Re: Liebe und doch nicht genug
von Ulysses » Fr 12. Aug 2022, 16:09
Mit äußerst gemischten Gefühlen war Ulysses zurück zum Hafen gekehrt. Er hatte sogar kurz überlegt die Königin um eine kurze Audienz zu bitten, um sich zu entschuldigen, doch sie hatte heute schon genug ihrer kostbaren Zeit geopfert. Es war besser, wenn sie nicht alles von diesem Drama mitbekam.
Ebenso wie Eneas nicht alles erfahren sollte. Ulysses brachte es einfach nicht übers Herz. Die Hoffnung, dass er zurück auf der 'E' noch einen Moment hätte, um mit den anderen zu reden, wurde sofort zunichte gemacht, da Eneas sofort angeeilt kam und ihn erwartungsvoll ansah.
"Und? Hast du ihn angetroffen? Hast du ihm die Rosen geben können? Was hat er gesagt?", bestürmte der Kapitän ihn mit aufgeregten Fragen. Es war lange her wo Ulysses ihn so erlebt hatte. Für diesen kurzen Moment wirkte Eneas noch voller Erwartung, Hoffnung und Glück.
"Ja, ich habe ihm Strauß und Brief gegeben. Er war.. sehr überrascht", erzählte Ulysses. "Besonders über die Rosen."
Eneas' Gesicht hellte sich noch mehr auf. "Wirklich? Sie haben ihm gefallen? Hat er mich erwähnt?", kamen gleich weitere Fragen. Ulysses wand sich leicht.
"Mit den Rosen hat er nicht gerechnet. Er dachte zuerst, sie wären für Timaris", hielt Ulysses sich beharrlich an das Positive. Er atmete tief durch. "Aber er ist immer noch sehr.. hmmm.. wütend und durcheinander", fuhr er leiser fort und legte Eneas eine Hand auf die Schulter. "Ich denke, er braucht mehr Zeit. Ich habe versucht ihm zu erklären, dass wir es nicht böse meinten und ob er nicht zum Schiff zurückkommt, um mit dir zu reden."
Eneas nickte. "Ja, darum habe ich ihn im Brief auch gebeten. Hat er gesagt, ob er kommt?"
Ulysses schüttelte den Kopf. "Heute bestimmt nicht mehr", wollte er Eneas' Hoffnungen nicht unnötig schüren. "Bedräng ihn einfach nicht so sehr. Heute kannst du deswegen sowieso nichts mehr machen", verhinderte er lieber gleich, dass Eneas ihn verzweifelt ein zweites Mal losschickte. Mit noch mehr Rosen.
Er hatte Eneas nochmal auf die Schulter geklopft und war dann müde runter zur Messe gegangen. Farell und Rachel saßen dort beisammen, tauschten Küsse aus. Ulysses wollte schon wieder gehen, als Farell ihn fragte wie es gewesen war.
"Brutal", seufzte Ulysses. "Er hätte mich beinahe verhaften lassen wegen Belästigung." Farell sah ihn erstaunt an. "Nein, das weiß der Käpt'n nicht. Soll er noch ein bißchen länger träumen."
"Das wird wieder das. Wir kommen hier unter sechs Monaten doch niemals weg", bemerkte Farell. Rachel schmiegte sich an ihn.
"Wir sollten jetzt gleich ablegen", fand sie. "Dann haben sie keine Chance sich gegenseitig das Herz aus Dummheit zu brechen."
"Zwei Monate auf Andiëls Liebesschlösschen. Das bräuchten wir", fand Farell mit halbem Grinsen. Dann wurden ihre Mienen wieder schwerer, als sie daran dachten, wo Andiël gerade war und dass dieses Schlösschen wahrscheinlich momentan in den Händen von Sions Soldaten war. Eine Schande.
"Wo ist eigentlich Damien?", fragte Ulysses.
"Leto trösten", antwortete Rachel.
"Trösten", fügte Farell grinsend hinzu und machte dabei mit den Fingern Gänsefüßchen in die Luft. Ulysses hob fragend eine Augenbraue. Rachel sah grinsend zu ihrem Freund zurück.
"Ist kein Geheimnis, dass er auf Leto steht", sagte sie.
"Die beiden sind nichtmal einen Tag auseinander", warf Ulysses ein. Da würde Damien sich nicht gleich an Leto heranmachen. Anderseits glaubte der Krieger nicht, dass es Eneas wirklich viel stören würde. Der hatte gerade andere Sorgen.
Sie saßen noch nicht lange in der Messe, als Maria hereingerannt kam. "Kosta ist am Pier!" Sofort waren alle auf und stürmten aus der Messe. Der arme Cleos konnte ihnen im Gang noch gerade so ausweichen, blickte ihnen verwundert hinterher. Oben an Deck versuchten sie sich so dezent wie möglich zu platzieren. Am besten ging das hinter dem Aufbau am Achterdeck.
Ulysses überlegte, ob er nicht mit Eneas vorher sprechen sollte, aber es war zu spät. Sie sahen ihn schon auf dem Steg stehen. Kosta stieg aus einer Kutsche, gefolgt von diesem Jugendlichen. Oh Nein. Und Kosta hatte auch noch den Blumenstrauß in der Hand. Oh nein...
"Das wird hässlich", flüsterte Farell, als er das sah.
"Wart doch mal ab", erwiderte Maria wispernd.
Ulysses wollte nicht wirklich lauschen oder spionieren. Sie sollten die beiden in Ruhe lassen, doch Kosta hatte auch jemanden angeschleppt und dann war da immer noch die Gefahr, dass eine weitere Rauferei ausbrach. Es war besser die zwei nicht aus den Augen zu lassen.
Sie konnten Eneas Gesicht nicht sehen, aber vermutlich strahlte er Kosta gerade verliebt an oder etwas in der Art.
"Du bist zurückgekommen", freute der Kapitän sich. "Ich.. äh.. wollte dir noch mehr schreiben. Ich hatte so gehofft wir könnten noch einmal miteinander reden. Es tut mir alles so leid, was passiert ist. Die Rosen.. oh.. gefallen sie dir?"