Re: Küken in Raej
von Kosta » Sa 23. Jul 2022, 13:42
Besorgt blickte Kosta wieder zu Leto auf. Eneas hatte wieder von Nevander geträumt? Wie es ihm nun ging? Er sollte zu ihm gehen und ihn trösten. Bis ihm in den Sinn kam, dass das genau das war, was Leto meinte. Sie wollte Eneas trösten. Nur konnte sie es auch tatsächlich? Ach, was dachte er da nur. Natürlich konnte sie das. Sonst hätte Eneas ihr nie von Nevander erzählt und wäre nicht so lange mit ihr zusammen.
"Du warst damals nicht dabei, Leto", versuchte er der Priesterin freundlich zu erklären, warum Eneas zu ihm kam und nicht zu ihr. "Du hast nicht gefühlt, was er gefühlt hat. Eneas möchte nur gut für dich sein und dich damit nicht belasten." Er meinte es ganz bestimmt nicht böse.
Um es ebenfalls für alle gut zu machen, schlug Kosta deswegen schweren Herzens vor, dass er für eine Weile das Schiff verliess. Dunkelheit, warum tat es nur so weh, dass Leto so erleichtert war? War er tatsächlich so unerwünscht auf dem Schiff. Nun ja, was trug er schon richtig bei? Plauderte etwas mit den Gästen oder der Mannschaft und liess sich vom Kapitän vögeln, wenn es diesen mal wieder überkam, als wäre er die Mätresse des Kapitäns. Kein Wunder wollte Leto ihn loswerden. Er gehörte nicht wirklich auf das Schiff. Er hinderte Eneas nur daran, sich weiter zu entwickeln.
"Ich werde mit ihm reden", versprach er der Priesterin tapfer und nickte, als sie danach fragte, ob er wisse, dass sie sie nicht entzweien wolle. "Du möchtest nur selbst Eneas näher kommen. Das ist schon in Ordnung so." Lieb lächelte er sie an, obwohl es ihm innerlich unheimlich weh tat. Aber es war wohl wirklich das beste so. Für alle.
Je länger er Tileo an dem Strand beobachtete, desto deutlicher wurde es ihm auch. Der junge Krieger war so fröhlich und ausgelassen, lachte viel, als er versuchte zu schwimmen und anfangs unweigerlich dabei unterging. Er brauchte ein sorgloseres Zuhause, als ein Piratenschiff. Ausserdem sprach er die anderen Kinder am Strand nicht an, sondern fixierte sich nur auf Kosta. Wie als wäre er der einzige Freund, den er bräuchte. Das war nicht gut. Tileo sollte auch mit Gleichaltrigen spielen.
Gegen Mittag schlenderten sie in ihren Badeklamotten zu einer der Strandtavernen, um mit einem kleinen Snack Energie für den Nachmittag zu tanken, als eine eher zwielichtige Gestalt sich ihnen näherte. Instinktiv erschuff Kosta Schilde um sie Beide, hielt Tileo sicherheitshalber schon einmal bei der Hand, um ihn, wenn nötig, hinter sich ziehen zu können. Es stellte sich dann aber glücklicherweise bald heraus, dass der fremde Krieger nur ein Bote war und glücklich mit dem Goldstück abzog, das Kosta ihm für den Brief gab. Es war nähmlich nicht nur ein Brief, sondern eine Nachricht von Timaris. Er sah es an dem Siegel. Natürlich war es nicht Timaris eigentliches Siegel. Vielmehr war es Goldauges Zeichen, nur, dass es ganz oben, da wo der Lorbeerkranz sich schloss eine kleine Rose hatte. Kaum zu sehen, wenn man es nicht sah. Ganz ähnlich wie auf seinem Ring der Treue.
Aufgeregt und mit freudig klopfendem Herzen öffnete er die Nachricht, während Tileo sich zufrieden über sein Eis hermachte. Die Freude schwand allerdings ziemlich schnell und er wurde kreidebleich. Am liebsten wäre er gleich auf die Winde gesprungen und wäre nach Raej gereist. Es kostete ihn viel Anstrengung, sich zu beherrschen und den Brief noch einmal in Ruhe durchzulesen, um auch ja keine Information zu übersehen. Immerhin war alles in versteckten Andeutungen geschrieben, sollte der Brief in falsche Hände gelangen. Aber es reichte, um zu wissen, dass Laree in Raej in schrecklicher Gefahr war und sie die einzigen waren, die sie retten konnten.
*Aerion*, sandte er für seine Verhältnisse ziemlich direkt und schon fast etwas unhöflich dem ersten Maat in der geheimen Schiffssprach, nachdem er sich überlegt hatte, was alles zu tun war. *Bitte mach das Schiff augenblicklich seetüchtig und rufe die Mannschaft zusammen. Ihr müsst so schnell wie möglich nach Raej. Wir alle wollen da jemanden retten, den wir mögen.* Zumindest die Hälfte der Mannschaft kannte Laree Ivores und wollte bestimmt nicht, dass sie in Sions Fänge geriet.
*Dido und Taelos gebe ich gleich Bescheid*, fügte er noch hinzu, damit Damien wusste, dass Eneas noch gar nichts von der Rettungsaktion wusste und ihm deswegen nicht sandte, um nachzufragen.
Danach sprach er mit Tileo. Erzählte ihm von einem Mädchen, was gerettet werden musste. Der junge Krieger war natürlich gleich Feuer und Eifer, ihm zu helfen. Doch dieses Mal blieb Kosta streng und erklärte ihm, dass er bei Lelaëno in Mineva bleiben müsste. Tileo wusste inzwischen schon einiges, wenn auch nicht alles, über Mineva. Deswegen wollte Kosta nacher mit den Winden nach Mineva reisen und Tileo da abgeben, bevor er nach Raej weiter reiste und da wieder auf die Crew traf. Das würde am schnellsten gehen.
Tileo hingegen war gar nicht mit dem Plan einverstanden und so gab es auch heisse, bittere Tränen. Er versuchte sogar davon zu rennen. Doch Kosta hielt ihn auf, erklärte ihm alles mehrfach. Ausser vielleicht, dass er befürchtete, von dieser Mission nicht zurück zu kommen. Da wollte er Tileo einfach in Sicherheit wissen. Leider wurde Tileo deswegen nicht glücklicher darüber. Trotzdem nickte er irgendwann tapfer, als er merkte, dass Kosta von ihm erwartete, dass er diesen Teil der Rettungsaktion alleine ausführte und sei es nur, einfach in Sicherheit zu sein, damit Kosta sich auf den Rest konzentrieren konnte.
Zum Trost nahm Kosta Tileo auch Huckepack, als sie sich auf die suche nach Leto und Eneas machten. Sie waren nicht weit von hier zu spüren. Vorsichtig streckte er seine Sinne nach der Heilerin aus. *Es tut mir Leid*, entschuldigte er sich höflich bei ihr. *Das wollte ich nicht, doch es hat sich etwas ereignet, das er unbedingt wissen muss. Er würde es uns nie verzeihen, wenn ich es ihm nun verschwiege.* Dann wandte er sich auch schon an Leto und Eneas gemeinsam, während er sich ihnen noch näherte. *Dido? Eneas? Ihr müsst rasch zum Schiff zurück. Aerion bereitet gerade alles vor. Wir haben Nachricht von der Lady bekommen, dass das Küken in Raej gelandet ist und Hilfe braucht.*