Re: Geschenk für Goldauge
von Eneas » Do 18. Aug 2022, 09:32
Ganz leise sagte Fabiene, dass der angebliche Onkel von Kosta gesagt hätte, Fabiene würde verschenkt werden. Er hätte auch gehört, wie der Onkel Kosta hart geohrfeigt hätte, um Kosta zurechtzuweisen, dass er keine Entscheidungen treffen würde und ihn nicht anzweifeln dürdte. Wieder diese Geschichte. Das hatte Fabiene vorhin schon einmal erwähnt, aber Eneas hatte keine Gelegenheit gehabt nachzufragen, da es dann schon geklopft hatte. Selbst als Kayne so wütend und eiskalt gewesen war, hatte Kosta mit ihm umgehen können. Der Prinz war in kalter Wut gewesen, doch normalerweise war er dabei nicht so... arrogant vorgegangen. Aber Kayne hin oder her, er hatte kein Recht so mit Kosta umzuspringen. Eneas wurde noch zorniger wenn er bloß daran dachte. Wäre er doch nur hier gewesen bei seinem Freund.. er hätte ihm helfen können, ihn beschützen...
Maria trat zu Fabiene, der für einen Moment zu schüchtern war, um weiter zu erzählen. Nach einem kleinen Augenblick sprach er leise weiter. Die kleine Ella hätte Fabiene doch nicht als Geschenk für ihre Mutter gewollt und Iason hätte Ella überredet, dass sie Takona etwas anderes schenken würden. Eneas konnte sich denken was das für ein Geschenk gewesen war... wieso ließ Kosta das zu? Gefiel ihm das sich jedem anzubieten und von allen dominiert zu werden? Weil Eneas ihm das nie vollkommen geben konnte?
Er stand so dar, in seinen Gedanken und Schmerz versunken, als ihn abwartende Blicke der anderen wieder an die Aufgabe vor ihnen erinnerte. Zunächst wandte sich Eneas an Fabiene, versprach ihm, dass sie ihn auf jeden Fall zur Insel bringen würde. Das wollte Eneas einhalten. Ob er selber mit zurückkam.... er musste Kosta retten, wenn er wirklich zurück an der Front war. Egal, ob sein Geliebter ihn gerade hasste, er musste ihm einfach helfen.
Bevor er halsüberkopf aufbrach, wollte Eneas mehr wissen, was sich im Süden Raejs abspielte und was Kosta genau hier in Garois gemacht hatte. Bisher war es mehr als nur rätselhaft. Gemeinsam gingen sie zum Mausviertel. Sano führte sie gleich zum abgelegenen Büro von Richard. Sie hatten schon öfter seine Hilfe in Raej gebraucht - oder ihm ausgeholfen. Es dauerte eine Weile nach dem Klopfen bis eine rundliche Frau die Türe öffnete, die seltsame Gesellschaft von oben bis unten anschaute, seufzte und die Türe weiter öffnete.
"Er ist in seinem Büro", sagte sie.
Eneas lächelte sie an. "Danke-", setzte er an.
"Geht schon durch. Es kann nichts gutes bedeuten, dass ihr hier seid. Ihr bringt meinen armen Richard immer nur in Schwierigkeiten", brummte die Haushälterin und schloss die Türe. Die Gruppe ging über den knarrenden Holzflur mitten in ein chaotisches Büro. Richard war mit einer großen Lupe über ein Dokument gebeugt. Sein Nebenverdienst waren Fälschungen...
Hinter der Lupe schauten ihn zwei große Augen überrascht an.
"Taelos!", rief Richard aus. "Mit euch habe ich schon nicht mehr gerechnet."
"Richard, schön dich mal wieder zu sehen." Eneas kam näher. "Du hattest mit uns gerechnet?"
Der Krieger legte die Lupe beiseite. "Man hörte, Iason war hier und da kann der Rest der 'E' nicht weit weg sein, habe ich mir gedacht. Was bringt euch her?", fragte er.
Eneas erklärte schnell was los war und dass er wissen wollte, ob Richard Informationen über den Sklavenhandel oder den Vorgängen im Süden besaß. Der Anwalt fragte scharfsinnig nach wieso Taelos dies nicht Iason selbst fragte. Eneas hatte sich gesetzt, Fabiene schüchtern in der Nähe.
"Wir hatten einen Zwist", gab Eneas zu. "Ich würde Iason gerne finden. Also was weißt du?"
Es war nicht unbedingt viel neues. Zusammen mit dem Glacier hätte Iason Sklaven gekauft und mit Takona gehandelt. Nach dem Tumult hätte sie die Sklaven in den Straßen organisiert und einen großen Teil an die zwei verkauft. Angeblich für Shalador. Das konnte nicht stimmen, so viel war sicher.
"Und was höre ich über eine wichtige Person im Süden? Was hat sich dort getan? Iason hat danach gefragt, ja?", hakte Eneas nach.
"Ja, das hat er. Er war besonders interessiert daran wie sich die Armeen Sions bewegt haben. Die dritte Kompanie hat sich in Loraka stationiert, die zweite Kompanie soll weiter in den Norden gezogen sein. Zu einem neuen Stützpunkt", berichtete Richard, während die Haushälterin heißen Tee servierte.
"Und... die sechste Kompanie?", fragte Eneas.
"Sechste? Nie gehört. Das ist eine der kleineren?", entgegnete Richard. Eneas nickte. Leider konnte er ihm dazu nichts sagen. "Nur eines noch. "Zorya Earcir soll in Loraka sein."
"Hmm, scheint echt heiß dort unten zu werden", warf Olintes ein. Eneas war noch zu überrascht davon erfahren zu haben. "Hat Iason noch was gesagt? Wohin ist er gereist?", fragte Olintes für ihn.
"Das weiß ich nicht", wehrte Richard ab. "Aber er war in großer Eile."
Eneas stellte die Tasse beiseite, hatte sich beinahe am Tee verbrüht. Aber er hatte keine Zeit zu warten. "Das sind wir auch, Richard. Danke für deine Auskünfte. Wir müssen weiter." Vielleicht konnten sie Iason noch einholen. Falls er wirklich in den Süden war. Oder hatte er die Informationen für Timaris geholt? Dass er mit Kayne unterwegs sein sollte, passte einfach nicht. "Fabiene, erzähl mir noch einmal von diesem Onkel. Kannst du mir Erinnerungen senden?"
Das war sehr intim, aber Fabiene lehnte es nicht ab und sandte ihm. Es war nur ein kurzer sehr flüchtiger Blick auf den "Onkel" gewesen. Eines war Eneas sofort klar. Das war nicht Kayne. Dazu war diese Person muskulöser gebaut und die Augen von einem stechenden Grün. Da war eine andere, gebieterische Ausstrahlung. Kaynes Vater. Auch das noch. Was machte Kosta in Raej mit dem Haushofmeister von Hayll? Eneas hatte viel schlimmes über Prinz Asar gehört. Laree hatte für ihn gearbeitet und wollte vehement nicht mehr zurück, weigerte sich jedoch darüber zu reden. Etwas war mit diesem Mann. War Kosta überhaupt freiwillig hier gewesen? Wieso hatte Timaris ihm dem ausgesetzt? Eneas' Kopf wollte explodieren von so vielen Fragen.
Er wollte auch schon aufbrechen, als Richard ihn nochmal zurückhielt und meinte, er sollte Iason etwas für ihn ausrichten, wenn er ihn fand.
"Natürlich", bekräftigte Eneas sofort. Iasons Botenjunge zu sein war immerhin etwas.
"Sag ihm, dass ich die Botschaft vernichten konnte", erwiderte Richard.
"Was? Was meinst du damit?", fragte Eneas nach.