Re: Verstummt
von Eneas » Sa 8. Okt 2022, 14:50
Als Eneas ihn zu Rede stellte, dass er ihn absichtlich verletzte, um ihn auf Abstand zu halten, kochte bei Kosta noch mehr die Wut hoch. Eneas fragte ihn wieso es nicht reichen würde, dass sie einander wollten. Sein Freund explodierte, schrie ihn an, wieso es denn nicht reichen würde. Davor hätte er noch gesagt, es reiche nicht.
Eneas öffnete den Mund, fieberhaft nach Worten suchend. "Du- du verdrehst mir die Worte!", warf er Kosta vor. Ja, klar, auf dem Schiff hatte Eneas gemeint, dass es ihm nicht mehr reichte, wenn sie bloß heimliche Liebhaber waren. Aber jetzt meinte er doch etwas ganz anderes.
"Es war auch nicht in Ordnung!", schrie er, um zu Gehör zu kommen, "Das hör ich doch gerade von dir ganz genau. Du hast scheinbar neue Vorstellungen gebildet wie es zwischen uns ablaufen soll. Sag mir nicht, du denkst immer noch, unsere Ab und An Liebschaft wäre für dich in Ordnung." So aufgebracht wie Kosta war, so oft sie über eine mögliche Beziehung diskutierten und nun auch noch stritten, da war für Eneas eindeutig, dass sich Kostas Meinung gewandelt hatte. Im Grunde begrüßte Eneas dies, aber er hatte nicht erwartet, was für extreme Vorstellungen Kosta über eine Beziehung zwischen ihnen hatte. Eneas verstand diese noch nicht richtig.
Kosta warf ihm vor, dass Eneas lügen würde. Er würde verhindern, dass sie zusammenkämen und er wollte sich auch nicht ändern. Er wollte genau das gleiche wie früher.
Empört und verletzt sah Eneas seinen Liebsten an.
"Das stimmt nicht!", erwehrte er sich der Behauptung und schüttelte abwehrend die Hände, "Ich will nicht genau das gleiche. Ich will eine feste Beziehung mit dir. Ich will dein Gefährte werden!", rief er energisch, "Das ist total anders als das was wir früher gemacht haben! Siehst du das nicht?!" Er raufte sich die Haare. Dass Kosta das nicht so sah, tat unglaublich weh. Es wirkte so, als sei es nichts besonderes, wenn sie Gefährten sein würden. Eneas hatte sich - vielleicht naiverweise - ausgemalt, sein Liebster würde ekstatisch über den Gedanken sein, dass sie Gefährten würden, aber es schien ihn nichtmal zu beschäftigen. Ob sie nun Gefährten waren oder nicht, alles war in Ordnung, alles war egal, nichts störte ihn. Es tat weh und machte Eneas wütend.
Kosta beharrte trotzdem, dass sich nichts geändert hätte. Eneas wollte weiterhin, dass die versauten Dinge im Verborgenen blieben. Der schöne Krieger machte einen halben Schritt auf ihn zu, starrte ihn erbost an und zischte, dass er damit im Verborgenen bleiben sollte, denn er wäre durch und durch versaut. Er würde sich dessen aber nicht schämen und es genießen. Wenn Eneas ihn verstecken wollte, sollte er ruhig, es störe ihn nicht.
"Was redest du da für einen Mist?!", gab Eneas aufgebracht zurück, "Ich meinte doch nur, dass ich den Sex und diverses versautes Vorspiel nicht in die Öffentlichkeit tragen will. Nur weil ich in Gegenwart unserer Freunde oder dergleichen bedeckt bleiben will, bin ich nicht gleich verklemmt! Das heißt nicht, dass ich nicht vor allen anderen Händchen halten will oder umarmen, oder meinetwegen rumknutschen und auf deinem Schoß sitzen. Ich will dich nicht verstecken! Darum geht es mir doch." Dass ihre Liebschaft eben nicht mehr im Verborgenen war. Aber das war Kosta ja scheinbar sowieso egal.
Wieso wollte Kosta ihm nicht glauben, dass Eneas bereit für etwas neues war und sich ändern könnte? Der andere Krieger hatte einen Schritt zurückgemacht und wandte sich ab.
"Kosta?!", rief Eneas ihm her, "Ich bin bereit! Bist du denn bereit, hm? Jedes Mal, wenn du mir sagst, dass dich nichts stört und dir alles recht ist, klingt es so, als sei dir alles scheißegal!" Aber sein Freund drehte sich nicht mehr um und eilte schnellen Schrittes den Hügel hinunter. Eneas fluchte unflätig, und dann nochmal. Scheiße!
Was machte er da? So schlimm hatten sie seit dem Streit im Schiff nicht mehr gestritten. Wie sollte das je etwas werden mit einer Beziehung, wenn sie jetzt schon dauernd stritten? Eneas stöhnte unzufrieden. Das war nicht gut gelaufen, aber er wusste selbst, dass es nichts brachte, Kosta nochmal nachzueilen. Wenn er in die Ecke gedrängt würde, würde daraus gar nichts gutes kommen.
Frustriert ging Eneas nach einer Weile langsamer den Hügel hinunter. Es war dunkel und er sah kaum etwas, aber gerade wollte er keine Lichtkugel herbeirufen. Er gehörte gerade in die Dunkelheit. Verdammt, er hatte so scheiße reagiert. Wo war der Vorsatz geblieben, einen ruhigen Kopf zu behalten? Hatte Kosta recht und sie würden nie mehr als ein paar Gelegenheitsliebhaber sein und das war okay? Eneas seufzte. Vielleicht hatte sein Freund auch etwas ganz anderes gemeint. Es war schwer, ihn momentan zu lesen.
Der Pirat ging weiter zurück in Richtung Dorf.
Ein Rascheln schreckte Eneas aus seinen Gedanken auf. Er blickte zur Seite und sah gerade noch wie ein junges Mädchen gebückt durchs hohe Gras schlich. Sie versuchte ihre Signatur zu verbergen, aber es gelang ihr nur mäßig. Eneas spürte, dass da seine Nichte unterwegs war.
"Pandora?", rief er sie an.
Er hörte ein erschrockenes Keuchen, und dann ein leises 'Mist'.
"Pandora", wiederholte Eneas mahnend, "Ich spür dich. Was machst du so spät noch hier draußen?"
Es raschelte nochmal und dann tauchte die junge Königin zwischen dem hohen Gras auf. Trotzig blickte sie ihn an. "Zur Strandfeier gehen", sagte sie. Eneas nickte. Das ergab Sinn, aber wieso machte sie so ein Geheimnis darum? Oh... vielleicht hatte es Estella ihr nicht erlaubt, ging ihm auf.
"Und was sagt deine Mama dazu?", fragte er. Pandora nagte an ihrer Unterlippe, schien zu überlegen. Womöglich, ob sie ihren Onkel anlügen sollte oder nicht, doch dann schien sie zu dem Schluss zu kommen, dass das sowieso nicht funktionieren würde und verlegte sich gleich aufs Protestieren.
"Ich bin nicht zu jung! Jetzt sind wir schon weg von Mineva und sie verbietet mir immer noch alles!", maulte sie. "Ich wollte doch gar nicht lange bleiben!"
Eneas wusste, dass auf der Feier ein paar ältere Jungs sein würden. Womöglich hatten die Pandoras Neugier und Estellas Sorge geweckt. "Hör mal, deine Mama verpasst mir auch noch Hausarrest, wenn ich dich nicht zurückbringe...", setzte er an. "Wenn sie sieht, dass dein Bett leer ist, macht sie sich bestimmt große Sorgen."
Pandora rollte mit den Augen und stöhnte auf. "Du bist so uncool", jammerte sie. Uff. Eneas lächelte verkniffen und strich sich über den Hinterkopf.
"Ich bin uncool? Hast du mein Piratenschiff gesehen?", verteidigte er sich. Eneas fühlte sich plötzlich so alt.
"Dann lass mich zur Feier", bat Pandora. Eneas musste trotzdem den Kopf schütteln. Er winkte sie zu sich. Mit hängendem Kopf und maulend wie ungerecht alles sei, kam das Mädchen auf den Weg. Dabei raschelte das Gras, doch Eneas sah wie sich die Grashalme auch weiter entfernt auf der Wiese bewegten. Jemand, der sich genau dann bewegte, wenn Pandora es tat. Geschickt, doch als Eneas seiner Vermutung nachging und seine Sinne schweifen ließ, merkte er die kleine, vertraute Signatur.
"Okay, raus aus der Wiese!", rief er. Wieviele steckten da noch drin? "Tileo!", wiederholte Eneas ein bißchen strenger. Schließlich sollte der Junge erst recht nicht nachts herumschleichen. Ach, sie hatten ihm viel zu viele Piratenkniffe beigebracht.
Trotzdem kam der Junge schließlich zögerlich aus der Wiese und stand nun betreten neben Pandora. Die Königin war eindeutig überrascht. "Du wolltest auch zum Strand?", fragte sie.
"Auf der Strandparty sind ältere Jugendliche, die Bier trinken. Das ist erst recht nichts für dich, Tileo. Wieso bist du nicht in deinem Bett?", ermahnte Eneas ihn.