Re: Das Ende der Spinnenkönigin
von Ayden » So 25. Sep 2022, 19:08
Ayden versuchte trotzdem ihr wachsendes Mißtrauen mit seinem üblichen Charme zu zerstreuen.
"Über Lady Ellel oder meinen Kammerdiener? Du verwirrst mich." Er lächelte entschuldigend. "Ich weiß nur, dass ich allmählich spät dran bin, wenn ich diesen Tag noch nutzen will."
"Über beides", ließ Zorya nicht locker, sie griff durch das Kutschenfenster und packte ihn am Arm. Ayden spürte augenblicklich ihre tastenden Finger an seinem Geist. Rasch versperrte er seine Barrieren, blickte sie pikiert an.
"Ich dachte, wir hätten das geklärt?", sagte er. "Wenn du denkst, du kannst meinen Geist durchsuchen wann es dir passt, kann ich nicht dein Haushofmeister sein. Ich bin keines deiner Experimente." Nicht mehr, dachte er bei sich. Ayden schob ihre Finger entschlossen beiseite.
Zorya schüttelte wütend den Kopf. "Nein, das reicht mir nicht mehr. Ich war zu nachlässig. Ich habe dich vor Sion geschützt, weil ich dachte, du willst wirklich bei mir sein! Aber du weißt etwas. Das spüre ich", warf sie ihm laut vor. Einige der Wächter im Burghof drehten die Köpfe. "Was verschweigst du mir?"
Ayden sah keine andere Wahl, als von selbst aus der Kutsche zu steigen. Er wusste, dass er sonst wenig später gezwungen werden würde und das wollte er unbedingt vermeiden. Er bemühte sich, ruhig zu bleiben. "Lass uns das woanders diskutieren. Nicht hier vor deinen Untertanen", sagte er ihr leise gepresst und bot ihr seinen Arm an. Solange sie so öffentlich waren, würde Zorya nicht umzustimmen und zu besänftigen sein. Verflucht, wo war nur Kosta? Was war da los?
Die Königin sah ihn sofort scharf an. "Ich spüre deine Gedanken... deine Barrieren bringen dir nicht viel", warnte sie. "Sag mir lieber gleich was es ist."
Ayden seufzte innerlich. Auffällig blickte er sich um, nickte hinüber zu einem der Eingänge. "Nicht hier, Zorya, bitte... ich erzähl es dir, aber ich muss auch meinen Ruf waren...", versuchte er sie vom Hof wegzulocken, während er gleichzeitig nicht versuchte daran zu denken wieso. Es gab nur den Grund, dass es ihm unangenehm war und dass er seine Königin beruhigen wollte. Das war alles. Nur kurz sah er hinüber zu der verschlossenen Türe, die Richtung Kerker ging.
Wenigstens konnte er Zorya nach drinnen locken. Sie gingen eine Wendeltreppe empor, aber nicht bis ganz nach oben in Zoryas Gemächer, nur bis in eine eher schlicht eingerichtete Bibliothek, die hohe spitze Fenster nach draußen hatte.
"Was willst du mir sagen? Es ist besser die Wahrheit", warnte Zorya, als sie alleine waren. Ihre Zofen blieben draußen, genauso wie die Leibgarde. Sie hätte sie nicht wirklich gebraucht. Ayden würde ihrem schwarzgrauen Juwel nicht viel entgegenzusetzen haben und im Gegensatz zu Kosta hing er noch an seinem Leben.
"Mein Kammerdiener... ich..." Ayden tat so, als rang er mit sich. "Es wird dich überraschen und du wirst mir vermutlich sowieso nicht glauben, aber... er ist nicht nur mein Kammerdiener. Er ist mein Liebhaber."
Zorya sah ihn in der Tat zunächst ungläubig an.
"Keine Sorge, ich bevorzuge immer noch Frauen." Ayden lächelte raffiniert. "Aber ich war so gestresst und er war der einzige um mich... es ist einfach passiert. Ich hatte Sorge, du wirst eifersüchtig, wenn du es erfährst. Ich hab ihm verraten, dass du es dominant magst... er ist sonst eher unterwürfig. Mir gegenüber jedenfalls." Sein Lächeln bekam etwas verzeihendes.
Die Königin vor ihm schien immer noch nicht recht zu wissen was sie sagen sollte. "Ayden... oh, ich wusste nicht.. deswegen hast du den Dreier stets hinausgeschoben", erkannte sie. Der Prinz nickte.
"Und deswegen wollte ich ihn gerne auf der Reise dabei haben", erklärte er. "Es tut mir leid."
Zorya lächelte amüsiert. "Eine Entschuldigung? Aus deinem Mund? Du hast dich verändert", bemerkte sie. Mehr als du glaubst, dachte Ayden. Der Prinz streichelte ihr über den Arm.
"Es muss sich deswegen nichts zwischen uns ändern... ich habe es mit ihm begonnen schon bevor wir uns trafen, aber er bedeutet mir nichts", versicherte er. Seine Finger liebkosten ihren Hals. Zorya sah ihn skeptisch an.
"Lügner.. du hättest ihn nicht so lange verheimlicht, wenn er dir gar nichts bedeuten würde", erkannte sie. Ayden lächelte ertappt.
"Vermutlich", gab er zu und wandte sich ab, den verletzten Prinzen spielend, "Ich wollte es nicht nur dir verheimlichen. Ich glaube, ich wollte es auch mir verheimlichen", sagte er leise. Als sie sich von hinten an ihn schmiegte, entspannte Ayden sich, lächelte in sich hinein. Dann erklang die Alarmglocke von draußen.
Zorya ließ ihn augenblicklich los. Ayden drehte sich um. Er blickte sie verwirrt an, nur ihr Blick zeigte, dass er sie verloren hatte.
"Was ist da los?", fragte er, doch ihre dunklen Augen waren bereits wieder zornumwölkt. Zoryas Hände schossen vor, packten ihn an den Schläfen.
"Oh, du bist gut. Du hättest mich beinahe wieder um den Finger gewickelt", zischte sie. "Ich wollte dir glauben." Ihre dunkle Kraft stieß gegen seine Barrieren wie Sturmwellen gegen eine Klippe. Ayden stöhnte auf, sackte auf die Knie.
"Zorya... das hat nichts.. mit mir zu tun", brachte er keuchend hervor, wehrte sich trotzdem verbissen dagegen, dass sie in seinen Geist eindrang. Er stieß mit roter Macht gegen sie, aber Zorya hatte sich bereits mit einem Schild geschützt und sie wankte nicht einmal. Die rote Kunst raste an ihr vorüber, fuhr in die nächsten Bücherregale und brachte sie dazu geräuschvoll umzukrachen. Bücher flogen durch die Luft, Blätter regneten zu Boden.
Sofort wurden die Türen aufgestoßen und die Leibgarde kam hinein. Zorya würdigte sie nicht einmal eines Blickes.
"Findet heraus, was dort vor sich geht!", rief sie. "Und findet Kosta Erenos!"
Für einen Moment spürte Ayden wie ihr geistiger Griff sich lockerte. Der Prinz riss sich auch körperlich von ihr los, kam aber nicht weit. Unsichtbare Phantomhände packte ihn, hoben ihn in die Höhe.
"Mit dir bin ich noch nicht fertig!", rief die dunkelhäutige Königin. Trotzdem schien sie einen Moment abgelenkt, sondierte wohl die Umgebung. Ayden tat es ihr gleich. Er suchte sofort im Kerker, was schwierig war, denn diese Stockwerke schienen besonders abgeriegelt. Man konnte keine einzelnen Signaturen ausmachen von außen, aber er spürte sehr wohl die Ankunft von neuen Signaturen. Mächtigen Signaturen. Wer immer das war, Zorya merkte es auch und sie schien nicht erfreut.
"Du hast mich von Anfang an verraten!", warf sie Ayden vor und wieder strömte ihre schwarzgraue Macht gewaltsam gegen ihn. Seine Barrieren wankten, bröckelten. Er konnte nicht daran denken. Er durfte nicht... Ayden hing in der Luft wie eine Puppe, spannte seine Muskeln an, versuchte sich aus dem unmenschlichen Griff zu befreien.
"Du warst nie eine richtige Königin", sagte er ihr, wollte sie wütend machen. Wer wütend war, wurde unvorsichtig. "Du wolltest nie regieren. Du wolltest bloß Menschen, die dich anbeten und bewundern. Ich habe es dir gesagt. Dhemlan steht kurz vor einer Revolte. Du hast diesem Land alles geraubt. Wie lange dachtest du, werden sie das hinnehmen?"
"In jeder Vision zerschlage ich den Widerstand", entgegnete Zorya aufgebracht. Schwarzgraue Fäden schlängelten sich verzweigt durch die Luft, hielten auf Aydens Kopf zu. "Und in jeder Vision... verendest du wie ein Tier! Meinst du, ich wusste nicht, dass du mich hintergehen wirst?" Verletzt sah sie ihn an. Ayden blickte perplex zurück.
"Du wusstest... wieso hast du es dann zugelassen?", fragte er.
"Weil ich wollte, dass du dich trotzdem für mich entscheidest! Mich! Deine Königin!", warf sie ihm vor. Tränen spritzten ihr aus den Augen. "Ich habe dir jede Chance gelassen das richtige zu tun!"
"Du warst nie meine Königin", entgegnete Ayden, versuchte vergeblich gegen ihre Macht anzukämpfen, neigte den Kopf nach hinten, um den heranrückenden Fäden zu entgehen. Wie dünne Schlangen hingen sie vor seinen grünen Augen.
"Ich hätte es sein können", sagte Zorya bitter. Dann stießen die Fäden zu, bohrten sich in seine Augen, tiefer hinein und damit auch in seinen Geist. Der Haushofmeister brüllte vor Schmerzen.