufordern. Er schüttelte den Kopf und meinte, dass er es immer noch nicht hätte, da sie sie kein Paar wären. Leise und stockend gestand er ihm, dass er das Recht jedoch gerne haben würde, wenn Kosta es ihm irgendwann geben mochte. Der Krieger schaute dabei nicht auf, verkrampfte jedoch höchstens seine Hände. Eneas war so dumm. Er irrte sich so sehr. Damals und heute. Er hatte das Recht immer gehabt. Allein weil er ihn gerne hatte, hatte er doch das Recht dazu. Und selbst wenn er laut seinen Moralvorstellungen dachte, dass Kosta es ihm erst noch geben müsste, das hatte der Krieger doch schon längst getan. Damals, als er sich für Eneas entschieden hatte zu schweigen. Und er hatte es ihm jeden Tag wieder aufs neue geschenkt, in dem er bei ihm geblieben war, anstatt der Königin zu dienen, zu der sein Blut sang. Selbst nach ihrem Streit hatte er Eneas das Recht wieder gegeben, als er ihn zur Seite gestossen hatte, damit sein Bauch von dem Messer getroffen wurde und nicht Eneas Rücken. Wohl wissend, dass er damit wohl Timaris Todesurteil unterzeichnet hatte. Warum konnte Eneas das einfach nicht begreifen? Kosta musste einen Weg finden, ihm das zu erklären. Oder besser zu zeigen, damit er wenigstens das von selbst erkannte. Wie konnte Kosta sonst glauben, dass es wirklich echt war und nicht etwas, was jemand Eneas vorgesagt hatte.

Eneas befürchtete jetzt jedoch nur, dass Kosta das zu viel und zu drängend vorkam, wo er doch mit anderem zu kämpfen hatte. Er verstand weiterhin wieder einmal gar nichts. Alles womit er zu kämpfen hatte, seit er bei Eneas war, war der Gedanke, wie er ihm je gerecht werden konnte. Wie er ihm seinen Wunsch erfüllen und ihn glücklich machen konnte. Alles andere war nicht wichtig und kam höchstens in seinen Träumen zur Oberfläche. aber eigentlich auch nur, weil er befürchtete Eneas nicht gerecht zu werden. Eneas durfte mehr Druck aufbauen. Er durfte ihn für sich beanspruchen und eifersüchtig sein. Kosta gehörte ihm ganz alleine. Nie wieder würde er sich von jemand anderem mehr anfassen lassen. Oder eben doch, wenn Eneas es wollte. Es war nur so schwierig herauszufinden, was Eneas wollte und was ihm wichtiger war. Kostas Individualität oder seine Freiheit. Bei jedem anderen mochte das vielleicht das selbe sein. Jedoch nicht bei Kosta.

Fahrig dachte er darüber nach, wie er Eneas etwas davon begreiflich machen konnte, als es unvermutet leise an der Tür klopfte. Kosta zuckte erschrocken zusammen, blickte ängstlich zur Tür und fürchtete schon ein neues, enttäuschtes Gesicht. Es war jedoch einfach Carlita, die wissen wollte, ob sie zum Abendessen etwas spezielles haben wollte. Die Haushälterin war so ein Schatz. Kosta hatte sie noch gar nicht begrüsst. Eneas rettete ihn und bedankte sich für sie Beide, versicherte, dass sie gleich kommen würden. Kosta spannte sich an. Er musste sich endlich zusammen reissen.
Eneas wollte weiter mit ihm reden, entschied jedoch, dass sie erst einmal verschnaufen und darüber nachdenken sollten. Wieder so eine Widersprüchlichkeit. Warum tat Eneas nicht einfach, was er wollte? Kosta verstand es nicht, fügte sich jedoch ergeben. Denn Eneas hatte schon recht. Es gab wahnsinnig viel, worüber er nachdenken sollte. Wenigstens hatte er es geschafft, wenigstens ein bisschen zu reden. Hoffentlich verlor er das nicht wieder. Auch wenn Eneas ihn nicht immer verstand, wenn er ihm etwas wichtiges sagte, so half es doch immerhin, seinen Freund zu trösten, wenn er unsicher war.
Unwohl schüttelte er seinen Kopf, als Eneas ihn fragte, ob er sich stark genug fühlte, um nach draussen zu gehen. Nein, das fühlte er sich definitiv nicht. Aber er würde trotzdem gehen, weil er Eneas damit eine Freude machen konnte. Und auch Tileo wollte er nciht enttäuschen. Deswegen schüttelte er noch einmal den Kopf, als Eneas ihm anbot, ihm das essen hochzubringen und erhob sich vom Bett. Abwartend blickte er Eneas an, ob sie nun nach unten gehen wollten oder ob sie sich nun doch noch vorher frisch machen wollten. Aber Kosta würde nur alleine ins Bad gehen. Er wollte Eneas noch nicht seinen Körper zeigen. Es sei denn natürlich, Eneas bestünde darauf.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Do 6. Okt 2022, 20:23

Sein Freund schüttelte den Kopf, als Eneas ihn fragte, ob er sich stark genug fühlte, zu den anderen zu gehen. Aber er schüttelte auch den Kopf, als es darum ging, Essen auf sein Zimmer gebracht zu bekommen. Also wollte er doch nach unten gehen, selbst wenn er sich eigentlich nicht traute? Es war schwierig zu erraten, was in Kosta vorging.
"Also gehen wir nach unten, ja?", vergewisserte er sich. "Ich geh nur schnell in mein Zimmer und zieh mich um. Vielleicht willst du dich ja auch umziehen und frisch machen." Sein eigenes Zimmer war auf dem gleichen Stock und nur ein paar Schritte von Kostas entfernt. "ICh komm gleich wieder und hol dich hier ab, okay? Zehn Minuten."
Eneas drückte seinen Freund nochmal ehe er das Zimmer verließ. Langsam und noch mehrmals abwartend zurückschauend, ob Kosta noch etwas brauchte. Dem schien nicht so und deshalb beeilte sich Eneas sofort in sein Zimmer zu gehen, um sich so schnell wie möglich etwas zu waschen und etwas neues anzuziehen. Das tat gut und er hatte auch allmählich Hunger. Er freute sich darauf, mit den anderen zusammenzusitzen und sich zu entspannen.
Wie versprochen holte er Kosta schnell wieder ab. Der Krieger hatte sich ebenfalls umgezogen. Eneas fasste ihn an der Hand und ging mit ihm nach unten. Im Innenhof wurde bereits aufgedeckt. Estella kam mit einer großen Salatschüssel aus der Küche und Arion und Tileo rührten eine Limonade in einem großen Gefäß an.
Als der Junge sie sah, strahlte er und kam gleich zu ihnen, um aufgeregt zu erzählen was es alles zu essen gab. Einige von der Mannschaft blickten zu ihnen, noch etwas zögerlich, denn schließlich hatte Kosta sich sehr lange von ihnen zurückgezogen. Eneas verstand immer noch nicht genau warum. Er hatte sich mit Kosta eher an den Rand auf eine der Bänke gesetzt.
Ulysses und Rachel kamen zu ihnen.
"Schön, dass du dich zu uns setzt", sagte Ulysses. Er schien noch mehr fragen zu wollen, sagte dann aber nichts mehr und nickte nur. Später kamen Olintes und Farell und brachten Kosta einen Apfelcider. Und auch Damien. Er schob einen neuen Notizblock aus handgeschöpften Papier in Richtung Kosta.
"Hab ich schon in Draega geholt... Leto meinte, du willst vielleicht was schreiben.. Briefe oder nur so..." Er zuckte mit den Schultern. Eneas fragte sich, ob Leto und er gemeinsam einkaufen gewesen waren. Der Pirat blickte sich um, entdeckte seine ehemalige Freundin aber nicht im Hof.

Stattdessen sah er Maeve und Fabiene. Die schwangere Heilerin hatte einen richtig dicken Bauch bekommen und Fabiene half ihr behutsam sich hinzusetzen und eilte, um ihr ein Glas Limonade zu bringen. Vielleicht hatten die beiden sich etwas angefreundet, wo Maeve auch aus Dhemlan kam. Fabiene wirkte immer noch etwas scheu, aber der schöne Jüngling schien sich seinem neuen Leben gefügt zu haben. Er trug eine weiße Tunika, lose mit einem gestickten Band gebunden. Sein dunkles Haar ging ihm bis in den Nacken.
Als Fabiene sie beide dort sitzen sah, hellte sich sein Gesicht auf. Er tauschte kurz ein paar Worte mit Maeve ehe er näher kam. Zunächst mit schnellen Schritten ehe er zögerte und wieder schüchtern wurde. Fabiene verneigte sich vor ihnen.
"Ihr seid wieder zurück.. Lord Elajah", sprach er Kosta an. Eneas schmunzelte.
"Ich habe dir doch seinen richtigen Namen gesagt", erinnerte er den Jüngling. Fabiene bekam eine zarte Röte und senkte den Kopf.
"Ja.. ja, stimmt", gab er zu. Er zeigte Kosta sein Handgelenk und deutete auf die tätowierte Schleife. "Ich hab sie nicht wegmachen lassen", sagte er fast etwas stolz. "Ich fand sie so niedlich." Er lächelte sanft.
"Oh, ihr habt gar keine Untersetzer für euer Bier und euren Cider. Ich hole welche." Hastig eilte er los, um besagte Untersetzer zu organisieren. Eneas runzelte kurz die Stirn. Seit wann hatten sie hier Untersetzer?
Eneas neigte sich hinüber zu Kosta, um ihm zuzuflüstern. "Ich hab ihn so gelassen wie er ist. So wie du es mir geschrieben hast.." Er nahm einen Schluck von seinem Bier. "Auch wenn ich interessiert bin, was du mit ihm vorhast." Und ob dies immer noch die gleichen Pläne waren.
Fabiene kam zurück und schob eifrig Untersetzer unter ihre Krüge. Dann blickte er sie beide erwartungsvoll und nur etwas nervös an, Hände vor dem Schoß gefaltet.
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Do 6. Okt 2022, 20:27

Kosta nickte erneut, schwach aber entschlossen. Sie würden nach unten gehen, damit Eneas wieder etwas lächeln konnte. Zumindest wirkte er nun auf einmal ganz aufgedreht. Er wollte sich kurz in sein eigenes Zimmer zurück ziehen, um sich frisch zu machen. Dann würde er ihn gleich wieder abholen kommen. In zehn Minuten. Er sprach so eindringlich auf ihn ein, als würde er befürchten, dass Kosta nicht mehr da wäre, wenn er wieder käme. Aber wo sollte er auch ihn. Sachte erwiderte er die Umarmung und blieb etwas überrumpelt zurück, als Eneas aus dem Zimmer eilte.
Dann kam auch in Kosta Bewegung. Schnell huschte er in sein Bad, um eine rasche Dusche zu nehmen und sich gründlich zu waschen. Das hatte er auf dem Schiff nie so richtig gekonnt, weil er sich vor allen versteckt hatte. Auch jetzt kleidete er sich sorgsam an und wählte eine graue, lange Hose und ein Leinenhemd aus dunklem Smaragdgrün. Für einen Rollkragenpullover war es hier definitiv zu warm. Aber wenigstens konnte er das Hemd bis hoch zum Hals zu schliessen und seine langen Ärmel verbargen seine Arme.

Seine Haare waren noch feucht, als Eneas ihn abholen kam. Es war bestimmt keine gute Idee, nach unten zu gehen. Dennoch genoss er es, wie Eneas ihn an der Hand fasste und mit sich aus dem Zimmer zog. Kosta folgte ihm bereitwillig. Als sie die Treppe von der Galerie nach unten zum Innenhof hinunter gingen, wurde er doch etwas nervös. Kosta spürte die Blicke der Anderen, ohne aufschauen zu müssen. Wie als könne er davor entfliehen, senkte er seinen Kopf. Glücklicherweise kam Tileo gleich auf ihn zugehüpft und erzählte aufgedreht, was es zum Abendessen geben würde. Kosta zerwuschelte ihm zur Begrüssung das Haar und lauschte aufmerksam seinen Ausführungen. Er lächelte bei den Sachen, die besonders lecker klangen, um dem Jungen zu zeigen, dass er sich auf das Abendessen freute. Dass er sich auf seine Gesellschaft freute. So zog er den jungen Krieger neben sich auf die Bank. Auf seiner anderen Seite, setzte sich Eneas hin. Schön eher am Rand, so dass Kosta schön geschützt war.

Aber ganz so geschützt wie in Eneas Kajüte war es dann doch nicht. Es dauerte nicht lange, bis Ulysses und Rachel sich zu ihnen setzten. Kosta wurde augenblicklich richtig nervös. Rasch beschäftigte er sich intensiv mit Tileo und tat so, als würden die Beiden gar nicht da sein. Dabei hatte er ein sehr schlechtes Gewissen. Er wollte sie nicht verletzen. Doch es war ihm zuviel, dass sie jetzt alle zu ihm kamen. Es war schon schwer genug gewesen, auf Eneas Fragen zu nicken oder den Kopf zu schütteln und die wenigen Worte, die er an ihn gerichtet hatte, waren beinahe nicht machbar gewesen.
Glücklicherweise gingen die zwei bald wieder. Wehmütig blickte Kosta ihnen hinterher. Bestimmt hatte er sie verletzt. Es tat ihm besonders um Ulysses leid, den er damals in Draega so heftig angefahren hatte. Unwillkürlich musste er an den Kutscher in Raej denken, der durch Prinz Asar getötet worden war. Bevor Kostas Atem jedoch wieder flach werden konnte, kamen Olintes und Farell vorbei und brachten ihm einen Apfelcider. Kosta mochte das Getränk, scheute sich trotzdem zu dem Kontakt zu seinen Freunden. Sie gehörten zu den ältesten und vertrautesten Freunden, die er hatte. Genau wie Ulysses. Schuldbewusst senkte er den Kopf, weil er noch nicht einmal einen einen Blickkontakt zustande brachte, geschweige denn, ein Dankeschön.
Bevor der Moment des Schweigens zu lang werden konnte, kam auch noch Damien und schob ihm ein Notizblock aus handgeschöpften Papier entgegen. Er hätte ihn organisiert, da Leto sich überlegt hatte, dass er vielleicht etwas schreiben wollte. Briefe oder ähnliches. Vorsichtig streckte Kosta seine Hand nach dem Block aus und zog ihn etwas näher. Tileo bestaunte ihn mit bewundernden Lauten, befand schlussendlich jedoch, dass schreiben langweilig wäre. Kosta musste Lächeln und blickte zu dem Krieger hinüber. Der drückte ihn kurz und erklärte, dass er wieder zu Arion gehen würde und dann flitzte er auch schon weg, um zu spielen, anstatt so langweilig stumm auf einer Bank zu sitzen. Kosta starrte wieder auf den Block. Er sollte wohl durch schreiben mit den anderen kommunizieren. Aber er wusste nicht, ob das gehen würde. Schon das in Kontakt treten mit jemand anderem, egal wie, überforderte ihn beinahe. Ausser bei Tileo und den anderen Kindern. Da hatte er sogar das Gefühl gehabt, dass er mit ihnen sprechen könnte, wenn ihm nur ein bisschen Zeit gelassen würde.

Rasche Schritte waren zu hören. Kosta blickte auf und sah, wie Fabiene auf ihn zugeeilt kam. Seine sorgenvolle Miene hellte sich auf. Es war schön zu sehen, dass wenigstens der junge Sklave in Sicherheit war und hatte gerettet werden können. Er war war schöner denn je. Keine Narben, Nähte oder blauen Flecken verunstalteten sein Gesicht, wie es den Jüngling damals in Raej bekümmert hatte. Obwohl er damals so traurig gewesen war, zurück gelassen und einem Piraten überlassen worden zu sein, war er jetzt scheinbar glücklich, ihn zu sehen. Aufgeregt huschte er näher, wurde dann aber langsamer und schüchtener. Anmutig und mit einem Hauch der Verführung verneigte er sich vor ihnen und freute sich, dass er wieder zurück sei.
Eneas korrigierte ihn und erinnerte ihn daran, wie Kosta wirklich hiess. Die Stimme seines Freundes riss Kosta aus der Betrachtung des hübschen Jünglings, der in seiner weissen Tunika einfach nur zum Anbeissen aussah. Einfache Kleidung und doch so verführerisch. Die feinen Haare, die ihm bis zum Nacken gingen, man wollte einfach durch die Seide hindurch streichen. Aber eben, als er Eneas Stimme hörte, wurde er sich rasch bewusst, dass sein Freund ihm noch immer nicht gesagt hatte, wie er sich wünschte, wie Kosta sich den anderen gegenüber verhielt. Besonders Fabiene gegenüber, der in ruhiger Anmut ihm seine Schleife zeigte, die er doch nicht hatte wegmachen lassen. Dabei war er zu Anfang todunglücklich gewesen, dass er die Tätowierung bekommen hatte.
Fabiene liess ihm jedoch nicht viel Zeit auf ihn zu reagieren. Rasch huschte er davon, um Untersetzer zu organisieren, die sie anscheindend für ihre Getränke brauchten. Was für Untersetzer? Egal. Wahrscheinlich war es besser, wenn Fabiene wieder weg war. Eneas würde es sicher nicht mögen, wenn er sich mit dem sanften Krieger abgab. Er wusste ja, dass solche Krieger Kosta gefielen. Dabei war doch nur Eneas wirklich wichtig. Erstaunlicherweise flüsterte Eneas ihm jedoch zu, dass er Fabiene so gelassen hätte, wie er sei. So wie Kosta es ihm geschrieben hätte. Es war ein harscher, gemeiner Brief gewesen. Voller Wut und in Eile geschrieben. Trotzdem hatte Eneas seinem Wunsch entsprochen und war jetzt sogar neugierig, was er mit Fabiene vorhatte.
Vorhatte? Er hatte nichts mit ihm vor. Er hatte ihn nur in Sicherheit bringen wollen und er wollte nicht, dass Fabiene das Gefühl hatte, sein bisheriges Leben sei nichts wert gewesen. Fragend starrte Kosta Eneas an. Meinte er das wirklich ernst? Kosta sollte sich Fabiene widmen? Aber, dann musste er auch mit ihm sprechen und ihn berühren. musste mit ihm alleine sein. Wollte Eneas das wirklich? Unverwandt starrte er Eneas an. Auch dann, als Fabiene zurück kam, ihnen dienstbeflissen Untersetze unter ihre Krüge schob und sich dann ergeben und nervös bescheiden zu ihnen stellte, die Hände anmutig vor dem Schoss gefaltet.
"Du gibst mir also das Geschenk zurück, welches ich dir geliehen habe?" brachte er schliesslich rau heraus, nachdem sich das Starren so lange hinausgezögert hatte, dass nicht nur Fabiene unendlich nervös geworden war, sondern auch Eneas Signatur sich unruhig anfühlte. Kosta blieb jedoch dabei und blickte dem Kapitän unverwand fest in die Augen, selbst nicht so recht wissend, warum.
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Re: Verstummt

Beitragvon Eneas » Do 6. Okt 2022, 20:27

Das Sitzen im Innenhof schien bereits zu viel für Kosta. Vielleicht kamen zu viele von der Mannschaft nacheinander vorbei, um ihren gemeinsamen Freund zu sehen und ihm irgendetwas gutes tun zu wollen. Kosta konnte ihnen kaum in die Augen sehen und reagierte nicht auf ihre lieben Worte. Nur bei Tileo war er etwas offener gewesen, hatte lächeln und nicken können. Vielleicht, weil er sich dort besser zusammenreißen wollte und sein Wunsch Oberhand gewann, den Jungen zu schützen.
Als jedoch Fabiene zu ihnen kam, wurde die Situation noch angespannter und schwieriger. Zwar blickte Kosta offen zu Fabiene, schien ihn zu mustern; womöglich um festzustellen wie es dem ehemaligen Sklaven hier ergangen war. Aber danach wusste Kosta wohl nicht mehr wie er mit Fabiene umgehen sollte. Als der Jüngling kurz die Untersetzter organisierte, die sie anschienend neuerdings benötigten, erklärte Eneas, dass er Fabiene so gelassen hätte wie er war. Sprich, Eneas hatte seinen Kopf nicht mit lauter, fremden Ideen und Idealen gefüllt. Kosta sollte wissen, dass er sich auf ihn verlassen konnte. Selbst wenn sie stritten und der eine auf den anderen wütend war. Vorsichtig fragte Eneas, was Kosta denn mit Fabiene vorhatte. Eneas sah natürlich die Schönheit des jungen Dhemlaners, auch wenn er genau wusste, dass Kosta gewiss jeden gerettet hätte, schöner Jüngling hin oder her. Anderseits war Fabiene genau Kostas Typ mit denen er sich gerne ablenkte und die Zeit vertrieb. Niemand an den Kosta sich längerfristig gebunden hätte. Da machten Eneas Männer wie Zucker schon eher Sorgen.
Kosta blickte ihn an, fragend. Aber Eneas wusste nicht, was Kostas Frage war. Wusste er nicht, was mit Fabiene passieren sollte? Was hatte Kosta im Sinn gehabt? Der junge Mann glaubte weiterhin, früher oder später würde er einen Herrn oder eine Herrin bekommen an den er sich binden konnte. Die letzte geheime Abschlussprüfung. Er wusste nicht, dass er frei war. Oder jedenfalls hatte er es nicht verinnerlicht. Er hatte auf Kosta gewartet, damit dieser ihm Anweisungen gab. Aber würde Kosta das in seiner jetzigen Verfassung überhaupt schaffen? Und würde Eneas gefallen, was sein Freund entschied? Wenn Kosta sich dann doch lieber ablenkte...

Als Fabiene wieder kam, blickte Kosta weiterhin Eneas an ehe er abrupt etwas sagte. Rau und leise, so dass es nur Fabiene und Eneas mitbekamen. Der Jüngling wurde verwirrt und nervös, aber er war damit nicht der einzige. Kostas Blick hatte etwas sehr eindringliches, fast forderndes.
"Geschenk?", fragte Eneas zurück, nachdem er sich etwas gefasst hatte. "Du meinst ein Leihgeschenk?" Er grinste kurz, als er an Zuckers komisches Leihgeschenk denken musste. Das kam dem verdammt ähnlich.
"Ich habe ihn nie als Geschenk verstanden", versicherte Eneas, "Ich wollte mich nur gut um Fabiene hier kümmern so wie du dir es gewünscht hast."
"Das habt ihr, Herr", sagte Fabiene leise nervös. Er stand unsicher vor ihnen wie als erwarte er eine Entscheidung. Eneas überging, dass der Junge ihn reflexartig immer noch mit 'Herr' ansprach.
"Fabiene hat mir verraten, was du ihm eingeschärft hast bevor er Kontakt mit mir hatte", sagte Eneas und hielt Kostas starren Blick. Oh, daran konnte Eneas sich noch sehr gut erinnern, denn die Worte hatten ihn sehr befremdet. Normalerweise forderte Kosta nie so energisch. Manchmal beim Sex, den sie gehabt hatten... aber außerhalb? Nie. Leider konnte man die Befehle an Fabiene sehr zweideutig auffassen.
"Du hast ihm gedroht, dass er mich nicht berühren darf. Nichtmal falsch ansehen dürfte er mich", erinnerte sich Eneas leise. Er war etwas näher zu seinem Freund gerückt.
"Warst.. warst du eifersüchtig?", hauchte Eneas fragend. Empfand Kosta gar auch so? Bei ihrem Streit hatte er beteuert, seine Rolle als heimlicher Liebhaber hätte ihn nicht gestört. Er hatte nie auch nur einen Funken Eifersucht gezeigt. Jedenfalls hatte Eneas es nie mitbekommen. Es war Kosta immer alles recht gewesen, hatte er gesagt. Aber wenn die Worte an Fabiene das waren, was Eneas glaubte - und sich erhoffte - dann stimmte das nicht ganz. Dann konnte auch Kosta eifersüchtig sein. Dann konnte auch er fordern.
"Ich wusste nicht wie ich die Worte deuten sollte..." Ob es nicht nur eine Botschaft an Fabiene, sondern auch an Eneas gewesen war. Eine, die nicht in dem wütenden Brief hatte stecken können. Oder wollte er das bloß verzweifelt glauben?
"Ich will auch nicht, dass du ihn anfasst." Eneas deutete auf Fabiene, ließ aber den Blick nicht von Kosta. "Ich will nicht, dass du etwas mit ihm anfängst und dich mit ihm vergnügst."
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Re: Verstummt

Beitragvon Kosta » Do 6. Okt 2022, 20:28

Eneas wich seiner Frage aus. Er grinste kurz und fragte, ob Kosta ein Leihgeschenk meinte. Damit spielte er wohl auf Zucker an. Diesmal lächelte Kosta jedoch nicht. Da war er zu verwirrt gewesen, um zu fragen, ob er Zucker zum Abschied umarmen durfte. Er hatte Angst gehabt, Eneas alleine durch die Frage zu verletzen. Diese Angst hatte er auch jetzt. Aber Fabiene war nicht so stark wie Zucker. Wenn Kosta nicht eine klare Linie zog, egal in welche Richtung, würde es den armen Jungen hoffnungslos verwirren. Deswegen wollte nun eine klare Antwort von Eneas.
Ausserdem war da plötzlich noch mehr, was ihn drängte, er aber nicht fassen konnte. Etwas wildes, ursprüngliches. Besonders, als Fabiene leise und nervös bestätigte, dass Eneas sich gut um ihn gekümmert hätte. Er nannte Eneas seinen Herrn. Aber Eneas war nicht sein Herr. Das war Kosta. Also nicht wirklich. Und trotzdem irgendwie. Eneas war jedenfalls so oder so niemandes Herr. Beinahe hätte er Fabiene entsprechend angefahren. Seine Signatur bekam etwas dunkles, besitzergreifendes. Kosta wollte den schönen Krieger mit den sanften, goldenen Augen, der tapfer seinem Blick standhielt leidenschaftlich besitzen.

Die beiden Krieger ignorierten den armen Sklaven. Eneas verriet, dass Fabiene ihm erzählt hätte, was Kosta ihm eingeschärft hätte. Kosta musste kurz nachdenken. Er hatte Fabiene eingeschärft, sich an niemanden zu binden, bis er zurück sei. Er hatte nicht gewollt, dass Fabienes Herz gebrochen wurde. So wie sein eigenes Herz gebrochen worden war. Zu seiner Überraschung meinte Eneas jedoch etwas ganz anderes. Dass er Fabiene gedroht hätte, ihn nicht zu berühren. Dass er ihn noch nicht einmal falsch ansehen würde. Kosta blinzelte verblüfft und sein starrer Blick verschwand. Stimmt, das hatte er gesagt. Fabiene war so verflixt verführerisch und er gab sich die ganze Zeit grossen Mühe, seinen jeweiligen, angeblichen Herrn zu verführen. Wenn auch wohl halbwegs unbewusst.

Eneas rutschte näher und fragte ihn kaum hörbar, ob Kosta eifersüchtig gewesen sei. Seine Stimme klang so hoffnungsvoll. Wenn Kosta nun nickte, dann würde er ihm sicherlich um den Hals fallen und denken, dass alles gut wäre. Aber das war es nicht. Kosta konnte trotzdem nicht so sein, wie er es von ihm erwünschte. Egal wieviel Mühe er sich gab. Und warum musste er überhaupt fragen, wie Kosta empfand? Es war doch offensichtlich. Wieder so ein deutliches Zeichen, das Eneas einfach nicht verstand. Kosta sollte es ihm sagen. Er sollte... Schlussendlich wandte er jedoch nur den Kopf ab. Es war ohnehin keine wirkliche Eifersucht gewesen. Es war etwas anderes. Kosta konnte es nur nicht benennen.

Diesmal war es jedoch Eneas, der ihn mit seinem Blick fixierte. Kosta wurde ganz heiss darunter und es begann heftig in ihm zu kribbeln, als Eneas ihm deutlich sagte, dass er nicht wollte, dass er Fabiene anfasse. Er wolle nicht, dass er etwas mit ihm anfange und sich mit ihm vergnüge. Mehrere Herzschläge starrte Kosta Eneas atemlos an. Sein Innerstes war in voller Aufruhr. Er wollte rebellieren. Wollte sich Fabiene schnappen und ihn mit sich ziehen. Wollte mit ihm zu einem dunklen, abgeschiendenen Ort, wo er... Kosta wusste es selbst nicht so recht, was er da mit Fabiene machen wollte. Gleichzeitig wollte er auch Eneas mit sich fortzerren. Er wollte... es tobte wie verrückt in ihm. Fast so wie damals in Draega, als sie sich gestritten hatten. Und das erschreckte Kosta sehr. Nie wieder wollte er Eneas weh tun.
Abrupt wandte er sich ab und starrte auf den Tisch vor sich. Da war noch der Cider und das Notizbuch. Schreiben wollte Kosta jetzt bestimmt nicht. Also nahm er sich ruhig und beherrscht von dem Getränk. Leider hatte er noch nichts von dem Essen bekommen. Sonst hätte er sich jetzt darauf konzentriert. So blieb ihm nur der Apfelcider übrig, um nicht an den zarten Sklaven hinter seinem Rücken oder Eneas an seiner Seite zu denken. Es brodelte in ihm. Wut, Angst, Leidenschaft. Es kochte beinahe über. Kosta wusste nicht, was er tun sollte.
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