Re: Geständnis auf Nuranessa
von Kosta » So 31. Jul 2022, 23:02
"Nein, nein, Kassiendra ist die gute Seele von Nuranessa, nicht ich", wehrte Kosta hastig ab. Mit ihren ganzen Unterstellungen machte sie ihn total verlegen. Seine Wangen färbten sich leicht rosa und er senkte seinen Blick. "Natürlich habe ich mitgeholfen, die Stadt aufzubauen. Wir alle haben das. Das ist nicht allein mein Verdienst." Er würde sich zu Tode schämen, wenn hier tatsächlich eine Gründerstatue von ihm stünde. Er würde sich hier nie wieder blicken lassen können.
Konnte er jetzt aber aus einem anderen Grund nicht mehr. Deswegen verabschiedete er sich heimlich von allen und blieb auch ja bei jedem stehen, der ihn ansprach. So kamen sie auch erst ausserhalb der Stadt besser vorwärts und er konne Laree ungehindert erzählen, wie sie Piraten geworden sind.
"So ähnlich", lachte Kosta als Laree nachfragte, wie dieses Pirat spielen denn funktioniert hatte, schüttelte dann aber seinen Kopf. "Sie hat uns behütet wie eine Glucke. Ich glaube, das hat sie deiner Mutter abgeschaut. Dabei hatten die meisten von uns doch eine militärische Ausbildung absolviert. Wir haben damals auch noch keine schwer gerüsteten Schlachtschiffe angegriffen. Das waren nur so kleine Schiffe irgendwelcher Adliger die eine Vergnügungsfahrt unternommen haben. Sie wurden gekidnappt und für ein Lösegeld wieder freigelassen. Niemand kam dabei ernsthaft zu schaden. Auch auf der anderen Seite nicht. So schlimm war es wirklich nicht." Doch Laree wollte einfach nichts gutes über Timaris hören und hasste sie von ganzem Herzen. So unterstellte sie ihrem Bruder auch gleich, dass er aus verblendeter Liebe heraus später Pirat geworden sei.
"Nein", schüttelte Kosta seinen Kopf. "So war es nicht. Oder vielleicht zu Anfang doch. Ich weiss es nicht. Wir sind nicht gleich Piraten geworden, sondern sind erst noch weiter in der Welt herum gesegelt und haben neue Häfen erkundet." Verzweifelt von einer Taverne ins nächste Bordell in der Hoffnung, dass der Schmerz irgendwann nachlassen würde. "Für deinen Bruder kam die Entscheidung Pirat zu werden dadurch, dass er endlich etwas in der Welt bewegen wollte. Dass er etwas ändern wollte und so begannen wir damit Sklavengaleeren zu überfallen." Und inzwischen waren sie nicht mehr die einzigen, die das taten.
"Oh, ich glaube, das willst du nicht wissen", wehrte Kosta lachend ab, als Laree nach der Grundlage von Eneas Seefahrerromanen fragte. Inzwischen konnte sie sich das wohl selbst denken, wieviel davon auf eigenen Erfahrungen beruhte.
"Wann immer es geht", nickte Kosta auf ihre Frage nach den Sklavenkindern. "Wobei, eigentlich machen wir keinen Unterschied. Nur haben Kinder es schwerer, nacher weiter zu machen, denn sie brauchen jemanden, der auf sie aufpasst. Sie brauchen eine Familie. Eine erwachsene Frau kann sich leichter eine Wohung, eine Arbeit und Freunde suchen. Deswegen sind so viele Kinder und Jugendliche hier. Ausserdem ist die Schule auch hier. Aber heute Nachmittag ist frei. Der Unterricht ist nur morgens. Ich bin so froh, dass Timaris Kindersklaven in Hayll verboten hat, als sie die Territoriumskönigin wurde. Leider gefällt das aber nicht allen und es wird fleissig im verborgenen weiter gehandelt. Es ist schwerer sie zu befreien. Aber wenigstens ändert sich das Bewusstsein der Menschen. Nur ganz langsam, aber es gibt immer mehr, die es abscheulich finden, Kinder zu versklaven oder sich Sklaven zu züchten."
Mit wehmütigem Glück strahlte er Laree an, bevor er vollkommen davon vereinahmt wurde, all die Kinder zu grüssen, sie zu drücken und sich von ihnen mitziehen zu lassen. Er winkte noch rasch Laree und dann Kassiendra zu, die ebenfalls auf den Hof gekommen war, bevor er dann nur noch für die jungen Wesen da war. Ein Mädchen, schon fast eine Frau, kam herbeigerannt, hängte sich ihm um den Hals und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, strahlte ihn an und flüsterte ihm aufgeregt zu, dass sie jetzt einen Freund hätte. Nach und nach kamen auch die Jugendlichen und sogar einige Erwachsene dazu. Es gab ein grosses Hallo und Kosta stimmte zu ihnen eine Geschichte zu erzählen. Eine ganz neue. Die von Tileo und der Teddybärenbande. Bald schon sass der bunte Haufen im Hof unter den Bäumen im kühlen Schatten.
"Willkommen Venka", grüsste die Priesterin Laree derweil mit einem freundlichen Lächeln. "Ich bin Kassiendra. Es tut mir Leid, aber ich fürchte, du wirst Iason mindestens die nächste halbe Stunde entbehren müssen. Magst du dich derweil mit mir etwas in den Schatten setzen? Die Kinder haben heute Morgen frische Limonade gemacht, die ich dir anbieten könnte." Laree schien dem nicht abgeneigt und so wies die Priesterin auf eine Stuhlgruppe um einen kleinen Steintisch unter einem Orangenbaum, bevor sie zurück ins Haus kam, um gleich darauf Gläser und kühle Limonade aufzutischen. Sie schenkte ihnen beiden ein und setzte sich dann zu Laree. Lächelnd blickte sie zu Kosta, der umringt von den Kindern und Jugendlichen war, die alle eine tröstende Berührung von ihm haben zu wollen schienen.
"Das Herz von Nuranessa", bemerkte die Priesterin sanft und voller Hingabe. "Der wahre Schatz der Piraten hier."