Re: Ein Neubeginn
von Kosta » Di 11. Okt 2022, 17:17
"Sie sind ähnlich genug", beharrte Kosta, dass es in dieser Konstellation schon funktionieren würde. Denn auf gewisse Weise, war Eneas sehr schnell zu seinem Herrn geworden. Auch wenn Eneas es nicht darauf angelegt hatte. Kosta hatte ihn sich erwählt. So gut es als Sklave eben ging. Eneas konnte das nicht verstehen, solange er es nicht erlebt hatte. Solange er sich nicht darauf einliess. Er sperrte sich sogar so dagegen, dass er nicht einmal mehr wusste, was er gerne wissen wollte. Die nagende Frage, warum Kosta bei ihm geblieben war. Weil er es wollte, oder weil Timaris es ihm befohlen hatte.
"Es tut mir Leid, dass ich dich so angefahren habe", entschuldigte er sich noch einmal reuig. Er hätte nicht so aufbrausen sollen. Egal wie sehr Eneas ihn verletzte. Das war nicht sein Recht und auch nicht das, was er eigentlich wollte. "Ich versuche mit dir zu reden. Hätte ich es aufgegeben, hätte ich auf der Fahrt kein Wort zu dir gesagt", musste er Eneas dann aber widersprechen. Sein Freund sollte doch wissen, dass er dann wirklich schweigsam gewesen wäre, wenn er es tatsächlich aufgegeben hätte.
"Ich versuche und versuche zu erklären, doch egal wie oft und auf welche Weise ich es sage, du glaubst mir nicht, sagst dass es nicht wahr wäre, dass es so nicht funktioniert", führte Kosta hilflos aus. Kein Wunder glaubte er nicht daran, dass er so schwierige und wichtige Sachen erklären konnte. "Nein, dich zu versklaven hilf nicht, dass wir besser miteinander reden können. Das habe ich nicht gesagt und das weisst du auch. Auch wenn du es nicht wahrhaben willst. Deswegen tue ich das auch nicht. Sondern nur um dir etwas bestimmtes zu erklären. Nicht um grundsätzlich besser mit dir reden zu können. Ausserdem musst du mir nicht klar machen, was ich hier von dir verlange. Nur weil ich mich nicht davon abbringen lasse, heisst das noch lange nicht, dass ich es nicht weiss." Deswegen hatte Kosta schliesslich lange genug mit sich gehadert, was Eneas durchaus mitbekommen hatte.
Im Gegenteil, dadurch dass Eneas ihm das so unter die Nase gerieben hatte, fühlte sich Kosta erst recht verletzt und missverstanden und auch darin bestätigt, so weiter zu machen, bis Eneas endlich verstand, wo er doch nicht auf seine Worte hörte. Da warf Eneas ihm jedoch etwas anderes vor, was den Krieger inne halten liess. Nämlich, dass Kosta Eneas durchaus mit seiner Liebe zu ihm erpresste. Denn wenn er sich jetzt nicht in die Sklaverei begeben würde, würde es Kosta zwar akzeptieren, aber deswegen unglücklich sein. Kosta glaubte nicht, dass er Eneas das ewig vorwerfen würde, doch mit dem anderen hatte Eneas absolut recht. Er erpresste seinen Freund. Das hatte er ihm doch gar nicht antun wollen. Ah, er hätte ihm besser nicht gesagt, was er mit ihm vor hatte. Dann wäre es nicht soweit gekommen. Hilflos und traurig sah er seinen Freund stumm an. Er wusste nichts darauf zu sagen. Konnte nicht. Eneas hatte Recht. Er erpresste ihn mit seiner Liebe. Ob er wollte oder nicht.
"Ich wollte nie, dass du dein Schiff weggibst", wisperte Kosta erschöpft. Es war so schwer, mit Eneas zu sprechen und einfach nicht klar machen zu können, wie er sich fühlte. "Das war auch mein Zuhause, dass du da einfach weggegeben hast", murmelte er getroffen. Auch wenn er für Eneas und Leto von dem Schiff gewollt hatte, war ihm die 'E' sehr wichtig. Auf andere Weise, als sie für Eneas wichtig war. Doch wichtig war sie ihm alleweil. Dass Eneas das Schiff weggegeben hatte, war ein harter Schlag gewesen. Noch dazu an Leto. Dadurch war Kosta erst recht von dem Schiff verbannt. Das hatte er bestimmt nie gewollt. Bei dem Schmerz, der gerade aufwallte, ging beinahe unter, dass Eneas durchaus noch mitbekommen hatte, was Kosta bei ihrem letzten Streit als Abschied noch gesagt hatte. Kosta hatte angenommen, Eneas hätte das nicht mehr gehört.
"Es ist schwierig zu glauben, dass du Kosta willst", erklärte der Sklave scheu. "Und du kennst meine Abartigkeiten durchaus teilweise. Schliesslich machst du mir immer sehr deutlich klar, wenn ich wieder etwas tue oder will, was pervers, absurd, abartig oder verrückt ist." Verrückt hatte er ihn gerade eben erst noch genannt. Wie konnte man einen Menschen haben wollen, der so schlecht war und noch sehr viel mehr Schlechtigkeit in sich barg? Kosta wollte sich ja noch nicht einmal selbst.
Die Kutsche hatte im Hinterhof eines Stadthauses angehalten. Doch weder Kosta noch Eneas machten Anstalten, desweegen auch nur zu reagieren. Sie waren beide ziemlich fertig aufgrund ihres Gespräches. Was die Angestellten des Hauses jedoch nicht wissen konnten. Es dauerte nicht lange, da wollte ein eifriger Diener ihnen die Tür der Kutsche aufmachen und ihnen helfen, sie zu verlassen. Kosta reagierte blitzschnell, obwohl er gerade noch wie erschlagen auf seiner Bank gesessen hatte. Der Instinkt, Eneas zu beschützen war grösser. Seine Hand schoss vor, griff den Türknauf und hielt die Kutschtür eisern fest, damit sie nicht weiter aufgemacht und Eneas nicht gesehen werden konnte. Der Diener draussen stolperte prompt und fluchte leise.
"Guten Abend Lord", grüsste er ihn gleich darauf angemessen. "Ist alles in Ordnung? Wollt Ihr nicht aussteigen?"
"Guten Abend", grüsste Kosta höflich zurück und schaute entschuldigend durch den Türspalt nach draussen. "Es tut mir Leid. Bitte wartet noch eine Minute. Wir sind gleich soweit." Ohne eine Antwort des Dieners abzuwarten, zog er die Tür rasch wieder zu. Anschliessend rief er sofort seinen Umhang herbei, den er Eneas fürsorglich um die Schulter legte, vorne verschloss und ihm schliesslich noch die Kapuze über den Kopf zog. So konnte Eneas vor den anderen Menschen verbergen, wer er war und dass er gefesselt war. Kosta wusste doch, dass er sich andern so nicht zeigen wollte.
"Wie willst du es sonst machen, wenn nicht durch das Sklavenregister?" fragte er seinen Freund verloren und offen für einen anderen Weg, der Eneas das Selbe Gefühl wie die Sklaverei vermittelte. "Wie kann es anders gemacht werden, so dass du auch von offizieller Seite er bei mir bleiben musst und nicht nur, weil du dich um mich bemühst?" Bevor Eneas jedoch antworten konnte, wurde an die Tür geklopft und nach ihm gefragt. Noch immer höflich, doch auch schon leicht ungeduldig.
"Ich komme", schreckte Kosta hoch. Rasch wandte er sich von Eneas ab und trat aus der Kutsche hinaus. Die Dienstboten sollten nichts von all dem mitbekommen, was hier passierte. Kosta wusste nicht, in wieweit Tefan sie eingeweiht hatte. Wenn nicht, wollte er nichts provozieren. Allerdings liess er den Hausdiener auch nicht an Eneas heran, ihm aus der Kutsche zu helfen. Er stand selber vor der Kutschtür und hielt Eneas hilfsbereit seine Hand entgegen. Und auch als der etwas bullige Stalldiener näher kam und unbedarft und etwas grob fragte, ob er Hilfe bräuchte, schüttelte Kosta seinen Kopf. Der grosse Kerl würde Eneas nur erschrecken und wahrscheinlich dachte der Stalljunge auch nur daran, einem verletzten oder alten Kunden helfen auszusteigen und nicht einem gefesselten Mann.
"Danke, nein, schon in Ordnung", wehrte Kosta ab. "Wir schaffen das alleine." Damit wandte er sich wieder Eneas zu, der noch tief in der Kutsche sass und mit sich rang. "Wir können im Haus in Ruhe weiter sprechen", versicherte er ihm ergeben. "Du hast noch Zeit." Eneas musste nicht Angst haben, dass er nun nicht mehr sagen konnte, was er noch alles sagen wollte. Im Gegensatz zu den Dienern wartete Kosta liebevoll geduldig mit ausgestreckter Hand auf seinen Freund, dem er so viel schlimmes antat.