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Küken in Raej





Küken in Raej

Beitragvon Kosta » Fr 22. Jul 2022, 21:01

Die Provinzkönigin von Amstel zeigte sich hilfsbereit. Auch wenn es doch etwas ungewohnt für sie schien, derart hilfsbedürftige Hexen aufzunehmen und jemanden für sie zu finden, der sie betreute. Kayne und Julia hatten sich ein Häuschen etwas abseits der Siedlung gemietet, um sich da um Siandra kümmern zu können. Der armen Hexe war es auf dem Schiff nicht besser gegangen. Im Gegenteil, es schien sie immer mal wieder sehr aufgebracht zu haben.

So gab es für Kosta auf jeden Fall viel zu tun und er hatte wenig Zeit für Tileo. Der tapfere Krieger wich jedoch nicht von seiner Seite und begleitete ihn auf seinen Missionen. Da viele der geretteten Hexen Nachts immer mal wieder aufschrien, war es sowieso nicht vor dem Jungen geheimzuhalten gewesen, was mit ihnen los war. Zudem schien es Tileo irgendwie sogar zu helfen, wenn er den Hexen helfen konnte. Kosta verstand das. Ihm ging es ja ganz ähnlich. Deswegen durfte Tileo bei ihm bleiben.

Für heute hatte Kosta sich deswegen auch vorgenommen, sich ausgiebig um Tileo zu kümmern. Die ganze Mannschaft bekam mehr oder weniger frei, nun wo sie ihrer Pflichten bezüglich der Geretteten enthoben waren. Kosta wollte, nachdem sie zuende gefrühstückt hatten, Tileo erst einmal ein grosses Eis kaufen und dann mit ihm an den Strand gehen, wo sie baden konnten. Vielleicht traf der Junge da auch auf gleichaltrige, mit denen er spielen konnte.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Leto » Fr 22. Jul 2022, 21:01

Sie waren endlich in Poyo Mor. Leto fühlte sich leicht schuldig, dass sie es kaum hatte erwarten können bis sie hier angekommen waren. Es bedeutete, dass eine große Aufgabe für die sie angeheuert worden waren, erfüllt war. Kayne und Julia würden sich um ihre Freundin kümmern und sie würden den befreiten Frauen hier ein Zuhause finden. Noch lebten sie auf dem Schiff, aber Leto hoffte, sie würden sich rasch genug erholen. Es war nicht so, dass sie nicht helfen wollte oder kein Mitleid hatte. Als Heilerin lag es ihr im Blut zu helfen, aber sie wusste auch wie sehr so etwas Eneas belastete. Jetzt war es noch nicht so schlimm, doch sie würde dafür sorgen, dass es ihm gar nicht erst schlecht gehen würde. So dass er auch nicht Trost bei seinem Liebhaber suchen konnte. Natürlich hatte sie mitbekommen, dass Eneas in letzter Zeit jede Gelegenheit, also jeden Landgang nutzte, um sich ausgiebig mit Kosta zu vergnügen. Es gefiel der Hayllierin überhaupt nicht. Das hatte sie nicht unter ihrer Abmachung verstanden. Leto befürchtete, dass er ihr entglitt. Und dass die beiden sich um Tileo kümmerten wie eine kleine nette Familie, machte es auch nicht besser. Sie wagte nicht etwas dazu zu sagen, denn Tileo sollte es gut haben. Bloß befürchtete sie, dass sie wieder einmal die Böse sein würde, wenn es keiner der zwei über sich brachte das Kind wieder abzugeben.

Leto wollte nicht mehr schweigend dabei sitzen. Sie wollte sich auch keine eigene Affäre suchen, sondern Eneas haben. So suchte die Heilerin nach Kosta auf dem Schiff, als sie einmal einen ruhigeren Tag hatten. Eneas war aus dem Weg, da er in der Stadt war, um sich nach neuen Aufträgen oder lohnenswerten Gerüchten umzuhören. Sie wusste, dass er sich beeilte, damit er etwas mit Kosta machen konnte. Leto musste ihm zuvorkommen.
Sie fand den Steward des Schiffes bei den Kojen, wo er dabei war Tileo die Schuhe zu binden und ihm zu erzählen was sie heute vorhatten. Leto lächelte, klopfte an den gebogenen Türrahmen. "Hallo ihr zwei. Große Pläne?", fragte sie. "Ohh, der Strand von Poyo Mor ist wundervoll", schwärmte sie, als Kosta ihr sagte was sie machen wollten. "Warst du schon einmal am Strand?", fragte sie Tileo.
"Können wir kurz reden, Kosta?", fragte Leto, warf einen Blick zu Tileo. Das war nicht unbedingt für Kinderohren. Aber einer aus der Crew passte immer gern auf Tileo auf. Auch wenn der Junge bei manchen allerlei seltsame Tricks und Fertigkeiten aufgriff.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Kosta » Fr 22. Jul 2022, 21:05

"Guten Morgen, Leto", begrüsste Kosta die Heilerin etwas überrascht, neigte höflich seinen Kopf. Er hatte angenommen, sie würde den ersten richtigen freien Tag dazu nutzen, sich ausgiebig mit Eneas zu beschäftigen. Die Zwei hatten in letzter Zeit nicht viel Ruhe füreinander gehabt. Was machte die Priesterin denn bei ihm? Ob es doch noch etwas für ihn zu tun gab? Oje, dabei hatte er Tileo doch den Tag ganz für ihn versprochen.

"Wir wollten an den Strand", erklärte er Eneas Gefährtin und Tileo steuerte auch gleich strahlend bei, dass er tauchen wolle, um die Fische zu sehen und dass Kosta ihm das Schwimmen beibringen wollte. Schüttelte seinen Lockenkopf, da er noch nie am Strand gewesen sei. Lächelnd zerzauste er Tileo das Haar und schickte ihn schon einmal an Deck, um der Schiffswache mitzuteilen, wohin sie gehen würden, damit die wussten, wo sie waren. So konnten Delores und er miteinander in Ruhe reden. Es war deutlich, dass sie Tileo nicht dabei haben wollte.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Leto » Fr 22. Jul 2022, 21:09

Kosta wirkte überrascht, Leto fragte sich wieso. Hatte er sie nicht erwartet hier anzutreffen? Als sie erfuhr was Kosta vorhatte, erzählte auch sofort Tileo freudig was er machen wollte. Er schien sich richtig auf den Tag zu freuen. So wollte Leto Kosta auch nicht lange aufhalten. Der Junge wurde nach oben geschickt. Die Heilerin sah ihm kurz nach.
"Er ist richtig aufgeblüht seitdem ihr ihn vom Sklavenmarkt befreit habt", stellte sie fest, "Du gehst so gut mit ihm um. Und ich weiß, dass Eneas auch schon einen Narren an ihm gefressen hat." Wenn Leto an das Drama dachte, als Tileo sich im Schiff versteckt hatte, damit er als blinder Passagier mitfahren konnte.
"Wird Eneas später zu euch zum Strand stoßen?", fragte sie und lehnte sich gegen das Hochbett von Vissarion. "Er hat davon geredet, dass er auch unbedingt sehen will wie Tileo Schwimmen lernt." Leto überlegte kurz wie sie das Gespräch am besten auf das Thema lenkte. Kosta würde auch nicht viel Zeit haben.

"Dabei würde ich auch gerne etwas mit ihm machen..." Sie sah Kosta in die Augen. "Ist dir aufgefallen, dass die letzten Landgänge er dauernd bei dir ist? Dass er schon wieder Ausreden sucht, um bei dir zu sein?" Die Priesterin verschränkte die Arme. Sie hatte gewusst, dass der einzige Weg war den Piratenkapitän zu halten, eine offene Beziehung war, aber jetzt schien nicht einmal das zu genügen.
"Ich hab nichts dagegen, wenn er ab und zu bei dir seine... Gelüste nach Männern stillt, aber das ist zu viel. Findest du nicht auch?", fragte sie. Leto konnte sich nicht vorstellen, dass es von Kosta ausging. So hoffte sie sich von ihm eher Unterstützung.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Kosta » Fr 22. Jul 2022, 21:19

"Danke", antwortete Kosta geschmeichelt und schlug kurz die Lider nieder. "Tileo macht es einem auch leicht. Er ist ein grossartiger Junge. Da ist es schwer, ihn nicht zu mögen." Ausserdem vertraute Eneas Kindern und konnte gut mit ihnen umgehen. Er mochte sie und wusste, dass sie ihm nicht so wehtun konnten, wie Erwachsene das konnten. Leto wusste das ja eigentlich. Deswegen blieb Kosta einfach abwartend stehen und sagte nichts weiter, damit Leto mit dem rausrückte, was sie eigentlich beschäftigte.

"Tatsächlich?" fragte er sanft und überrascht nach. "Ich dachte eigentlich, dass er den Tag mit dir verbringen wollte." Ob Leto und Eneas sich gestritten haben? Ihre Beziehung war nicht so feurig, wie die von Timaris und Eneas, doch auch hier flogen manchmal die Funken und in letzter Zeit wirkte es etwas angespannt. Es war aber auch viel anstrengendes passiert.

Prompt meinte Leto auch, dass sie gerne etwas mit Eneas machen würde. Ob es ihm aufgefallen wäre, dass Eneas in letzter Zeit dauernd bei ihm sein wollte. Nein, so sehr war es ihm gar nicht aufgefallen. "Er kümmert sich doch nur gerne um Tileo und es ist so viel schweres passiert in letzter Zeit", versuchte er Leto zu beschwichtigen. Eneas war nur durcheinander wegen der vielen, vergewaltigten Hexen, die sie gesucht und befreit hatten.

Gedemütigt wandte er den Kopf beiseite, als Leto hart meinte, dass sie nichts dagegen hätte, wenn Eneas bei ihm seine Gelüste nach Männer stillte. Das klang so, als wäre er Eneas Lustsklave und das war er nicht. Eneas würe niemals einen Sklaven akzeptieren. Auch wenn er ihn manchmal wie einen ausnutzte. Hastig verschloss Kosta diesen Gedanken wieder tief in sich. Ausserdem hatte Eneas nicht Gelüste nach Männern. Er kam nur zu ihm, wenn er vergessen wollte. Eneas stand nicht auf Männer. Nicht wirklich.

"Es tut mir leid", entschuldigte er sich tonlos, den Kopf gesenkt. "Ich will nicht zwischen euch stehen. Ihr sein doch ein gutes Paar." Zwar nicht so gut wie Timaris und Eneas, fand Kosta, doch Eneas war glücklich mit Leto. Das wollte er ihm nicht nehmen. Eneas sollte nur das Beste bekommen. "Vielleicht... ich habe mir überlegt, dass Tileo unser Piratenleben nicht gut tut. Es gibt hier noch mehr Häuschen am Strand zu mieten. Tileo könnte hier gleichaltrige Freunde finden und Julia und Kayne brauchen vielleicht noch etwas Hilfe mit Siandra. Es wäre vielleicht besser, wenn ich erst noch eine Weile hier bliebe..." Seine Gedanken schweiften zum letzten Mal, als er auf Chaillot zurück gelassen worden war. Sein Blick flackerte leicht. Rasch konzentrierte er sich wieder auf das hier und jetzt. Auf das was am Besten für Eneas und Tileo war.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Leto » Fr 22. Jul 2022, 21:21

Wie konnte Kosta bloß so überrascht sein, dass Eneas mit ihm zum Strand wollte? Manchmal glaubte Leto, dass Kosta sich extra so töricht stellte, doch sie kannte den Krieger jetzt auch schon einige Jahre und wusste, dass er total blind war, was Eneas betraf. Das lief aber auch umgekehrt so. Eneas schien keine Ahnung zu haben wie weh er jemanden tat, wenn es um Kosta ging. Leto versuchte sich ebenfalls blind zu stellen, damit sie die Zeit mit ihrem Freund genießen konnte. Es klappte weniger gut, wenn sie direkt auf die Missstände in ihrer verqueren Beziehung gestoßen wurde. Sie wusste, dass Eneas es wieder gutmachen würde sobald sie ihn darauf ansprach. Er würde extra lieb und aufmerksam sein. Für die nächsten paar Wochen oder Monate. Und dann?
"Ich würde auch gerne den Tag mit ihm verbringen, aber er scheint unsere wenigen Landgänge lieber anderen Dingen nachzugehen." Die Priesterin blickte Kosta prüfend an. Er wusste genau wovon sie sprach. Kosta verteidigte seinen Freund gleich, dass Eneas ja nur gerne bei Tileo wäre und es wäre ja auch viel Schweres passiert.
"Ich weiß, dass es ihm zu schaffen macht", entgegnete Leto, pausierte kurz. "Er hatte einen Albtraum von ihm." Kosta würde wissen wen sie meinte. "Meinst du, er will sich bloß ablenken?" Das schien er am liebsten mit Kosta zu machen. "Ich kann ihm das auch bieten, aber... woanders scheint es ihm lieber zu sein." Und das störte sie. Leto seufzte. Dass sie mit Eneas zusammen gekommen war, hatte einige Mühe ihrerseits verlangt, da er sich nicht halsüberkopf in sie verliebt hatte. Es hatte damals auch viele lange Gespräche wegen Kosta gegeben.

Der Krieger vor ihr sah zur Seite, schwieg einen Moment ehe er sich mit gesenkten Kopf entschuldigte. Er wollte nicht zwischen ihnen stehen, sie wären ein gutes Paar. Täuschte Leto sich oder klang das nicht sehr überzeugend?
Zögerlich schlug Kosta vor, dass er hier in Chaillot bleiben könnte, um auf Tileo aufzupassen. Zudem bräuchten Kayne und Julia womöglich weitere Hilfe mit Siandra. Leto war zunächst etwas überrascht von dem Vorschlag. Dann zeigte sich Erleichterung in ihrer Miene. Ehe sie genauer darüber nachdachte.
"Das klingt vernünftig, danke. Ich bezweifle nur, dass Eneas davon begeistert sein wird." Für Tileo würde es aber gut sein. Also mochte er doch zustimmen... "Könnt ihr darüber reden, wenn er wieder kommt? Tileo würde es gut tun. Hier auf dem Schiff ist es gefährlich. Es wäre ja nur für eine Weile. Du könntest nach seiner Familie suchen." Leto lächelte. Die Idee gefiel ihr immer besser.
"Ich möchte eure Freundschaft nicht auseinander reißen, das weißt du doch oder?", fragte sie. "Ich weiß nicht wie ich mit dir mithalten soll. Seinem Freund für immer", fügte sie ernst hinzu.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Kosta » Sa 23. Jul 2022, 13:42

Besorgt blickte Kosta wieder zu Leto auf. Eneas hatte wieder von Nevander geträumt? Wie es ihm nun ging? Er sollte zu ihm gehen und ihn trösten. Bis ihm in den Sinn kam, dass das genau das war, was Leto meinte. Sie wollte Eneas trösten. Nur konnte sie es auch tatsächlich? Ach, was dachte er da nur. Natürlich konnte sie das. Sonst hätte Eneas ihr nie von Nevander erzählt und wäre nicht so lange mit ihr zusammen.
"Du warst damals nicht dabei, Leto", versuchte er der Priesterin freundlich zu erklären, warum Eneas zu ihm kam und nicht zu ihr. "Du hast nicht gefühlt, was er gefühlt hat. Eneas möchte nur gut für dich sein und dich damit nicht belasten." Er meinte es ganz bestimmt nicht böse.

Um es ebenfalls für alle gut zu machen, schlug Kosta deswegen schweren Herzens vor, dass er für eine Weile das Schiff verliess. Dunkelheit, warum tat es nur so weh, dass Leto so erleichtert war? War er tatsächlich so unerwünscht auf dem Schiff. Nun ja, was trug er schon richtig bei? Plauderte etwas mit den Gästen oder der Mannschaft und liess sich vom Kapitän vögeln, wenn es diesen mal wieder überkam, als wäre er die Mätresse des Kapitäns. Kein Wunder wollte Leto ihn loswerden. Er gehörte nicht wirklich auf das Schiff. Er hinderte Eneas nur daran, sich weiter zu entwickeln.
"Ich werde mit ihm reden", versprach er der Priesterin tapfer und nickte, als sie danach fragte, ob er wisse, dass sie sie nicht entzweien wolle. "Du möchtest nur selbst Eneas näher kommen. Das ist schon in Ordnung so." Lieb lächelte er sie an, obwohl es ihm innerlich unheimlich weh tat. Aber es war wohl wirklich das beste so. Für alle.

Je länger er Tileo an dem Strand beobachtete, desto deutlicher wurde es ihm auch. Der junge Krieger war so fröhlich und ausgelassen, lachte viel, als er versuchte zu schwimmen und anfangs unweigerlich dabei unterging. Er brauchte ein sorgloseres Zuhause, als ein Piratenschiff. Ausserdem sprach er die anderen Kinder am Strand nicht an, sondern fixierte sich nur auf Kosta. Wie als wäre er der einzige Freund, den er bräuchte. Das war nicht gut. Tileo sollte auch mit Gleichaltrigen spielen.

Gegen Mittag schlenderten sie in ihren Badeklamotten zu einer der Strandtavernen, um mit einem kleinen Snack Energie für den Nachmittag zu tanken, als eine eher zwielichtige Gestalt sich ihnen näherte. Instinktiv erschuff Kosta Schilde um sie Beide, hielt Tileo sicherheitshalber schon einmal bei der Hand, um ihn, wenn nötig, hinter sich ziehen zu können. Es stellte sich dann aber glücklicherweise bald heraus, dass der fremde Krieger nur ein Bote war und glücklich mit dem Goldstück abzog, das Kosta ihm für den Brief gab. Es war nähmlich nicht nur ein Brief, sondern eine Nachricht von Timaris. Er sah es an dem Siegel. Natürlich war es nicht Timaris eigentliches Siegel. Vielmehr war es Goldauges Zeichen, nur, dass es ganz oben, da wo der Lorbeerkranz sich schloss eine kleine Rose hatte. Kaum zu sehen, wenn man es nicht sah. Ganz ähnlich wie auf seinem Ring der Treue.

Aufgeregt und mit freudig klopfendem Herzen öffnete er die Nachricht, während Tileo sich zufrieden über sein Eis hermachte. Die Freude schwand allerdings ziemlich schnell und er wurde kreidebleich. Am liebsten wäre er gleich auf die Winde gesprungen und wäre nach Raej gereist. Es kostete ihn viel Anstrengung, sich zu beherrschen und den Brief noch einmal in Ruhe durchzulesen, um auch ja keine Information zu übersehen. Immerhin war alles in versteckten Andeutungen geschrieben, sollte der Brief in falsche Hände gelangen. Aber es reichte, um zu wissen, dass Laree in Raej in schrecklicher Gefahr war und sie die einzigen waren, die sie retten konnten.

*Aerion*, sandte er für seine Verhältnisse ziemlich direkt und schon fast etwas unhöflich dem ersten Maat in der geheimen Schiffssprach, nachdem er sich überlegt hatte, was alles zu tun war. *Bitte mach das Schiff augenblicklich seetüchtig und rufe die Mannschaft zusammen. Ihr müsst so schnell wie möglich nach Raej. Wir alle wollen da jemanden retten, den wir mögen.* Zumindest die Hälfte der Mannschaft kannte Laree Ivores und wollte bestimmt nicht, dass sie in Sions Fänge geriet.
*Dido und Taelos gebe ich gleich Bescheid*, fügte er noch hinzu, damit Damien wusste, dass Eneas noch gar nichts von der Rettungsaktion wusste und ihm deswegen nicht sandte, um nachzufragen.

Danach sprach er mit Tileo. Erzählte ihm von einem Mädchen, was gerettet werden musste. Der junge Krieger war natürlich gleich Feuer und Eifer, ihm zu helfen. Doch dieses Mal blieb Kosta streng und erklärte ihm, dass er bei Lelaëno in Mineva bleiben müsste. Tileo wusste inzwischen schon einiges, wenn auch nicht alles, über Mineva. Deswegen wollte Kosta nacher mit den Winden nach Mineva reisen und Tileo da abgeben, bevor er nach Raej weiter reiste und da wieder auf die Crew traf. Das würde am schnellsten gehen.
Tileo hingegen war gar nicht mit dem Plan einverstanden und so gab es auch heisse, bittere Tränen. Er versuchte sogar davon zu rennen. Doch Kosta hielt ihn auf, erklärte ihm alles mehrfach. Ausser vielleicht, dass er befürchtete, von dieser Mission nicht zurück zu kommen. Da wollte er Tileo einfach in Sicherheit wissen. Leider wurde Tileo deswegen nicht glücklicher darüber. Trotzdem nickte er irgendwann tapfer, als er merkte, dass Kosta von ihm erwartete, dass er diesen Teil der Rettungsaktion alleine ausführte und sei es nur, einfach in Sicherheit zu sein, damit Kosta sich auf den Rest konzentrieren konnte.

Zum Trost nahm Kosta Tileo auch Huckepack, als sie sich auf die suche nach Leto und Eneas machten. Sie waren nicht weit von hier zu spüren. Vorsichtig streckte er seine Sinne nach der Heilerin aus. *Es tut mir Leid*, entschuldigte er sich höflich bei ihr. *Das wollte ich nicht, doch es hat sich etwas ereignet, das er unbedingt wissen muss. Er würde es uns nie verzeihen, wenn ich es ihm nun verschwiege.* Dann wandte er sich auch schon an Leto und Eneas gemeinsam, während er sich ihnen noch näherte. *Dido? Eneas? Ihr müsst rasch zum Schiff zurück. Aerion bereitet gerade alles vor. Wir haben Nachricht von der Lady bekommen, dass das Küken in Raej gelandet ist und Hilfe braucht.*
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Eneas » Sa 23. Jul 2022, 18:04

Eneas hatte sich in Poyo Mor umgehört. Jetzt, wo sie Siandra befreit hatten, würden sie nicht mehr allzu lange vor Chaillot ankern. Er wusste zwar, dass der Entführer immer noch am Leben war, doch er wollte Kayne und Julia nicht in einer Racheaktion unterstützen. Erst sollten sie sich um Siandra kümmern. Die anderen befreiten Frauen wurden liebevoll von der Crew aufgepäppelt. Es ging ihnen unterschiedlich gut. Einige erholten sich rascher, andere hatten kaum begriffen was eigentlich geschehen war. Es würde Zeit brauchen. Eneas konnte ihnen ihren Schmerz, die Verwirrung und Unsicherheit nachspüren. Er hoffte, dass sie es schaffen würden.
Trotzdem war es für alle Beteiligten auf der 'E' nicht leicht. So freute Eneas sich nach einem Gang durch die Stadt und interessanten Gerüchten, dass er mit Leto und Kosta einen Tag am Strand verbringen konnte. Tileo hatte schon aufgeregt vom Tauchen und Schwimmen lernen gesprochen. Trotz der befreiten Frauen an Bord hatte Kosta es geschafft, dass der Junge unbeschwert blieb.
Als Eneas jedoch zurück zur 'E' kam, um seine Badesachen zu holen und nach Leto zu sehen, hatte seine Freundin andere Pläne.
"Willst du mit mir oder mit Kosta Zeit verbringen?", stellte sie ihn zur Rede. Eneas zögerte. Das war irgendso eine Fangfrage bei der er nichts richtig machen konnte. Er wusste, dass es keinen Zweck haben würde zu argumentieren.
"Mit dir natürlich", antwortete er, "Was möchtest du denn stattdessen machen?"
"Das ist mir gleich, aber ich möchte dich auch einmal für einen Landgang wieder für mich haben." Leto küsste ihn innig und so zog Eneas sie in eine Umarmung. Sie hatte wohl recht, dass er in letzter Zeit sie etwas vernachlässigt hatte, aber er konnte sich das doch nicht immer aussuchen. Außerdem hatten sie sich doch um Tileo gekümmert. Eneas' Gedanken schweiften kurz zu den Birnenbäumen. Unter anderem...
Er konnte sich einfach nicht helfen. Die Freundschaft zu Kosta war ein wichtiger Teil in seinem Leben.

Trotzdem ging Eneas nun mit seiner Gefährtin außerhalb von Poyo Mor etwas spazieren. Das Klima schien hier immer warm zu sein und die Vielfalt an Tieren und Pflanzen war bemerkenswert. Er hatte zwar auch einige hässliche Sommerstürme in Chaillot verlebt, aber meistens lud die Insel dazu ein so lange auf ihr zu verweilen wie möglich. Eneas reichte Leto eine exotische Blüte, die noch völlig unberührt am Boden gelegen hatte.
"Du machst dir zu viele Sorgen", versuchte er Leto zu beschwichtigen, lächelte sie an. "Du weißt doch, dass alle Seemänner sich am Landgang etwas austoben." Er war nicht der einzige.
Leto blieb stehen, knabberte ihm sinnlich am Hals. Eneas keuchte leise. Mit funkelnden, blauen Augen sah sie ihn an. "Dann tob dich mit mir aus. Meinst du, ich brauch das nicht? Du hast mich zu einer Piratin gemacht."
Er grinste. "Eine sehr heiße Piratin. Also ich glaube ja, du warst schon immer eine."
So zogen sie sich gegenseitig auf, während sie an den äußeren Häusern von Poyo Mor entlang gingen. Eneas strich kurz über die Münzhälfte an seinem Lederband.
Plötzlich erreichte ihn ein Speerfaden von Kosta. Es kam von nicht sehr weit weg. Eneas war sofort alarmiert.
*Dido? Eneas? Ihr müsst rasch zum Schiff zurück. Aerion bereitet gerade alles vor. Wir haben Nachricht von der Lady bekommen, dass das Küken in Raej gelandet ist und Hilfe braucht.*
Eneas wusste sofort wer gemeint war und rannte Kosta eiligst entgegen. Das konnte nicht sein. Das machte alles keinen Sinn. Wieso sollte seine kleine Schwester in Raej sein? Sie war Zofe bei Timaris.
*Was ist los?*, fragte Leto besorgt.
*Küken ist mein Spitzname für meine jüngere Schwester*, erklärte er, *Aber das kann nicht sein. Sie kann nicht in Raej sein. Dort ist Krieg.* Er hatte es vorhin noch in einer Hafentaverne gehört, wo auch viele Matrosen von Regierungsschiffen verkehrten. Sions Armee war von Süden her weiter auf dem Vormarsch, es hatte erste Kämpfe gegeben, irgendein Stützpunkt der nördlichen Königin wäre angegriffen worden. In der Tat war die 'E' noch gerade so eben aus Raejs Hauptstadt raus ehe man sie abgeriegelt hatte.

Ein paar Häuser weiter trafen sie auf Kosta, der einen leicht verheulten Tileo Huckepack trug. Oh, was hatte Kosta dem Jungen gesagt? Aber das war erst einmal nicht so wichtig. *Hast du die Nachricht bei dir? Kann ich sie sehen? Das muss ein Missverständnis sein. Wie könnte sie in Raej sein?*
Eneas schüttelte den Kopf.
*Darüber können wir noch reden, wenn wir beim Schiff sind*, drängte Leto, während noch Eneas noch dabei war den Schock zu verarbeiten. Es war nicht so, dass er Kosta nicht glaubte. Er wollte es nicht wahrhaben.
*Wisst ihr was ich für Gerüchte über den Zustand von Raej gehört habe? Wieso sollte sie dort sein?*
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Kosta » Sa 23. Jul 2022, 18:35

Es dauerte nicht lange und er sah Eneas und Leto auf sich zurennen. Wie als wären die zwei eine Gefahr, presste Tileo sich noch fester an ihn, damit sie auch ja niemand voneinander trennte. Tröstend streichelte er ihm mit seiner freien Hand über den Rücken. Kosta wollte doch nicht, dass Tileo traurig war. Aber nach Raej konnte er ihn nicht mitnehmen. Nicht dahin, wo sie wohl hinmussten.

*Es ist kein Missverständnis, Taelos*, widersprach Kosta traurig und einfühlsam. *Sie hat es ganz zuoberst hingeschrieben. Das kann man nicht falsch verstehen. Warum Küken dort ist, steht nicht drin, aber dafür eine Liste von Orten, wo sie sein könnte. Es sind absolut die falschen Orte zur Zeit.* Besorgt reichte er Eneas den Brief und war auch dafür, dass sie zum Schiff zurück gehen. Kosta würde sie zumindest ein Stück weit begleiten.

*Wir kommen nicht mit zum Schiff*, sandte er aber trotzdem, da es nichts brachte, es Eneas zu verschweigen. *Gerade weil ich die Gerüchte kenne. Tileo und ich reisen über die Winde nach Mineva. Von da aus werde ich dann alleine weiter nach Raej reisen. Wir treffen uns dann da. Ich werde rechtzeitig dort sein. Versprochen.* Aber er konnte Tileo wirklich nicht mitnehmen, der von den Gedankenfäden glücklicherweise nichts verstand, da sie in der Geheimsprache waren.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Eneas » Sa 23. Jul 2022, 18:36

Leider war es kein Missverständnis. Eneas sah das auch, als er hastig den Brief überflog. Er war von Timaris, er erkannte ihre Handschrift sofort wieder. Manchmal schrieben sie sich, doch meist war es Kosta, der den Briefwechsel mit der Königin hatte. Eneas wollte gar nicht wissen was sein Freund da alles reinschrieb. Da Briefe jedoch abgefangen werden konnten, mussten sie alle Geschehnisse und Namen stets vage halten. Der Kapitän der 'E' fluchte leise.
"Wieso steht da nicht mehr drin?" Hätte Timaris nicht wenigstens die Gründe erwähnen können? Eneas glaubte ihr zwar, dass Laree wirklich nach Raej gereist war, doch wieso? Was steckte dahinter? Timaris hätte sie ja unmöglich dorthin geschickt. Inzwischen hatte es sich herumgesprochen wie angespannt die Lage in dem Land war und Timaris hatte durch ihre Spione sicher noch viel früher davon erfahren. Einige mögliche Orte und Regionen waren erwähnt, wo Laree sich aufhalten könnte. Eneas fluchte wieder. Sie lagen alle im Süden.
*Die See ist schon voll genug mit dhemlanischen Schiffen, aber so nah bei der Armee... das wird verdammt gefährlich*, erkannte er. Oh Dunkelheit, was hatte seine kleine Schwester jetzt schon wieder angestellt? Oder hatte sie jemand dorthin verschleppt? Was war da los? Am liebsten wäre Eneas zu Timaris gestürmt, um sie aufgebracht auszufragen. Wie sollten sie Laree finden?

All diese Gedanken gingen ihm durch den Kopf, als Kosta ihm schon mit dem nächsten Schlag kam. Er würde nicht mitreisen, sondern Tileo in Mineva unterbringen. Erst danach würde er auf den Winden nach Raej reisen, dort würden sie sich treffen und er wäre auch rechtzeitig da. Eneas sah ihn entgeistert an. Tileo hatte von dem Plan also bereits erfahren so wie er sich an Kosta klammerte und ein klägliches Gesichtchen machte.
*Aber... nein, das ist zu gefährlich, wo sollen wir uns denn in Raej treffen? Können wir nicht Tileo-*, setzte er per Gedankenfaden an.
*Iason hat Recht. Bei deiner Familie wird Tileo es gut haben. Du kannst es dir nicht leisten dir auch noch Sorgen um das Kind zu machen*, schaltete Leto sich ein. Eneas rang noch mit sich.
*Du kommst trotzdem mit zum Schiff zurück*, entschied er. *Wir müssen genau planen wie und wo wir uns in Raej treffen.* Das konnten sie jetzt nicht so übers Knie brechen. *Wir wissen nicht wo genau die Soldaten stationiert sind, ob sie die Knotenpunkte überwachen... außerdem brauchst du sicher noch Tileos Sachen.*
Eneas wollte nicht, dass die beiden nun so überstürzt verschwanden. Er musste das erst einmal verdauen. Außerdem würde es Laree nicht helfen, wenn sie halsüberkopf losfuhren. Dennoch waren ihre Schritte zügig, als sie Richtung Hafen gingen.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Kosta » Sa 23. Jul 2022, 18:38

"Wahrscheinlich, damit nicht zuviel verraten wird, sollte der Brief in falsche Hände geraten", überlegte Kosta, warum die Nachricht so kurz gehalten war. "Doch ich denke, es sollte reichen, damit wir sie finden können." Etwas was für Kosta ausser Zweifel stand, dass sie dies mit aller Kraft versuchen würden. Laree war für ihn wie eine kleine Schwester. Zumindest hatte Kosta das Gefühl, dass es sich so anfühlen würde, wenn man eine kleine Schwester hatte. Deswegen war er ja auch bereit, Tileo bei Eneas Mutter zu lassen. Sie mussten all ihre Kräfte benutzen können, wenn sie Laree befreien wollten.

*Es wird verdammt gefährlich, aber wir werden es trotzdem tun*, sandte Kosta überzeugt zurück. *Deswegen können wir ihn nicht mitnehmen. Du weisst das genau.* Eneas war ja der gewesen, der zuerst gemeint hatte, sie müssten schnell ein Zuhause für Tileo finden, da ein Piratenschiff kein Ort für ein Kind sei. Kosta verstand nicht, warum er sich nun so dagegen wehrte. Er wollte Tileo doch auch beschützen. Glücklicherweise half Leto ihm dabei.

*Taelos... ich weiss nicht, ob das eine gute Idee ist*, sandte Kosta zögerlich, folgte ihm aber gehorsam. Wenn Eneas etwas bestimmte, konnte Kosta sich dem noch immer nicht verweigern. Das einzige was er inzwischen konnte war, einen kleinen Einwand zu bringen und zu hoffen, dass Eneas alles gut durchdachte. *Ich weiss nicht, ob ich Tileo wieder von Bord bekomme, wenn wir erst einmal auf dem Schiff sind. Du könntest Juan doch schicken, uns die Sachen zu bringen. Tileo und ich warten derweil im Hotel am Strand. Wir sollten uns noch etwas ausruhen vor der Reise. Dann kannst du mir auch senden, wo wir uns treffen wollen.* Wobei er sich lieber persönlich von Eneas verabschiedet hätte. Doch er wollte Leto nicht weh tun und sich zwischen die beiden drängen.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Eneas » Sa 23. Jul 2022, 18:58

Eneas unterdrückte ein Seufzen, als Kosta ihn noch einmal daran erinnerte, dass sie Tileo nicht mitnehmen konnten, weil es so gefährlich war. Das wusste Eneas auch. *Ich weiß... ich bin auch dafür, dass er nicht mitkommt. Es wird noch gefährlicher als die Suche nach Siandra.* Das wussten sie alle. Als sie vor ein paar Wochen noch in den Gewässern von Raej gesegelt waren, war es bereits kritisch gewesen, doch die Lage hatte sich drastisch verschlechtert.
*Du bist es um den ich mir Sorgen mache*, gab er zu und seinem Speerfaden konnte man die innigen Gefühle mitschwingen fühlen. *Es kann auch gefährlich zu sein den Rest der Mannschaft zu treffen.* Eneas wusste zwar, dass Kosta sich auch gut alleine behaupten konnte, aber das half nichts bei seiner Sorge um das Wohl seines Freundes.
Vorsichtig wandte Kosta ein, dass er nichtmal mit zurück aufs Schiff wollte, da er Tileo dann dort vielleicht nicht mehr von Bord bekommen würde. Vissarion könnte ihnen die restlichen Habseligkeiten ins Hotel am Strand bringen. Außerdem müssten sie sich vor der Reise ausruhen.
Eneas atmete tief durch. *Ja... ja, natürlich, du hast recht*, musste er unwillig zugeben. Es widerstrebte ihm nur alles Kosta so ziehen zu lassen. Was, wenn sie sich nicht wiederfanden? Wenn Kosta ebenfalls alleine in Raej strandete? Sie wussten nicht wo es sicher war. Aber Eneas konnte den anderen Krieger bei der Suche echt gebrauchen. Sie mussten alle zusammenhalten.

Der Kapitän verlangsamte seinen Schritt. *Gut, geh du schon einmal in das Hotel. Aber nicht Juan, sondern ich bring euch die Sachen. Ich möchte mich schließlich auch verabschieden. Außerdem ist es sicherer unseren Treffpunkt dann gemeinsam zu überlegen. Ich bringe die Karten mit*, entschied er.
"Was passiert jetzt?", traute sich Tileo leise zu fragen, weil alle für ihn ja schwiegen. Eneas lächelte ihn an.
"Iason wird mit dir in einem Hotel unterkommen. Ich besuche euch dort in einer Stunde, um euch zu verabschieden, okay?" Er hatte das Kind auch sehr gern. Hoffentlich war Tileo nicht zu verängstigt. Seine Eltern würden sich gut um ihn kümmern. Tileo könnte mit den Kindern von Ioakim spielen. In Mineva wäre er sicher.
Tileo machte ganz traurige Augen, vergrub sein Gesicht beim Nacken Kostas. Liebevoll strich Eneas dem Jungen kurz über den Rücken, streichelte dabei auch Kostas Hand. "Du kommst bei meiner Familie unter. Die ist unheimlich nett. Und da musst du auch keine Angst haben, dass wir nicht wiederkommen. Meine Mama wäre ganz schön böse mit mir, wenn ich sie nicht besuchen käme." Er lächelte aufmunternd.
"Bis nachher."
*Wir müssen uns beeilen und das Schiff klar machen. Sonst können wir heute nicht mehr auslaufen*, ermahnte Leto. Eneas nickte und so trennten sich fürs erste ihre Wege. Er beherrschte sich nicht Kosta mit Tileo nachzusehen. *Du hast eigentlich keine Zeit dafür. Wir müssen unser genaues Vorgehen planen.*
*Für ein paar Minuten wird es sicher reichen. Wir müssen sowieso noch die vier Frauen unterbringen*, wiegelte Eneas ab, *Ich will auch nicht, dass jemand eventuell den Treffpunkt mithört.* Das war ein gutes Argument. Es reichte nicht, wenn er Kosta einfach sandte, wo sie sich treffen sollten. Sie mussten auch einen Notfallplan parat haben und einen Ort, wo sie sich trafen, wenn sie sich verpassten. Seine Gedanken gingen wieder zu Laree. Hoffentlich war ihr nichts passiert. Wo konnte sie nur sein? Wieso war sie in Raej? Er konnte sich keinen Reim darauf machen.

Es half alles nichts. Ratlos eilten sie zurück zum Schiff. Kosta hatte bereits alle von ihrem Landgang zurückgeworfen. Fragende Gesichter erwarteten Eneas gleich.
"Ich habe Nachricht erhalten, dass Laree in Raej ist", kam er gleich zur Sache. "Sie braucht unsere Hilfe."
"Laree in Raej? Wie kommt sie dahin?", fragte Olintes erstaunt. "Was ist passiert?"
Eneas schüttelte bedauernd den Kopf. "Ich habe selbst nur wenige Informationen. Außer ein paar Orten haben wir nicht viel Ansatzpunkte, aber ich werde hier sicher nicht Däumchen drehen, während meine kleine Schwester in Gefahr ist."
"Du kannst auf uns zählen", pflichtete Damien bei. Die Mannschaft hielt zusammen. Es lag auch daran, dass Eneas nicht der erste war, der Hilfe wegen Familienangelegenheiten bedurfte. Sie hatten schon anderen der Crew wegen privaten Sachen geholfen. Das war Ehrensache und machte die 'E' so besonders.
"Wo ist Kosta?", fragte Maria. Leto erklärte das rasch. Es gab einige fragende Blicke in Richtung Eneas, doch er fühlte sich nicht bemüßigt das zu beantworten. Rasch verteilte er die Aufgaben, die jeder zu erledigen hatte. Maria und Leto wollten die Frauen beim Hof von Königin Charette unterbringen und sich auch von Kayne und Julia verabschieden - sowie die Bezahlung kassieren. Auf der Reise hätte er die Stärke der beiden gut gebrauchen können, aber die zwei hatten ganz andere Sorgen. Auch Zelika blieb auf Chaillot zurück. Sie wollte auf keinen Fall nach Raej und für eine Schwarze Witwe war es zu gefährlich. Eneas wollte nicht, dass sie nach Laree suchte. Das Risiko war zu groß und Zelika noch zu ungeübt mit ihrem schwarzgrauen Juwel.
Andere der Mannschaft verhandelten rasch den Proviant und was sie sonst noch so brauchten. Das Beutegut von Uleste diente teilweise als Bezahlung, den Rest würden sie mitnehmen müssen. Gemeinsam mit Farell, Damien und Olintes tüftelte Eneas an einer Route und einen Plan, wo sie ihre Suche beginnen könnten. Wieder und wieder las er den Brief von Timaris, aber es blieb bei den wenigen Angaben. Eneas setzte hastig eine knappe Antwort auf, dass er die Nachricht erhalten hatte und aufgebrochen war.

Erst am frühen Nachmittag kam Eneas dazu sich von Kosta und Tileo zu verabschieden. Er eilte vom Hafen in Richtung des Hotels, sein Herz klopfte. Viel Zeit hatte er nicht. Beim kleinen Empfang nannte man ihm das Zimmer, Eneas hetzte die Treppe hinauf, den Teddy von Tileo unterm Arm geklemmt. Er konnte Kostas Signatur bereits spüren. Sie war ihm so vertraut wie seine eigene geworden. Als sein Freund die Türe aufmachte ohne dass Eneas die Gelegenheit gehabt hätte zu klopfen, umarmte er ihn prompt ganz fest. Er hatte es nicht mehr ausgehalten.
"Teddy!", rief Tileo als er das Kuscheltier in Eneas' Hand erspähte. Mit einem verlegenen Räuspern löste er sich von Kosta, trat ganz in das Zimmer ein.
"Ja, ich dachte mir, der möchte dich auf deiner Reise begleiten." Er reichte Tileo den Teddy und rief dann auch den Rücksack und weitere Sachen von Tileo und Kosta herbei. "Es sollte alles dabei sein. Tileos Kleidung. Einen Teil deiner Ausrüstung, Kosta. Tut mir leid, ich habs erst jetzt geschafft hierher zu kommen."
Eneas errichtete einen roten Hörschutz um das Zimmer. Es sollte genügen, um Lauscher abzuhalten.
"Und ich habe zwei Pläne für unser Treffen dabei." *Beide sind gefährlich*, sandte er.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Kosta » Sa 23. Jul 2022, 19:09

*Ich werde nicht mit Tileo zurück bleiben*, protestierte Kosta nachdrücklich, als Eneas meinte, er würde sich um ihn Sorgen machen. Kosta gehorchte ja eigentlich immer. Aber das konnte er vergessen. Er würde Eneas niemals alleine in Raej nach seiner Schwester suchen lassen. Eneas sah dies zum Glück auch ein und auch, dass es besser war, mit Tileo nicht mehr zum Schiff zurück zu gehen. Wenn er ihm da entwischte konnte er sich an Orten verkriechen, an die kein Erwachsener ran kam und sie hatte keine Zeit für Versteckspiele.

Rasch verabschiedeten sie sich voneinander, nachdem Eneas Tileo erklärt hatte, was nun passieren würde. Auf dem Weg zum Hotel erzählte Kosta Tileo dann auch ganz viel von Mineva. Erzählte ihm von Eneas Eltern und seinen Geschwistern. Auch von Ioakims Kindern und dass dort alle eine wichtige Aufgabe hätten, um einander zu helfen. Auch Tileo würde eine bekommen, damit er helfen konnte, dass es Eneas und Kosta und allen die ihnen wichtig waren, gut ging. Das war nämlich wichtig, damit Eneas einen freien Kopf hatte und Laree helfen konnte und Tileo wollte ja eigentlich auch mithelfen.

Von dem vielen Reden, Weinen und Zuhören wurde Tileo allmählich ganz müde. Doch bevor er einschlafen konnte, spüre Kosta, wie Eneas sich ihnen im Hotel, in dem sie untergekommen waren, näherte. Insgeheim war der Krieger aber unheimlich froh, dass Eneas kam und nicht Vissarion. Kosta hatte Eneas nur nichts aufbürden wollen. Aber natürlich sehnte er sich sehr danach, sich noch richtig von ihm zu verabschieden. Vielleicht sahen sie sich nie wieder. Nein, so durfte Kosta nicht denken. Rasch stand er auf und öffnete die Zimmertüre. Prompt flog ihm Eneas in die Arme. Überrascht keuchte Kosta auf, umarmte seinen Freund dann ebenfalls innig, bevor sie sich hastig voneinander lösten. Tileo befand sich ja ebenfalls im Zimmer.

"Was sagt man?" fragte Kosta nach, als Tileo seinen Teddy glücklich in die Arme nahm.
"Danke Taelos", murmelte der Junge traurig. Kosta drückte ihn tröstend, nachdem er die Türe zu gemacht hatte. "Wie wäre es, wenn du noch etwas schläfst", schlug er dem Kind vor. "Wir haben eine anstrengende Reise vor uns. Taelos und ich haben noch wichtiges zu besprechen." Tileo wollte aber lieber wach bleiben. Kosta widersprach nicht, da er vermutete, dass der Junge so oder so bald einnicken würde. Also setzte er sich zu Eneas an den Tisch.
*Raej ist allgemein gefährlich zur Zeit*, stimmte Kosta zu. *Was hast du für Pläne?*
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Eneas » Sa 23. Jul 2022, 19:12

Der Junge murmelte ein niedergeschlagenes Dankeschön. Eneas überlegte wie man ihn aufmuntern konnte. Jetzt wurde der Junge schon wieder abgeschoben. Für seine wenigen Jahre war sein Leben ganz schön turbulent. Kosta schlug vor, dass Tileo sich vor der langen Reise noch etwas ausruhte, doch jetzt wo Eneas da war, wollte Tileo verständlicherweise nicht.
"Hat Kosta dir gesagt worum es geht?", fragte der Ivores Kapitän das Kind. Tileo nickte. Eneas drückte ihn auch kurz behutsam. "Bei meiner Familie ist es sehr schön. Da kannst du dir den Bauch vollschlagen mit Keksen und Kakao und deine eigenen Abenteuer erleben. Du wirst sehen, wir sind im Nu wieder da und dann suchen wir gemeinsam nach deiner Familie und tauschen Abenteuergeschichten aus. Mir ist nur viel viel wohler, wenn du in Mineva gut untergebracht bist. Schwestern retten ist nämlich ganz schön anstrengend." Er zwinkerte verschmitzt und bemühte sich, dass Tileo nicht mitbekam wie gefährlich genau es sein würde. Es war heikel, denn wenn er sich zu lax gab, würde das Kind vielleicht doch noch mitkommen wollen.

Eneas begab sich dann zu Kosta, der schon am Tisch Platz genommen hatte. Tileo sah neugierig vom Bett zu ihnen hinüber, den Teddy an sich gedrückt. *Gib ihm doch das Malbuch, dann ist er ein bißchen abgelenkt*, schlug Eneas vor, während er die Karten herbeirief. Es war eine vom östlichen Teil von Terreille und auch eine alte, schon mehrfach bekritzelte Karte der Winde. Sie war die wichtigere.
*Wir werden uns so weit südlich wagen wie wir können. Die Orte, die sie genannt hat, sind fast alle an der Ostküste von Raej. Dort wird es vor dhemlanischen Schiffen nur so wimmeln. Ich weiß nichtmal, ob sie schon bis zum Kap vorgedrungen sind.* Das Kap war ein Zipfel Raejs ganz im Südwesten. Wenn sie es schaffen konnten dies zu umsegeln wären sie bereits ein Stück weiter.
*Die Reise wird mehrere Tage dauern. Wochen vermutlich. Teilweise werden wir mit der Kunst die Winde antreiben. Aber ich will nicht, dass unsere Juwelen leer sind wenn wir ankommen.*
Der Krieger markierte auf der Karte von Raej einige Punkte. *Wir werden hier und hier halt machen an der Westküste. Einer der genannten Orte war Zamora. Allerdings hat dort Königin Magyarosa ihren Sitz und sie soll die Unterstützung von Sion haben. Loraka ist ein anderer erwähnter Ort im Brief. Er liegt hier.* Eneas tippte auf einen Punkt im Südosten. *Dort soll eine Kompanie Dhemlans stationiert sein. Wenn wir Pech haben, ist Laree dort.*

Der Kapitän rieb sich die Schläfe. "Hast du hier etwas zu trinken?", fragte er. Vor lauter Planen war er kaum dazu gekommen sich selbst mal etwas zu stärken.
*Du wirst auf den Winden schneller sein als wir, aber es wird auch für dich eine lange Strecke sein von Hayll bis in den Süden Raejs. Wenn du Halt machen musst, dann sieh zu, dass du Landepunkte oberhalb der Provinzgrenze hier nimmst. Alles darunter kann bewacht sein.* Gut, es war möglich, dass auch die Provinzkönigin von Zarragosa alles dicht gemacht hatte, doch dort würde Kosta sich eher herausreden können als in Mérida. *Besser wäre ein kurzer Stopp in Shalador ehe du den Rest der Strecke reist.* Das erschien Eneas am sichersten. Dennoch würde Kosta bestimmt einen Tag benötigen.
*Wir könnten uns in Zamora treffen, doch wenn du den offiziellen grünen Landepunkt nimmst, wirst du eine gute Geschichte parat haben müssen, schätze ich. Oder wir nehmen dich gleich auf See auf, doch das ist genauso riskant. Wenn wir dich nicht genau abpassen, wirst du ertrinken...* Es gab Landepunkte auf dem Meer, nur hütete sich jeder sie zu benutzen. *Es gibt einen in der Nähe der Küste hier. Wenn wir dich nicht aufgabeln, könntest du an Land schwimmen und dich dann nach Zamora durchschlagen. Oder du landest in Zarragosa und reitest über die Grenze. Könnte jedoch genauso problematisch werden*, zählte Eneas die Möglichkeiten auf. Wie man es drehte und wendete, es würde gefährlich sein.
*Ideen?*, fragte er seinen Freund und sah ihn an.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Kosta » Sa 23. Jul 2022, 19:14

Tileo bekam sein Malbuch, in dem er eher lustlos herum kritzelte, denn wirklich begeistert davon war. Aber er war ein wirklich guter Junge und liess Eneas und ihn sich gegenseitig anschweigen. Zumindest musste es so von aussen aussehen. Die beiden Hayllier unterhielten sich auf mentaler Ebene und das sogar ziemlich eng. Sie kannten einander schon so gut, waren einander so vertraut, dass es auch ohne die Geheimsprache schwer gewesen wäre, sie zu belauschen. Zumal oft anstatt Worte Bilder auftauchten, um dem anderen zu vermitteln, was man meinte.

"Oh, ja, natürlich, entschuldige." Kosta sprang sofort auf, als Eneas nach dem Wasser fragte. Dunkelheit, das fing ja gut an, wenn er jetzt schon so unachtsam war. Rasch schenkte er seinem Freund etwas zu trinken ein und holte auch noch etwas aus seinem Proviant, den er sich für die Reise nach Mineva zurecht gelegt hatte. Schnitt Käse, Wurst und Brot. Eneas hatte bestimmt noch nichts gegessen. Darauf achtete er nie, wenn es darum ging, etwas wichtiges zu planen. Sein Freund legte ihm derweil die Situation dar und zeigte die Möglichkeiten auf, die ihnen blieben.

*Es gibt auch noch andere Möglichkeiten, von den Winden zu gelangen*, gab Kosta zu bedenken. Man konnte auch einfach von ihnen springen, ohne dass man bei einem Landepunkt war. Allerdings war es sehr riskant und man konnte sich nie ganz sicher sein, wo genau man denn auftauchte. Je nach dem, konnte das genau so übel enden, wie wenn er bei einem kontrollierten Landepunkt auftauchte. *Reiten dauert zu lange.* Wer wusste schon, wie viel Zeit Laree hatte. *Und je nach dem wer mich aufgreift, sollte es wer tun, ist die Geschichte als entlaufener Sklave sicher nicht schlecht. Von denen gibt es so einige. Oder ich erzähle eine tragische Liebesgeschichte von einer wilden Hexe, die auf der Suche nach Abenteuern ist. Na ja und ich eben auf der Suche nach jenem Mädchen.* Oder er erzählte beides zusammen. Dann würde es wenigstens niemandem auffallen, wenn er nach einer Hayllierin suchte. *Wir könnten uns auch aufgeteilt lassen, bis wir Laree gefunden haben. So können wir schneller ein grösseres Gebiet absuchen*, schlug er noch vor, weil ihm die Landkarte einfach riesig vorkam. Wie sollten sie Laree da nur finden?
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Eneas » Sa 23. Jul 2022, 19:16

Kosta eilte sofort und brachte ihm ein Glas Wasser. Nein, mehr noch, er begann ihm gleich ein Brot zu belegen. Trotz der Situation musste Eneas kurz schmunzeln. "Danke, das wär doch nicht nötig." Er stockte kurz. "Ist das nicht dein Proviant?" Kosta wehrte ab, er solle nur essen. "Wenn du es auch tust. Hat Tileo schon was im Magen?"
Eneas biss in ein Wurstbrot, widmete sich dann wieder der Karte und sie sendeten sich wieder ihre Pläne. Selbst in einem überfüllten Gebiet fiel es Eneas inzwischen äußerst leicht Kosta zu spüren und mit ihm zu senden. Wenn er ihm gar gegenübersaß... es war so natürlich wie atmen. Ihre Gedanken verbanden sich einfach, ergänzten sich spielend. Es kam ihm so vor, als wäre ihr Blut im Einklang.
Sein Freund erwog noch die Möglichkeit auch ohne Landepunkt von den Winden zu springen. Eneas dachte kurz darüber nach. *Es ist gefährlich und du kannst kaum planen wo du am Ende auftauchst. Ein paar Sekunden Zögern und du könntest schon weit über das Ziel hinausgeschossen sein.*

Die Geschichten dagegen, die Kosta als Ausrede wählte, klangen nicht schlecht. Sein Freund war ziemlich gut darin andere für sich zu gewinnen und Honig um den Mund zu schmieren. *Auch mit der Kunst werden wir mit dem Schiff lange brauchen bis wir alle Orte durchsucht haben. Und nicht alle liegen an der Küste.* Eneas wusste schon worauf das hinauslaufen würde und es gefiel ihm gar nicht. Es klang zu sehr nach Aufteilen. Das ging nie gut.
Prompt machte Kosta eben jenen Vorschlag. Wenn sie sich aufteilten, könnten sie mehr abdecken. Eneas seufzte. *Ich weiß... aber das Risiko aufgegriffen zu werden und festzusitzen, wird dann noch größer.* Der Krieger rief noch einmal den Brief herbei, markierte die genannten Punkte. *Die anderen werden wohl oder übel auch über die Winde reisen, um zu den Orten im Landesinneren zu gelangen. Es wird schwer sie zu finden, wenn wir nichts über die Umstände wissen. Ist sie... freiwillig dort? Versteckt sie sich? Was sind ihre Ziele?*
Ihm fiel wieder die letzte Passage in Timaris' Brief ein. *Sie hat einen blonden, hässlichen Kriegerprinz erwähnt... ich weiß nicht wer das sein könnte, aber es würde vermutlich einfacher sein diesen Mann zu finden als Laree. Vielleicht weiß er etwas über ihren Verbleib.* Mit dem prägnanten Aussehen des Kriegerprinzen würde er auffallen in Raej. Außerdem waren Kriegerprinzen an sich schon selten genug. Aber was hatte Timaris mit einem hässlichen, blonden Kriegerprinzen zu schaffen? Ihr Haushofmeister war blond, hieß es, aber weder ein Kriegerprinz noch hässlich. Wenn er sich so Kayne angesehen hatte...
*Loraka ist sehr gefährlich. So nah am Fort der Soldaten.* Eneas nahm einen Schluck Wasser. *Und wir könnten dir nicht rechtzeitig zur Hilfe eilen. Wir würden sicher erst eine Woche später eintreffen.* Die Lage war verzwickt. *Falls wir Laree vorher finden, haben wir auch kaum eine Möglichkeit dir zu signalisieren.* Eneas rief ein abgenutztes Büchlein herbei, blätterte darin herum. Dort notierten Kosta und er sich die vielen Kontakte, die für Piraten nützlich waren.
*Es gibt Schmuggler in Loraka. Im schwarzen Kessel. Dorthin kann ich Briefe schicken. Ob sie ankommen, ist zweifelhaft.* Der Krieger griff kurz nach Kostas Hand, drückte sie. *Wenn dir etwas passiert....* Eneas wollte nichtmal daran denken. *Rückfallorte sind in Tacea, Shalador und Hayll. Je nachdem was du erreichen kannst, falls wir getrennt werden.* Sie hatten einige Unterschlupfe, Kosta würde wissen wovon er sprach.
Ein Speerfaden von Leto erreichte ihn, wo er denn bliebe. Eneas sah seinem Freund in die Augen. *Wir müssen uns entscheiden.*
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Kosta » Sa 23. Jul 2022, 19:35

Es zeichnete sich ab, dass sie sich tatsächlich erst einmal getrennt auf die Suche machten. Das war sehr riskant, doch ihnen blieb keine andere Wahl. Laree lief die Zeit davon. Und ihnen auch, wie Eneas schlussendlich drängte sich zu entscheiden und sich müde die Augen rieb. Am liebsten hätte Kosta ihn einfach nur tröstend in den Arm genommen. Doch er riss sich zusammen und liess sich rasch alles noch einmal durch den Kopf gehen, was Eneas gesagt hatte, betrachtete die Karte scharf.

*Ich werde nördlich von Loraka landen*, beschloss er schliesslich ernst. *Hier, das Fort hier sollte noch nicht von Sions Soldaten besetzt sein. Was man so hört. Es ist nah genug, dass ich mich nach Loraka durchschlagen kann. Werd schauen, dass ich im Schwarzen Kessel unter komme, da irgend eine Arbeit finde, bis ihr Laree entweder gefunden habe oder mir sicher bin, dass sie nicht in Loraka ist. Dann werde ich versuchen, euch entgegen zu kommen. Du hast wahrscheinlich recht. Es ist viel einfacher, den ominösen, hässlichen Kriegerprinzen mit dem blinden Auge zu finden, als Laree. Wenn wir nur wüssten, in welcher Verbindung er zu Timaris und Laree steht.*
Er schien der Königin immerhin ziemlich wichtig zu sein. Warum sonst wollte sie, dass er am Leben blieb und wieder zu ihr zurück kam. Kosta kam nur niemand in den Sinn, der zur Zeit an Timaris Hof diente und auf diese Beschreibung passte. Hässlich paste sowieso nicht in Timaris Umfeld. Das war alles sehr seltsam.
*Wie es aussieht bin ich dann doch nicht der liebeskranke Trottel, der einem Mädchen hinterherreist, sondern der liebeskranke Trottel, der hinter einem hässlichen Kriegerprinzen her ist*, versuchte er die Situation mit einem Scherz etwas zu lockern. Lieb zwinkerte er Eneas zu. Wenn sie sich schon gleich trennen mussten, dann wenigstens nicht so todunglücklich.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Eneas » Sa 23. Jul 2022, 19:39

Schließlich machte Kosta die finale Entscheidung, wo er nun landen würde und was er vorhatte zu unternehmen, um sich nach Laree und dem Kriegerprinzen zu erkundigen. Er würde bei einem Fort nördlich landen und sich von dort nach Loraka durchschlagen, um in der Fischerstadt im schwarzen Kessel unterzukommen. Sollte Laree nicht in Loraka sein, würde er danach Eneas entgegen reisen. Schweren Herzens nickte Eneas.
*Womöglich dient er an ihrem Hof*, spekulierte er. *Oder ist ein Sklave von ihr. Er muss sehr stark sein.* Ansonsten konnte er sich nicht vorstellen, dass Timaris ihn in ihrer Nähe duldete. Sie umgab sich gerne mit schönen Menschen und Dingen. *Oder er ist Laree wichtig. Du weißt doch, dass sie auf starke Kerle steht.* Eneas verdrehte kurz die Augen. Seine Schwester hatte einen furchtbaren Männergeschmack. Leider geriet sie auch immer an die falschen.
*Wie es aussieht bin ich dann doch nicht der liebeskranke Trottel, der einem Mädchen hinterherreist, sondern der liebeskranke Trottel, der hinter einem hässlichen Kriegerprinzen her ist*, scherzte Kosta leicht. Eneas lächelte kurz, streichelte sachte über Kostas Hand.
*Dann beginne ich den Kriegerprinzen zu beneiden*, erwiderte er zärtlich. Eneas rang mit sich. Er wollte nicht aufbrechen, doch Leto drängte ihn schon wieder.

"Ich muss los. Sonst ist es zu spät heute noch Segel zu setzen", sagte er leise. *Hast du alles? Genug Geld? Ausrüstung? Heiltränke?* Heiltränke waren teuer, aber für den Notfall hatten sie sich welche angeschafft.
"Bestell meiner Familie schöne Grüße, ja?" Eneas erhob sich. Das Wurstbrot war leider auch schon verputzt. Der Kapitän trat zu Tileo, der zu ihm aufsah und den Buntstift weglegte. Das Strandbild mit den vielen Tieren war nur halb ausgemalt.
"Mach keinen Unsinn und hab viel Spaß in Mineva", wünschte er Tileo, überlegte kurz. "Hm, um Spaß zu haben ist ein bißchen Unsinn wohl notwendig." Er grinste, packte den Jungen dann und wirbelte ihn leicht herum. Eneas wollte ihn bloß noch einmal fröhlich sehen. Danach umarmte er Tileo und wünschte ihm eine gute Reise.
"Kann ich dich noch kurz auf dem Gang..." Eneas zog Kosta mit sich, schloss hinter ihnen die Türe. Kaum waren sie alleine, küsste er seinen Freund mit verzweifelter Heftigkeit. Lange pressten sich ihre Lippen aufeinander. Eneas krallte seine Hände in Kostas Arme. Hastig löste er sich von ihm, sah sich um.
*Ich werd dich so vermissen. Wehe, dir passiert was. Pass besonders gut auf dich auf*, bat er Kosta ganz innig, umarmte ihn nochmal. Dann mussten sie endgültig Abschied nehmen. Eneas fasste kurz Kostas Lederband am Hals, zog die Münzhälfte hervor und drückte dem Metall einen Kuss auf. Das war eine Geste, die sie oft machten, wenn sie sich für längere Zeit nicht sahen. So dass der andere einen Kuss als Vorrat hatte.
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Re: Küken in Raej

Beitragvon Kosta » Sa 23. Jul 2022, 19:41

Wehmütig schloss er seine Augen, als Eneas ihm über die Wange streichelte. Das fühlte sich viel zu gut an. *Das musst du nicht*, sandte er ihm innig zurück. *Du bist der, zu dem ich zurück kehren werde. Das ist viel wichtiger.* Wenn Eneas ihn nur auch so wollen würde, wie er ihn. Wenn er ihm doch nur genügen könnte. Er tat ja alles für ihn. Aber leider war er keine Frau. Und er konnte sich für Eneas auch nicht in eine verwandeln. Sein Freund würde immer wissen, dass er eigentlich ein Mann war. Und wahrscheinlich würde Kosta Eneas auch als Frau nicht genügen. Er war eben der Freund und zwischendurch Liebhaber, aber nicht der Geliebte.

"Ich habe alles dabei", versicherte er seinem Freund lächelnd, der sich nun doch etwas zuviele Sorgen machte. "Tileo hat mir geholfen zu packen und alles zu kontrollieren." Ach, es war so süss, wie Eneas sich von dem Jungen verabschiedete, der nicht so ganz recht wusste, ob er Eneas anschmollen oder sich an ihn klammern sollte, damit er ihn doch mitnahm. Aber schliesslich musste Eneas doch gehen und sie beide zurück lassen. Dunkelheit, warum musste das jedes Mal nur wieder so weh tun?

Unvermutet wurde Kosta dann aber ziemlich fordernd auf den Gang gezogen und innig geküsst. Kosta keuchte leise auf, erwiderte den Kuss dann aber sehnsüchtig und lange. Von ihm aus könnten sie ewig so dastehen. *Weisst du, nicht nur deine Mutter wird böse, wenn du nicht heil zurück kehrst*, sandte Kosta bebend zurück auf Eneas Bitte, dass er auf sich aufpassen sollte. Selbes galt doch auf für ihn. Deswegen bekam auch Eneas einen Kuss auf sein Medaillon. Diesmal drückte er ihm allerdings noch einen runden, goldenen Ring in die Hand, den er gerade eben hatte aus seiner Hose hatte verschwinden und in seiner Hand wieder erscheinen lassen. *Pass auf den auf, ja? Dann darfst du ihn mir wieder anziehen.* Kosta lächelte verschmitzt und vergessen war das Versprechen an Leto, dass er sich nicht zwischen sie drängen würde.

Er konnte es kaum ertragen, wie Eneas ihm schliesslich den Rücken zukehren musste und ging. Deswegen floh er gleich wieder zu Tileo ins Zimmer und beschäftigte sich mit ihm. Er ging auch nicht zum Hafen hinunter, um dem Schiff hinterher zu sehen. Das tat viel zu sehr weh. Stattdessen machte er sich mit Tileo schliesslich auf, noch einige Geschenke und Souvenirs für Eneas Familie zu kaufen, bevor sie schliesslich aufbrachen und mit den Winden nach Mineva reisten.
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