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Gefangenentransport





Gefangenentransport

Beitragvon Kosta » So 11. Sep 2022, 09:14

Es ging alles relativ schnell. Kosta bekam gerade noch die Gelegenheit sich ein grosses Essenspacket für sein Juwelengepäck machen zu lassen und einge Kleidungsstücke einzupacken. Er kam auch nicht mehr dazu, sich von seinem Gebieter zu verabschieden. Nicht privat. Dafür verabschiedete sich die Königin stolz von ihrem ehemaligen Sklaven, den sie ihrer Meinung nach zu einem freien, dominanten Mann erzog. Dann sass Kosta auch bald schon in einer schmalen, aber bequemen Kutsche auf der Fahrt zum Tor. Begleitet wurde er von einem Mann, der sich überheblich als obersten Boten vorgestellt hatte und gar nicht glücklich zu sein schien, dass er nun auch noch Aufpasser für ihn spielen sollte. Dabei schlief er nach den ersten Metern sowieso ein, offensichtlich erschöpft von nächtlichen Aktivitäten. Kosta war es nur recht. So konnte er in aller Ruhe aus dem Fenster schauen und sich die Strecke einprägen.
Bewacht wurden sie von vier Wächtern, die mit ihnen mitritten. Sie sollten sich nacher wohl um die Gefangenen kümmern. Oder womöglich auch dafür sorgen, dass Kosta nicht floh. Da er das Gegenmittel jedoch noch nicht hatte, war dies ohnehin keine Option für ihn. Als sie dann das Tor erreichten, welches zum lichten Dhemlan führte, sorgten die Wächter wenigstens auch dafür, dass sie schnell vorwärts kamen. Immerhin waren sie im Auftrag der Königin unterwegs. Kosta bestaunte derweil insgeheim sehr besorgt, die hässliche Festung, die um das Tor gebaut worden war, versuchte sich so viele Details wie möglich einzuprägen. Das waren vielleicht alles noch Informationen, die wichtig werden würden.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon NSC » So 11. Sep 2022, 09:17

Myrek Tasqua - Krieger, Opal/Saphir, 1.816 - Fara

Er kratzte sich den Bauch, streckte sich, als die Kutsche anhielt.
"Sind wir bereits da?", fragte er, steckte ebenfalls den Kopf aus dem Fenster. Ah, die Kutsche rollte gerade auf die Festung zu. Das Tor zwischen den Welten. "Das dürfte noch ein bißchen dauern." Myrek rief eine Feldflasche mit Wasser herbei, nahm einen kräftigen Schluck. Er wischte sich über den Mund, beäugte dann den anderen Krieger, der ihm gegenüber saß. Ein Hayllier auch noch. Myrek fand es absurd, dass ihn jetzt auch noch einer begleitete. Den Auftrag hätte er genausogut selbst erledigen können. Der Hayllier mit seinen blondierten Haaren war vollkommen nutzlos.
"Warst du überhaupt schonmal in Dunrobin Castle?", fragte er skeptisch, während die Kutsche langsam vorwärts rollte. Da sie in offiziellem Auftrag der Königin unterwegs waren, konnten sie all die gewöhnlichen Reisenden überholen. "Was genau ist deine Aufgabe, hm? Hat die Königin kein Vertrauen mehr in meine Fähigkeiten?" Er verzog das Gesicht, nahm noch einen Schluck und wünschte sich, es wäre Alkohol. "Seit Tagen muss ich in den Provinzen herumreisen, um irgendwelche Kühlboxen zu verteilen. Ein Auftrag den jeder Depp erfüllen könnte und jetzt drückt sie mir dich aufs Auge. Als könnte ich nicht alleine ein paar Gefangene abholen und ein paar Botschaften in Amdarh verteilen."
Er hatte bereits Botschaften geheim und unter großen Gefahren in feindliches Gebiet gebracht. Jetzt diese... Kinderaufträge zu erhalten, verletzte seinen Stolz. Sie waren beim Tor angelangt und die Priesterin, die gerade Dienst hatte, begann es für sie zu öffnen. Für Myrek war dies nichts neues, ebenso wie die beeindruckende Festung, die man um das Tor herum gebaut hatte.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kosta » So 11. Sep 2022, 09:21

Kosta zuckte zusammen, als der Bote aufwachte und ungnädig wissen wollte, ob sie schon da wären. Er hatte so lange friedlich geschlafen und man hatte ihn beinahe vergessen können. Leider hatte der Schlaf den Dhemlaner nicht freundlicher gestellt. Unzufrieden fragte er ihn, ob er schon einmal in Dunrobin Castle gewesen sei. Vorsichtig schüttelte Kosta seinen Kopf, versuchte noch auszuloten, wie er sich dem Krieger gegenüber verhalten sollte. Seine Königin wollte einen dominanten Wächter und keinen Lustsklaven. Andererseits war er dem Mann hier ausgeliefert und er wirkte, als wäre er auf Streit aus.

"Ich glaube nicht, dass Königin Eacir Euren Fähigkeiten nicht mehr vertraut, Lord Tasqua", entgegnete er beruhigend, höflich aber nicht unterwürfig. Noch nicht. Nur wenn es sein musste. "Soweit ich weiss, bin ich nur dabei, um Euch zu unterstützen." Damit die Schwarze Witwe seinem Gebieter eins auswischen konnte. "Ich soll Gefangenenwärter werden, wenn wir wieder zurück in Dalmadans Feste sind. Königin Eacir meinte, dass es gut wäre, wenn ich schon unterwegs lernte mit den Gefangenen umzugehen. Deswegen soll ich mit Euch mit. Damit ich von einem erfahrenen Meister lernen kann. Von Kühlboxen und Botschaften in Amdarh verteilen weiss ich nichts, aber selbstverständlich werde ich Euch dabei helfen, wenn Ihr dies möchtet."
Kosta lehnte sich in der Kutsche zurück. Die Priesterin hatte begonnen, für sie das Tor zu öffnen. Jetzt gab es dann gleich nichts mehr zu sehen ausserhalb der Kutsche. Da konzentrierte Kosta sich lieber auf seinen Gegenüber. Er war zwar nicht schmutzig, dennoch wirkte er nicht gepflegt. Eher schmuddelig und unruhig. Vielleicht eine Krankheit, die dies mit ihm anstellte, oder aber eine Sucht. Kosta hoffte auf zweiteres. Damit war der Mann erpressbar.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon NSC » So 11. Sep 2022, 09:34

Myrek

Der Bote hob skeptisch eine Augenbraue, blickte diesen Kosta kritisch an. "Gefangenenwärter? Du?", fragte er. "Nimms mir nich übel, aber du siehst nicht gerade aus, als hättest du das Zeug dafür." Dafür war der Krieger etwas zu schmächtig. Allerdings schien er etwas mehr Verstand zu haben als die sonstigen, tumben Schläger, die im Kerker arbeiteten. Myrek kannte die Sorte. Sadisten, die sich gerne an ihrem persönlichen Buffet an Gefangenen bedienten. Na, ihm sollte es recht sein solange er nicht in diesen muffigen, dunklen Kerker arbeiten musste. Myrek bevorzugte es da bei weitem lieber, wenn er herumreisen konnte. Er war gerne unterwegs. Man lernte viele Leute kennen und niemand schaute ihm über die Schulter oder beobachtete ihn.
Aber das hatte sich jetzt leider geändert. Wieso bestellte die Königin ausgerechnet diesen Kerl zum Zellenwärter?
"Erfahrener Meister?", schnaubte Myrek belustigt. "Den Honig kannste wem anderen um den Bart schmieren. Ich sorge nur dafür, dass Waren oder meinetwegen Gefangene sicher von A nach B kommen. Was mit ihnen später in den Zellen passiert, ist mir egal. Das ist dann dein Problem. Aber solange wir unterwegs sind, hab ich das Sagen", stellte er klar. Der Hayllier sollte auf keine dummen Gedanken kommen.

"Und es ist besser wenn du nichts von Kühlboxen und Botschaften weiß. Bei dieser Arbeit stellt man keine Fragen. Besser für uns alle", bekräftigte er. Myrek trank wieder. Mann, er wünschte sich so sehr dies wäre Alkohol. Er würde sich ein paar genehmigen, wenn sie erstmal in Amdarh waren.
"Wenn du noch nie in Dunrobin Castle warst, dann sieh dich vor. Das Schloss ist gefährlich." Er musterte Kosta kurz. "Besonders für so hübsche Burschen wie dich. Da würd ich aufpassen an deiner Stelle." Wobei es ihm eigentlich egal war, wenn sich jemand den Hayllier schnappte. Allerdings sollte er wohl mit Kosta zurückkehren, wenn ihn schon die Königin persönlich eingestellt hatte. Das hieß, sie kannte Kosta. Womöglich war er ihr Geliebter. Das ergab Sinn.
"Und gerade die unteren Ebenen haben noch andere Gefahren... dunkle Geister heißt es." Myrek räusperte sich. "Ammenmärchen natürlich. Die Bewohner des Schlosses sind diejenigen vor denen du dich vorsehen musst. Die meisten leben schon so lange dort, dass sie innerlich ganz verdorben sind. Es ist die Aura." Sions Aura, aber das sagte Myrek nicht.
"Wir bleiben ein paar Tage dort. Muss noch andre Dinge erledigen und es dauert immer bis sie die richtigen Gefangenen gefunden haben. Halt dich solange bedeckt. Provizier und reize niemanden im Schloss. Das würd dir nich gut bekommen und ich will dich nicht tot zurückbringen. Ich glaube, die Königin will dich lebendig. Hab ich recht?" Er grinste dreckig.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kosta » So 11. Sep 2022, 09:39

"Für irgend etwas gibt es ja Ringe des Gehorsam", zuckte Kosta gleichgültig mit den Schultern, als Myrek daran zweifelte, dass Kosta nicht geeignet als Gefangenenwärter war. Kosta sah das ganz ähnlich, wenn auch aus anderen Gründen. Er wollte die Gefangenen nämlich am liebsten frei lassen. Aber so konnte er hoffentlich dafür sorgen, dass sie gut behandelt wurden. Und er wäre stets in der Nähe des Labors. So konnte er Minan trösten oder sich in dem Arbeitszimmer umsehen. Es war nicht das Schlechteste, dass er nun im Kerker arbeiten sollte. Auch wenn es ihm nicht gefiel, so getrennt von seinem Gebieter zu sein.

"Natürlich", fügte sich Kosta dem Dhemlaner, der zwar keinen Honig um den Bart geschmiert, aber eindeutig das Sagen haben wollte. "Ich kenne mich in Dunrobin Castle ohnehin nicht aus und wüsste nicht, an wen ich mich wenden sollte. Die ganzen administrativen Sachen überlasse ich gerne Euch alleine." Dabei war Kosta darin eigentlich ganz gut. Artig stellte er auch keine Fragen über Kühlboxen und Botschaften, sondern liess sich vor aufmerksam vor dem Schloss warnen.
"Hübsche Burschen wie ich?" fragte er stirnrunzelnd. Dabei wusste er durchaus, was Myrek meinte. Es gab offensichtlich auch in Dunrobin Castle genügend Turgors. Kosta fragte nur nach, weil es ihn interessierte, ob er für Myrek ebenfalls ein hübscher Bursche war, oder ob es nur eine offensichtliche Beobachtung gewesen war.

"Das klingt gruselig", erschauderte er nachdem Myrek mit seinen unheimlichen Ammenmärchen geendet hatte. Wobei Kosta sich nicht so sicher war, ob dies wirklich alles nur Ammenmärchen waren. Wenn man wusste, dass Sion wahrlich ein Dämon war. Kosta hatte die Ausstrahlung von Dunrobin Castle bis hinunter zum Hafen gespürt. Es musste in dem Schloss noch schlimmer sein zu Leben, als in Dalmadans Feste. Ob die Gefangenen überhaupt noch lebten, die Königin Eacir da abgegeben hatte?
"Ich werde mich sicherheitshalber ganz dich an Euch halten Lord Tasqua", beschloss er reichlich eingeschüchtert. "Ohne Euch würde ich mich sicherlich verirren und nie wieder zurück finden." Denn er sollte schon wieder zurück, wie der Krieger ganz recht erkannte. Am Besten. Kosta nickte zurückhaltend auf die Frage. Erwiderte dann aber genau so deckig das Grinsen. Oh ja, die Königin wollte ihn unbedingt wieder lebendig zurück haben. Sie konnte gar nicht genug von ihm kriegen.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon NSC » So 11. Sep 2022, 09:42

Myrek

"Ja, tu nich so, als wüßtest du nicht, dass du hübsch aussiehst", murrte Myrek. "Die Königin hats offensichtlich auch bemerkt oder woher kommt deine plötzliche Beförderung, hm?" Er selbst bevorzugte dralle Mädchen, aber natürlich konnte er Schönheit sehen, wenn sie vor ihm saß. "Pass auf die anderen Wärter auf." Er wusste nicht wieso er dem Krieger half, aber Myrek fand, ihm gefiel die Rolle als Ratgeber. Er war hier der erfahrene und dieser kleine Spund sollte ruhig zu ihm aufsehen und von ihm lernen.
"Die sind so lange unten in den Kerkern, dass die alles nehmen was ihnen zwischen die Finger gerät. Gruppe von sadistischen Perverslingen. Na, mir solls egal sein. Ein Bier in meiner rechten, eine Schankmaid in meiner linken, das ist mehr nach meinem Geschmack. Kennst du die Kleine aus der Küche? Breite Hüften, große Titten. Die ist gut. Aber du stehst wohl mehr auf dunkle Haut." Er grinste dreckig. Eine eindeutige Anspielung auf die Königin, die natürlich auch sehr schön aussah. Aber vollkommen außerhalb Myreks Liga. Lady Earcir war mehr wie eine ferne Erscheinung, nicht wirklich greifbar für den Boten.
Er warnte den Hayllier über Dunrobin Castle und der Krieger meinte, dass er sich ganz dicht an Myrek halten würde.
"Hey, rück mir bloß nicht auf die Pelle. Ich muss in Amdarh noch andere Sachen abliefern. Da kann ich dich nicht dabei gebrauchen. Die Königin reißt mir den Kopf ab, wenn ich einen Fehler mache und die Kühlbox auftaut oder sie in falsche Hände gerät." Er hatte sich schon gefragt was dortdrin war, aber es war besser nicht neugierig zu sein. Ging ihn nichts an, er bekam seinen Lohn, das reichte.
Mit einem Nicken und einem Grinsen gab Kosta dann auch zu, dass die Königin ihn lebend wiederhaben wollte. "Ich hab gehört sie steht auf Auspeitschen und Fesselspiele. Die Dienstmädchen sagen, sie hat Schränke voll mit Peitschen, Knebeln und anderem Zeug. Die Heilerin muss sicher oft für dich Antanzen." Er lachte leicht.
Das Tor hatte sich mittlerweile geöffnet und sie wurden durch die Nebel hinüber nach Terreille transportiert. Für Myrek war das nichts besonderes, er streckte sich die Füße aus.

Nachdem sie im lichten Dhemlan angekommen war, reisten sie weiter nach Amdarh und zwei Stunden später waren sie in der pulsierenden Hauptstadt. "Heute ist es zu spät um noch zu arbeiten", sagte Myrek. "Ich hol uns zwei Zimmer nebeneinander. Die Wächter schlafen in der Wachstube. Morgen muss ich meine Aufträge erledigen. Was du da machst, ist mir egal. Am besten herausfinden, wo unsere Gefangenen sind." Er rief eine Liste herbei und gab sie Kosta. "Die hier brauchen wir. Wenn davon welche tot oder zerbrochen sind, frag den Zellmeister von Dunrobin Castle, dass er die Liste entsprechend auffüllt. Dunkle Juwelen. Was zu niedrig ist, wird nicht zu gebrauchen sein. Die sind viel zu schnell ausgebrannt."
Er verstaute seine Feldflasche, schob den Vorhang am Fenster etwas beiseite, um hinauszuschauen. "Dann wirds erstmal dauern bis sie die gefunden haben. Der Kerker in Dunrobin Castle ist riesig." Für Myrek war es nicht das erste Mal, dass sie Gefangene austauschten. "Also vier Tage sind wir vielleicht hier. Wie gesagt, halt dich von den unteren Ebenen fern. Lass dich nur in Begleitung von den Dienern herumführen. Allein und du bist Freiwild." Kosta könnte da genausogut ein Willkommensschild tragen.
"Warst du schonmal in Amdarh? Schöne Stadt." Er kratzte sich am Kinn. "Ein bißchen durchtrieben geworden seit... naja, weißt schon." Seit Sion da war. Aber so wie viele sprach Myrek den Namen nicht so gerne aus.
Als sie durch Amdarh fuhren, spürte man die dunkle Aura immer deutlicher. Man wusste genau, wenn Sion im Lande war oder nicht. Je weiter sie den Hügel hinauffuhren zum Schloss desto stärker wurde es. Myrek gab sich locker.
"Nach einer Weile merkst du es nicht mehr. Es gibt nen Witz hier." Er grinste. "Es heißt, das Leben in Dunrobin Castle wäre wie die Jungfernnacht eines Mädchens. Am Anfang tut es scheiß weh und du blutest wie Sau, aber am Ende findest du es nur noch geil und willst mehr." Myrek lachte rau. Er stockte kurz. "Erzähl den Witz besser nicht dort oben."
Die eisernen Tore schwangen auf. Die Kutsche passierte mehrere Barracken, die man neu errichtet hatte. Dort wo einst der große Park des Schlosses gestanden hatte. Das Gras war fort, überall war fahle, aschige Erde. Die Bäume im Umkreis waren abgestorben.
"Hier Gärtner zu sein muss bequem sein", machte Myrek einen weiteren Spruch. Unbewußt war er aufgekratzter geworden. Er wollte sich ablenken, denn er hatte das unbestimmte Gefühl, wenn er still war, würde er eine dunkle, lockende Stimme hören.
Ein Trupp Soldaten ging im Gleichschritt an ihnen vorbei. Vor ihnen türmte sich das gewaltige Schloss drohend auf. Raben umkreisten es krächzend. Selbst der Himmel war fahl, leblos. Von den Mauern hingen die schwarzroten Fahnen.
Sie stiegen aus der Kutsche aus. Myrek lockerte sich die Glieder. Begleitet von den Wachen gingen sie zum Tor.
"Anliegen?", fragte der Wächter dort barsch. Er sah zu Kosta und seine kleinen, dunken Augen füllten sich sofort mit unverhohlener Gier.
Myrek reichte ihm ein Papier. "Gefangenentransport nach Dalmandans Feste", erklärte er. Der Mann nahm den Blick nicht von Kosta, senkte dann aber doch mit Mühe den Blick auf das Schreiben.
"Wartet hier", sagte er und verschwand in dem angrenzenden Turm. Sie mussten eine ganze Weile warten bis alles doppelt und dreifach kontrolliert wurde. Ein Diener in schwarzer Uniform kam auf sie zu, lächelte sie verzerrt an.
"Willkommen in Dunrobin Castle, preiset Sion. Ich bringe euch zu euren Zimmern." Er ging mit ihnen über den Hof. Während sie dem Mann folgten, hörte Myrek wie der Diener immer wieder 'Preiset Sion' vor sich hermurmelte. Es war noch schlimmer seit dem letzten Mal geworden, als er hier gewesen war. Der Bote konnte Kosta nur ein ratloses Achselzucken anbieten.
"Für die Dienerschaft gibt es in einer Stunde Abendessen in der Gesindehalle. Preiset Sion", sagte der Diener, während sie durch eine Tür ins Innere gingen. Myrek ballte unruhig seine Hände immer mal wieder zu Fäusten. Die dunkle Atmosphäre wurde noch greifbarer drinnen, schien tief ins Mauerwerk gedrungen zu sein. Sions Signatur war überall. Wie als würde er neben einem stehen. Dabei hatte Myrek den Kriegerprinzen noch nie zu Gesicht bekommen. Nur einmal aus der Ferne bei der Parade.
"Werdet ihr mit uns speisen?", fragte der Diener. Myrek hoffte, er würde sich noch nach Amdarh begeben können, um dort zu trinken. Vielleicht danach.
"Wenn es Alkohol gibt", scherzte er. Der Diener sah ihn irritiert an.
"Wir trinken alle Blutwein", sagte er. "Ihr werdet auch Blutwein trinken. Preiset Sion."
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kosta » So 11. Sep 2022, 09:47

Myrek schien sich, nachdem er gemerkt hatte, dass Kosta kein Kokurrent für ihn war, sehr in der Rolle des Ratgebers und Lehrers zu gefallen. So plauderte er offen und frei heraus von sadistischen Perverslingen, die so lange unten in den Kerkern wärden, dass sie alles nähmten, was ihnen zwischen die Finger käme. Kosta fürchtete, dass deswegen auch oft die Gefangenen herhalten mussten. Etwas, was er nicht zulassen würde, wenn er selbst erst einmal Gefangenenwärter wäre. Bis dahin musste er jedoch erst einmal Dunrobin Castle überleben, worin Kosta, laut Myrek, nicht gerade die besten Chancen hatte. Glücklicherweise hatte Kosta nun einige Stärkungstränke in seinem Juwelengepäck, sollte er einem dieser finsteren Gestalten begegnen, denen er sich nicht erwehren konnte.

Einem dieser Fieslinge schienen sie prompt beim Tor zu begegnen, wo sie aussteigen und sich anmelden mussten. Kosta spürte die Gier aus den Knopfaugen sprühen und erbebte darunter. Das hier war gefährlich. Hier war noch nicht einmal Prinz Asar, der ihn womöglich auffangen könnte. Kosta war ganz auf sich allein gestellt und musste schauen, dass er Lebend wieder zurück kam. Unwillkürlich musste er an die Tipps denken, die sein Gebieter ihm gegeben hatte, wie er dafür sorgen konnte, dass sein Körper nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Nachdem alle Papiere minestens hundert Mal überprüft worden waren, oder vielleicht hatte der Wächter einfach so lange Zeit gewollt, ihn anzustarren, wurden sie endlich mit einem Diener ins Innere der Schlossmauern gelassen. Hier war die Atmosphäre kaum auszuhalten und das verzerrte Lächeln des Dieners liess Kosta erschaudern. "Ich fühle mich, wie eine Jungfrau", flüsterte er Myrek zu, um ihm wissen zu lassen, dass er absolut recht gehabt hatte, mit der Ausstrahlung des Schlosses. Es war furchtbar hier. Kosta hatte das Gefühl, dass es kaum Luft zum Atmen gab. Dalmadans Feste war ein wahres Paradies gegen das hier. Was dieses ununterbrochene 'Preiset Sion' zu bedeuten hatte, schien Myrek auch nicht zu wissen. Vielleicht war der Diener auch einfach wahnsinnig geworden. Kosta dünkte, es war ohnehin die einzige Möglichkeit, das hier alles irgendwie zu ertragen.

Um dem Abendessen und dem 'Preiset Sion' und dem Blutwein zu entgehen, schob Kosta die anstrengende Reise vor und dass er gleich in sein Bett wolle, um morgen ausgeruht seine Arbeit verrichten zu können. Ihm war schon klar, dass er das nicht für ewig verschieben konnte. Doch jedes Mal wo er es schaffte, war einmal mehr, wo er nicht in Gesellschaft der anderen sein musste. Heute Abend konnte er sich noch von seinem Lunchpaket ernähren und für Morgen würde es sicherlich auch noch eine Weile reichen. An Schlaf war jedoch gar nicht zu denken, diese Nacht. Die Austrahlung der Wände war durchtrieben von Bösartigkeit und Qual.
So war Kosta richtig froh, als es wieder Morgen wurde und er das Schloss erkunden gehen konnte. Vorsichtig, darauf bedacht nicht zu tief in die unteren Geschosse zu geraten oder einem Wächter über den Weg zu gehen. Allerdings musste er auch darauf achten, nicht zu sehr in die Adelsquartiere zu kommen. Er wollte Sion keinesfalls begegnen. Das wäre sein Untergang und wohl auch der seines Gebieters und damit auch der von Timaris. Noch hinzu kam, dass er sich nicht verirren sollte und all die Gänge und Treppen in Erinnerung behalten wollte, für den Fall, dass dies irgendwie nützlich sein könnte. Schliesslich fand er einen kleinen Innenhof, der einmal einen hübschen Garten besessen hatte. Jetzt plätscherte nur noch das Wasser im Springbrunnen munter. Die Pflanzen hingegen wirkten verkümmert und gequält in ihren letzten Atemzügen. Kosta war nach weinen zumute. So ganz plötzlich und ganz heftig. Das war alles so furchtbar hier. Wie sollte er nur vier Tage hier aushalten und Zucker und Tiger waren noch viel, viel länger hier.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kalliope » So 11. Sep 2022, 09:53

"Mmmmhhh... mehr...", schnurrte der alte Mann, der seinen Kopf auf ihren nackten Brüsten gebettet hatte.
"Meine Juwelen sind fast leer", sagte Kalliope, legte ihre Finger dennoch auf seine Stirn und bereitete ihm angenehme Gefühle. Als Priesterin hatte sie gelernt die Emotionen von Menschen anzusprechen, sie zu beruhigen und im Einklang mit sich selbst sein zu lassen. Es war das einzige was für eine Weile seine Stimme verklingen ließ.
"Nur noch eine Weile...", murmelte er, küsste ihre Brüste. Er nahm eine ihre Knospen in ihren Mund, begann daran zu nuckeln. Kalliope seufzte leise, streichelte ihm durchs schüttere, weiße Haar. Sie wartete bis er endgültig eingeschlafen war ehe sie ihn vorsichtig von sich schob. Die Priesterin nahm ein Tuch und reinige sich zwischen den Beinen, schob ihren Rock wieder gerade und schloss ihre Bluse.
Sie beugte sich über den Schreibtisch, durchsuchte hastig die Papiere bis sie das gewünschte fand. Endlich, die Liste der Schnitter und ihre Aufträge. Sie hatte so lange dafür gebraucht. Kalliope nahm das Papier, legte ihre Hand darauf. Nervös blickte sie zu Prinz Arding, aber er schlief immer noch. Es dürfte länger anhalten.
Die Hayllierin ließ einen Namen auf dem Papier verschwinden. Rashar Karssail, ersetzte ihn durch einen Namen, den sie weit passender fand. Nevander Tolarim. Endlich würden die Ivores Gerechtigkeit erfahren. Sie hatte so lange dafür gearbeitet, sie würde ihre Rache bekommen und ihren Urgroßvater auslöschen. Er war ein wichtiger General im Krieg. Niemand würde dies in Frage stellen. Sollte Nevander wider Erwarten überleben, so wären wenigstens einige der Schnitter vernichtet. Sie würde beide Ergebnisse akzeptieren. Hauptsache jemand starb, der es verdient hatte.

Kalliope verließ das Büro, nachdem sie das Dokument wieder so platziert hatte wie sie es gefunden hatte. Sie musste Andiël davon erzählen. Hoffentlich war er ansprechbar. Es war zwar erst Mittags, aber er begann immer früher damit zu trinken.
Die Priesterin begab sich in seine Räumlichkeiten. Sie waren großzügig ausgelegt für den obersten Propagandaschreiber des dehmlanischen Reiches. Der begabte Prinz Sastre.
Er war nur noch ein Schatten seiner selbst. Ein düsterer Schatten.
Auch jetzt saß er auf dem Sofa, eine halbvolle Flasche Whiskey in der Hand, auf das flackernde Feuer im Kamin starrend. Sein Blick war finster umwölkt. Es war unglaublich warm im Zimmer. Kalliope lehnte sich an das Sofa, gab ihm einen trockenen Kuss auf die Wange. Sie sammelte sich kurz ehe sie ihm die Neuigkeit mitteilte.
"Ich habe es geschafft", sagte sie erfreut.
"Deine Beine für wen andren breitmachen? Ja, das riech ich", stieß er aus. Die Hayllierin verzerrte das Gesicht.
"Das tue ich für uns", verteidigte sie sich verletzt. "Und du stinkst jetzt schon nach Alkohol."
"Nein, du tust das, um deinen verdrehten Rachegelüsten nachzugehen. Das ist alles worüber du noch redest. Unsere Feinde vernichten, sie bezahlen lassen", warf er ihr vor. Das Gespräch eskalierte furchtbar schnell.
"Aber es ist jetzt vorbei. Ich habe Nevanders Namen auf die Liste getan. Sie war dieses Mal da. Die Schnitter werden ausrücken und ihn umbringen", sagte sie energisch. Verstand er das denn nicht?
"Das hast du beim letzten Mal schon gesagt", entgegnete Andiël abkanzelnd. "Zuerst war es der Kerl, der dich mißbraucht hat. Dann die Dienerin, die uns nicht aus dem Schloss schmuggeln wollte. Dann... ich weiß es nicht mehr. Es ist immer jemand neues. Hauptsache, du kannst dich an jemandem rächen. Was ist damit passiert, dass wir fliehen wollten?"
Kalliope sah ihn zornig an. "Du kriegst doch den Arsch nicht hoch! Du betrinkst dich und dir ist alles egal! Du.. du hast dich verändert, Andiël. Sag du mir was aus unseren Plänen geworden ist." Sie atmete tief durch. "Es.. ist dieses Schloss. Es macht uns kaputt." Sie spürte es auch und war doch machtlos sich dagegen zu wehren. Sie versuchte es für eine Weile, dann vergaß sie es wieder und wurde in diese dunkle Spirale hinabgezogen.
"Es spielt keine Rolle mehr." Andiël nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, deutete dann hinüber zu seinem Schreibpult. Kalliope ging hinüber. "Die nächsten Berichte. Werden morgen in den Zeitungen erscheinen."
Sie nahm das Blatt hoch. Ihre Augen weiteten sich. "Timaris..."
Andiël leerte die Flasche, warf sie achtlos hinters Sofa, wo sie gegen zwei andere Flaschen klackerte. "Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis sie stirbt. Oder sich Sion beugt. Wie auch immer, es ist aus. Ich sollte mich umbringen", sagte er lapidar. Kalliope hielt sich die Hand vor den Mund, um ein Schluchzen zu ersticken. Sie straffte sich wieder, ging hinüber zu Andiël, legte ihre Hände an seine Schläfen.
"Nein, Kalli... lass das. Ich will das nicht mehr", sagte er mit belegter Stimme. Kalliope machte trotzdem weiter, leerte ihre Juwelen fast gänzlich, um die dunklen Gedanken zu nehmen. Wenigstens für eine Weile. Sie wusste nicht wie lange es noch anhalten würde.

Am anderen Morgen kümmerte sich Kalliope um den kleinen Cassiel. Kalliope war mittlerweile offizell als Kindermädchen eingestellt. Vor allem wenn Sion dabei war Alienor zu quälen und sich mit ihr zu vergnügen, musste die Priesterin auf das Kind achtgeben. Sie hob ihn aus dem Gitterbettchen, wo er schon ungeduldig stand und an den Stäben rüttelte. Mit großen goldigen Augen blickte er sie an, lachte und deutete auf ihre Lippe.
"Aua", sagte er. Kalliope befühlte sich die aufgeplatzte Lippe. Ihr Blick wurde traurig. Sie rückte ihre gestärktes weißes Kleid zurecht an dem Cassiel zupfte.
"Ja, ich habe da ein Aua. Es ist nicht schlimm, es ist nicht das erste. Komm, es wird Zeit, dass wir beide etwas frische Luft schnappen." Sie hob ihn in den Kinderwagen.
"Nein, Vati!", wehrte er sich energisch. Kalli seufzte.
"Dein Vati ist beschäftigt. Wir können jetzt nicht zu ihm", sagte sie. Der Kleine wollte immer zu Sion. Auch jetzt brüllte und strampelte er in dem Kinderwagen, während Kalliope ihn durch die Gänge des Schlosses schob. Sie versuchte das Getobe auszublenden.
"Cassiel, das geht jetzt nicht. Schau, wir gehen in den Innenhof. Wo die Statue mit den Hörnern ist. Die magst du doch so", redete sie auf ihn an. Manchmal befühlte Kalli Cassiels Köpfchen und erwartete halb zwischen dem schwarzen Haar ebenfalls kleine Hörnchen zu finden. Es würde sie nicht wundern.
Sie kamen zum Innenhof, wo Cassiel sich endlich beruhigte, auch weil Kalliope ihn aus dem Kinderwagen half und ihn dann an beiden Händen hielt, damit er - noch etwas wacklig - durch den Innenhof laufen konnte. Sie war so beschäftigt mit dem Kleinen gewesen, dass sie gar nicht die Person gemerkt hatte, die auf einer Bank beim Springbrunnen saß.
Die Hayllierin hätte beinahe Cassiel fallen lassen, als sie den Mann anstarrte. Er hatte blonde Haare und Sions Aura erstickte jegliche andere Signatur, aber es war er. Mit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an und hatte das Gefühl den Verstand zu verlieren.
"Du....", brachte sie hervor. Es kostete alles um nicht zusammenzubrechen. Cassiel löste sich von ihr und watschelte wacklig auf Kosta zu, hielt sich an dessen Beinen fest.
"Aua", sagte Cassiel wieder und deutete mit seinem kleinen Fingerchen auf Kosta. Er hatte ein Talent dafür zu erkennen, wenn jemand litt.
Kalliope fand endlich ihre Stimme wieder. "Was... machst du hier?", wisperte sie. Er durfte nicht hier sein.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kosta » So 11. Sep 2022, 10:29

So traurig der verkümmerte Garten auch war, so war der friedlich plätschernde Springbrunnen doch das sanfteste und sauberste, was er seid langem gesehen hatte. Vielleicht war ihm deswegen so traurig zumute. Müde liess er sich auf der Bank vor dem Springbrunnen nieder und betrachtete versonnen das sprudelnde, perlende Wasser. Es schenkte ihm einen Moment, wo einfach alle Gedanken weggespült waren. Einen Moment des Friedens. So bemerkte er die Priesterin und ihr Kind im erst auch gar nicht.

Als er die Schritte hörte, schreckte er hoch und drehte sich herum, erstarrte noch in der Bewegung. Beim Feuer der Hölle. Diese Ivores Frauen. Es war zum Schreien mit ihnen. Kosta fragte sich gar nicht erst, was sie hier machte und wessen Kind dies war. Es gab bestimmt Gründe dafür. Es war nicht wichtig. Wichtig war nur, dass sie am Leben war, es blieb und ihn nicht verriet. Gleichwohl ihre Anwesenheit ein Risiko für ihn war, war es auch gleichzeitig ein schönes Gefühl, ein vertrautes Gesicht zu sehen. Ein Gesicht, das er liebte wie eine Schwester. So viel es ihm auch ganz leicht, ihr ein herzliches Lächeln zu schenken und auf sie zuzugehen.

Der kleine Kriegerprinz wackelte ihm entgegen, während die schöne Priesterin ganz bleich wurde. Das Kind hatte ihn erreicht, hielt sich an seinen Beinen fest und meinte Aua. "Tut dir etwas weh, junger Prinz?" fragte Kosta freundlich und hob ihn hoch. "Du siehst aber ganz gesund aus. Würde mich aber auch wundern, wenn es anders wäre, bei dem Kindermädchen, das du hast." Kosta war sich ziemlich sicher, dass dies nicht Kalliopes Kind war. Signaturen waren hier schlecht zu spüren. Trotzdem glaubte er nichts von der Priesterin ihn dem Jungen zu erkennen. "Da hast du dir die Beste überhaupt geschnappt", vertraute er dem Kind an.

Den Jungen auf der Hüfte trat er nun doch rasch dicht zu Kalliope heran, die aussah, als würden ihr gleich die Beine nachgeben. Behutsam schlang er einen Arm um ihre Taille, um sie zu stützen. "Ich soll hier einige Gefangenen abholen und ihren Transport zu Dalmadans Feste überwachen. Bin gerade erst gestern angekommen." Sicher geleitete er die Priesterin zu der Bank, damit sie sich da hinsetzen konnte. Kosta setzte sich zu ihr, liess seine stützende Hand wo sie war. Mit der anderen schob er den kleinen Kriegerprinzen auf seine Knie, liess ihn da hüpfen und schaukeln, bis er vor Vergnügen lachte.
"Und du hast hier deine Berufung als Kindermädchen gefunden?" fragte er unverbindlich zurück. Verriet mit nichts, wie besorgt er war, Kalliope hier zu sehen.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kalliope » So 11. Sep 2022, 10:29

Kosta wirkte wesentlich gefasster, sprach lieb mit Cassiel und hob den kleinen Kriegerprinzen auf seinen Schoß und meinte, dass er sehr gesund aussähe und das beste Kindermädchen überhaupt hätte. Nun... Kalliope war nie darauf erpicht gewesen ein Kindermädchen zu werden. Sie hatte mit Kindern nie so viel anfangen können. Cassiel war anders und natürlich hatte sie sehr oft auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen müssen, als diese noch klein gewesen waren. Lang war es her. Es schien wie ein komplett anderes Leben.
Melancholisch und traurig blickte die Priesterin Kosta an, hatte das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren. Nicht weinen. Sie durfte nicht weinen. Dabei wollte sie auf den Krieger stürzen und ihn umarmen und nicht loslassen. Nicht, weil er Kosta war, obwohl sie ihn auch gern hatte. Kosta war gerade die Symbolisierung von Mineva, von ihrem alten Zuhause. Zu der Zeit, wo sie noch glücklich gewesen war. Wo sie noch sie selbst gewesen war.
Er hob das Kind auf seinen Arm, kam zu ihr und drückte sie an sich. Leise erklärte er ihr, dass er da wäre um Gefangene abzuholen und zu Dalmadans Feste zu bringen. In dem schmalen, ovalen Gesicht der schönen Priesterin spiegelte sich Verwirrung. Dalmadans Feste? Das war im schattigen Dhemlan. Was tat Kosta dort? Wieso transportierte er Gefangene? Timaris... konnte es etwas mit der Königin zu tun haben? Zaghafte Hoffnung blühte auf.

Der Krieger führte sie zu der Steinbank, damit sie sich setzen konnte. Bleich starrte Kalliope nach vorne, die Hände auf dem Schoß. Sie blickte zu der steinernen Statue in einer Ecke, halb bewachsen von totem Efeu. Eine Gestalt mit langen, verbogenen Hörnern und spitz ausgestreckter Zunge blickte zurück. Seine Klauen waren ausgestreckt wie als wollte er nach einem greifen.
Kostas Arm ruhte weiterhin an ihrer Taille. Er schob Cassiel auf sein Knie, ließ ihn dort hüpfen und brachte den Kleinen zum Lachen und Jauchzen.
Kalliope schwieg länger, auch als er ihr längst eine Frage gestellt hatte. "Ich bin aus anderen Gründen hierher gekommen." Andiël wegen. Sie hatte die Gelegenheit gehabt aus Dhemlan zu fliehen, als Sion den Hof erobert hatte. Seine Häscher hatten ihr Augenmerk auf den Schriftsteller gehabt, nicht auf Kalli. Aber sie war bei ihm geblieben.
"Ich habe mich mit der Königin angefreundet und unterstütze sie. Es hat sich so ergeben, dass ich das Kindermädchen wurde", sagte Kalliope leise. "Du hälst Sions Sohn auf deinem Bein."
"Vati!", rief Cassiel gleich begeistert, da er Sions Namen kannte. "Yaba", verlangte er dann.
Kalliope schüttelte den Kopf. "Nein, zuerst isst du etwas. Dann gibt es Yarbarrah."
"Yaaaba!", krähte der kleine Kriegerprinz um so heftiger. "Will Yaba zuerst!"
Seufzend griff die Priesterin in die Tasche beim Kinderwagen und beförderte ein Fläschchen hervor, das gefüllt mit Blut und Traubensaft war. Weil man dem Kind natürlich kein Alkohol geben konnte. Aber Blut...
Cassiel quengelte weiter und wurde unruhig, krabbelte auf Kostas Schoß, er streckte die Händchen nach der Flasche aus. Es schien ihn nicht zu stören, dass er bei einem Fremden saß. Kalliope hielt die Flasche mit dem Trinknoppen zwischen ihren Händen, erwärmte sie mithilfe der Kunst.
"Was machst du in Dalmadans Feste?", fragte sie leise.
"Yabaaaa!", brüllte der Kleine immer energischer.
"Es muss erst warm werden, Cassiel", sagte Kalliope erschöpft. Man sah und hörte ihr an, dass sie dies nicht zum ersten Mal tat.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kosta » So 11. Sep 2022, 10:39

Besorgt blickte er zu Kalliope, die so ausgezehrt und zerbrechlich wirkte. Kosta hatte die Priesterin ganz anders in Erinnerung. Stark, unabhängig und lebenslustig, auch wenn sie es immer hinter eine Maske der Perfektheit versteckt hatte. Die untadelige Maske trug sie noch immer, doch Kosta konnte ihr ansehen, wie erschöpft und müde sie war. Ob er auch so aussah.
"Lebt er noch?" fragte er direkt und ohne einen Namen zu nennen. Eneas hatte versucht mit Andiël über Zeitungsartikel Kontakt aufzunehmen. Doch dann hatten sich die Ereignisse überschlagen und sie hatten sich nicht mehr weiter um ihren Freund kümmern können. Wieder etwas, was Kosta sich hatte zuschulden kommen lassen. Wäre er einfach brav mit Eneas mitgegangen, hätte sich dieser sicherlich weiter um Andiël kümmern können. Wenn er denn noch lebte.

"Oh, da hast du aber einen eindrucksvollen Vati, junger Prinz", sagte er zu dem Jungen, auf seinem Schoss, dem es gefiel, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Armes Kind. Was würde nur aus ihm werden, mit Sion als seinem Vater? Das konnte niemals gut gehen. Wenigstens hatte er Kalliope getroffen und würde wenigstens eine Weile in seinem Leben erfahren, was Herzlichkeit, Güte und Liebe waren.
"Ts, ts, ts, junger Mann, das heisst, Yaba bitte, liebe Kalliope", scholt er mit dem Jungen, liess ihn aber auf seinem Schoss zappeln. Erst als er immer heftiger und frecher nach dem Getränk quengelte, setzte er ihn streng zurecht, blickte ihm tief in die Augen. "Was habe ich gesagt? Das heisst, Yaba bitte, liebe Kalliope. Sonst klaue ich dir deine Nase." Damit schnappte er sich das süsse Näschen des Jungen, liess es mit seinem Daumen angedeutet zwischen den Fingern wackeln, bevor er ihn damit auskitzelte, um ihn von seiner Strenge abzulenken. Immerhin war das hier Sions Sohn. Kosta sollte es besser nicht übertreiben.

"Ich bin nach Raej geflohen", erzählte er Kalliope seine Geschichte, soweit er konnte. "Dort wurde ich von den Wachen von Königin Eacir aufgegriffen. Mit ihr bin ich nach Dalmadans Feste gelangt. Sie hat mich befreit und bringt mir bei, was es bedeutet ein freier und stolzer Diener zu sein." Er hielt dem Jungen auf dem Schoss kurz seine Ohren zu. "Und wie man ein dominanter Liebhaber ist." Bevor das Kind auf seinem Schoss quengelig wurde, gab er seine Ohren wieder frei. "Ich soll nun Gefängniswärter werden und ich kann in Dalmadans Feste jetzt meiner einzigen und wahren Königin dienen. Ich würde alles für sie tun." Er tat alles für Timaris. Sogar vergewaltigen. Kosta hoffte so innig, dass er Minan ebenfalls retten konnte. Und nun natürlich auch Kalliope, Andiël und den kleinen Jungen hier auf seinem Schoss.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kalliope » So 11. Sep 2022, 12:26

Kalliope hätte beinahe aufgeschluchzt, als Kosta fragte, ob Andiël noch lebte. Er nannte keinen Namen, doch auch so wusste Kalli natürlich wer gemeint war. Sie presste die Lippen aufeinander, nickte.
"Gerade noch...", flüsterte sie. "Lies heute die Abendzeitung..." Dann würde er Andiëls neustes Propagandawerk lesen können. Dieses Mal über Timaris. Es war kein Wunder, dass der Dhemlaner sich danach in einen Suff getrunken hatte.
Kosta wandte sich wieder Cassiel zu und belehrte ihn, dass er lieber um den Yarbarrah bitten sollte, blickte ihn sogar etwas streng an ehe er ihm androhte ihm die Nase zu klauen. Verdutzt über das Verhalten schaute der Kleine ihn an und es sah so aus, als würde er gleich losweinen, als ihm die Nase geklaut wurde. Er kannte das Spiel nicht. Mit großen Augen starrte er Kosta an, zitternde Unterlippe. Kalliope spannte sich an. Sie kannte Cassiels Wein- und Tobanfälle zu genüge. Ehe das Näschen wieder da war und Kosta ihn mit eben jenem Finger auskitzelte.
Cassiel kicherte und lachte glucksend, strampelte auf Kostas Schoß. "Nochmal!", verlangte er, als der Krieger aufgehört hatte. "Nochmal Nase!" Wenigstens war Cassiel genügend abgelenkt und Kalliope konnte das Fläschchen aufwärmen.
Während Kosta das Spiel wiederholte, erzählte er wie er zu Dalmadans Feste gekommen wäre. In Raej wäre er Zorya begegnet und hätte sie begleitet. Die Königin hätte ihn befreit und ihm gezeigt wie er ein dominanter Liebhaber sein konnte. Bei den Worten hielt er Cassiel die Ohren zu. Dominanter Liebhaber? Das hatte Kosta sicherlich schon vor Zorya vermocht.
Der Krieger sagte, er wäre Gefängniswärter und würde in Dalmadans Feste seiner einzigen und wahren Königin dienen. Die Priesterin blickte ihn an, leichte Hoffnung zeigte sich in ihren traurigen Augen.
"Das ist gut...", sagte sie leise und drückte Kostas Hand feste. "Ich hoffe, du kannst ihr gut dienen..." Kosta musste wegen Timaris dort sein. Er konnte nur sie meinen. Niemals würde der Krieger seine Herrin verraten. Dann war er dort wegen dem Gegengift.

"Hier ist dein Yaba." Kalliope reichte Cassiel das Fläschchen, der gleich gierig danach griff und dann heftig daran nuckelte und saugte ehe er sich allmählich beruhigte. Der kleine Kriegerprinz ließ kurz von dem Saugnoppen ab, tat einen tiefen Atemzug und grinste zufrieden. Blut lief ihm über dem Mund. Hastig tupfte Kalliope es ihm mit einem Tuch ab. Seitdem sie sich um Cassiel kümmerte, hatte sie immer ein paar Tücher dabei und sonstige Utensilien, die sie für das Kleinkind benötigte.
"Vatis Yaba!", sagte der Kleine glücklich und begann leise schnaufend weiter an dem Fläschchen zu nuckeln.
"Ja, Sions Blut...", bestätigte die Priesterin. "Das hast du doch am liebsten." Zärtlich strich sie dem Jungen eine dunkle Haarsträhne aus der Stirn. Für sie war das mittlerweile vollkommen normal. Es war Sions Sohn. Da wunderte sie es schon lange nicht mehr, dass dieser Menschenblut trank.
Kalliope wandte sich an Kosta. Ihr war ein viel erschreckender Gedanke gekommen.
"Du... wurdest alleine aufgegriffen?", fragte sie ihn. Eneas war immer bei Kosta. Die zwei waren unzertrennlich. Bitte, ihr Bruder musste in Sicherheit sein. Stumm flehend sah die ausgezehrte Priesterin zu Kosta, beachtete Cassiel nicht, der blinzelte. Nicht horizontal, sondern mit seinen vertikalen Lidern, pechschwarze Augen offenbarend. Auch das war für Kalliope normal, so reagierte sie nicht darauf. Sie musste wissen was mit Eneas war.
"Ist er bei dir?", fragte sie angespannt.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kosta » So 11. Sep 2022, 12:51

Er hätte wohl lieber nicht nach Andiël fragen sollen. Die Priesterin sackte in sich zusammen, gestand zu seiner Erleichterung jedoch, dass der Prinz noch lebte. Im ersten Moment hatte er befürchtet, Andiël wäre gestorben. Anscheinend schien er nur kurz davor zu sein. Er lebte gerade noch so. Was das bedeuten mochte? Es schien etwas mit der Abendzeitung zu tun zu haben. Andiël hatte wohl etwas ganz schlimmes schreiben müssen. Zu gerne hätte er Kalliope an sich gedrückt und ihr einen Kuss auf die Stirn gedrückt.
Doch Cassiel forderte für den Moment seine ganze Aufmerksamkeit. Er wollte das mit der Nase nochmals spielen und kicherte fröhlich, wenn er gekitzelt wurde. Erst als er sein Fläschchen bekam, wurde er etwas ruhiger. Yarbarrah für ein Kind. Das war doch Wahnsinn. Und wie es sich herausstellte, war es nicht einfach nur Lammblut, sondern das Blut von Sion. Oder von dem Wirt, indem Sion steckte. Das war ja so unheimlich. Und grausam. Wie konnte man das seinem eigenen Kind nur antun. Kosta hasste den Dämonen mehr den je, hielt den Jungen beschützend im Arm. Er sollte nicht hier sein. Genau so wenig, wie Kalliope, Andiël und viele andere. Oder noch besser, Sion sollte nicht hier sein.

"Wir haben uns gestritten", erklärte Kosta gleich, als die Priesterin verzweifelt nach Eneas fragte. Da Cassiel diesmal ruhig auf seinem Schoss sass, konnte er sie in den Arm nehmen, sie an sich drücken und ihr einen tröstenden Kuss auf den Scheitel geben. So bekam er das unheimliche Blinzeln des Jungen nicht mit. "Er ist in Sicherheit und wird mir nicht nachjagen. Dazu habe ich ihn zu sehr verletzt. Er weiss noch nicht einmal, wo ich mich befinde. Es wird ihm nichts geschehen." Noch einmal küsste er sie sanft, diesmal auf ihre Schläfe. Wie als wolle er ihre Erschöpfung wegküssen.
"Ich bin allerdings auch nicht ganz alleine aufgegriffen worden", verriet er, dass er sowas wie Unterstützung hatte. "Es ist jedoch niemand, den du kennst." Sie musste sich also keine weiteren Sorgen mehr machen. "Nacher muss ich in den Kerker runter, um die Liste der geforderten Gefangenen abzugeben. Allerdings wurde ich auch eindringlich davor gewarnt, alleine in dem Schloss herum zu stromern. Besonders da unten. Weisst du jemanden, der mich da hin führen kann?" Jemand, der wenigstens halbwegs vertrauenswürdig war.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kalliope » So 11. Sep 2022, 12:53

Kosta erzählte, dass er sich mit Eneas gestritten hätte. Er hätte ihn heftig verletzt. Der Krieger nahm Kalliope in den Arm, die sich an ihn drückte und unterdrückt schluchzte, als er ihr einen Kuss auf den Scheitel drückte. Aus irgendeinem Grund musste sie daran denken wie sie Kosta in Mineva gesucht hatte, nachdem er sich damals mit Eneas gestritten hatte. Kosta war so verwirrt und verstört gewesen. Sie hatte versucht ihn zu trösten. Jetzt tat er es für ihn.
"Es ist gut, dass er in Sicherheit ist", schniefte sie. "Aber er wird dir immer nachjagen. Er kann nicht anders."
Doch solange Eneas nicht wusste wo Kosta war, würde ihr Bruder hoffentlich nie hierher finden. Sie hielt sich bei dem Krieger fest, wischte sich einige Tränen fort, nachdem er sie ein letztes Mal auf die Schläfen geküsst hatte.
"Aua?", fragte Cassiel, sah sie mit großen wieder goldenen Augen an. Er hatte die Flasche losgelassen. Kalliope lächelte ihn an.
"Ja, aber das geht auch wieder weg. Genau wie das Aua an meiner Lippe", beruhigte sie das kleine Kind. Cassiel nuckelte wieder an der Flasche, rutschte auf Kostas Schoß ein wenig hin und her, um es bequem zu haben.
Der Krieger erzählte ihr, dass er nicht alleine von Zorya aufgegriffen wäre. "Ich hoffe, du bist erfolgreich in deinem Auftrag", sagte die Priesterin leise. Sie kontrollierte den Sitz ihrer Frisur, nach hinten gebundene und hochgesteckte schwarze Haare, versehen mit einem kleinen roten Kamm, der hinein gesteckt war.
Sie fragte sich wofür Kosta Gefangene ins schattige Dhemlan bringen musste. Er erklärte ihr, dass er dafür in den Kerker müsste, wäre jedoch gewarnt worden, dass er nicht alleine durch das Schloss gehen sollte. Ein dunkler Schatten legte sich über Kalliopes Gesicht, sie nickte.

"Ja, das solltest du besser nicht tun..", stimmte sie zu. "Ich werde dir einen Wächter schicken, der dich begleiten kann... Tasmen heißt er. Er... mag nur Frauen und er trinkt nicht so viel wie die anderen. Frag ihn nach seiner Familie, wenn er abdriftet." Eine bessere Person konnte Kalliope ihm leider nicht bieten.
Cassiel war inzwischen fertig mit Trinken. Kalliope nahm ihm das Fläschchen ab und putzte ihm den blutverschmierten Mund. Er streckte ihr eine kleine, blutig gefärbte Zunge raus. "Bähhhhhh." Er lachte sie an. Die Priesterin streckte auch ihre Zunge aus, drückte ihm dann einen Kuss auf die kleine Stirn. Sie holte ein Gläschen mit Möhrenbrei und etwas zart gekochtem Rind aus dem Kinderwagen, dann einen kleinen Löffel und ein Lätzchen. Es war weiß und hatte vorne die rote Hydra aufgestickt. Allerdings war die Hydra kindlich rund und jeder der Köpfe grinste breit.
"Hilf ihm mal mit dem Lätzchen", sagte Kalli, während Cassiel damit beschäftigt war Kosta die Zunge rauszustrecken, kleine scharfe Zähnchen im Mund entblößend. Die Priesterin öffnete das Glas, das sie ebenfalls aufwärmte. Mit etwas gestampften Möhren auf dem Löffelchen näherte sie sich Cassiels Mund. "Und wehe du beißt mich wieder, kleiner Dämon."
Aber der kleine Kriegerprinz machte den Mund prompt zu, drehte das Gesicht weg. Kalli seufzte.
"Wirst du als Gefängniswärter öfter hierher kommen?", fragte die Priesterin hoffnungsvoll. Sie zögerte. "Sie hat nicht mehr viel Zeit oder?" Kosta dürfte wissen um wen es sich handelte.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kosta » So 11. Sep 2022, 13:02

Kalliope nutzte die Gelegenheit und gönnte sich einige Tränen. Kosta hielt sie sanft und sicher in seinen Armen. Er konnte ihr so gut nachfühlen. Es war einfach nur elendig hier. Die Situation war zum Verzweifeln. Der Gedanke, dass Eneas ihm hier her nachjagte, war zutiefst erschreckend. Aber Kosta hatte ein Messer tief in das Herz seines einstigen Freundes gerammt und es mehrfach umgedreht. Eneas würde ihm nicht nachjagen. Ausserdem wusste er nicht, wo er war. Prinz Asar und er hatten ihre Spuren gut verwischt.

Wieder sagte Cassiel Aua und Kosta begriff, dass das Kind ihren Schmerz genau zu spüren schien. Es schien aber keine Freude daran zu haben, wie es von dem Kind eines grausamen Dämons zu erwarten gewesen wäre. Kalliope sammelte sich wieder, kontrollierte ihre tadellos sitzende Frisur. Leise wünschte sie ihm Erfolg bei seinem Auftrag. Kosta konnte nur schwach nicken. Ja, er hoffte ebenfalls, dass er erfolgreich wäre und konnte die Priesterin nur um Unterstützung bitten, da es hier im Schloss gefährlich war. Bei dem dunklen Schatten, der sich über ihr hübsches Gesicht legte, wurde Kosta klar, dass Myrek bei weitem nicht übertrieben hatte. Glücklicherweise wusste Kalli jemanden, der ihn begleiten konnte, versprach ihn nachher zu ihm zu schicken.

"Beissen? Aber nein, Prinz Cassiel, du würdest Kalliope doch nicht beissen", tat er gespielt entsetzt und knuddelte das Kind auf seinem Schoss, um die tadelnen Worte etwas abzuschwächen. Sanft band er ihm das Lätzchen um. Darauf war eine verniedlichte Hydra zu sehen. Kosta fand das sehr gruselig und er konnte nur hoffen, dass das Kind nicht zuviel von den Grausamkeiten seines Vaters mitbekam, den es ja sehr zu lieben schien. Während sich die zwei erwachsenen bemühten, das Kind zu füttern und dabei fast wie eine kleine Familie wirkten, fragte Kalliope nach, ob er öfters herkommen würde. Und dann, wieviel Zeit Timaris noch bliebe. Natürlich ohne Namen zu nennen. Kosta verstand auch so.
"Ich denke nicht, dass es so bald wieder geschehen wird", verneinte er traurig. "Königin Eacir hat eine ganze Menge an dunkler Juwelen angefordert. Ich denke, das wird für eine Weile reichen." Bis die aufgebraucht waren, sollte Kosta schon längst mit dem Gegenmittel wieder in Draega sein. Sonst war es dann wirklich zu spät und für Kosta gäbe es keinen Grund mehr, weiter zu leben. Nein, er würde wohl kaum wieder nach Dunrobin Castle kommen.
"Sie wird durchhalten", versprach er Kalliope zwischendurch. "Sie ist die stärkste Person, die ich kenne. Sie wird so lange durchhalten, wie es nötig ist. Ausserdem hat sie einen Weg gefunden, es hinaus zu zögern. Was auch immer Sion alles zu wissen glaubt. Er kennt sie nicht so, wie wir sie kennen. Er wird nicht gewinnen können." Davon war Kosta felsenfest überzeugt. Deswegen war er ja überhaupt hier.
"Mit heute, werde ich insgesamt vier Tage hier sein", informierte er die Priesterin. "Vielleicht können wir uns in der Zeit noch einmal sehen." Es wäre schön, auch Andiël zu treffen. "Ansonsten müsst ihr einfach einmal einen Ausflug ins schattige Dhemlan machen", schlug er leichthin vor. "Sions Reich etwas kennen lernen." Was wäre schon dabei? Schliesslich gehörte es auch zu Sions Reich. Aber natürlich war ihm klar, dass dies kaum möglich war, für eine einfache Angestellte und sollte Cassiel zu so einer Reise aufbrechen, würde sein Vater ihn mitnehmen und Sion wollte Kosta keineswegs in Dhemlan haben."
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kalliope » So 11. Sep 2022, 13:04

"Er beißt mich ständig", seufzte Kalliope. "Ich bin sein liebstes Beißspielzeug, nicht wahr?"
Cassiel grinste sie verschmitzt an, kicherte und genoss es wie er von Kosta geknuddelt wurde. Nur Essen wollte er nicht, drehte immer wieder den Kopf weg. Die Priesterin kannte da zum Glück einen Trick. "Wer ist ein kleiner Dämon?", fragte sie in singendem Tonfall.
"Ich!", jauchzte der kleine Kriegerprinz. Kalli schob ihm prompt den Löffel mit dem Essen in den aufgesperrten Mund. Einmal überlistet schien Cassiel nichts mehr dagegen zu haben zu essen. Er schmatzte und kaute bedächtig, blickte zwischen den beiden Erwachsenen hin und her.
Kosta sagte ihr traurig, dass er nicht mehr hierher zurückkehren würde. Zorya benötigte Gefangene mit dunklen Juwelen und die würden eine Weile reichen. Kalliope wollte gar nicht wissen wofür die Königin solche Gefangenen brauchte. Sie fand es nur schade, dass Kosta nicht mehr wiederkommen würde. "Es ist besser, wenn du nicht oft hier bist...", sagte sie dann. Kalliope gab Cassiel ein weiteres Löffelchen. Jetzt war er wenigstens halbwegs brav, wobei sie da schon ganz andere Essenszeiten erlebt hatte. Er schien wirklich Hunger zu haben.
Als die Hayllierin nach Timaris fragte, beruhigte Kosta sie, dass die Königin durchhalten würde bis sie das Gegengift erhalten hatte. Sie hätte einen Weg gefunden länger zu überleben. Sion würde nicht gewinnen können. Kalliope zuckte erschrocken zusammen, blickte sich um. Kosta sollte besser nicht so reden hier. "Sprich mit mir nicht darüber...", hauchte sie, "Ich sehe ihn oft..." Kosta durfte ihr nicht mehr sagen. Kalliope konnte bloß hoffen, dass er Erfolg hatte. Dass er nicht hier war um sie zu retten, war ihr schon klar gewesen.

Der Krieger fuhr fort und sagte, er würde vier Tage hier sein. Ob sie sich noch einmal sehen konnten. Kalliope nickte. "Ja, das lässt sich einrichten", versicherte sie. Als Kosta dann aber davon sprach, einen Ausflug ins schattige Dhemlan zu machen, schloss er Andiël mit ein. Sie sollten Sions Reich etwas kennenlernen. Kalliope lächelte schwach.
"Er kann das Schloss nur in Begleitung von vielen Wächtern verlassen. Als Schutz", sagte sie, während sie Cassiel weiter fütterte. "Er verlässt kaum noch sein Zimmer..." Sie stockte, ihre Finger strichen kurz über ihre aufgeplatzte Lippe. "Er hat sich verändert... so wie alle hier. Es ist dieser Ort.. es ist sehr schwer sich dem zu entziehen nach einer Weile."
Kosta sollte in Ordnung sein, es waren ja nur vier Tage. Kalliope wischte Cassiel den Mund ab und er haschte nach ihren Fingern. Rasch zog sie diese zurück, fütterte ihn lieber weiter.
"Willst du ihn sehen? Vielleicht heute abend?", fragte die Priesterin vorsichtig. "Es könnte ihm helfen... er würde mir nicht glauben, wenn ich ihm erzähle wen ich getroffen hatte." Sie lächelte schwach. "Ich kann es selbst kaum glauben. Es würde mich ebenso nicht wundern, wenn ich gerade nur mit einem Gespinst meiner eigenen Gedanken rede."
"Kalli, hab geschlabbert", sagte der Kleine und deutete auf sein Lätzchen.
"Das ist nicht schlimm, Cassiel", erwiderte sie sanft. "Komm, noch ein paar Löffelchen. Du bist heute so brav." Der kleine Kriegerprinz sperrte seinen Mund wieder auf.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kosta » So 11. Sep 2022, 13:05

"Das ist aber gar nicht nett, Prinz Cassiel", sagte er streng zu dem Jungen auf seinem Schoss. "Da, ich geb dir deine Nase lieber wieder zurück, bevor du mich auch beisst." Sachte stubbste er seine Nase an, zeigte ihm die offene Hand, damit Cassiel wusste, dass er seine Nase wieder im Gesicht hatte und nicht in Kostas Hand war. Sollte er das Spiel wieder spielen wollen, durfte er Kalliope nicht mehr beissen. Auch die Priesterin wusste so ihre Tricks, wie man mit dem Kind umgehen musste. Es war unheimlich zu erleben, wie Cassiel lieber ein kleiner Dämon sein wollte, als ein beschützender Kriegerprinz. Zum wiederholten Male dachte er, dass das Kind nicht hier aufwachsen sollte. Und alle anderen Kinder auch nicht. Was würde das für eine Generation von Blutleuten werden, wenn sie von klein auf, in dieser verpesteten Atmosphäre hatten aufwachsen müssen.

"Es tut mir Leid", murmelte er betroffen, als Kalliope erschrocken abwehrte, dass er ihr nicht so viel über Timaris sagen sollte, da sie Sion oft sehen würde. Arme Priesterin. Kosta hatte ihr nur Mut machen wollen. Hatte sie trösten wollen, weil sie so verzweifelt wirkte. Er hatte gedacht, er wäre ausgelaugt, von dem viele Verrat und den Vergewaltigungen, die er begangen hatte. Doch um Kalliope stand es noch viel schlimmer und anscheinend auch um Andiël.
"War er das?" fragte er behutsam und blickte auf die aufgeplatzte Lippe. Kalliope hatte sich just in dem Moment abwesend mit den Fingern darüber gestrichen, als sie von dem Schriftsteller gesprochen hatte. "Brauchst du eine Heilsalbe?" Kosta hatte etwas davon in seinem Juwelengepäck. Wobei Kalli hatte das wohl auch, wenn sie so oft von dem Kind gebissen wurde. Auch jetzt schnappte er nach ihren Fingern. Zur Strafe verpasste Kosta ihm einen sanften Nasenstüber.
"Unbedingt", antwortete er ohne zu zögern darauf, dass er Andiël sehen wollte. "Meinst du, er kann mich zum Abendessen einladen und Tasmen schicken, um mich abzuholen? Es graut mir davor, mit den anderen Dienstboten essen zu müssen. Das sind zu viele Leute auf einmal, vor denen ich mich verstecken muss." Natürlich kam er auch ungesehen, wenn dies besser war. Hauptsache er durfte den alten Freund wieder sehen. Vielleicht konnte er ihm für einen Moment etwas Frieden verschaffen.
"Vielleicht bin ich ja auch nur ein Gespinnst deiner Gedanken", lächelte er liebevoll. "Ein schöner Traum an vergangene, schönere Zeiten. Einfach nur ein Rettungsanker, um den Verstand nicht zu verlieren. Warum sollte ich auch sonst hier sein? Es ist doch gar nicht möglich." Dabei hätte er ihr so gerne versichert, dass er wirklich hier war. Dass er sie von hier fortbrächte und alles wieder gut werden würde. "Du gehst nicht ohne ihn hier weg, nicht war?" fragte er sie nebenbei, wie als wäre die Frage nicht wirklich gestellt worden. Es schien sicherer zu sein, hier nicht zu deutlich zu sprechen, von den Themen hhin und her zu springen, damit alles möglichst wirr war für belauschende Personen.

"Natürlich ist, Prinz Cassiel brav", lächelte Kosta den Jungen stolz an, streichelte ihm lobend über den Arm. "Er ist schliesslich ein schlauer Kriegerprinz und weiss, was gut für ihn ist. Und nach dem leckeren Essen, gibt es sicherlich ein langes Mittagsschläfchen. Prinz Cassiel, du hast es wirklich gut. Du hast eine wunderbare Freundin, die auf dich aufpasst und dich mit leckerem Essen füttert und dann darfst du wohlig ein Verdauungschläfchen halten. Ich wünschte, ich hätte das auch. Pass mir also ja gut auf Kalliope auf, ja junger Kriegerprinz? Sie ist das Beste, was du hast." Das Kind blickte ihn mit grossen Augen an, verstand nicht, was er ihm sagte. Nur dass es um die Priesterin und ihn ging. Doch das genügte Kosta. Zärtlich zerwuschelte er ihm das Haar und liess ihn weiter essen.
"Ich muss weiter Kalli", meinte er schliesslich traurig. "Der halbe Tag ist schon vorbei und wer weiss, wie lange es dauern wird, bis ich im Kerker vorgelassen werde. Kannst du Tasmen rufen lassen? Oder wie finde ich ihn?" Sie würden sich ja hoffentlich heute Abend wieder sehen.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kalliope » So 11. Sep 2022, 13:08

Sie nickte bitter, als Kosta fragte, ob Andiël für die aufgeplatzte Lippe verantwortlich war.
"Er trinkt sehr viel...", sagte sie leise. Vor Sion war es undenkbar gewesen, dass Andiël je Hand an sie legen würde. Aber vieles war vor Sion undenkbar gewesen, dachte sie betrübt. "Er ist nicht mehr so wie du in Erinnerung hast", versuchte sie Kosta vor dem Wiedersehen zu warnen. "Erwarte nicht zu viel..."
Die Priesterin lehnte die Heilsalbe ab. Sie hatte selbst genug davon und die Verletzung war nicht so schlimm. Kosta wollte trotz der Warnung unbedingt Andiël sehen und fragte, ob er sich zum Abendessen einladen könnte. Er wollte nicht mit den Dienstboten essen vor denen er sich wohl lieber versteckt hätte.
Kalliope lächelte schwach. "Die Essen bei den Bediensteten sind nicht so schlimm... man gewöhnt sich daran." Sie aß ja selbst auch dort. Nach einer Weile gewöhnte man sich an alles. "Sion speist mit dem Hof... den ehemaligen Adeligen. Es verändert sie. Ich ziehe jedes Abendessen vor, wo er nicht dort ist..." Andiël kam danach immer sehr aufgekratzt zu ihr, war aggressiv und erregt gleichermaßen, schien für eine Weile sogar Sions Worte Glauben zu schenken. Das Recht des Stärkeren. Sich das nehmen was man sich nehmen konnte.
Viele im Schloss handelten danach. Viele in Amdarh. Es breitete sich immer weiter aus. Es war wie eine dunkle Pest an der alle litten. Manche kämpften dagegen an, andere gaben sich dem bereitwillig hin, teilten ihren eigenen Schmerz an andere aus.
Kalliope schüttelte sachte den Kopf auf die Frage, ob sie ohne Andiël von hier fortgehen würde. "Ich hätte es gekonnt.. aber ich wollte ihn nicht alleine lassen. Und jetzt kann ich selbst nicht mehr gehen. Ich bin das Kindermädchen." Man würde ihr Fehlen sofort bemerken.

Sie widmeten sich wieder Cassiel. Wahrscheinlich auch weil es leichter war. Kosta lobte ihn dafür, dass Cassiel ein schlauer Kriegerprinz sei und er sollte auf Kalliope achtgeben. Sie wäre das Beste was er hätte. Natürlich verstand Cassiel das alles nicht, mampfte weiter sein Essen. Die Priesterin wischte ihm den Mund ab.
Kosta musste leider aufbrechen. Er hatte seine eigenen Aufgaben, die er erfüllen musste. "Ich werde ihn rufen", sagte Kalli. Alles, damit der Hayllier noch eine Weile bei ihr war. Sie sandte dem Wächter und bat ihn herzukommen, um einen Gefängniswärter aus Dalmadans Feste zum Kerker zu begleiten.
Kalliope verstaute das Gläschen und nahm Cassiel das Lätzchen ab, hob ihn dann von Kostas Schoß und stand auf. Der Kleine schlang seine Ärmchen um sie, bettete sein Köpfchen an ihre Schulter. Kalli wiegte ihn sachte, streichelte ihm über den Rücken.
"Er ist der einzige, der sich hier vollkommen wohl fühlt", sagte sie traurig. "Neben seinem Vater. Ich frage mich was einmal aus ihm werden wird..." Kalliope drückte ihm einen Kuss auf die Schläfe. "Ob er genauso verdorben und dunkel sein wird... manchmal taste ich sein Köpfchen ab und erwarte kleine Hörnchen." Sie lächelte schief.
Das Auftreten von Tasmen unterbrach ihr seltsames Gespräch. Der Dhemlaner war gut gebaut, aber sein Gesicht verunstaltete eine hässliche Narbe, die durch ein blindes Auge ging und über die Wange. Er zog sein rechtes Bein hinterher. Er war Soldat gewesen bevor er nach seiner Verwundung hier gelandet war.
"Hey, Kalli." Er grinste sie an. "Seit wann gibst du mir Aufträge?"
"Es ist mehr ein Gefallen", erklärte die Hayllierin.
"Du warst in letzter Zeit nicht sehr großzügig mit Gefälligkeiten", erinnerte er sie. Sein Blick richtete sich auf Kosta, wurde zweifelnd. "Das ist ein Gefängniswärter? Normalerweise sind die ein paar Kleidergrößen größer."
"Sorg einfach dafür, dass er die nächsten Tage sicher durchs Schloss kommt", bat Kalliope ihn. Tasmen verschränkte die Arme.
"Tage? Von Tagen war keine Rede. Du bist hier das Kindermädchen, nicht ich."
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon Kosta » So 11. Sep 2022, 13:10

Bekümmert erzählte Kalliope ihm, dass Andiël sich sehr verändert hätte und viel trinken würde. Er wäre nicht mehr so, wie er ihn in Erinnerung hatte. Kosta lächelte traurig. Das war nicht schlimm. Noch immer viel es ihm schwer, sich an Andiël zu erinnern. Nicht, dass er sein Freund war, aber wie er war, die Erlebnisse, die sie gemeinsam verbanden. Es hing mit dem Netz in ihm zusammen, das noch immer seine ersten Abendteuer mit dem Prinzen in Vergessenheit hüllte. Aber obwohl Andiël sie jetzt schlug und nicht mehr er selbst war, wollte Kalliope nicht ohne ihren Gefährten weg und jetzt konnte sie es nicht mehr als Cassiels Kindermädchen. Kosta nickte verständnisvoll und strich seine Idee, Kalliopes Namen auf die Gefangenenliste zu schreiben. Was hätte es ihr auch genützt? Dann wäre sie im anderen Dhemlan gefangen gewesen. Es war zwar freundlicher da als hier und die Fluchtmöglichkeiten sicherlich grösser, doch das wär auch alles gewesen.

"Denk doch nicht so etwas", wehrte Kosta bestürzt ab, weil Kalliope bei dem Kind nach Dämonenmalen suchte. Rasch erhob er sich ebenfalls und umarmte kurz sie und den Jungen zusammen, der sich nun müde an sein Kindermädchen schmiegte. "Der Körper seines Vaters ist menschlich. Darauf kommt es doch an. Wenn er hier weg kann. Wenn Cassiel die Liebe und die Güte bekommt, die jedes Kind verdient, wird er bestimmt einmal ein wundervoller Mann. Du wirst sehen. Du bist in der wichtigsten Zeit seines Lebens und seiner Entwicklung bei ihm und kümmerst dich um ihn. Das wird ihn prägen. Nicht das Blut, das er trinkt." Dessen war Kosta sich sicher. Kalliopes Freundlichkeit würde schlussendlich mehr wiegen, als alles andere. Es musste.

Leider musste Kosta langsam wieder weiter und Kalliope rief besagten Tasmen zu ihnen. Er war ein kräftiger Mann und offensichtlich ein Kriegsveteran, der wohl nicht mehr zu viel Nutze war, weswegen er hier noch etwas Wache schieben durfte. Zumindest kam es Kosta so vor. Der Krieger hatte eine hässliche Narbe im Gesicht und ein blindes Auge. Ganz wie Prinz Malateste damals. Dazu kam jedoch noch das Bein, was er nachzog. Er war kein Mann mehr, den man noch zu Einsätzen schicken konnte.
"Ich glaube, Ihr habt LADY Kalliope falsch verstanden, Lord", wies Kosta ihn eisig zurecht, als Tasmen sich wand und der Priesterin den Gefallen nicht tun wollte, stattdessen Gefälligkeiten von ihr forderte. Gefälligkeiten, die Kosta nicht gutheissen konnte. Deswegen betonte er Kalliopes Anrede auch so, damit der andere Krieger gefälligst etwas mehr Respekt zeigte. "Es geht nicht darum, dass Ihr Lady Kalliope einen Gefallen damit macht, sondern sie macht Euch damit einen Gefallen, indem sie Euch die Stelle als meinen persönlichen Wächter und Führer für die Zeit wo ich hier verweile verschafft hat", putzte er den grösseren Krieger in schönster, herablassender Prinz-Asar-Manier herunter. Dafür musste er sich nicht gross machen oder laut werden. Die eisige Ausstrahlung und die harten Worte reichten vollkommen dafür.
"Ich muss nicht gross sein, um die Gefangenen in Schach halten zu können", lächelte er grausam. "Königin Eacir hat mich nicht umsonst höchstpersönlich mit dieser Aufgabe betraut. Es liegt ganz bei Euch, Krieger, was ich ich über meinen Aufenthalt hier, mitteilen kann. Dass Ihr ein treuer Diener des Reichs seid oder dass Ihr zu den versteckten Rebellen gehört, die sich noch immer gegen Sions Herrlichkeit sperren in ihrer Verblendung. Ich hörte, Ihr habt hier eine Familie..." Weiter musste er nicht sprechen. Der Krieger wurde auf einmal klein und blass und willigte hastig ein, ihn überall hinzuführen, wo er wollte. Kosta dankte ihm herablassend. Danach drehte er sich zu Kalliope um, verneigte sich knapp vor ihr. Eine herzlichere Verabschiedung war jetzt leider nicht möglich. Kosta hoffte sehr, sie noch einmal wieder zu sehen, bevor er gänzlich gehen musste.

Tasmen führte ihn anschliessend schweigend hinunter in den Kerker. Die Atmosphäre hier wurde zusehends drückender und sobald es keine Fenster mehr gab, schien kaum mehr Luft zum Atmen zu bleiben. Wie sollte man es hier auch nur eine Stunde aushalten, ohne dabei den Verstand zu verlieren? Es war einfach nur grausam. Kosta spürte, wie Wut viel zu leicht in ihm hochstieg. Wut und die Lust jemanden für all das Grauen hier büssen zu lassen. Es war entsetzlich und er sehnte sich nach einer reinigenden Dusche. Sie kamen schliesslich zum Eingang des Kerkers, wo erste Wachen standen. Kosta hielt sich jedoch nicht mit denen auf, sondern verlangte, direkt zum Gefängnisvorsteher geführt zu werden. Königin Eacirs Siegel half ihm dabei, so dass er schliesslich in einer schummrigen, modrigen und unordentlichen, kleinen Schreibstube stand. Ein unansehnlicher Krieger mit fettigem Haar und zu dickem Bauch empfing ihn, musterte ihn mit gehässigen Augen einer verschlagenen Ratte.
"Königin Eacir schickt mich", erklärte Kosta sich gleich direkt und liess sich gar nicht erst in eine niederrangige Position drängen. "Ich soll hier einige Gefangene mit dunklen Juwelen abholen." Er reichte dem Gefängnisvorsteher die Liste. "Morgen früh in drei Tagen müssen sie abreise bereit sein. Das sollte Euch genügend Zeit geben, sie aus den hintersten Winkeln Eures Verliesses hervor zu treiben. Ich will sie allerdings vorher begutachten. Sie müssen einigermassen gesund und kräftig genug sein für die Reise. Sammelt sie alle in einer oder zwei Zellen, abhängig davon, wie gross die Räume hier sind. Jetzt", fügte er nachdrücklich hinzu, als es so wirkte, dass der Gefängnisvorsteher glaubte, er hätte dafür auch drei Tage Zeit.
"Das kann aber eine Weile dauern", wehrte sich der Mann trotzdem noch.
"Das macht nichts", liess Kosta den Einwand nicht gelten. "Ich werde warten. Es gibt für mich keine andere Option, als Königin Eacirs Befehlen genau und augenblicklich zu befolgen. Ihr habt dieses Bestreben sicherlich auch, guter Mann. Wenn es Euch hilft, bin ich gerne bereit, Euch darin zu unterstützen, die Gefangenen zusammen zu suchen." Vor allem wollte er aber so schnell wie möglich wissen, wie es Zucker und Prinz Amaya ging.
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Re: Gefangenentransport

Beitragvon NSC » So 11. Sep 2022, 13:11

Mog, Krieger

Der dicke Krieger lehnte sich behäbig in dem verschlissenen Schreibtischstuhl zurück, der protestierend knarzte. Er kratzte sich am Bauch, beäugte den blonden Schönling, der bei ihm aufgetaucht war.
"Tasmen, wen haste denn da angeschleppt?", fragte Mog, doch bevor der Wächter antworten konnte, meldete sich der Schönling selbst zu Wort und erklärte, er käme von Königin Earcir persönlich. Er sollte Gefangene abholen. Mog nahm die Liste langsam entgegen, griff nach seinem Zwicker und setzte ihn sich auf, um das Papier zu studieren. Er ließ sich Zeit. Er hatte keine Absichten sich von so einem Lackaffen drängeln zu lassen. Königin Earcir hin oder her. Leider schien alles in Ordnung zu sein mit den Papieren.
"Wird auch Zeit", grunzte Mog. "Zellen sind viel zu überfüllt und die Bastarde sterben zu langsam. Wir brauchen wieder Platz." Acht Gefangene wollte der Krieger mit ins schattige Dhemlan nehmen. Er stellte gleich weitere Bedingungen, wollte die Gefangenen so schnell wie möglich abreisebereit haben, gesund und kräftig. Mog sollte sie am besten sofort zusammensuchen.
Zögernd sagte der Gefängniswärter, dass dies eine Weile dauern würde. Der Schönling beharrte, dass es jetzt passieren sollte. Königin Earcirs Befehle müssten genau und augenblicklich befolgt werden.
Mog lachte, erhob sich gemächlich. "Hier regiert nicht Königin Earcir, hier regiert Sion. Bevor hier überhaupt was genehmigt wird, wird das Schreiben weitergeleitet, vom Hauptmann der Wache abgesegnet. Du kannst hier nich einfach so reinplatzen und glauben, wir händigen dir Gefangene mit dunklen Juwelen aus." Eigentlich könnte er die Sache durchaus beschleunigen und eben hatte er selbst gesagt, die Kerker quillten über, aber bei dem arroganten Verhalten des blonden Hübschlings wollte Mog nicht mehr. Wer hatte den zum Wärter gemacht? Der sah viel zu sauber aus und nicht so, als würde er je einen Fuß in einen Kerker setzen.
Mog tippte mit dreckigem Fingernagel gegen das Papier. "Das sind Kriegsgefangene. Ich erinner mich an die. Die wurden schon öfter befragt. Ich muss erst kontrollieren, ob der Hauptmann fertig mit ihnen ist." Er setzte seinen Zwicker wieder ab. "Ich glaub, die leben nich mehr alle." Vage erinnerte er sich da an was.
"Mog, hat Nergal nicht einem von ihnen den Schädel eingeschlagen?", sagte einer seiner Wärter. "Erinner mich weil ich das Hirn einsammeln musste. Scheiß Sauerei." Mog schnippte mit der Hand.
"Genau. Das wars", stimmte er zu und grinste den Schönling an. "Sieht so aus, als müsstest ihr mit weniger zurück."
Aber leider gab sich der Krieger damit nicht zufrieden und sprach eine Passage im Schreiben an, dass er auf jeden Fall acht Gefangene benötigte. Zur Not auch jemanden, der nicht auf der Liste stand. Mog überlegte, ging hinüber zu einem alten Aktenschrank und zog einige fleckige, von Ratten angenagte Papiere hinaus.
"Listen aller Juwelenträger. Sucht euch wen aus. Die Akten sind nicht mehr ganz aktuell, aber wir finden schon Ersatz", sagte der Gefängniswärter. Er legte den Stapel Papiere auf dem alten Schreibtisch ab. Namen, sowie Klasse, Herkunft und Juwelenstärke war notiert. Daneben stand eine Nummer, manchmal war sie durchgestrichen, durch eine neue ersetzt.
"Warum dunkle Juwelenträger? Heißt das, ihr braucht die Juwelen auch?", fragte Mog. Er ächzte geschafft. Die Juwelen waren ganz woanders verstaut. "In drei Tagen ist das nicht zu machen", lehnte er ab.
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