Re: Wiedersehen in Loraka
von Yadriël » Mo 25. Jul 2022, 19:56
Es wurde auch für Zucker eine schwere Rückkehr ins Fort. Erst hier wurde ihm so richtig bewusst, dass er von seiner Einheit getrennt war. Er war alleine und ohne Rückhalt. Gut, ganz so dramatisch war es nicht, doch er war auf jeden Fall erst einmal ohne Schlafplatz, denn er musste herausfinden, dass die 3. Kompanie die alten Zeltplätze der 6. Kompanie gänzlich vereinnahmt hatten. Es reichte bei weitem nicht aus, was wohl die vielen Zelte außerhalb des Forts verdeutlichten.
So fragte Zucker bei Jason um Asyl an, nachdem sie beide wieder raus aus dem Zimmer der Kommandeurin waren. Sie war sehr zufrieden gewesen, hatte sogar den Einsatz gelobt. Ja, sie war regelrecht begeistert über Rashars Kriegstaktik gewesen. So sehr eine Frau namens Cal Frostseel eben begeistert sein konnte. Vielleicht würden sie alle Orden bekommen. Das wäre das mindeste. Orden ließen sich gut verkaufen.
Bis sie neue Einsatzbefehle bekamen, würde es anscheinend - dank dieser Überraschung - noch etwas dauern. Bonderus' Einheit war sichtlich froh über diesen "Urlaub". Jeder war geschlaucht vom anstrengenden Marsch. Das Tempo schien Jason nicht viel eingebracht zu haben. Phönix war mit einem aus der Internen liiert. Ausgerechnet einer von denen. Eigentlich ein schlauer Zug der Hexe, denn keiner der anderen Soldaten würde riskieren ins Blickfeld von Prinz Asar zu kommen. Sie hatte es bestimmt getan, um vor Bovert geschützt zu sein. Diese Begründung baute den Kriegerprinzen verständlicherweise trotzdem nicht auf.
Zucker versuchte mehr Informationen zu erhalten oder zu Phönix zu gelangen, doch man wich ihm aus. Ohne seine Kumpanen fehlte ihm der Drohungsfaktor. Außerdem schreckte er mit seinem Gesicht oft genug Leute ab. Er musste sich aber einfügen. Rashar hatte ihn mitgeschickt, damit er Augen und Ohren für ihn war. Zucker konnte ganz gut mit anderen Leuten, doch auch er war leicht überwältigt wie das Fort sich in ihrer Abwesenheit verändert hatte. Obs Iason geschafft hatte, fragte er sich einmal, als er nachts auf seiner Feldliege lag.
Am anderen Tag begannen die Erschießungen. Man konnte die Schreie der Männer hören. Es kam Zucker etwas unpraktisch vor, dass sie diese Gefangenen all den Weg bis hierher schleppen sollten, nur damit sie dann so ratzfatz erledigt wurden. Wo blieben die tagelangen ausgedehnten Folterungen? Niemand hatte mehr Zeit für so etwas.
Er vertrieb sich den Tag mit Warten, Schlafen, viel Essen und Nichtstun. Sein Körper schien es zu benötigen. Während Zucker vor sich hindöste, forschte er im Getümmel nach Venkas Signatur, dann wieder nach dem entlaufenen Sklaven, doch es war sehr schwer und am Ende gab er es auf. Zucker suchte Klinge auf, den anderen, der aus der 6. mitgekommen war. Der Raejer kümmerte sich zusammen mit Isobel um ihr Essen, woher sie jetzt ihre Vorräte bekamen, neue Ausrüstung etc. Klinge schien den Auftrag wesentlich besser zu erfüllen sich zu integrieren. Es lag wohl auch an der hübschen Pruulerin.
Jason abzulenken schlug genauso fehl. Zucker befürchtete, dass bloß das Schwarztraum den Kriegerprinzen davon abhielt durchzudrehen und entweder Bovert, Lorcann, Prinz Asar oder gleich alle drei zu massakrieren. Es brodelte um den breitschultrigen Mann wie ein aufziehender Sturm. So endete Zucker abends wieder allein, stocherte mit einem Stock im Feuer herum, während er darauf wartete, dass das Wasser im Topf kochte. Brion hatte so etwas wie Ersatzkaffee aufgetrieben.
Plötzlich näherte sich ein Krieger. Noch bevor Zucker reagieren konnte, wurde er halb umgeworfen, als sich Iason an ihn klammerte und ihm dann einen heißen Kuss aufdrückte. Das kam mehr als plötzlich, aber, scheiße, es war Zucker gerade sowas von egal. Er klammerte zurück und erwiderte den Kuss lange. Er löste sich mit einem Grinsen von dem anderen.
"He, Süßer, ich hatte gehofft, du überlebst. Hab gehört, es war nicht leicht", sagte er. "Schicke Uniform. Steht dir gut. Siehst aus, als wärest du bereit die Welt zu unterjochen." Zucker lachte. Als er den Deckel des Topfes klappern hörte, schob er Iason von seinem Schoß, kümmerte sich um das kochende Wasser.
"Willst du was Ersatzkaffee? Schmeckt mehr nach 'Ersatz' als nach 'Kaffee', wenn du mich fragst, aber besser als nix, was?", fragte er und setzte den Kaffee auf. Iason stimmte zu. "Haben die Heilerinnen dich umhätschelt? Du siehst erholter aus als ich. Könnte daran liegen, dass ich nun heimatlos bin. Die Zelte der 6. Kompanie werden belagert von denen der 3. Bonderus war so frei mich als Maskottchen aufzunehmen."