Re: Jagd nach Fjirell Uleste
von Kayne » Do 21. Jul 2022, 16:15
Nachdem ein Eingang gefunden worden war, stießen sie bis zum Norden vor. Die Wachen auf ihrer Seite erledigten sie schnell und lautlos. Die Schutzschilde schluckten jegliche Schreie und ein rasches Hexenfeuer Kaynes vernichtete alle Spuren. Es blieb nichts weiter zurück als ein geschwärzter Fleck im Gras. Das war alles, was dieser Wächter in der Welt zurückgelassen hatte. Kayne kümmerte es nicht. Seine Gedanken glitten eisig und seidenglatt durch seinen Geist, auf ein einziges Ziel geeicht. Er mußte Siandra retten. Gleich... gleich würde er sie wieder in den Armen halten. Er betete nur, dass sie nicht zu spät kamen. Für einen Moment drohten ihn all die Ängste zu überwältigen, all das wovor die Piraten versucht hatten ihn zu warnen, was Kayne aber nicht hatte zulassen können. Wenn gerade jetzt irgendein Schwein sie anfasste...
Nein, sie mußten schneller sein! Er hielt es nicht mehr aus. Keinen weiteren Augenblick!
Während Tania also noch per Speerfaden überlegte wie sie durch das Kellerfenster passen sollten, riss Kayne mit unsichtbaren Phantomhänden einem der Wächter einen Speer aus der Hand, trieb ihn kraftvoll in sein Gegenüber bis er aus der Schulter hinausragte und vorne in einem Sprühregen aus Blut und Haut die Kehle halb aufriss. Der andere Krieger stolperte entsetzt zurück und in seinen Tod, den Tania ihm blutig gewährte.
In diesem Moment waren die zwei einstigen Freunde sich einig. Sie wollten nicht mehr warten. Mithilfe der Kunst packte Kayne mit den Händen an die Rahmen des Kellerfensters, zog es auseinander ehe er hineinschlüpfte und in einem kühlen Lagerraum landete.
Die anderen folgten schnell. *Benutzt euren Verstand, wollt ihr sie töten?*, sandte Taelos ihnen. Kayne wirbeltee zu ihm herum, wollte ihm sein Schwert am liebsten an die Kehle legen, doch die anderen Piraten waren sofort da, rissen ihn zurück.
*Ich will sie retten und ich werde damit nicht mehr warten. Sie ist hier!* Der Prinz wußte selbst kaum noch was er davon sich gab. Sein Speerfaden pulsierte von Drängen und einer tiefliegenden Verzweiflung. Niemand konnte ihn jetzt noch besänftigen.
Kayne stürmte aus dem Keller. Sie waren in einem Untergeschoss. Die Signaturen in der Nähe waren wie glühende Punkte und einer nach dem anderen verlosch, als die Gruppe sich ihren Weg bahnte. Im Erdgeschoss teilten sie sich auf, denn das Anwesen war nicht klein. Später würde Kayne sich vielleicht schämen, denn er traf in einem der Räume zwei Sklavinnen an, die mit kaum mehr als Seidentüchern bekleidet waren. Während er noch die Wache bei der Türe zu Boden stieß, drückten sie sich ängstlich in die Ecke, umklammerten sich gegenseitig.
Kayne bedachte sie mit gehetzten Blicken. Siandra war nicht darunter. Er trat auf sie zu.
"Siandra? Kennt ihr sie? Wo ist sie, sagt schon", drängte er die Frauen, aber sie sahen ihn nur mit hohlen Augen an und er rannte weiter.
Es war still im Anwesen, obwohl Kayne wußte, dass vermutlich nur wenige Gänge weiter, gekämpft wurde. Aber kein Laut war davon zu hören. Das Blut rauschte in seinem Körper, Angst übermannte ihn kurz, raubte ihm den Atem. Kayne gab sich einen Ruck, erklomm eine Treppe. Zwei tote Männer lagen verdreht auf den Treppenstufen, aber es war keiner der Seeleute. Schwach spürte er Didos Signatur an ihnen.
Kayne hielt beim ersten Stockwerk nicht inne und eilte weiter die Treppen rauf, höher und höher. Der Prinz hielt nicht inne, als er einen bulligen Hayllier den Gang patroullieren sah. Der Mann hatte ihm den Rücken zugewandt, sprach mit jemandem im einen Zimmer.
"Sieh zu, dass du alles einpackst. Prinz Uleste will die Kleine so schnell wie möglich bei sich in Hayll haben", sagte er.
"Wieso? Die Hure taugt doch nichts mehr, nachdem sie so zahm geworden ist", entgegnete eine andere Stimme. Kayne kam näher, hob sein blutnasses Schwert, doch nicht einmal die Tropfen, die auf den Marmor fielen, waren zu hören.
"Er hat einen Käufer in Draega. Jetzt mach schon, ich will hier nicht den ganzen-" Der Mann riss die Augen auf, würgte an den letzten Worten. Perplex blickte er nach unten, sah eine Schwertspitze aus der Brust ragen. Ein leichtes Rinnsal Blut blühte unter seinem Uniformshemd auf.
Dann riss Kayne das Schwert brutal nach oben. Seine goldenen Augen glühten vor Mordlust.
Im gleichen Moment erstarb das Schild, das bis jetzt Siandras Signatur verborgen hatte. Nun flackerte sie auf wie einer Flamme, der man Nahrung gegeben hatte. Kayne keuchte auf, fuhr herum, nachdem er sich des zweiten Mannes entledigt hatte, und rannte so schnell wie ihn seine Füße trugen. Hastig trat er die Türe auf, stürmte in das Zimmer, blickte sich nach Feinden um, hob sein Schwert. Der verschwenderisch luxriös eingerichtete Raum enthielt keine Feinde.
Nur Siandra.
Kayne starrte sie an, seine Brust hob und senkte sich schwer. Überall war der hellhäutige Prinz mit Blut bedeckt, doch er merkte es nicht einmal. Siandra... es war tatsächlich sie, er hatte sie gefunden. So oft hatte er ihr Bild vor Augen gehabt. In seiner schieren Erleichterung merkte er erst einige Momente später, dass etwas nicht stimmte. Kayne wankte nach vorne, registrierte irritiert das Lächeln von Siandra. Er hatte kurzzeitig gedacht, es wäre wie vor der Entführung gewesen, doch das stimmte nicht. Sie trug auch ganz seltsame Sachen, dünne Stoffe wie die Sklavinnen vorhin.
"Siandra?" Seine Stimme krächzte und brach. "Was haben sie mit dir gemacht?" Die Waffe entglitt ihm - endlich, endlich - seiner Hand, er kam auf sie zu, auch Siandra erhob sich von der Fensterbank. Kayne wollte sie schon in seine Arme schließen und nie mehr loslassen als die Hexe abrupt vor ihm niederkniete. Ihr Blick schien geradewegs durch ihn hindurchzugehen. Kayne fühlte wie er in eine Leere absackte vor dem ihm schwindelte.
"Siandra?", wiederholte er in einem schon fast ungläubigen Tonfall.
"Herr?", fragte sie zurück wie als hätte sie ihn noch nie zuvorgesehen. Ihre Augen wirkten so matt. Hatte man ihr Drogen gegeben?
"Siandra, ich bin es. Kayne. Erkennst du mich nicht?", brachte der Prinz jetzt etwas fester vor, kniete sich zu ihr. "Endlich hab ich dich gefunden. Haben sie dir weh getan? Es tut mir so leid. Wär ich doch nur früher hier gewesen. Wir haben überall nach dir gesucht." Aufschluchzend schloss er sie in seine Arme und presste sie an sich. "Du bist in Sicherheit, ich werde nicht zulassen, dass sie dir weh tun."