Re: Angeheuert
von Eneas » So 3. Jul 2022, 11:31
Leider sollte seine Gefährtin Recht behalten was den Sturm an Land betraf, denn sie hatten kaum angelegt, da er ereilte sie bereits der Ärger. Natürlich hatte auch Eneas die kalte Wut wahrgenommen, es war ja kaum zu ignorieren gewesen, doch das mußte nicht unbedingt sie betreffen. Der Kapitän der E hatte sich vorgenommen nicht zu paranoid zu werden. Wenn er zu beschäftigt wäre hinter jedem Schatten gleich ein Monster zu vermuten, würde er gar nicht mehr leben können. Diese Phase hatte er hinter sich.
Also hatte Eneas beschlossen den Aufenthalt in Chaillot wie geplant verlaufen zu lassen. Nur leider wurde daraus eben schon in der ersten Stunde nichts mehr, als zwei Glacier mit den dunkelsten Juwelen überhaupt auf den Pier zuhielten wo die E - oder nun Taelos - vor Anker lag. Dazu folgten ihnen noch ein Dhemlaner und eine Eyrierin, eine Schwarze Witwei, die wohl auch zu der Gruppe gehörten. Das war alles andere als eine gute Mischung. Der Prinz, der anscheinend auch langlebiges Blut aufwies (und eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Haushofmeister von Hayll) begann gleich mit Leto zu sprechen. Bereits als Eneas das versteckt von oben vom Schiff mitbekam, tauschte er einen Blick mit Solomon aus. Es genügte, dass der raubeinige Seemann wußte was von ihm erwartet wurde. Später, wenn Eneas mehr wußte, konnte er sich immer noch zu erkennen geben. Der Prinz mit der kalten Wut und den ebenso kalten goldenen Augen würde sich von der großen Gestalt Solomons zwar nicht einschüchtern lassen, doch wenn, würde sich die Wut nicht gleich an Eneas entladen. Solomon war in gewisser Hinsicht auch sein Leibwächter. Auch wenn Eneas sich mit seinen roten Juwelen und Fähigkeiten im Säbelkampf meist selbst mehr als gut behaupten konnte. Trotzdem half Solomon, so dass nicht jeder gleich wußte wie der berüchtigte Pirat Goldauge aussah und so kursierten mitunter die wildesten Geschichten darüber. So viele, dass ihm mehr als einmal überhaupt nicht geglaubt worden war, dass er in der Tat Goldauge war.
Sollten sie nur. Das gab Eneas Gelegenheit ungestört zu beobachten und zuzuhören.
Inzwischen war der Trupp über den Steg aufs Deck gekommen, der Prinz hatte die Worte Letos einfach ignoriert und war an ihr vorbei gegangen. Nun forderte er von Solomon auf, dass sie das Schiff bräuchten und sie loslegen sollten. Wohin schien er aber auch nicht zu wissen. Die Glacierin trat vor, erklärte, dass die Gefährtin des wütenden Prinzen entführt worden wäre. Sie befände sich auf einem Schiff, sie wüßten aber nicht welches und hätten vier Möglichkeiten.
Eneas dachte darüber nach, während die Hexe mit dem schwarzen Juwel noch an ihre Geldbörse appellierte und sie könnten sich so das Geld relativ leicht verdienen. Ein Blick zu Leto zeigte, was sie davon hielt. Nämlich nicht viel. Wenn es darum ging eine entführte Frau aufzuspüren und zu befreien, wäre das alles andere als leicht verdientes Geld.
"Leicht verdient? Wir sollen durch die Weltmeere segeln und den Kopf für euch hinhalten?", sprach Leto die Gedanken auch aus.
"Ob wir eure Freundin finden oder nicht, das kostet euch mindestens 1.000 Goldmark pro Tag", fügte Solomon hinzu.
"Ihr elendes Pack!", zischte der Prinz, "Ich will nur meine Gefährtin finden und ihr denkt ans Geld?! Ich habe schon viel zu viel Zeit verloren und weitere werdet ihr mir nicht stehlen. Wir müssen jetzt aufbrechen! Wenn ihr nicht wollt, bringe ich euch dazu." Seine Augen glänzten vor Eis und Solomons Haare geforeren regelrecht.
Die Schwarze Witwe wagte die Hand auf die Schulter des Prinzen zu legen. "Wir finden sie", sagte sie entschlossen, "Und wenn wir das tun, dann sollst du ihr danach immer noch in die Augen sehen können. Komm, wir finden auch ein anderes Schiff."
Eneas war sich zwar immer noch nicht sicher ob er den Fremden trauen konnte, aber die eindringlichen Worte und diese Entschlossenheit waren auf jeden Fall nicht gespielt. Man konnte auch keine kalte Wut spielen, das war echt. Und der Hayllier war niemand, der sich abwandte wenn andere Hilfe brauchten. "Ihr werdet kein schnelleres finden. Nicht hier und nirgendwo sonst in Häfen Terreilles." Eneas trat langsam über die Stufen hinunter vom Achterdeck, der dunkelblaue Mantel schwang leicht hin und her und das Holz knarzte unter den abgewetzten braunen Stiefeln. "Wenn eure Freundin tatsächlich entführt worden ist, dann helfen wir euch. Ich verstehe, dass ihr so schnell aufbrechen wollt wie möglich, aber dies ist erst morgen möglich. Heute ist ein Tag der Vorbereitung, wir brauchen Vorräte, Trinkwasser, Schießpulver, Kanonenkugeln und müssen das Schiff warten. Ihr habt eure Freundin verloren, Prinz, aber verliert nicht eure Vernunft. Wenn ihr in euch forscht, wißt ihr, dass ich Recht habe."
Eneas sah den fremden Prinzen abwartend und ernst an. Zunächst schien es als würde der Glacier mit den goldenen Augen doch auf ihn losstürmen und ihn mit Gewalt dazu zwingen abzulegen, doch dann schien sich etwas in seinem Gemüt zu verändern und man konnte hinter der eisigen Wort die Verzweiflung sehen. Eneas konnte ihm nachfühlen, dass selbst ein Tag warten für den Mann unerträglich schien.
*Willst du denen wirklich helfen? Das wird gefährlich. Mehr als gefährlich. Was wenn die uns auf hoher See doch reinlegen. Gegen die dunklen Juwelen kommen wir auch gemeinsam nicht an*, sandte ihm Damien in ihrer eigenen Sprache. Dass Damien ihm widersprach, war nicht weiter verwunderlich, das tat er immer und in gewisserweise war es als erster Maat auch seine Aufgabe. Nicht immer stimmte Eneas mit ihm überein, doch dass ihn jemand stetig in Frage stellte, half die schwierigen Entscheidungen genau zu überdenken.
*Ich weiß, doch alleine werden sie nicht weit kommen und ich glaube dem Prinzen. Er ist bloß verzweifelt*, sandte Eneas zurück.
"Danke für eure Hilfe", sagte der Dhemlaner, "Wir wissen das wirklich zu schätzen. Ich bin Lucius und das ist Khavian, Kayne und..." Er stockte unmerklich bei dem Blick zu der glacianischen Hexe.