Re: Geschenk für Goldauge
von Olintes » Do 18. Aug 2022, 18:30
Es war nicht weiter verwunderlich, dass Eneas sofort abreisen wollte und es nun keinesfalls noch eine Nacht in Garois aushielt, wollte unbedingt weiter seinen Hoffnungen herjagen. Olintes wusste nicht was passieren würde, wenn die Reise dann ein Ende hatte und die Hoffnungen wieder zerschlagen waren. Der Krieger befürchtete einen weiteren Zusammenbruch, aber was sollten sie schon machen? Es war wenigstens besser, wenn ihr Kapitän nach Draega reiste als sich in die Fronten in Raej zu schmeißen. Es war gut möglich, dass Kosta im Süden war, aber Olintes hatte nichts dazu gesagt. Er würde seinen Käpt'n und Freund beschützen und dazu gehörte auch manchmal die Klappe zu halten. Zum Beispiel, wenn Eneas eifersüchtig irgendwelche Unterweltköniginnen aufmischen wollte und plötzlich verlorene Jünglinge sammelte, die beide mit ihrer zarten Art ein wenig an den jungen Kosta erinnerten. Nein, dazu sagte man besser nichts.
Nach einer langen Reise landeten sie alle erschöpft in einem kleinem Dorf vor Draega. Eneas war am meisten ausgelaugt, hatte er sie doch auf den roten Winden alle mitgenommen. Hatte der Herr einmal Pause machen oder jemand anderen reisen lassen wollen? Was für eine Frage.
Olintes fragte sich immer wieder wie sein Freund gleichzeitig so dermaßen entschlossen und zielstrebig sein konnte, aber auf der anderen Seite so unsicher und scheu was Kosta betraf. Kein Tag verging, wo der sensible Schriftsteller nicht doch in Frage stellte, ob Kosta ihn je wollen würde, ob er ihm bei der nächsten Begegnung nicht doch wieder ablehhnen würde. Und trotzdem brach Eneas die Reise nicht ab.
Sie quartierten sich in einem Gasthaus ein, wo sie schon bekannt waren und die Betreiber, eine sechsköpfige Familie, gute Freunde von ihnen. Wenn sie allzu lange in Draega waren oder sie nicht ständig am Hafen vor Anker liegen konnte, blieb Eneas meist hier. Er hatte damals auch mit dem Gedanken an ein eigenes Haus gespielt, doch die anderen hatten ihn überzeugt beim Gasthaus zu bleiben. Gesellschaft wäre bei einem Exil sicher besser.
Trotz seiner Erschöpftheit drängte Eneas darauf, dass seine Freunde sofort loszogen, um mit Timaris zu reden. Sie konnten nicht warten. Keinen Augenblick lang. Olintes verkniff sich einen Kommentar, während der Kapitän dramatisch an sie appellierte.
"Keine Ruhe hat man hier", murrte Olintes und streckte sich. "Wenn sie Zeit für uns hat..."
"Wir müssen wissen wo er ist. Wenn er doch in Raej ist...", fing Eneas wieder an.
"Amancio und ich kämpfen uns zu ihr durch", versicherte Olintes schnell. Maria wollte hier bleiben und sich um die zwei jungen Männer kümmern - und dafür sorgen, dass Eneas sich erholte. Dabei wirkte auch die Heilerin so, als würde sie sich am liebsten sofort schlafen legen. Olintes ging es genauso. Doch die Piraten waren mitunder längere Nachtschichten gewöhnt. Die See ließ sie oft nicht schlafen.
So reisten Amancio und Olintes gleich weiter zu Draega. Es war noch vormittags, die Stadt aber schon recht lebhaft zu Gange. Olintes rieb sich die brennenden Augen, während sie die Straße zum Palast hochgingen. Wie schon einige Wochen zuvor begutachteten die Wachen die Siegel der zwei Piraten und waren äußerst skeptisch sie einzulassen. Dieses Mal hatten die Hayllier auch keine Gelegenheit gehabt sich in Schale zu werfen und Amancios Familienname wollten man zunächst nicht glauben.
Nach langwierigem Hin und Her waren sie endlich im Palast. Inzwischen war es mittags. Olintes Magen meldete sich knurrend zu Wort. Er hatte keine Lust zu warten wie ihnen ein Diener beizubringen versuchte. Trotz Siegel wäre die Königin sehr beschäftigt und es gäbe andere, die schon Monate auf eine Audienz warten müssten.
"Monate? Nun langts aber. Ich warte hier nicht länger, das hatten wir schon zwei Stunden vor dem Tor!", rief er den Diener zornig an.
"Die Königin diniert und wünscht nicht belästigt zu werden. Ich kann euch auch wieder vor das Tor bringen", entgegnete der uniformierte Lakei hochnäsig.
"Von uns wird die Königin gerne belästigt und wir haben wichtige Nachrichten!", versuchte es Olintes wieder. "Wenn wir doch stören, kann sie uns das selber sagen. Dazu braucht sie keinen Lackaffen wie dich!"
Der Diener wurde rot im braungebrannten Gesicht, rief nach den Wachen an der Türe und wollte die zwei Piraten wieder hinauswerfen lassen für ihre Frechheit.
Olintes stellte sich schon darauf ein sich den Weg freizuboxen, als die Türe aufging und der Gefährte der Königin wissen wollte was los war. Zum Glück erkannte der Prinz sie beide und brachte sie in das luxuriöse Esszimmer, wo ordentliche Temperaturen herrschten. Olintes hatte die Luft im Schmelztiegel Draegas bereits drückend gefunden, aber hier stieg ihm der Schweiß auf die Stirn.
Die Königin aß tatsächlich. Ihr Gesellschaft leistete nur Aaron und eine.. oh, Schwarze Witwe. Olintes fiel jedoch zuerst das unglaublich dünne, fließende Gewand der Frau auf, die ihre braun gelockten Haare hochgesteckt hatte. Die goldenen kunstvollen Fibeln in Form von Netzen schienen das Kleid nur recht locker zusammenzuhalten. Anscheinend wurde hier öfter in solcher Hitze gespeist. Olintes hätte definitiv nichts dagegen wenn es solche Ausblicke gäbe..
Olintes riss sich wieder zusammen. Er war müde, da wanderten die Gedanken schnell. Der Krieger verbeugte sich vor der Königin. "Da sind wir wieder, M'lady", sagte er, grinste leicht erschöpft wie als wären nur wenige Stunden statt Wochen vergangen. "Der Bedienstete draußen war überzeugt davon, dass wir euch stören. Ich weiß nicht, ob er Recht hat, aber wir bringen dringende Fragen von unserem Kapitän."
Er sah prüfend zu der Schwarzen Witwe, abwartend, ob Timaris sie oder am Ende doch die zwei Piraten hinausschicken würde. Aber keines der beiden Dinge geschah.
*Es geht um Iason*, sandte Olintes der Königin. Was an sich bei Eneas keine große Überraschung war. Olintes hätte sie lieber gefragt wie es ihr ging, aber er wusste nicht wer so alles mithörte und vermutlich sollte er wirklich besser zur Sache kommen.
Die Königin sandte mehr genervt zurück, ob es wieder um die Beziehung der beiden ginge. Dafür hätte sie wirklich keine Zeit. Olintes grinste schief.
*Nun ja... so halb...*, erwiderte er per Speerfaden. Eigentlich nicht nur halb, sondern ziemlich dicke, aber er konnte auch nicht ohne Antworten zurück. Ja, die Königin war beschäftigt mit dem Krieg und ihr ging es selbst schlecht genug, aber sie hatte mit ihrem Gespräch mit Eneas alles ins Rollen gebracht.
*Aber nicht nur*, sandte er schnell weiter. Timaris wollte sicher wissen, dass Kosta und ihr Haushofmeister in Raej aufgefallen waren. *Wir waren in Garois. Iason hatte uns benachrichtigt einen Sklaven abzuholen, den er irgendwie.. ist ja auch mal egal. Jedenfalls haben wir ihn dort nicht mehr getroffen, aber herausbekommen, dass er nicht allein dort war. Gemeinsam haben sie einigen Trubel dort veranstaltet. Ist er wieder hier? Der Kapitän befürchtet, Iason ist stattdessen zurück an die Front.*