Re: Suche nach dem verlorenen Paar
von Kosta » Sa 22. Okt 2022, 09:19
Geistesgegenwärtig sorgte Eneas dafür, dass der Krieger seiner Freundin half und nicht zu sehr nach dem Schleim fragte. So wogte die Panik des Mannes ab und auch die Hexe konnte sich in seinen Armen gut erholen. Aufmunternd lächelte Kosta sie an. Er wusste, wie gut sich das anfühlte. Ab da konnte Eneas ihnen in Ruhe erklären, was passiert war. Kosta wusste nicht, ob es eine gute Idee war, danach zu fragen, ob die Leute aus Amdarh kamen. Er hatte Angst davor, dass den Leuten danach Spionage oder ähnliches vorgeworfen wurde, wenn bekannt würde, dass die Menschen, die diesen Schleim ausgewürgt hatten, in Dhemlan gewesen waren. Er war jedoch eifrig dabei zu versichern, dass Sion nicht mehr lebte. Eine überwältigende Nachricht. Doch zumindest die Hexe musste spüren, dass er die Wahrheit sprach, auch wenn sie noch so unglaublich war.
Das Paar war ihnen jedenfalls unglaublich dankbar und wollte sie kaum mehr gehen lassen. Kosta erklärte ihnen jedoch, dass es womöglich noch andere gab, die Hilfe benötigten und sie deshalb weiter müssten. Das verstanden die Beiden. Sie überlegten sogar, ob sie selber helfen konnten. Kosta nickte ihnen zu, ehe er mit Eneas rasch weiter eilte. Es gab tatsächlich noch einige, denen sie helfen konnten. Unter anderem einem fahnenflüchtigen Soldaten, der danach, so schweigsam er auch war, einen guten Schluck Rum sehr wertschätzte. Kosta musste schmunzeln. Ja, so ein Schluck Rum konnte manchmal wunder wirken.
Andere waren gesprächiger. Zum Beispiel ein Eyrischer Adliger, der ihnen so dankbar war, dass er ihnen Geld anbot. Eneas und Kosta lehnten ab. Es tat einfach nur gut, endlich wieder helfen zu können. Etwas bewirken und Hoffnung bringen zu können. So riet er dem Mann nur, anderen auch versuchen zu helfen und das Geld ansonsten jemandem zu spenden, der alles verloren hatte. Von denen gab es durch den Krieg viel zu viele.
Schwieriger wurde es bei einer Schwarzen Witwe, die aus eine Bar getaumelt kam und sich auf offener Strasse übergab. Viele betrunkene Umstehende hatten Angst, dass sie ansteckend oder von einem Dämon besessen war. Zweiteres stimmte zwar, doch niemand wollte ihnen glauben, dass es etwas gutes war, wenn sie den Schleim auswürgte. Eneas musste sogar einige mit seinem Schlagstock zurückdrängen, damit Kosta sich um die Schwarze Witwe kümmern konnte. Etwas, was schon so schwierig genug für ihn war. Einfach aufgrund der Blutskaste, überkam Kosta ein heftiges Zittern und das Atmen fiel ihm schwer. Trotzdem gab er sich alle Mühe, ihr zu helfen. Die Schwarze Witwe hatte grosses Glück gehabt, dass sie aus Amdarh entkommen war.
Irgendwann schafften sie es schliesslich doch noch zu Lucius an den Strand. Die Nachricht, dass Sion tot war, hatte sie jedoch inzwischen schon längst überholt. Inzwischen hörte man Freudenrufe und Gejohle und keine angsterfüllen Rufe und keuchendes Husten. die Leute feierten, lagen sich in den Armen, schwenkten Fahnen oder zündeten kleine Feuerwerke an. Leicht betäubt davon liess sich Kosta von Eneas durch die Menge zu Lucius ziehen, der ihnen aufgeregt erzählte, was er erfahren hatte. Kosta und Eneas konnten noch einiges von den Gerüchten präzisieren, doch Eneas hatte ganz recht gehabt. Es wartete niemand mehr darauf, was morgen in der Zeitung stehen würde.
Bars wurden mitten in der Nacht wieder aufgemacht, Getränke verteilt und überall am Strand und in der Stadt entstanden kleine Feiern, die zu einer einzigen grossen Feier wurde. Die ganze Stadt schien aufgewacht und auf den Beinen zu sein. Auch Lucius Laden wurde nicht mehr gemieden. Es wurde gefeiert, gelacht und viel getrunken. Kosta stand dabei eher im Hintergrund und merkte erst jetzt so langsam, was er Eneas noch ein paar Stunden zuvor in ihrem Zimmer gesagt hatte. Es war vorbei. Es war so viel passiert. Doch jetzt war es vorbei. Wieder musste er an Kalliope und Andiël denken. An Timaris und ihre Familie. An Eneas' Familie, die auch die seine geworden war. An Tileo und an die Piraten auf Nuranessa. Viele von ihnen hatten zuviel geben müssen. Aber jetzt war es vorbei.
"Eneas?" Sachte fasste er seinen Liebsten an der Hand. Er schien gerne ebenfalls ausgelassen feiern zu wollen. Für Kosta war es jedoch zuviel. Nun wo sie niemandem mehr direkt helfen konnten, spürte er, was ihm eine Last von den Schultern fiel. Gleichzeitig war ihm jedoch überdeutlich bewusst, wieviel Schaden er selbst angerichtet hatte. Wieviel die Leute hatten leiden müssen und wieviele Leben zerstört worden waren.
"Können wir nach Hause gehen?" fragte er Eneas deswegen leise und zittrig. Sein Freund nahm ihn sofort beschützend und sanft in den Arm und geleitete ihn sicher nach Hause. Kosta war so froh darum. Und kaum waren sie in ihrer Wohnung angelangt, schmiegte er sich ganz fest an Eneas und brach in Tränen aus. Es brauchte noch etwas mehr Zeit, bis er alles verkaften und begreifen konnte.