Re: Verstummt
von Kosta » Do 6. Okt 2022, 20:27
Kosta nickte erneut, schwach aber entschlossen. Sie würden nach unten gehen, damit Eneas wieder etwas lächeln konnte. Zumindest wirkte er nun auf einmal ganz aufgedreht. Er wollte sich kurz in sein eigenes Zimmer zurück ziehen, um sich frisch zu machen. Dann würde er ihn gleich wieder abholen kommen. In zehn Minuten. Er sprach so eindringlich auf ihn ein, als würde er befürchten, dass Kosta nicht mehr da wäre, wenn er wieder käme. Aber wo sollte er auch ihn. Sachte erwiderte er die Umarmung und blieb etwas überrumpelt zurück, als Eneas aus dem Zimmer eilte.
Dann kam auch in Kosta Bewegung. Schnell huschte er in sein Bad, um eine rasche Dusche zu nehmen und sich gründlich zu waschen. Das hatte er auf dem Schiff nie so richtig gekonnt, weil er sich vor allen versteckt hatte. Auch jetzt kleidete er sich sorgsam an und wählte eine graue, lange Hose und ein Leinenhemd aus dunklem Smaragdgrün. Für einen Rollkragenpullover war es hier definitiv zu warm. Aber wenigstens konnte er das Hemd bis hoch zum Hals zu schliessen und seine langen Ärmel verbargen seine Arme.
Seine Haare waren noch feucht, als Eneas ihn abholen kam. Es war bestimmt keine gute Idee, nach unten zu gehen. Dennoch genoss er es, wie Eneas ihn an der Hand fasste und mit sich aus dem Zimmer zog. Kosta folgte ihm bereitwillig. Als sie die Treppe von der Galerie nach unten zum Innenhof hinunter gingen, wurde er doch etwas nervös. Kosta spürte die Blicke der Anderen, ohne aufschauen zu müssen. Wie als könne er davor entfliehen, senkte er seinen Kopf. Glücklicherweise kam Tileo gleich auf ihn zugehüpft und erzählte aufgedreht, was es zum Abendessen geben würde. Kosta zerwuschelte ihm zur Begrüssung das Haar und lauschte aufmerksam seinen Ausführungen. Er lächelte bei den Sachen, die besonders lecker klangen, um dem Jungen zu zeigen, dass er sich auf das Abendessen freute. Dass er sich auf seine Gesellschaft freute. So zog er den jungen Krieger neben sich auf die Bank. Auf seiner anderen Seite, setzte sich Eneas hin. Schön eher am Rand, so dass Kosta schön geschützt war.
Aber ganz so geschützt wie in Eneas Kajüte war es dann doch nicht. Es dauerte nicht lange, bis Ulysses und Rachel sich zu ihnen setzten. Kosta wurde augenblicklich richtig nervös. Rasch beschäftigte er sich intensiv mit Tileo und tat so, als würden die Beiden gar nicht da sein. Dabei hatte er ein sehr schlechtes Gewissen. Er wollte sie nicht verletzen. Doch es war ihm zuviel, dass sie jetzt alle zu ihm kamen. Es war schon schwer genug gewesen, auf Eneas Fragen zu nicken oder den Kopf zu schütteln und die wenigen Worte, die er an ihn gerichtet hatte, waren beinahe nicht machbar gewesen.
Glücklicherweise gingen die zwei bald wieder. Wehmütig blickte Kosta ihnen hinterher. Bestimmt hatte er sie verletzt. Es tat ihm besonders um Ulysses leid, den er damals in Draega so heftig angefahren hatte. Unwillkürlich musste er an den Kutscher in Raej denken, der durch Prinz Asar getötet worden war. Bevor Kostas Atem jedoch wieder flach werden konnte, kamen Olintes und Farell vorbei und brachten ihm einen Apfelcider. Kosta mochte das Getränk, scheute sich trotzdem zu dem Kontakt zu seinen Freunden. Sie gehörten zu den ältesten und vertrautesten Freunden, die er hatte. Genau wie Ulysses. Schuldbewusst senkte er den Kopf, weil er noch nicht einmal einen einen Blickkontakt zustande brachte, geschweige denn, ein Dankeschön.
Bevor der Moment des Schweigens zu lang werden konnte, kam auch noch Damien und schob ihm ein Notizblock aus handgeschöpften Papier entgegen. Er hätte ihn organisiert, da Leto sich überlegt hatte, dass er vielleicht etwas schreiben wollte. Briefe oder ähnliches. Vorsichtig streckte Kosta seine Hand nach dem Block aus und zog ihn etwas näher. Tileo bestaunte ihn mit bewundernden Lauten, befand schlussendlich jedoch, dass schreiben langweilig wäre. Kosta musste Lächeln und blickte zu dem Krieger hinüber. Der drückte ihn kurz und erklärte, dass er wieder zu Arion gehen würde und dann flitzte er auch schon weg, um zu spielen, anstatt so langweilig stumm auf einer Bank zu sitzen. Kosta starrte wieder auf den Block. Er sollte wohl durch schreiben mit den anderen kommunizieren. Aber er wusste nicht, ob das gehen würde. Schon das in Kontakt treten mit jemand anderem, egal wie, überforderte ihn beinahe. Ausser bei Tileo und den anderen Kindern. Da hatte er sogar das Gefühl gehabt, dass er mit ihnen sprechen könnte, wenn ihm nur ein bisschen Zeit gelassen würde.
Rasche Schritte waren zu hören. Kosta blickte auf und sah, wie Fabiene auf ihn zugeeilt kam. Seine sorgenvolle Miene hellte sich auf. Es war schön zu sehen, dass wenigstens der junge Sklave in Sicherheit war und hatte gerettet werden können. Er war war schöner denn je. Keine Narben, Nähte oder blauen Flecken verunstalteten sein Gesicht, wie es den Jüngling damals in Raej bekümmert hatte. Obwohl er damals so traurig gewesen war, zurück gelassen und einem Piraten überlassen worden zu sein, war er jetzt scheinbar glücklich, ihn zu sehen. Aufgeregt huschte er näher, wurde dann aber langsamer und schüchtener. Anmutig und mit einem Hauch der Verführung verneigte er sich vor ihnen und freute sich, dass er wieder zurück sei.
Eneas korrigierte ihn und erinnerte ihn daran, wie Kosta wirklich hiess. Die Stimme seines Freundes riss Kosta aus der Betrachtung des hübschen Jünglings, der in seiner weissen Tunika einfach nur zum Anbeissen aussah. Einfache Kleidung und doch so verführerisch. Die feinen Haare, die ihm bis zum Nacken gingen, man wollte einfach durch die Seide hindurch streichen. Aber eben, als er Eneas Stimme hörte, wurde er sich rasch bewusst, dass sein Freund ihm noch immer nicht gesagt hatte, wie er sich wünschte, wie Kosta sich den anderen gegenüber verhielt. Besonders Fabiene gegenüber, der in ruhiger Anmut ihm seine Schleife zeigte, die er doch nicht hatte wegmachen lassen. Dabei war er zu Anfang todunglücklich gewesen, dass er die Tätowierung bekommen hatte.
Fabiene liess ihm jedoch nicht viel Zeit auf ihn zu reagieren. Rasch huschte er davon, um Untersetzer zu organisieren, die sie anscheindend für ihre Getränke brauchten. Was für Untersetzer? Egal. Wahrscheinlich war es besser, wenn Fabiene wieder weg war. Eneas würde es sicher nicht mögen, wenn er sich mit dem sanften Krieger abgab. Er wusste ja, dass solche Krieger Kosta gefielen. Dabei war doch nur Eneas wirklich wichtig. Erstaunlicherweise flüsterte Eneas ihm jedoch zu, dass er Fabiene so gelassen hätte, wie er sei. So wie Kosta es ihm geschrieben hätte. Es war ein harscher, gemeiner Brief gewesen. Voller Wut und in Eile geschrieben. Trotzdem hatte Eneas seinem Wunsch entsprochen und war jetzt sogar neugierig, was er mit Fabiene vorhatte.
Vorhatte? Er hatte nichts mit ihm vor. Er hatte ihn nur in Sicherheit bringen wollen und er wollte nicht, dass Fabiene das Gefühl hatte, sein bisheriges Leben sei nichts wert gewesen. Fragend starrte Kosta Eneas an. Meinte er das wirklich ernst? Kosta sollte sich Fabiene widmen? Aber, dann musste er auch mit ihm sprechen und ihn berühren. musste mit ihm alleine sein. Wollte Eneas das wirklich? Unverwandt starrte er Eneas an. Auch dann, als Fabiene zurück kam, ihnen dienstbeflissen Untersetze unter ihre Krüge schob und sich dann ergeben und nervös bescheiden zu ihnen stellte, die Hände anmutig vor dem Schoss gefaltet.
"Du gibst mir also das Geschenk zurück, welches ich dir geliehen habe?" brachte er schliesslich rau heraus, nachdem sich das Starren so lange hinausgezögert hatte, dass nicht nur Fabiene unendlich nervös geworden war, sondern auch Eneas Signatur sich unruhig anfühlte. Kosta blieb jedoch dabei und blickte dem Kapitän unverwand fest in die Augen, selbst nicht so recht wissend, warum.