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Geschenk für Goldauge





Geschenk für Goldauge

Beitragvon Fabiene » Mi 17. Aug 2022, 18:09

Sein Herr liess ihn tatsächlich bei diesem grummeligen, kräftigen, furchteinflössenden Wirt alleine zurück und ging mit dem schmutzigen, frechen Mädchen weg. Ob sie mehr seinen Geschmack traf? Fabiene kam sich ganz schrecklich vor. Jahrelang hatte er gelernt, wie man sich seinen Herrn oder seine Herrin gewogen hielt und er schaffte es, seinen neuern Herrn innerhalb eines Tages mehrmals sehr wütend zu machen und ihn dann zu vergraulen. Dabei war er manchmal so lieb zu ihm gewesen, hatte ihn tröstend im Arm gehalten und sich um ihn gekümmert. Er hatte ihn sogar so geküsst, dass Fabiene ganze weiche Beine bekommen hatte und prompt vergessen hatte zu weinen.

Andererseits hatte sein Herr ihn doch nie wirklich gewollt. Er hatte ihn nur aus Mitleid mitgenommen und nun, nachdem er ihn verärgert hatte, war er tätowiert worden und sollte an einen Piraten abgegeben werden. Davor hatte Fabiene ganz fürchterliche Angst. Piraten waren ganz schlimme Leute. Wahrscheinlich würde er auf einer Galeere rudern müssen und ganz schwielige Hände bekommen. Dann würde sein Herr ihn erst recht nicht mehr wollen. Da auf dem Sklavenmarkt hatte er ihm noch gefallen, doch sobald er beschädigt worden war, hatte er ihn wieder loshaben wollen.

Vollkommen durcheinander und verwirrt, liess er sich von dem Wirt in eine kleine Kammer führen, wo er schlafen und sich erholen durfte. Fabiene nickte nur traurig und seine Tränen wollten nicht wirklich versiegen. Trostlos klammerte er sich an das Taschentuch, was er von seinem Herrn bekommen hatte. Es war das einzige, was von ihm geblieben war. Das Tüchlein Stoff und die Tätowierung. Und nun sass er alleine in diesem kleinen Zimmer auf dem schmalen Bett. Er hatte gar nicht gewusst, dass es so kleine Schlafzimmer gab, geschweige denn, dass Betten so klein sein konnten.

Am nächsten Tag musste er dann schon früh, zumindest für seine Verhältnisse früh, aufstehen und im Gasthaus mithelfen. Solange sein Knöchel noch etwas lädiert war, sollte er hinter dem Tresen stehen und Getränke ausschenken. Wenigstens etwas, das er konnte. Er hatte gelernt, wie man servierte. Dennoch verging er beinahe vor Scheu ob der vielen verschiedenen Menschen, die alle doch recht grob wirkten und ihn, wie es ihm vorkam, finster beäugten. Wie als überlegten sie, ihn zu verhauen, weil er Dhemlaner war. Hier war das etwas ganz schlechtes. Ach, er wünschte sich, seine Herrin hätte ihn nicht zum Verkauf gegeben. Dabei wäre das doch eingentlich sein Dank an ihre Güte und ihre grosszügige Ausbildung, dass er ihr möglichst viel Geld einbrachte. Stattdessen war er zu einem fremden Mann geflohen, der nichts für ihn bezahlt hatte und ihn nun an einen Piraten abschob. Fabiene verstand nicht, warum er so gehandelt hatte.

In den nächsten Tagen kam noch einmal die Heilerin vorbei, die ihn schon einmal widerwillig behandelt hatte. Heute wirkte sie freundlicher und auch nicht mehr so erschöpft und als Fabiene sie scheu anlächelte, lächelte sie zurück. Sie kümmerte sich noch einmal um seinen Fuss und seine Rippen und war zufrieden mit dem Ergebnis. Fabiene durfte von nun an auch den Stützverband um seine Brust weglassen. Ausserdem wollte sie ihm die Fäden ziehen. Das liess sein Herz gleich wieder vor Angst heftig in seiner Brust schlagen. Er wagte sich jedoch nicht zu wehren und hielt zitternd still. Hoffte er doch auch insgeheim, dass er nicht mehr so entsetzlich entstellt aussehen würde, wenn die schwarzen Fäden nicht mehr in seinem Gesicht prangten. Es tat auch gar nicht so sehr weh, die Fäden zu ziehen, wie er sich das vorgestellt hatte. Es ziepte etwas und irgendwie kitzelte es auch ein wenig. Dann war es auch schon vorbei und nur noch kleine Punkte und eine Linie dazwischen zeugten von den Nähten. Die Heilerin versprach ihm auch, dass die mit der Zeit ebenfalls verschwinden würden. Fabiene konnte ihr nicht so ganz glauben, dankte ihr jedoch artig. Immerhin waren die blauen Flecken und die Schrammen auch nicht mehr so deutlich zu sehen. Und auch den Verband am Handgelenk durfte er wegmachen. Jetzt konnte er sehen, was sein Herr da gezeichnet hatte. Es war ein Schleifchen. Liebevoll streichelte er darüber. Es war schon irgendwie süss. Und so klein. Das würde sicherlich niemandem auffallen und ihn deswegen hässlich finden.

Nun, wo er auch wieder etwas besser und vorallem länger gehen konnte, wies Lanto ihn an, auch die Gäste im Schankraum direkt an den Tischen zu bedienen. Das machte er gerne, denn das ging ganz gut. Besonders bei den Frauen, die nicht ganz so finster wirkten, wie die Männer. Sie lächelten ihm oft zu und waren freundlich zu ihm. Da konnte Fabiene nicht anders, als süss zurück zu lächeln.
Dass mit den Tagen die Kundschaft immer mehr aus Frauen bestand, fiel ihm nicht auf. Dass Lanto sich etwas verwirrt am Kopf kratzte und inzwischen nun einen Nachmittags Tee anbot, bekam er zwar mit, mass dem jedoch keine Bedeutung zu. Er wunderte sich nur etwas, dass der blaue Hecht ein Restaurant war, wo Frauen hingingen um Kaffee und Kuchen zu geniessen und um ausgiebig zu tratschen. Hierfür kannte er eigentlich mehr elegante Salons oder Lichtdurchflutete Pavillons. Aber vielleicht war das hier in Raej einfach anders als in Dhemlan. Er hatte ja eigentlich keine Ahnung.
Doch es gefiel ihm. Er bediente die freundlichen Frauen gerne, lächelte süss, wenn sie ihm Komplimente machten und schäkerte gar leicht mit ihnen, wenn sie ihn neckten. Das war etwas was er kannte. Darin war er ausgebildet worden. Eigentlich nur, um entsprechende Dame nacher ausgiebig im Bett zu verwöhnen, doch das ging hier ja nicht. Ausserdem gehörte er ja schon Lord Elajah, der fürchterlich böse auf ihn werden würde, wenn er sich ohne seine Erlaubnis jemand aneren hingäbe. Also blieb es beim Lächeln und beim Schäckern.
Es reichte, dass er sich sicherer und nicht mehr so verlassen fühlte. Langsam wagte er gar zu hoffen, dass tatsächlich alles wieder gut werden würde und sein Herr ihn wieder holen käme, ganz wie er es versprochen hatte.
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von Anzeige » Mi 17. Aug 2022, 18:09

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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Eneas » Mi 17. Aug 2022, 18:09

Sie waren noch am gleichen Tag aufgebrochen. Eneas hatte sich von allen verabschiedet, Tileo mehrmals geknuddelt bis dieser auch der Meinung gewesen war Eneas sollte endlich aufbrechen. Der Piratenkapitän hatte sich und seine drei Begleiter auf den roten Winden getragen bis sie nach einigen Stunden in Raej angekommen waren. Unmittelbar vor den Toren von Garois. Eneas streckte sofort erwartungsvoll seine Sinne aus, ob Kosta noch hier wäre, doch auf Anhieb konnte er erst einmal nichts spüren. Vielleicht hatte er sich verborgen seit ihrem letzten Besuch hier, hoffte er.
"Lasst uns sofort zu Lantos gehen. Dort können wir uns auch Zimmer mieten", beschloss Eneas und wäre am liebsten in die Stadt gerannt. Zumindest schritt er zügig aus und bahnte sich einen Weg durch eine etwas unruhige Stadt. Mehr Wachen als üblich waren zu sehen, doch der Krieger schrieb dies erst einmal dem Bürgerkrieg zu. Dann sah er mehrere Plakate, die die Leute anwiesen ihre Sklaven nicht nach draußen zu schicken. Auf anderen standen Gesuche nach bestimmten Sklaven, die weggelaufen oder gestohlen worden waren. Es wirkte... chaotisch.
Wachsamer geworden verlangsamte Eneas sein Tempo, ließ seine Blicke schweifen. Er wollte eigentlich nicht unbedingt als Goldauge hier in Erscheinung treten, da er immer noch hoffte Kosta ungestört antreffen zu können. Sie gingen über einen Markt, wo ein Mann auf einem Podest stand und laut zu einer Menge predigte. Eneas konnte nicht ganz ausmachen worum es ging, doch er hörte von Dhemlan, Sklaven und auch der Oberschicht. Die kleine Gruppe ging schnell weiter, denn auch hier waren einige Wächter präsent. Hoffentlich konnte Lanto ihnen sagen was hier los war.

Eneas öffnete die Türe zum Gasthaus "Der blaue Hecht". Auch hier hatte sich etwas verändert. Es waren nur Kleinigkeiten und doch begannen sie Eneas zu irritieren was hier in Garois bloß los war. Im Falle des Gasthauses war es weit harmloser. Mehr Frauen als sonst die üblichen Hafenarbeiter und Handwerker waren im Schankraum zu sehen und Lanto hatte tatsächlich einige Tischdecken ausgelegt. Es schien, als würden hier einige Frauen ein nachmittägliches Kaffekränzchen abhalten. Der Pirat brauchte nur einen Blick, um festzustellen, dass dies an einem hübschen Kellner lag, der die Frauen bediente. Eneas verneigte sich ehe er zum Tresen ging, wo zwei Männer in brummelnder Stille noch ihr Bier zu genießen versuchten, während sie ab und zu misstrauisch zu den Frauen hinüber äugten.
Eneas blieb an den Tresen stehen, wartete bis sich der Wirt umdrehte.
"Hallo, Lanto", sagte er ruhig lächelnd. "Wie läuft das Geschäft?"
"Weißt du was dem Raum hier noch fehlt? Mehr Spitzendeckchen", scherzte Olintes und zog Lanto ein wenig auf.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Fabiene » Mi 17. Aug 2022, 18:12

Strahlend servierte er den freundlichen Damen den Kuchen, den sie heute auf der Karte hatten. Lächelnd erklärte er ihnen, dass dies eine Biscuit und Beerencreme Torte sei. Sie war mit einer rosa Marzipanschicht überzogen und zartgelben und hellblauen Marzipanrosen verziert. Plaudernd erzählte er weiter, dass Lanto ihn mit zur Konditorei genommen hätte und er diesmal sogar die Torte hätte aussuchen dürfen. Dabei hätte er extra an die hübschen Damen gedacht und was ihnen wohl am besten gefallen und schmecken würde. Das löste fröhliches Gekicher und geschäkere aus, das Fabiene gerne erwiderte. Dabei verschwieg er lieber, dass der Wirt beinahe durchgedreht war, weil Fabiene so lange beim sich entscheiden gebraucht hatte.

Lächelnd liess er sich auf einen Stuhl ziehen, der irgendwie frei geworden war und plauderte offenherzig mit den Damen, fühlte sich endlich nach langem wieder einmal in seinem Element. Die anderen Gäste, zwei Männer, die ein Bier bestellt hatten, wollten lieber nicht reden. Also konnte er getrost hier bleiben. Er hatte ihnen ja sogar lieb lächelnd einen schön angerichteten Teller mit Salzbrezeln gebracht. Merkwürdigerweise hatten sie nur mit grossen Augen darauf gestarrt. Vielleicht mochten sie ja keine Salzbrezeln zu ihrem Bier.

Während er also von den aufgeregten, freundlichen Damen vollkommen in Beschlag genommen wurde, kam eine Gruppe von Männern in den Schankraum. Sie wirkten ganz schön einschüchternd, so kräftig wie die aussahen. Besonders der eine, der etwas grösser war, als die anderen. Fabiene musste aber zugeben, dass sie auch nicht schlecht aussahen. Gepflegter, als die meisten Arbeiter, die hier her kamen. Vielleicht gehörten sie dem Adel an. Wobei ihre Kleidung nicht unbedingt dafür sprach. Die einzige Person von den Neuankömmlingen, die ihn nicht einschüchterte, war die hübsche Frau, die sie begleitete. Sie wirkte sehr sanft und freundlich.

Da die Leute direkt zu Lanto gingen, blieb Fabiene bei den Damen, da er annahm, die Gruppe wollte etwas von dem Wirt persönlich. Sie sprachen ihn auch tatsächlich gleich freundschaftlich an.
"Spitzendeckchen? Ihr wollt Spitzendeckchen? Das könnt ihr gerne haben", hörte Fabiene ihn unterdrückt sagen und verstand nicht ganz, was das bedeutete. "Fabiene, komm her!" befahl er ihm etwas schärfer als sonst. Der junge Lustsklave zuckte zusammen und sprang hastig auf, fürchtete, dass er etwas falsch gemacht hatte. Galant entschuldigte er sich bei den Damen, bevor er an die Seite des Wirtes huschte.
"Ja, Chef?" fragte er atemlos und mit grossen Augen. Lanto hatte ihm nämlich verboten, ihn Herr zu nennen. Er war ja auch nicht sein wirklicher Herr.
"Die Lady und die Lordschaften hätten gerne eine Tasse von diesem Schokomuskatkaffee, den du immer machst", wies er ihn mit so einem komisch verkniffenen Lächeln an. Ausserdem hatte er, wie so oft in letzter Zeit, einen knallroten Kopf, wie als würde er gleich platzen. Allmählich machte Fabiene sich Sorgen um den lieben Wirten, der ihn freundlicherweise so gut beschützte. "Und schneide ihnen auch je ein extra grosses Stück von der hübschen Torte ab, die du ausgesucht hast. Das geht aufs Haus."
"Ja, Chef." Höflich verneigte er sich vor den neuen Gästen, bevor er hinter den Tresen huschte und mit heiterer Zufriedenheit liebevoll die Bestellung vorbereitete.

Lanto führte die Gruppe derweil an einen Tisch, der etwas abgeschieden war. Fabiene wunderte das etwas, denn es war nicht unbedingt der beste Tisch hier im Gasthaus. Oder nur dann, wenn man möglichst alleine sein wollte. "Warum hat das so lange gedauert?" zischte er dem einen der Männer zu. Dem mit den sanften, goldenen Augen, die Fabiene sofort aufgefallen war. Eigentlich hatten sie alle goldene Augen. Bestimmt waren es Hayllier. Denn Dhemlaner wurden hier nicht gerne gesehen. Das hatte Fabiene inzwischen gut gelernt.
"Ich sage euch, das ist nicht das, was ich wollte, als ich den 'Blauen Hecht' eröffnete", knurrte der Wirt seine Gäste an. "Ihr schuldet mir einen gewaltig grossen Gefallen. Der Kerl macht mich noch wahnsinnig. Morgen Nachmittag haben wir hier sogar einen Tanztee. EINEN TANZTEE!" Der Wirt raufte sich die Haare und wollte eine Rauchen gehen. Wurde dann aber, wohl von dem Anführer der Gruppe daran gehindert. Er solle sich zu ihnen setzen.

Fabiene, der in seiner emsigen Geschäftigkeit nichts von alledem mitbekommen hatte, kam lächelnd ein grosses, schwerbeladenes Tablett tragend wieder hinter dem Tresen hervor. "Bitte sehr", deutete er strahlend eine Verneigung an und begann anmutig die Kaffetassen mit Schaum und Streuseln darauf zu verteilen. "Wie gewünscht einen Kaffee mit ein bischen Muskat und Schokostreuseln. Er ist ganz frisch gemahlen. Und dies hier ist eine Biscuittorte mit Beerencreme und einem Marzipanüberzug. Ich hoffe, es schmeckt euch." Natürlich bediente er die Lady zuerst. Danach verteilte er den Kaffe und den Kuchen an die Herren, wobei er sich etwas strecken musste, um ans andere Ende zu gelangen, da der Tisch in einer Ecke stand und er nicht drum herum gehen konnte.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Eneas » Mi 17. Aug 2022, 18:13

Lanto schien nicht zu Scherzen aufgelegt zu sein und rief unwirsch nach seinem Kellner Fabiene. Es war ein schlanker Jüngling mit goldenen Augen und dunklen, feinen Haaren, der auch sofort angelaufen kam. Der Wirt trug ihm auf, dass die Lady und Lordschaften eine Tasse Schokomuskatkaffee und ein Tortenstück haben wollten.
"He, Lanto, wir wollen nen Bier und keinen komischen Schokokaffee. Du schenkst doch noch harte Getränke aus oder haben sie dir die Lizenz entzogen?", bemerkte Olintes, während der Wirt sie zu ihrem üblichen Platz brachte. Lanto zischte Eneas gleich zu, wieso sie erst jetzt kämen.
"Wir sind so schnell gekommen wie wir konnten", erklärte Eneas. Er versuchte ruhig zu bleiben, obwohl er Lanto am liebsten sofort mit Fragen zu Kosta bestürmt hätte. War sein Freund noch in der Stadt? Was hatte er hier gemacht? Lanto musste einfach mehr wissen. Jener wetterte genervt, dass die Truppe ihnen einen großen Gefallen schulden würden.
"Tanztee? Lanto, wirst du auf deine alten Tage noch weich?", lachte Olintes. Der Wirt wollte sich schon wütend abwenden, brummelte was davon, er wollte eine rauchen, doch Eneas fasste ihn am Arm, hielt ihn ab.
"Setz dich", forderte er lächelnd und doch in einem selbstbewussten Tonfall. Er wollte nun wissen was hier los war und er hatte viele Fragen an den Wirt. "Du bist selber schuld, wenn du zu hübsche Kellner einstellst." Kein Wunder, dass sich hier immer mehr Frauen eingefunden hatten. Aber es wäre wohl nicht geschehen, wenn Lanto nicht doch einen weichen Kern hätte. Er versteckte es nur gerne hinter einer mürrischen Fassade.
Lanto wollte gerade entrüstet etwas darauf erwidern, als eben jener Kellner mit einem Tablett zu ihrem Tisch kam und Kaffee verteilte. Dazu die fetteste Biscuittorte, die Eneas je gesehen hatte. Sie war so verziert und hell, dass sie nur schwer in das an sich rustikale Wirtshaus passte.

Als der junge Krieger Eneas den Teller mit seinem Kuchenstück hinstellte, fiel Eneas eine kleine Tätowierung am Handgelenk des Kellners auf. Ein Schleifchen. Es dämmerte ihm abrupt was hier los war. Das war Kostas Geschenk. Eneas erkannte sogar Kostas Art zu Tätowieren und Zeichenkunst. Fabiene war das Geschenk, ein Sklave. Was hatte das zu bedeuten? Eneas starrte den Jüngling an, der noch von der Torte schwärmte. Kosta gab ihm einen Sklaven? Was sollte das? Hatte Kosta ihn befreit und wollte nun, dass Eneas ihn in Sicherheit brachte?
Eneas' Blick bohrte sich in Lantos. "Das ist nicht dein Ernst oder? Ist Iason noch in der Stadt? Wann hast du mit ihm gesprochen? Was hat er dir gesagt, Lanto?", bedrängte der Kapitän den Wirt.
"Was ist los?", fragte Olintes, während er trotz all der Witze einen großen Bissen Torte vertilgte und ab und an eine junge Frau an einem der Tische angrinste.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Fabiene » Mi 17. Aug 2022, 18:17

"Selber schuld? Einstellen?" empörte sich der Wirt und wurde immer röter im Gesicht. Unsicher blickte Fabiene zu ihm hinüber und fürchtete, dass er nun wirlich arg etwas falsch gemacht hatte. Dabei gab er sich doch wirklich Mühe. Am liebsten hätte er die Heilerin gefragt, ob sie sich Lanto nicht einmal ansehen könnte. Doch er traute sich nicht.
"Willst du mich veralbern? Das ist doch alles auf eurem Mist gewachsen. Hör mal..." Der Wirt hielt inne, als ihm auffiel, dass der eine Krieger ihm gar nicht mehr zuhörte, sondern nun stattdessen Fabiene anstarrte. Verlegen lächelte der junge Lustsklave zurück. Etwas nervös. Er wollte auch gar nicht zu genau in die hübschen Augen sehen.

"Was ist nicht mein Ernst?" fragte der Wirt mürrisch zurück, nachdem er mit einem Haufen Fragen überschüttet worden war. "Iason war vor gut einer Woche hier. Ist er nicht wieder bei dir? Er ist so unschuldig, Lanto, hat er gesagt. Er kann nicht auf sich selber aufpassen, Lanto, hat er gesagt. Nur für kurz und wird dich sicher auch keinen Ärger bereiten, Lanto, hat er gesagt. Dazu ist er viel zu gehorsam und zu scheu, Lanto. Jawohl das hat er gesagt und jetzt seht euch an, was er aus meinem schönen Gasthaus gemacht hat. Von wegen zu scheu. Er wickelt jedes weibliche Wesen um den kleinen Finger und die Männer trauen sich schon gar nicht mehr rein."

"Ist alles in Ordnung, Chef?" fragte Fabiene in aller Unschuld besorgt und verstand nicht ganz, warum der Wirt sich so aufregte. Es ging irgendwie um ihn und es tat ihm sehr leid, dass er so eine Aufregung verursachte. "Soll ich Euch ein Wasser bringen?" bot er scheu und inzwischen auch ziemlich nervös an.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Eneas » Mi 17. Aug 2022, 18:19

Der Wirt entrüstete sich, dass der Kellner ja ihre Idee gewesen wäre. Hmm, nicht dass Eneas wüsste. Er sah den Jungen zum ersten Mal. Hatte das Kosta etwa arrangiert? Das würde zu ihm passen. Aber woher hatte er ihn und wieso sollte Eneas sich um ihn kümmern? Eneas hätte sich lieber gewünscht, dass Kosta selbst hier wäre. Ob es noch eine Chance dazu gab...
Lanto erzählte, dass Iason vor einer Woche zuletzt hier gewesen. Eine Woche.. das war noch nicht so lange. "Nein, ist er nicht", sagte Eneas. "Hat er etwas gesagt? Ging es ihm gut? Ich suchte hin", konnte er nicht anders als nach mehr Informationen zu drängen. Lanto lamentierte jedoch noch über Fabiene, den Kosta ihm aufgedrückt hatte, und regte sich darüber auf, dass der Sklave so viele weibliche Gäste anlockte und noch einen Kaffeesalon aus dem rauen Wirtshaus machte.
Fabiene half nicht viel, da er Lantos Ärger wohl nicht verstand und ihm ein Wasser bringen wollte.
"Ja, tu das. Und noch ein Tortenstück." Olintes reichte dem jungen Dhemlaner seinen leeren Teller. Eneas wartete bis Fabiene für einen Moment weg war.
"Lanto, was hat das zu bedeuten? Iason hat mir geschrieben, ich soll hier etwas abholen. Hat er diesen Fabiene hier gelassen für mich? Ist er ein Sklave?", fragte Eneas leise. Der Wirt bestätigte das endlich. Eneas seufzte. Na gut, Kosta dachte immer noch an ihn und wenn im dieser Fabiene wichtig war, so würde Eneas... moment mal.. wie wichtig eigentlich? Der Jüngling war schön, zart und würde Kosta sicherlich gefallen. Genau wie Eneas..

Fabiene kam wieder. Er wirkte gesund, obwohl er noch Spuren von Verletzungen im Gesicht hatte, aber sie waren kaum noch zu sehen.
"Du bist Fabiene, ja?", fragte Eneas. "Setz dich mal zu uns", lud Eneas ihn ein. "Ich bin Taelos. Lanto hier hat mir gesagt, m... ein Freund von mir hat dich hier untergebracht. Solange bis ich dich abhole. Wo hast du Iason kennengelernt?"
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Fabiene » Mi 17. Aug 2022, 18:27

"Es hat Euch geschmeckt, Lord?" fragte er begeistert und freute sich, dass auch einmal ein Mann sich über die leckeren Kuchen freute. Die hatten bis jetzt alle eher misstrauisch gegenüber der Süssigkeit gewirkt. "Ich bringe Euch gerne noch ein Stück." Hingebungsvoll strahlte er den grossen, muskulösen Krieger an und fand ihn schon gar nicht mehr so angsteinflössend. Eigentlich sah er sogar noch nicht einmal so alt und recht gut aus. "Ich kann Euch auch noch etwas, Kirsch bringen, wenn Ihr mögt." Hatte der vorher doch nach härterem Alkohol gefragt.

Lächelnd tänzelte er hinter den Tresen, um dem Mann ein weiteres Stück Torte abzuschneiden. Eines mit extra vielen Verzierungen darauf. Anschliessend stellte er Kirsch und Wasser auf dem Tablett zurecht. Der Wirt blieb derweil noch immer bei den Gästen und beantwortete die vielen Fragen, des aufgeregten Mannes mit den schönen Augen. Dieser suchte jemanden und Lanto versuchte ihm zu helfen, schien es aber nicht so recht zu können. Er meinte nur, dass die gesuchte Person ganz schön gehetzt gewesen wäre.

Mit einem süssen Lächeln brachte Fabiene das Tortenstück, verteilte Wasser und Kirsch und schaute, ob jemand noch etwas brauchte. "Ja, Lord, ich bin Fabiene. Es freut mich Eure Bekanntschaft zu machen", grüsste er freundlich und verneigte sich höflich vor dem schönen Krieger, der ihn angesprochen hatte. Gehorsam setzte er sich artig neben den Mann, der sich nun als Taelos vorstellte. Erwartungvoll lächelte er ihn an, was er von ihm wollte.
"Iason, Lord Taelos?" fragte er scheu und senkte verlegen seine Lider, da er keine Ahnung hatte, wovon der Krieger denn sprach.
"Er meint den blonden Spinner, der dich hier abgeliefert hat", erklärte Lanto brummend. Fabiene machte grosse Augen. Wie konnte der Wirt nur derart respektlos über einen Adligen sprechen. doch der kümmerte sich nicht gross um sein Erschrecken, sondern eklärte den Gästen: "Iason hat sich nämlich die Haare beinahe schon platinblond gefärbt, seine Augen sind jetzt plötztlich grün und der Kleine da nennt ihn Lord Elajah. Ihr Langlebigen habt ja schon verrückte Ideen."
"Ich habe Lord Elajah auf dem Sklavenmarkt kennengelernt. Er hat mich gerettet", lächelte Fabiene hingebungsvoll, froh eine der Fragen beantworten zu können. Nur etwas machte ihm Sorgen und so blickte er scheu auf. "Aber, es tut mir Leid, Lord Taelos, ich darf nicht mit Euch kommen", versuchte er sanft zu erklären. "Mein Herr möchte mich an... an Goldauge weiter geben. Von euch hat er nichts gesagt. Es tut mir sehr leid." Tat es ihm wirklich, denn mit diesem freundlichen, schönen Mann wäre er viel lieber mitgegangen, als mit diesem fürchterlichen Piraten.
"Oh, gütige Dunkelheit", seufzte der Wirt. "Taelos ist Goldauge", raunte er ihm zu. "Das ist der Kerl, den dein Herr gemeint hat. Mit ihm sollst du gehen."
"Ihr...? Ihr seid der Pirat?" fragte Fabiene entsetzt und seine goldenen Augen weiteten sich ängstlich. "Oh, es tut mir Leid. Bitte tut mir nicht weh. Ich wollte nicht unverschämt sein. Ich bin auch ganz gehorsam. Bitte tut mir nicht weh."
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Eneas » Mi 17. Aug 2022, 18:28

Der Krieger setzte sich neben ihn, verneigte sich und war überhaupt sehr höflich und freundlich. Man merkte, dass er eine gewisse Ausbildung in gesellschaftlichen Dingen hatte. Wieso hatte Kosta ihn tätowiert? Ob Fabiene sich dies so gewünscht hatte? Eneas lächelte ihn an.
"Es freut mich auch dich kennenzulernen", erwiderte Eneas und stellte dem jungen Dhemlaner einige Fragen. Fragen, die Fabiene auf Anhieb so nicht beantworten konnte. Lanto warf dann ein, dass Kosta in einer vollkommen fremden Aufmachung hier erschienen wäre und er hätte sich auch als Lord Elajah ausgegeben. Eneas runzelte kurz die Stirn. Lord Elajah? Das war keiner ihrer üblichen Decknamen und wieso hatte Kosta sein Äußeres geändert? Platinblondes Haar... hmmm... ob er damit gut aussah? Bestimmt. Eneas' Gedanken schweiften kurz verliebt ab ehe er sich wieder auf Fabiene konzentrierte, der berichtete, dass ihn dieser Lord Elajah auf dem Sklavenmarkt gerettet hätte. Also hatte Kosta wieder einen Sklaven befreit, dachte Eneas bei sich. Gut für ihn. Es war schön zu erfahren, dass Kosta damit nicht plötzlich aufgehört hatte. Er hatte gesagt, er wüsste nicht wer er sei und er hätte alles für Eneas aufgegeben... Eneas wollte das nicht glauben. Kosta half Menschen in Not. Das würde er doch auch ohne Eneas' Zutun machen oder?
Fabiene erklärte, dass sein Herr ihn an Goldauge weitergeben wollte. Allerdings wusste der zarte Jüngling erst einmal nicht, dass er längst mit Goldauge sprach. Lanto klärte das Missverständnis auf.
"Ja, das bin ich", bestätigte Eneas mit einem leicht verschmitzten Grinsen. Leider war Fabiene darüber überhaupt nicht begeistert. Er bekam richtig Angst, flehte plötzlich, dass Eneas ihm nicht weh tun sollte.

Besorgt blickte Eneas ihn an. "Ich tue dir nicht weh", versicherte er sanft. Was hatte Kosta dem Krieger bloß gesagt? Er würde doch seine Wut auf ihn nicht an Fabiene weitergegeben haben... "Du bist bei uns in Sicherheit, versprochen. Wieso denkst du, ich würde dir weh tun?"
Um Fabiene zu beruhigen und zu zeigen, dass nichts fürchterliches an dem Kapitän war, wollte Eneas die Hand des Kellners drücken. Das machte alles noch schlimmer. Sofort erstarrte Fabiene, riss die Hand weg und fiel dabei prompt vom Stuhl. Es wirkte so, als hätte er sich die Hand bei der Berührung verbrannt. Überrascht sah Eneas zu Lanto, der aber auch nicht wusste was los war.
"Es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken", entschuldigte sich Eneas und wollte Fabiene aufhelfen.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Fabiene » Mi 17. Aug 2022, 18:30

Auch sein Herr hatte ihm schon gesagt, dass Goldauge ihm nichts tun würde. Aber er war doch ein Pirat. Piraten waren Kriminelle, böse Menschen. Deswegen getraute er sich auch nicht zu sagen, warum er fürchtete, dass Goldauge ihm wehtun würde. Schliesslich war das auch beleidigend und würde den Krieger nur noch wütender machen. Dabei hatte der Krieger erst so freundlich gewirkt und er war so hübsch. Oh nein, er hatte ihn angesehen. Hoffentlich nicht auf die falsche Weise. Er wollte nicht jeden Knochen im Leib gebrochen bekommen.

Doch es kam noch viel, viel schlimmer. Denn plötzlich legte der Krieger seine Hand auf die von Fabiene. Der junge Lustsklave erstarrte vor Schreck. Nur ein kleines, erschrecktes Fiepen wie von einem Mäuschen entwich seinen Lippen. Bevor wieder hektisches Leben in ihn kam und er panisch die Hand wegzerrte. So heftig, dass er prompt das Gleichgewicht verlor und vom Stuhl fiel. Autsch, das hatte weh getan. Leise wimmerte er auf.
"Bitte nicht. Bitte nicht. Bitte nicht", flehte er verzweifelt und krabbelte ungelenk rückwärts. Er hatte Goldauge angefasst und dieser wollte ihn gleich noch mehr berühren. Doch das durfte sein. "Hier, das ist der Brief für Euch, den ich Euch geben soll. Bitte." Es brauchte vor lauter Angst ein paar Anläufe, bis er den Brief aus seinem Juwelengepäck herbeirufen konnte. Zitternd streckte er ihn Goldauge entgegen, die Augen weit und flehend aufgerissen.


Vielen Dank, dass du so schnell gekommen bist. Ich wollte dich nicht in Gefahr bringen.

Fabiene braucht Hilfe. Sie haben ihn verprügelt, weil er Dhemlaner ist. Er wird nicht lange bei Lanto in Sicherheit sein und alleine kommt er erst recht nicht klar.

Egal, was du über mich denkst. Fabiene kann nichts dafür. Er ist unschuldig. Lass ihm seine Unschuld! Lass ihn einfach wie er ist. Nimm ihn mit, bringe ihn in Sicherheit und tu ihm nicht weh mit deinen Worten. Sei einfach lieb zu ihm und...

Ich will ihn wieder haben. So wie er ist. Nicht anders. Also lass ihn in Ruhe. Ich werde dir eine Nachricht zukommen lassen, wenn ich ihn wieder zu mir nehmen kann.

Danke
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Eneas » Mi 17. Aug 2022, 18:30

Fabiene ließ sich aber nicht helfen. Im Gegenteil, er wurde noch panischer, rückte hastig von Eneas fort und bettelte herzerweichend um Gnade. Eneas wusste ja um einige Horrorgeschichten, die man sich so über Goldauge erzählte, doch dass der Dhemlaner solche Angst vor ihm hatte, berührte Eneas doch. Das hatte er nicht gewollt.
"Ich tue dir nichts. Du brauchst keine Angst haben", beteuerte Eneas, blieb aber erst einmal auf Abstand. Fabiene starrte ihn aus großen Augen an, rief dann einen Brief herbei und hielt ihn dem Hayllier entgegen. Fabienes Hand zitterte so sehr, dass Eneas rasch den Brief nahm bevor der jüngere Krieger ihn noch fallen ließ. Außerdem hoffte Eneas auf einen weiteren Brief von Kosta. Sein Herz klopfte aufgeregt. Vielleicht würde sein Geliebter erklären was es mit Fabiene auf sich hatte oder es wären einmal ein paar freundlichere Worte darin...
Es fing hoffnungsvoll genug an, mit einem Danke schön. Das war gut. Eneas las nervös weiter, seine Finger zitterten auch beinahe. Die Menschen um sich herum hatte er für den Augenblick vollkommen vergessen. Kosta erklärte, dass Fabiene Hilfe benötigte. Er würde alleine nicht zurecht kommen und wäre als Dhemlaner in Raej in Gefahr. Natürlich würde Eneas Fabiene helfen. Dafür bedurfte es eigentlich keinerlei Aufforderung Kostas, das hätte er auch so getan.

Die Worte im Brief wurden fordernder. Vorwurfsvoll und wütend tönte es Eneas entgegen, dass er Fabiene ja seine Unschuld lassen sollte. Er sollte ihn nicht verändern und ihm nicht weh tun mit seinen Worten.
Ich will ihn wieder haben. So wie er ist. Nicht anders. Also lass ihn in Ruhe. Ich werde dir eine Nachricht zukommen lassen, wenn ich ihn wieder zu mir nehmen kann.
Eneas starrte die Worte an. Er setzte sich schwer. In seinem Hals war ein Kloß und er fühlte sich schlecht, doch er konnte auch nicht aufhören die Sätze wieder und wieder zu lesen. Es schien so, als wollte Kosta nichtmal, dass Eneas mit Fabiene redete. Allein das wäre schon schlecht und würde Fabienes Unschuld rauben. Kosta verlangte unmögliches von ihm. Wie sollte der junge Dhemlaner denn bleiben wie er war, wenn er in Zukunft auf einer Pirateninsel leben würde? Wie sollte Eneas lieb zu dem Jüngling sein, wenn er nicht mit ihm reden durfte, weil seine Worte wohl pures Gift waren.
Es schmerzte entsetzlich, dass Kosta ihn für so schlimm hielt, dass er das Leben von Sklaven mit seinen Worten noch weiter verschlechterte. Ihnen die Unschuld nahm wie irgendein Vergewaltiger. Aber so dachte Kosta wohl über das was Eneas bei ihm angerichtet hatte.
Der Krieger biss sich feste auf die Lippen, wurde der versteckten Blicke der anderen und des längeren Schweigens wieder gewahr. Er riss sich zusammen, faltete den Brief hastig wieder zu.
"Wir nehmen Fabiene mit zu uns solange bis Iason wieder Zeit für ihn hat..", sagte er den anderen. "Lanto, wir brauchen Zimmer für die Nacht. Und dann will ich wissen was eigentlich in der Stadt hier los ist." Mit den folgenden Worte hatte seine Stimme auch wieder Kraft gewonnen, nur erreichte diese Entschlossenheit nicht seine Augen. Diese wirkten weiterhin unendlich traurig.
Zu Fabiene konnte er nicht schauen. Eneas täuschte die Entschlossenheit nur vor. Im Grunde hatte er keine Ahnung was er jetzt machen sollte.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Fabiene » Do 18. Aug 2022, 04:52

Sobald ihm der Brief abgenommen und Goldauge ihn zu lesen anfing, wurde es ganz still um den Tisch. Fabiene wagte gar nicht aufzuschauen, weil er fürchtete, dass ihn alle finster anstarren würden. Das kannte er so gar nicht, dass man ihn nicht mochte. In Dhemlan hatten ihn alle gern gehabt und ihn angelächelt. Und jetzt?
Der Wirt stubste ihn an und bedeutete ihm, dass er aufstehen sollte. Hastig und etwas ungelenk kam er dem nach. Seine Rippen taten wieder etwas weh. Diesmal schmerzte jedoch sein Hintern ziemlich dolle, weil er direkt hart auf den gefallen war. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie so viele Schmerzen gehabt, wie in dieser Woche. Verloren stand er neben dem Tisch und wünschte sich, jemand würde ihn in den Arm nehmen und ihm sagen, dass alles wieder gut werden würde. Er fühlte sich so alleine. Und gar nicht angenehm ausgestellt unter den tuschelnden Blicken der anderen Gäste. Denn er hatte nichts schönes dargeboten. Er war nur wie ein dummer, unfähiger Idiot vom Stuhl gefallen. Er hatte sich eben so vor dem Piraten erschrocken.

"Ich werd sehen, dass ich wen auftreiben kann, der dir mehr erzählen kann, Taelos", versprach der Wirt dem Piraten und erhob sich. "Seit dem Aufstand auf dem Sklavenmarkt ist noch alles drunter und drüber in dieser Stadt. Hier ich habe doch... ja, genau hier ich habe noch ein paar Zeitungen von diesen letzten zwei Wochen, damit du dir ein Bild machen kannst." Lanto war zum Tresen gegangen und hatte einige Zeitungen und drei Schlüssel hervorgekramt. Die Schlüssel drückte er ihm in die Hand. "Fabiene, bring unsere Gäste nach oben. Gib ihnen das Zimmer was du mit Iason benutzt hast, das daneben und das gegenüber. Deine Kammer kannst du nacher räumen. Nun mach schon. Ich werde hier unten mal etwas das Chaos aufräumen."

Mit grossen Augen starrte Fabiene den Wirten erschreckt an. Er sollte alleine mit den Piraten gehen? Ja, natürlich. Das war ja eigentlich von anfang an so bestimmt gewesen. Nur hatte er es durch das Kellnern irgendwie verdrängt. Brav gehorchte er. Doch sein Herz klopfte wie verrückt, als er die drei Männer und die Lady humpelnd die Treppe nach oben führte. Nervös nestelte er mit den Schlüsseln und es dauerte einen Moment, bis er die Türen offen hatte. Danach stand er hilflos an einem der Türrahmen, während sie die Piraten auf die Zimmer verteilten. Die Heilerin nahm sich das kleinste, die anderen beiden Krieger zogen sich in ein anderes zurück, so dass er nun mit Goldauge alleine zurück blieb. Er bekam vor lauter Angst einen ganz trockenen Mund.

"Es... es tut mir Leid, Euch vorhin so brüskiert zu haben und Euch solche Umstände zu bereiten, Herr", brachte er krächzend hervor, da er das Gefühl hatte, irgend etwas tun zu müssen. "Ich wollte nicht ungehorsam sein. Bitte bestraft mich nicht. Normalerweise bin ich nicht so. Ich bin gehorsam und gehöre nicht zu den Rebellen", beteuerte er Goldauge innig, damit dieser nicht zu gemein zu ihm war. "Ich... ich bin nur noch nie einem Piraten begegnet", flüsterte er hauchend und hätte sich am liebsten in seine kleine Kammer verzogen. Gerade kam sie ihm sehr tröstend vor. "Meine... meine Lehrerin hat gesagt... hat gesagt, vor Piraten soll man sich hüten", versuchte er es möglichst höflich zu erklären. Er sollte besser schweigen. In Konversation war er noch nie sonderlich gut gewesen.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Eneas » Do 18. Aug 2022, 08:20

Lanto selbst erzählte ihm leider erst einmal nichts, wollte jedoch jemanden schicken, der sich besser auskannte. "Sklavenaufstand? Also deshalb die seltsame Stimmung in der Stadt..." Eneas nahm die Zeitungen entgegen, war Lanto bis zur Theke gefolgt. "Was ist mit Iason? Bist du sicher, dass er nicht mehr hier ist? Hat er gesagt, wo er hin wollte oder wann er wiederkommt? Kannst du Briefe für ihn aufbewahren, falls er zurück kommt?" Eneas konnte sich nicht helfen. Am dringendsten wollte er wissen was mit Kosta los war und ob es noch eine Möglichkeit gab ihn zu erreichen. Hinter ihm schmunzelte Olintes über die vielen Fragen, zeigte aber gleich wieder eine ernste Miene, als Eneas sich zu ihm umdrehte und ihn ansprach.
"Kannst du dich in der Stadt umhören? Unsere Kontakte abklopfen... womöglich hat er woanders noch mehr Nachrichten hinterlassen oder jemand weiß mehr", bat Eneas. Olintes nickte und wollte sich gleich auf den Weg machen. Inzwischen hatte Lanto ihnen die Zimmerschlüssel gegeben. Das Zimmer, welches Fabiene mit Iason benutzt hatte? Was hieß hier, benutzt? Wieso wollte Kosta den Dhemlaner überhaupt "haben"? Das war eine seltsame Formulierung im Brief gewesen. Wollte er Fabiene gar als Sklaven halten? Das konnte Eneas sich kaum vorstellen. Schon eher, dass Kosta ein Interesse an Fabiene hatte. Hielt Eneas hier bloß Kostas Liebhaber für später warm? Der Gedanke schmerzte.

Fabiene führte sie die Treppe hoch. Humpelnd. Ob er sich verletzt hatte? Eneas' erster Instinkt war es danach zu fragen, doch wer weiß, ob das dem Jüngling nicht gleich die Unschuld geraubt hätte, dachte er kurz sarkastisch. Eneas wusste nicht, ob der Brief ein gutes oder schlechtes Zeichen war. Kostas Worte konnten auch sehr weh tun. Und sein Freund wusste ganz genau wie er ihn am besten verletzen konnte.
Während Amancio und Olintes sich ein Zimmer teilten, nahm Maria das Einzelzimmer. Damit blieb Eneas bei Fabiene bei dem er immer noch keine Ahnung hatte wie er sich jetzt verhalten sollte.
Der junge Krieger hatte die Türe aufgeschlossen und stammelte dann eine Entschuldigung hervor, flehte ängstlich darum nicht bestraft zu werden.
"Du hast nichts falsch gemacht", sagte Eneas, seufzte dann und betrat das Zimmer. Er hatte das so oft zu Kosta gesagt. Was war so furchtbar an den Worten? Sie stimmten doch. "Es war nicht so schlimm", verbesserte er sich. Ob das half? "Ich war nicht immer Pirat. Ich habe als Stalljunge und Gärtner angefangen", erklärte er und sah kurz aus dem Fenster, sondierte die Straße ehe er sich wieder umdrehte. Fabiene stand verloren und ängstlich am anderen Ende des Zimmers.
"Du musst keine Angst vor mir haben. Ich werde dich nicht schlagen." Eneas sah zu einem der Betten. "Wo hat Iason geschlafen?", fragte er. "Dort?" Der Hayllier setzte sich auf das Bett. Am liebsten hätte er sich in der Decke gewälzt, um vielleicht noch einen flüchtigen Geruch Kostas zu erhaschen. Nur wollte er sich vor Fabiene nicht komplett blamieren.
"Was hat Iason dir denn gesagt über mich?", fragte Eneas. "Was hat er dir erklärt was jetzt passiert?"
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Fabiene » Do 18. Aug 2022, 08:21

Fabiene lächelte scheu, als der Krieger kein bisschen böse wurde und ihm erklärte, dass er nichts falsch gemacht hätte. Nur um sich gleich darauf zu verbessern, dass es nicht so schlimm gewesen sei. Sein Blick wurde noch unsicherer. Also hatte er den Lord doch verärgert, nur zeigte er es nicht. Weil er später mit ihm abrechnen würde? Oder weil er so freundlich war? Fabiene wusste nicht, was er denken sollte. Goldauge war bis jetzt sehr nett zu ihm gewesen. Obwohl er ein Pirat war. Etwas, was er aber nicht immer gewesen sei. Früher sei er Stalljunge und Gärtner gewesen. Wie wurde man dann Pirat, wo man raubte und tötete? Nervös strich er sich über den Arm.

"Danke, Herr", hauchte er schüchtern, als der Taelos ihm versicherte, dass er ihn nicht schlagen würde. "Ich werde auch alles tun, was Ihr sagt." Der Mann schien wirklich nett zu sein, obwohl er Pirat war. Sein Herr hatte es ihm ja eigentlich gesagt. Doch er hatte zu viel Angst gehabt, um wirklich zuzuhören, oder es gar zu glauben.
"Ich weiss nicht, Herr", blinzelte er verwirrt, als er gefragt wurde, wo Iason, also sein richtiger Herr geschlafen hätte. "Äh, ich meine, ich wüsste nicht, dass mein Herr hier geschlafen hätte", erklärte er hastig und wagte es, einen Schritt näher zu kommen, bevor er ewieder unsicher stehen blieb.
"Lord Elajah hat gesagt, dass Ihr mich hier abholen kommt und wir zu einer Pirateninsel gingen", versuchte er sich möglichst gewissenhaft an die Worte seines Herrn zu erinnern. "Ich solle Euch gehorchen und nicht so viel Ärger machen wie bis anhin. Er hat gesagt, Ihr wärt sehr nett und dass ich bei Euch in Sicherheit wäre. Und dass... dass..." Fabiene geriet vor lauter Angst ins Stottern. Ängstlich senkte er seinen Kopf. "Er hat gesagt, dass er mir jeden Knochen im Leib brechen würde, sollte ich Euch auch nur falsch ansehen. Ich soll die Finger von Euch lassen. Egal wie schön ihr seid. Es tut mir leid. Ich kann Euch nicht vollkommen gehorchen. Ich... ich darf mich auch niemandem ohne seine Erlaubnis hingeben oder mich gar an ihn binden. Er hat gesagt, das wäre die letzte, geheime Abschlussprüfung. Dass man die richtige Person findet, an die man sich bindet. Aber das kann man sich doch gar nicht aussuchen, oder? Man bekommt einfach die Herrin oder den Herrn, der einem kauft." Aber ihn hatte niemand gekauft. Er war gestohlen worden. Ach, er war so durcheinander.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Eneas » Do 18. Aug 2022, 08:21

Natürlich versicherte Fabiene sofort, dass er gehorsam sein würde in Zukunft und sprach ihn artig mit 'Herr' an. Eneas hätte ihm jetzt gesagt, dass das nicht nötig wäre und er ihn ruhig dutzen könnte, doch vermutlich hätte das den jungen Dhemlaner nur verwirrt, er würde vielleicht ein grausames Spiel erwarten und am Ende hätte Eneas es noch schlimmer gemacht genauso wie Kosta es ja annahm. Dabei hatte Eneas schon viele Sklaven befreit und ihnen den Weg in ein normales Leben bereitet. Waren die jetzt alle so viel schlechter dran? Es war gemein von Kosta das zu behaupten. Womöglich interpretierte Eneas auch nur zu viel in die wenigen Zeilen hinein.
Wenigstens konnte er etwas für seinen Freund tun. Sich um dessen Liebhaber zu kümmern...
Allerdings antwortete Fabiene da, dass Kosta nicht hier geschlafen hätte. Fabiene machte einen Schritt näher, sehr scheu und unsicher. "Hat er nicht? Wo hat er dann geschlafen? Weißt du das?", fragte Eneas. Der jüngere Krieger wirkte sehr nervös überhaupt Fragen zu beantworten. "Oder erinnerst du dich an einen Ort, wo du mit Iason warst?"
Er stellte wohl viel zu viele Fragen auf einmal. Zunächst erzählte Fabiene, was Kosta ihm über Goldauge gesagt hatte. Dass er sehr nett wäre und Fabiene bei ihm in Sicherheit wäre.
"Das stimmt", bestätigte Eneas lächelnd. "Du bist bei mir in Sicherheit. Die Pirateninsel ist nicht so schlimm wie es sich vielleicht zuerst anhört."

Der Jüngling hatte jedoch noch mehr zu sagen. Etwas, was ihn noch ängstlicher machte ehe er stotternd vorbrachte, dass Kosta ihm gedroht hätte.
"Er hat gesagt, dass er mir jeden Knochen im Leib brechen würde, sollte ich Euch auch nur falsch ansehen. Ich soll die Finger von Euch lassen", erklärte Fabiene. Eneas merkte überrascht auf, Hoffnungsschimmer in den Augen.
"Das hat er wirklich gesagt? Wiederhol es noch einmal, bitte", bat Eneas. Er wollte das noch einmal hören. Wieso hatte Kosta den Krieger so sehr gedroht? War es ihm jetzt doch nicht egal, dass Eneas jemand anderen hatte oder war es so zu verstehen, dass Fabiene unberührt bleiben sollte? Eneas wog die Worte hin und her. Die weiteren Worte Fabienes, dass Iason ihm verboten hätte sich irgendwem hinzugeben, ließen die Waage leider zugunsten Fabienes kippen. Eneas wurde wieder niedergeschlagen.
Es wäre Kostas momentaner Wut zuzutrauen, dass er befürchtete Eneas würde auch Fabiene sofort ausnutzen. Der hayllische Krieger seufzte traurig.
"Er hat gesagt, das wäre die letzte, geheime Abschlussprüfung. Dass man die richtige Person findet, an die man sich bindet. Aber das kann man sich doch gar nicht aussuchen, oder?", fragte der junge Dhemlaner. Er war wohl kein gewöhnlicher Sklave, sondern ein ausgebildeter Lustsklave. Eneas mochte daran kaum denken.
Es lag ihm auf der Zunge Fabiene von der Liebe zu erzählen, von freier Wahl und allem was dazu gehörte. Aber was wusste er schon davon? Was für eine Wahl hatte er? Er konnte nicht aufhören Kosta zu lieben, obwohl er nicht einmal wusste wann er überhaupt damit angefangen hatte. Wie konnte er das nicht wissen? War seine Liebe dann zu schwach? War sie Gewohnheit? War es überhaupt Liebe, wenn er so darüber nachdenken musste?
Ach, er wurde noch wahnsinnig dabei!
"Ich kann dir deine Fragen nicht beantworten", sagte Eneas schließlich und faltete eine der Zeitungen auf, um sich zu beschäftigen. "Wolltest du nicht deine Kammer ausräumen?", fragte er Fabiene.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Fabiene » Do 18. Aug 2022, 08:22

Sein 'Aufpass-Herr' schien gar nicht mit ihm zufrieden zu sein. Sicherlich nicht mit den Antworten auf seine Fragen, denn er überhäufte ihn gleich noch einmal mit einer Menge Fragen, bei denen es vorallem um Lord Elajah ging. Lord Taelos schien ihn auch nicht haben zu wollen. Fabiene kannte das überhaupt nicht, dass man ihn nicht wollte und ihn stattdessen gar tot sehen wollte, weil er Dehmlaner war. Was machte er denn nur falsch? Er hatte doch eigentlich gar nichts gemacht. Mit grossen Augen und bebenden Lippen wünschte er sich zurück zu seiner ehemaligen Herrin nach Dhemlan. Sie war meistens sehr zufrieden mit ihm gewesen.

"Ich... er hat gar nicht geschlafen, während ich bei ihm war", stammelte er überfordert und versuchte sich krampfhaft zu erinnern, wo er mit seinem Herrn gewesen war. "Nur ich habe kurz geschlafen. Das war in seinem Bett in dem anderen Gasthaus. Ich weiss nicht wie es heisst, oder ob ich den Weg dahin wieder finde. Es war viel nobler als dass hier. Was aber nicht heisst, dass ich Lord Lantos harte Arbeit herabwürdigen will." Fügte er hastig hinzu. Sein Herr hatte mit ihm deswegen geschumpfen.
"Zuerst waren wir auf dem Sklavenmarkt", versuchte er nachdenklich zu rekonstruieren, wo sie überall gewesen wären. "Aber ich glaube, das war nur Zufall. Da war er noch mit seinem Onkel unterwegs. Danach habe ich ihn aus den Augen verloren, obwohl ich mir wirklich Mühe gegeben habe, zu ihm aufzuholen. Dann hat er mich in irgend so einer Gasse von den Leuten gerettet, die mich totprügeln wollten. Ich... ich hatte doch gar nichts böses gemacht. Ich habe nie jemanden getötet." Fabiene nagte an seiner Unterlippe, um die Tränen zurück zu halten, die unweigerlich wieder kommen wollten.
"Dann hat er mich hierher getragen, damit ich duschen konnte und eine Heilerin mich untersuchte", erklärte er weiter. "Das war in diesem Zimmer. Es gab auch etwas zu essen. Die Heilerin wollte mich erst nicht heilen und er musste mich nähen. So wie ein Stück Stoff. Das hat furchtbar weh getan. Zum Glück heilte die Heilerin mich dann noch ein wenig. Wir mussten aber rasch weiter zu dem anderen Gasthof, da Lord Elajahs Onkel sehr streng ist und fürchterlich böse mit ihm war, weil er mich mitgenommen hat. Dabei... ich glaube, er wollte mich gar nicht wirklich haben." Niemand wollte ihn.
"In dem Gasthaus musste ich ein wenig schlafen und dann hat mein Herr mich mit dieser Schleife tätowiert, damit ihr mich findet. Das hat auch ganz furchtbar gebrannt. Doch er hat gesagt, auf der Pirateninsel dürfte ich zu der Heilerin Esmeralda gehen, die mich wieder so hübsch wie am Anfang machen würde. Ich will ihm doch gefallen. Er muss mich ganz hässlich gefunden haben, so zerschlagen und mit den schwarzen Fäden. Ich sah aus wie ein Monster." Nicht weinen. Ihm war beigebracht worden, nicht zu weinen. Doch er hätte gerade so gerne geweint und sich schutzsuchend in Lord Taelos Arme geflohen. Der Pirat war wirklich sehr nett.
"Mein Herr wurde plötztlich ganz wütend mit mir und packte mich fest. Aber wage es nicht, Goldauge auch nur irgendwie anzufassen oder dich ihm anzubieten. Hast du das verstanden? hat er gesagt", wiederholte Fabiene auf Goldauges Wunsch die Worte seines Herrn noch einmal.
"Egal wie gut er dir gefallen mag. Solltest du ihn auch nur falsch ansehen, werde ich dir jeden Knochen im Leib brechen, wenn ich wieder komme. Also lass bloss die Finger von ihm. Wage noch nicht einmal die kleinste Berührung zwischen euch beiden." Doch Lord Taelos hatte ihn angefasst. Hiess dass nun, dass sein Herr ihm die Hand brechen würde? Oder doch gar alle Knochen? Dabei war die Berührung doch gar nicht von ihm aus gegangen.

Fabiene wusste nicht, ob er nun alles richtig gemacht hatte. Es war schwer bei Lord Taelos abzulesen, was er wünschte. Er wirkte mit den Gedanken so abwesend. Irgendwie traurig. Aber vielleicht dachte er das auch nur, weil er selber traurig war. Es war gar nichts mehr so, wie er es kannte. Goldauge wollte ihm auch nichts weiteres über die geheime Abschlussprüfung sagen. Natürlich, sie war auch geheim. Sein Herr musste ein ganz besonders guter Mensch sein, dass er ihm trotztem davon erzählt hatte.
Rasch verneigte er sich und schlich aus dem Zimmer, als er geschickt wurde, seine Kammer zu räumen. Taelos schien sich nicht weiter mit ihm abgeben zu wollen und stattdessen lieber die Zeitungen lesen zu wollen. So traute er sich dann auch gar nicht einzutreten, als er sein Zimmerchen aufgeräumt hatte. Viel gab es ja nicht zum aufräumen und das meiste hatte er sowieso von Lanto ausgeliehen bekommen. Fabiene hatte die Zeit vorallem dazu genutzt, seine Tränen zurück zu drängen. Nun stand er scheu wieder vor dem Zimmer, welches Taelos bewohnte und wagte kaum zu stören. Entsprechend war sein Klopfen auch kaum hörbar. Ihm war so, als würde sein eigenes ängstlich klopfendes Herz ihn schon genügend verraten und Goldauge beim Zeitungslesen stören.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Eneas » Do 18. Aug 2022, 08:23

Nachdem Fabiene gegangen war, dachte Eneas über dessen Worte nach. Mit was für einem Onkel sollte Kosta unterwegs sein? In einem noblen Gasthaus und unter dem Namen Lord Elajah. Fabiene war sich nicht sicher, ob er den Weg dorthin zurückfinden würde, doch eventuell wäre dies gar nicht nötig. Es würde sich bestimmt herausbekommen lassen was Kosta hier in Garois getrieben hatte. Auch diese Stadt hatte ihre unsichtbaren Augen und Ohren.
Trotzdem zerbrach Eneas sich den Kopf über das Verhalten seines wütenden Freundes. War er wirklich im Auftrag von Timaris hier und weswegen? Mit wem war er zusammen? Was wollte er mit Fabiene? Und ob er noch hier war... Eneas musste sich davon abhalten nicht ziellos durch die Straßen zu rennen, um nach Kosta zu suchen.
Der Krieger versuchte sich auf die Zeitungen zu konzentrieren und dadurch wurde Fabienes Geschichte allmählich klarer. Sion hatte beschlossen, dass es in Dhemlan keine Adeligen und keine Sklaverei mehr gab. Das hatte sich bis hierher ausgewirkt und einige Unruhen hervorgerufen. Keine Sklaverei mehr, keine Adeligen, alle Stände gleich.... es klang wie ein Traum. Eneas konnte verstehen wieso die Menschen sich Sion anschlossen. Die meisten waren nicht böse, sie hatten bloß einen Traum... und Sion log sie an. Er musste lügen oder? Timaris hatte gesagt, er wäre ein Dämon und er hätte keinerlei gute Absichten. Nur verstand Eneas nicht wieso Sion der einzige in Terreille war, der die Sklaven befreite...
Wieso wollte das sonst niemand? Nichtmal die Leute, die Sklaven waren. Und wieso war Eneas das selbst gerade alles so egal, wenn er bloß Kosta den Hof machen durfte?

Seufzend ließ er sich zurück aufs Bett sinken, holte die Münzhälfte an der Kette hervor und ließ sich über seinem Gesicht baumeln. War Fabiene ein Test? Eine Chance Kosta zu beweisen, dass seine Worte nicht nur weh taten und er nicht nur alles schlimmer machte? Eneas hatte keine Ahnung wie er das bewerkstelligen sollte. Sollte er sich ändern und dem jungen Krieger nicht sagen wie er fühlte und an was er glaubte?
Es war verwirrend und es tat weh. Was machte er hier in Garois? Eneas ließ seufzend die Kette langsam sinken bis die Münzhälfte auf seinem Mund lag. Tränen stiegen ihm in die Augen. Nicht schon wieder. Seit er sich eingestanden hatte, dass er Kosta liebte und offen vor allen zugegeben hatte, er würde auch mit Männern schlafen, schienen all diese eingeschlossenen Emotionen im unpassendsten Moment aus ihm herausbrechen zu wollen. Wie als hätte er eine Mauer eingerissen. Aber Kosta war nicht da, um ihn aufzufangen und er war allein damit...
Es klopfte zaghaft. Vielleicht schon das zweite Mal, Eneas hatte es nicht gleich gehört. Hastig legte er sich die Kette wieder um, setzte sich auf und wischte sich über die Augen.
"Herein", sagte er ein wenig rau und nach einem längeren Zögern schob sich Fabiene in den Raum. Auch er wirkte traurig und ratlos. Verdammt, scheiß drauf, dass meine Worte ihm die Unschuld rauben, der junge Krieger braucht Hilfe!
Eneas lächelte ihn an an. "Fabiene, du kannst das andere Bett nehmen. Setz dich doch mal", bat Eneas freundlich. "Erzähl mir noch einmal genau wie du Iason kennengelernt hast. Er hat dich nicht gekauft, er hat dich gerettet?"
So erfuhr der Pirat langsam von dem Aufstand aus Fabienes Sicht. Er wusste wohl nicht viel, hatte sich bloß in Sicherheit bringen wollen. "Das muss dir sehr viel Angst gemacht haben oder? So viel Chaos?", fragte Eneas mitfühlend. "Erzähl mir doch von Dhemlan und dort wo du aufgewachsen bist. Wer war deine vorherige Herrin?", stellte er weiter Fragen, aber dieses Mal wohl über etwas woran sich Fabiene seltsamerweise gerne erinnerte. Dabei hatte er schon in jungen Jahren zahlreichen Partnern zur Verfügung stehen müssen. Wie konnte man das toll finden? Eneas hütete sich jedoch etwas abwertendes darüber zu sagen. Es waren nur seine eigenen furchtbaren Erlebnisse, die ihn so denken ließen...
"Kannst du lesen und schreiben?", fragte er und hob dann eine dhemlanische Zeitung hoch. "Lies mir den obersten Artikel vor." Es ging um Sions Rede und damit auch um die Befreiung der Sklaven in Dhemlan.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Fabiene » Do 18. Aug 2022, 08:24

Scheu schob er sich in den Raum, als er die Erlaubnis dazu bekam. Danach wusste er aber schon bald nicht mehr weiter und stand etwas verloren in dem Raum. Sein zeitweiliger Herr erbarmte sich jedoch glücklicherweise un blickte von der Zeitung auf, wies ihn an, sich zu setzen. Fabiene durfte das andere Bett haben. Rasch huschte er dahin und liess sich mit einer anmutigen, verführerischen Bewegung darauf nieder. Das geschah nicht mit Absicht. Es war ihm nur so antrainiert worden und ging nun einmal nicht von heute auf Morgen weg. Zumal ihm auch niemand gesagt hatte, dass er es lassen sollte.

"Nein, ich wurde nicht gekauft", schüttelte er betrübt seinen Kopf. Es war gar nicht so gewesen, wie es seine Herrin ihm erzählt hatte. Er hatte sich nicht in seiner schönen, neuen Kleidung präsentieren können, hatte nicht mit seinen Fähigkeiten den Preis möglichst in die Höhe zu treiben, als Dank an seine Herrin für die gute Ausbildung.
"Ich... ich wurde gestohlen", hauchte er mit grossen, verschreckten Augen dem Piraten das Geheimnis zu. "Es war auf einmal ganz unruhig auf dem Markt. Es wurde wild gerufen und geschrien und der Händler hat die Wachen angebrüllt. Ich wusste gar nicht, was los war. Da kamen Lord Elajah und sein Onkel vorbei. Sie sahen so edel und selbstsicher aus. Da habe ich sie angefleht, mich mitzunehmen. Lord Elajah, wollte, konnte aber nicht. Sein Onkel verbot es ihm. Doch er hat die Stricke getrennt, mit denen wir angebunden waren und als dann noch Steine geschmissen wurden, bin ich Lord Elajah so schnell wie möglich nach. Ich wollte nicht fliehen."
Goldauge war wirklich sehr nett zu ihm und tröstete ihn mitfühlend. Vielleicht war er ja gar kein echter Pirat. Fabiene nickte heftig zu den Fragen, ob er Angst gehabt hatte, bevor er errötete und den Blick senkte. Er sollte sich doch nicht so unbeherrscht verhalten. Trotz des Trostes fühlte er sich noch etwas einsam auf seinem Bett. So weit weg des anderen Kriegers. Schade dass er nicht bei ihm hatte sitzen dürfen. Wobei, Abstand war wohl besser. "Gerettet hat er micht dann in der Gasse, wo mich die wütenden Leute geschlagen und getreten haben, weil ich... weil ich wie ein Dhemlaner aussehe. Aber ich bin keiner. Meine Mama war Raejerin und Papa Hayllier", fügte er hastig hinzu und bekam knallrote Ohren wegen der Lüge. Man durfte doch nicht lügen. Allerdings wollte er auch nicht, dass Taelos böse mit ihm war. Sein Herr hatte gesagt, dass er das sagen solle.

Zum glück glaubte ihm Lord Taelos und wollte von seinem Leben in Dhemlan erfahren. Das war ein schönes Thema. Sofort fingen die Augen des Lustsklaven an zu strahlen. Glücklich und sanft erzählte er von der schönen Villa, seiner freundlichen Herrin und seiner umfassenden Ausbildung. Sanfter Stolz schlich sich in seine Stimme, als er von deinem Geburtstag und seinem Abschluss erzählte. Doch dann war alles anders gekommen als es hätte sein sollen.
Bevor er jedoch wieder traurig darübe grübeln konnte, wollte der Lord eine Probe seiner Fähigkeiten. Er wollte wissen, ob er lesen und schreiben könne. Fabiene sollte etwas vorlesen. Der junge Lustsklave nickte lächelnd. Aber natürlich. Er gonnte gut mit sanfter, wohlklingender Stimme vorlesen. Das hatte zur Ausbildung dazu gehört, damit man seinen Herrn oder seine Herrin auch gut unterhalten konnte.

"Ein Neubeginn!" begann er mit ruhiger Stimme und lieb Lächelnd zu lesen, nachdem er Goldauge die Zeitung demütig abgenommen hatte. Dabei hatte er etwas näher zu ihm kommen müssen, weswegen er sich jetzt kurzerhand vor ihn auf den Fussboden kniete. "Die Welt ist euer, mein Volk! Wer sollte uns aufhalten? Wer, frage ich euch! Hayll? Was hat es außer Illusionen? Die einzigen, die dort Macht und Reichtum angehäuft haben, sind die Adeligen! Sie haben es sich verdient auf den blutigen Rücken ihrer Sklaven! All die Jahrtausende wurde Dhemlan mit Hayll verglichen. Dhemlan war der schwache Part. Nicht mehr länger! Schon bald wird Hayll zu uns aufsehen! Wir werden das Maß der Dinge sein. Eine neue Ordnung wird beginnen!"
"Weswegen ich von diesem Tage an alle Sklaverei in Dhemlan abschaffe!"
"Ebenso wie ich den Adelstum abschaffe! Der Adel hat keinen Wert mehr! Nur euer Blut zählt! Jeder, der sich zu mir bekennt, kann sein Geschick selbst in die Hand nehmen und die Macht bekommen, die er selbst verdient! Die Stände sind aufgehoben!"

Erwartungsvoll blickte er lächelnd und mit grossen, freundlichen Augen zu seinem Herrn auf, nachdem er geendet hatte, ob dieser mit seinem Vortrag zufrieden wäre. Wobei er nicht so ganz sicher war, ob er verstanden hatte, was er da vorgelesen hatte. Wer dieser jemand wohl war, der all diese Dinge tat? Der so wütend auf Hayll war und den Leuten ihre Sachen wegnahm. Aber vielleicht wollte sein Herr gar nicht darüber sprechen und hatte nur eine Leseprobe von ihm gewollt. Es würde sich zeigen.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Eneas » Do 18. Aug 2022, 08:25

Dass Fabiene Gelegenheit bekommen hatte über sein Leben in Dhemlan zu schwärmen, hatte definitiv geholfen, denn nun wirkte er nicht mehr ganz so gedrückt. Als er dann auch etwas vorlesen durfte, schien er sich zu freuen, kniete sich dafür aber vor Eneas hin ehe er zu lesen begann. Er sprach deutlich, ruhig und lächelte immer wieder hoch. Eneas lächelte leicht unbeholfen zurück, sagte aber nichts und ließ den Dhemlaner lesen. Der Tonfall seiner Stimme änderte sich nicht im Geringsten. Hatte er überhaupt mitbekommen was er da gelesen hatte? Dachte er, es beträfe ihn nicht?
Nach dem Artikel schaute Fabiene nach oben. Erwartungsvoll wie als warte er auf eine Kritik seiner Fähigkeit. "Das hast du gut vorgelesen", sagte Eneas deswegen. "Du kannst dich neben mich setzen." Sollte es der junge Krieger ruhig als Belohnung auffassen, Eneas war es bloß unangenehm wie Fabiene dort unten kniete.
"Hast du denn verstanden was du da gelesen hast?", fragte Eneas und wartete auf eine Antwort. Es wurde schnell deutlich, dass dies nicht so ganz der Fall gewesen war. Zumindest bezog es Fabiene nicht auf sich.
"Der Herrscher Dhemlans hat alle Sklaven in seinem Land freigelassen", erklärte Eneas. "Iason hat mir geschrieben, dass du auch Dhemlaner bist. Das musst du vor mir nicht verbergen. Verstehst du, wenn deine Herrin dich nicht nach Raej geschickt hätte, wärest du jetzt ein freier Mann." Wieviel ihm das auch immer gebracht hätte in Dhemlan...
Diese adelige Lady hatte noch Glück gehabt ihre "Ware" vor der Rede verschifft zu haben. Aber den Lohn würde sie dafür nicht mehr erhalten. Eneas hoffte, sie verrottete in einem dhemlanischen Zellenloch. Nein, was dachte er denn da?!

"Viele dhemlanische Sklaven außerhalb von Dhemlan haben davon gehört, dass sie jetzt in Dhemlan frei wären. Deswegen gab es den Aufstand auf dem Sklavenmarkt. Viele Sklaven wollen frei sein und viele dhemlanische Sklaven glauben, dass das jetzt ihr Recht wäre." Eneas konnte einfach nicht anders als darüber zu reden. Er erklärte dem Jüngling doch bloß was geschehen war. Würde Fabiene das weh tun? Würde es ihn zerstören?
Er sah Fabiene forschend an. "Das ist schwer zu verstehen oder? Nicht jeder Sklave ist an einem so schönen Ort aufgewachsen wie du oder hatten so eine nette Herrin." Feine Herrin war das, die Jugendlichen das Gehirn verdrehte, sie manipulierte und zu Lustsklaven machte... sie verkörperte alles, was Eneas an Adeligen und Reichen hasste.
"Manche Sklaven bekommen zu wenig zu Essen, sie werden geschlagen und getreten und nicht gut versorgt. Sie hoffen, das es besser ist, wenn sie die Freiheit haben sich selbst um ihr Leben zu kümmern und zu entscheiden", versuchte Eneas zu erklären. "Verstehst du das?"
Er sollte den hübschen Kopf wohl nicht mit so viel komplizierten Sachen anfüllen. Er tat genau das, was Kosta ihm untersagt hatte. Aber wenn Fabiene mit nach Nuranessa kam, würde er zwangsläufig ehemalige Sklaven sehen und mit ihnen Umgang haben. Eneas hatte es so einfach wie möglich versucht zu erklären.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Fabiene » Do 18. Aug 2022, 08:25

Erleichtert strahlte Fabiene Taelos an, als dieser ihn lobte und ihm gar erlaubte, sich neben ihn zu setzen. Dem kam er nur zu gerne anmutig nach. Es war in letzter Zeit so schwierig geworden, die Sachen richtig zu machen. Es war so ungewohnt, dass ihn niemand so wollte, wie er ausgebildet worden war. Davon hatte seine Herrin nie etwas gesagt.
"Ich bin mir nicht ganz sicher", musste er dann aber verlegen zugeben, als der Pirat, der so gar nicht wie ein Pirat wirkte, ihn fragte, ob er verstanden hätte, was er da gelesen hätte. "Da scheint jemand zu vielen anderen zu sprechen. Jemand, der unheimlich wütend auf Hayll ist und den Leuten ihre Dinge wegnimmt." Was das wohl für ein Mensch war? Wie konnte man nur so zornig sein? Ob er niemanden hatte, der ihn lieb hatte?

Lord Taelos war nicht so ganz zufrieden mit seiner Antwort und erklärte ihm den Zeitungsausschnitt genauer. Vorallem machte er ihn darauf aufmerksam, dass er seine Lüge sehrwohl erkannt hatte. Fabien bekam flammend rote Ohren und ihm war auf einmal sehr heiss.
"Bitte ich wollte nicht lügen", hauchte er ängstlich. "Mein Herr hat gesagt, dass ich das sagen soll, damit ich nicht wieder verprügelt werde, weil doch alle Dhemlaner hassen. Werdet ihr mich jetzt schlagen?" Goldauge war jedoch weiterhin gut und geduldig mit ihm und versicherte ihm, dass er ihn nicht bestrafen würde.
"Hasst Ihr Dhemlaner auch?" wagte er scheu zu fragen, denn er vermeinte eine Abneigung des Kriegers zu spüren. "Weil der Herrscher von Dhemlan, Sion, nicht war, weil der den Leuten ihre Sklaven und ihren Adel wegnimmt? Aber das ist nur in Dhemlan so, oder? Ich gehöre noch immer Lord Elajah, nicht wahr?" Er brauchte doch jemanden, der auf ihn aufpasste und ihn beschützte.

Ziemlich überfordert nickte er auf die Frage, ob das alles schwer zu verstehen sei. Und wie. Es war alles so durcheinander. Warum musste er mit seinem Herrn jetzt über diesen schwierigen Artikel diskutieren? Könnten sie nicht etwas anderes machen? Lord Elaja suchen, zum Beispiel. Davon war vorhin doch die Rede gewesen. Oder Lady Esmeralda aufsuchen. Sein Herr hatte ihm doch erlaubt, zu ihr gehen zu dürfen. Lord Taelso hatte dazu jedoch nichts gesagt.

"Ja, die Sklaven, die geschlagen und nicht gut versorgt werden, sind die, die sich gegen die Herrschafft auflehnen und rebellieren", nickte Fabiene verstehend. "Sie sind ungehorsam und deswegen muss man sie bestrafen. Doch ich bin nicht ungehorsam, Herr. Ihr müsst mich nicht bestrafen. Ich gehöre nicht zu diesen gefährlichen Rebellen." Mit liebevoller Hingabe lächelte er den freundlichen Piraten unschuldig an.
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Re: Geschenk für Goldauge

Beitragvon Eneas » Do 18. Aug 2022, 08:25

Ein Sionanhänger schien Fabiene nun nicht zu sein und er sprach auch nicht sonderlich patriotisch, sondern verstand eher weniger von dem was in seinem eigenen Land vorgegangen war. Er war anscheinend sehr behütet aufgewachsen und man hatte ihm beigebracht keine Stellung zu solchen politischen Fragen zu beziehen. Viel wichtiger war dem jungen Krieger, dass er nicht bestraft wurde und dass man ihn mochte.
"Ich bestrafe dich nicht. Ich weiß warum Iason dir das aufgetragen hat, aber mich musst du nicht anlügen, Fabiene", entgegnete Eneas geduldig. "Ich hasse keine Dhemlaner. Ich habe viele dhemlanische Freunde." Einige von denen er leider schon sehr lange nichts mehr gehört hatte, was ihn beunruhigte. Ging es Andiël gut? Wie würde er von Sions Erlass betroffen sein? Immerhin waren die Sastres eine Adelsfamilie... gewesen.
Fabiene stellte zögernd und doch unbestreitbar besorgt und wissbegierig weitere Fragen. Eneas versuchte ihn zu beruhigen so gut es ging, während er jedesmal seine eigenen worte hinterfragte und an Kostas Brief dachte. Wieso hatte Kosta Eneas' Versuche Sklaven zu helfen so in den Schmutz gezogen? Er hatte mit seiner Art auch Menschen helfen können... er hatte auch Kosta helfen wollen. Es war nicht seine Absicht gewesen ihm so viel zuzumuten. Eneas hatte schon früh erkannt, dass es besser für sie beide gewesen wäre, hätte er Kosta freigegeben, doch er hatte es nicht geschafft. Er hatte Trennungen von seinem langjährigen Freund kaum ausgehalten und so Kosta selbst bei seiner Ausbildung behindert.
Wahrscheinlich genoss Kosta jetzt seine neu gewonnene wahre Freiheit. Von Eneas.

So sagte er Fabiene nicht, dass er nur sich selbst gehöre, obwohl es Eneas schwer fiel. Stattdessen nickte der Kapitän bloß abwesend, versuchte dem Jüngling den Sklavenaufstand zu erklären. Statt dass Fabiene daraus den Schluss zog, er wolle auch frei sein, bekräftigte er die Herren und Sklavenhändler darin die Sklaven zu schlagen, denn die hätten es verdient. Nur um im gleichen Atemzug erneut zu flehen, dass er keiner dieser Rebellen wäre.
Eneas zwang sich dazu das treue Lächeln zu erwidern. "Das sehe ich doch, dass du gehorsam bist. Ich werde dich nie bestrafen, Fabiene. Du kannst mir immer sagen, wenn du etwas brauchst oder Fragen hast. Ich erlaube dir das", betonte er. "Aber bevor wir zur Insel reisen, musst du etwas verstehen. Dort sind viele ehemalige Sklaven. Sklaven, die weggelaufen sind oder die ich und andere Piraten befreit haben." Er machte eine kurze Pause, sah zu wie sich die Verwirrung in der schönen Miene des Kriegers sammelte.
"Du hast das zum Glück nicht erlebt, aber es gibt Sklaven, die werden von ihren Besitzern geschlagen, obwohl sie gehorsam sind. Die Besitzer machen das, weil sie böse und grausam sind. Sie lassen Sklaven extra leiden und geben ihnen ganz wenig zu essen, um Geld zu sparen. Die Sklaven haben niemanden, der sie vor ihrer Herrin oder Herrn beschützt. Nicht nur ungehorsame Sklaven wehren sich, auch gute Sklaven. Weil sie die Schmerzen und das Leid nicht länger ertragen, weil sie überleben wollen."
Eneas konnte förmlich sehen wie diese komplexe Idee von einem bösem Besitzer, den man schutzlos ausgeliefert war, nur allmählich Fabienes Geist betrat. Aber zurücknehmen konnte Eneas es auch nicht mehr und wenn er es Fabiene nicht erklärt hätte, hätte er es vielleicht auf anderem, brutalerem Wege erfahren.
"Du hast Glück gehabt, Fabiene. Du bist bei uns gelandet. Du kommst zu keinem bösen Herrn. Das versprech ich dir", sagte Eneas ehrlich und verließ schnell die Erklärung über die Sklavenbesitzer. "Du musst keine Angst haben. Die Insel ist ein wunderschöner Ort und niemand wird dich dort verprügeln, weil du ein Dhemlaner oder Sklave bist. Ich beschütze dich."
Er griff vorsichtig nach Fabienes Hand. "Nein nein, keine Angst. Ich weiß, Iason hat dir das verboten." Aber sicher hatte Kosta nicht gewollt, dass der arme Jüngling nun keinerlei tröstende oder freundliche Berührung mehr erfuhr. "Ich glaube, er hat damit gemeint, dass wir uns nicht sinnlich berühren oder miteinander schlafen. Das werde ich nicht tun. Ich.. mmhhh.. spare mich auf für Iason", versuchte Eneas zu erklären. Selbst wenn Kosta ihn jetzt nicht wollte, so würde Eneas warten und momentan wollte er sich wirklich nicht jemand anderem hingeben. Egal wie einsam das Warten werden würde. Er wollte Kosta.
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