Re: Der Verrat
von Yadriël » Sa 20. Aug 2022, 21:57
Iason kam zu ihm, berührte ihn an der Seite. Entweder um ihm nach dem Stoß Tigers zu stützen oder um ihm einfach wieder näher zu kommen. Zucker schenkte dem momentan aber keine Beachtung, wo der Kriegerprinz solche überwältigenden Neuigkeiten bekommen hatte. Das brachte Zucker dazu, auch kurz darüber nachzudenken, ob irgendwann jemand bei ihm angelaufen käme, um ihn zu informieren, dass er Vater war. Möglich war das schon, so oft wie er rumgekommen war, aber es würde wohl niemand nach ihm suchen, sondern froh sein, dass er so weit weg war wie es nur ging. Seine früheren Besitzer hielten ihn für tot und das war auch besser für Zucker.
Währenddessen begann sich Tiger mit Rashar zu streiten, wollte sofort aufbrechen, um seine Tochter zu sehen. Iason heizte das wohl bloß noch mehr an indem er davon berichtete, dass Lhal gesund wäre, wie sie aussah, wie schön, neugierig und intelligent sie wäre.
"Tiger, du kannst dich nicht mehr heraushalten", fuhr Rashar weiter. Der Tigerlaner Mischlung grollte hörbar ehe er aufmerkte, nachdem Iason erwähnt hatte, wo sich Tigers Bekannte und ihre Tochter aufhielten.
"In Draega? Ebonie lebt nicht an Höfen. Nicht mehr. Und bestimmt nicht in diesem Schlangennest", fuhr Tiger auf. "Ich muss zu ihr."
Der Kommandeur trat zu ihm, blieb vor der Türe stehen. "Nachdem wir in Raej fertig sind. Du hast doch Pelagés Nachricht gehört? Wir sind so nah dran."
"Dafür braucht ihr mich nicht." Tiger trat Rashar gegenüber, die Haltung angespannt, die Muskeln arbeitend. "Du verstehst das nicht. Das ändert alles." In der Hand hielt er ungewöhnlich behutsam die Locke, hielt sie hoch.
"Du willst wegrennen und den Kopf in den Sand stecken? Sion wird nicht aufhören. Er kann nicht aufhören, das hast du selbst gesagt." Der Eyrier blickte kurz hinüber zu Zucker und Iason, zögerte dann aber nicht, als er weitersprach. "Wir müssen das Ritual verhindern."
Der Kriegerprinz knurrte, wandte sich ab. "Das kannst du auch ohne mich", sagte er.
"Das ist nicht wahr! Du warst derjenige, der damals dabei gewesen ist, nicht ich. Was ist, wenn es nicht funktioniert? Ich brauche dich dabei", appellierte Rashar an ihn. Tiger schritt trotzdem zur Türe. "Vergiss nicht, was ich für dich getan habe! Du schuldest mir!", rief Rashar. Der Kriegerprinz brüllte, stieß die Faust gegen die Lehmwand. Der Raum wankte, Lehm und Stroh fiel von der Decke. Zucker trat rasch einen Schritt zurück. Tiger sah schnaubend über die Schulter.
"Selbst wenn du die Welt rettest, wird das auch nicht wieder ungeschehen machen, was du verbrochen hast", sagte er. "Ich habe das vor langer Zeit akzeptiert. Hast du?"
Dieses Mal war es Rashar dessen Gesichtsausdruck sich verhärtete. "Wir sind Freunde, aber wenn ich muss, fordere ich meinen Gefallen ein. Du kannst gehen, nachdem wir die Welt gerettet haben."
Der Tigerlaner sagte nichts mehr, riss die Türe auf und ging. Zucker wagte nicht zu sprechen. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass sie das eigentlich alles nicht hätten mit anhören sollen. Der Kommandeur rührte sich auch eine Weile nicht ehe ihm wieder einzufallen schien, dass Zucker und Iason noch hier waren. Der Eyrier wirkte abgezehrt. Die komplette Kompanie war bis an den Rand der Erschöpfung getrieben worden, aber in Fort Maloun hatten sie Zeit gehabt sich zu erholen. Bloß Rashar... er wirkte nie erholt, stets sorgenvoll.
"Ich schreibe dem Boten eine Nachricht mit der Uhrzeit und dem Treffpunkt. Zucker wird dich begleiten zu ihm", sagte Rashar. Zucker blickte überrascht auf, wollte schon protestieren.
"Ich weiß, dass ihr etwas miteinander hattet und dass du Zucker schon einmal hast bezirzen können. Gerade deswegen wird er doppelt gut aufpassen, dass ihm dieses Mal nicht das gleiche passiert. Habe ich Recht?", fragte der Kommandeur. Zucker nickte. "Es dämmert bald, ihr brecht lieber erst nächste Nacht auf."