Re: Unerwartete Geschenke der Vergangenheit
von Yadriël » Mi 5. Okt 2022, 19:23
Zucker sah zu wie die beiden Krieger sich in einer innigen Umarmung befanden, wobei Kosta eher passiv dastand, aber das musste nicht heißen, dass er es nicht auch genoss. Jedenfalls war es ein schöner Moment. Irgendwie. Der Prinz war trotzdem hundemüde und musste ein Gähnen unterdrücken. Da half auch nicht, dass Laree ihm dezent in die Seite knuffte.
Er sah Kosta und Eneas leise miteinander reden ehe der Kapitän die Umarmung kurz löste. Kosta weiterhin an der Hand fassend, nickte er der Gruppe dankbar zu, die noch unten am Kai stand. Kosta selbst starrte in Richtung Ozean und schien nicht mehr auf die Umgebung zu achten. Zucker bekam ein mulmiges Gefühl. Er wusste nicht, ob das dem Krieger nun helfen würde oder nicht, aber Taelos hatte ja immer helfen wollen und vielleicht würde ihn Kosta endlich lassen.
Der Kapitän führte Kosta an der Hand unter Deck, während der Krieger nicht einmal zurückblickte. Zucker schüttelte matt den Kopf. Wieso war er jetzt nochmal mitgekommen? Er rieb sich müde übers Gesicht.
"Fahren wir lieber zurück bevor du noch im Stehen einschläfst", sagte Laree und zog ihn am Arm. Zucker hatte nichts dagegen einzuwenden.
"Im Kerker musste ich wenigstens nicht so viel herumrennen", murrte er. Der Dhemlaner sank auf die Bank der Kutsche und gemeinsam fuhren sie zurück. Nur Lucero wollte beim Schiff bleiben, um einen der anderen Piraten bei ihrer Arbeit abzulösen. Zucker war es einerlei. Er versuchte in der Kutsche zu schlafen, aber irgendwie ging es nicht so richtig. Er fragte sich immer noch, was mit Kosta war und was in der Nacht passiert war. Wenigstens war der Kleine jetzt gut versorgt.
Zurück beim Palast zeigte Laree ihm den Weg zu Zuckers Gästezimmer. Kaum hatte er sich von der Hexe verabschiedet, ließ sich der Prinz aufs Bett fallen. Er gähnte noch mehrmals, spürte seine wunden Füße pochen und war wenige Momente eingeschlafen. Ein Klopfen riss ihn praktisch sofort wieder aus dem Schlaf. Zucker schreckte auf, blinzelte orientierungslos.
Was war jetzt schon wieder los... er hatte schlafen wollen.. wieder ertönte lautes, ungeduldiges Klopfen.
"Was?!", fragte er ungehalten.
"Prinz.. äh Zucker, die Königin ist nun bereit euch zu empfangen", sagte eine nasale Stimme hinter der Türe. Zucker schüttelte verwirrt den Kopf.
"Was? Weswegen?", fragte er zurück. Kurze Stille wie als wäre der Empfänger der Worte verdutzt.
"Ihr habt die Königin um eine Audienz gebeten", kam zurück. Hatte er? Zucker entsann sich nicht, dass er dies getan hatte. "Ihr habt gesagt, ihr müsst sie dringend sprechen."
Endlich begriff der Dhemlaner, worum es ging. Als er nach Kosta gesucht hatte, hatten sie mehrmals versucht die Königin zu erreichen, da die vielleicht eine Ahnung gehabt hätte, wo der Krieger war.
"Ach das.. das hat sich erledigt", erklärte Zucker und ließ sich zurück aufs Bett sinken.
"Er.. erledigt?", fragte die Stimme dumpf und halb entrüstet, halb verwirrt. "Eine Audienz mit der Königin ist... erledigt, wenn Lady Tolarim es so sagt."
"Ich brauch die Audienz nicht mehr. Lasst mich schlafen!", rief Zucker unwirsch zurück. Nur wollte der Diener dies partout nicht begreifen.
"Die Königin war so großzügig euch eine Audienz zu gewähren. Das zieht man nicht mehr zurück. Und man lässt sie auch nicht warten", drängte der Mann. Zucker stöhnte genervt. Es war klar, dass der Kerl nicht abziehen würde. Der Prinz kämpfte sich aus dem Bett, riss die Türe auf.
Vor ihm stand ein hayllischer Butler in strenger Uniform. Er machte einen kleinen, verblüfften Schritt zurück, als der Soldat vor ihm stand. Dann taxierte ihn der Butler von oben bis unten ehe er die Nase merkbar rümpfte.
"So könnt ihr nicht zur Königin", sagte er. Zucker verdrehte die Augen.
"Erst soll ich zu ihr und jetzt wieder nicht. Entscheidet euch, Mann, oder lasst mich schlafen", entgegnete er. Der Hayllier wedelte mit der Hand.
"Ihr benötigt dringend eine Dusche. Schnell. Ihr könnt die Königin nicht warten lassen."
"Ihr lasst die Königin warten und meinen wohl verdienten Schlaf ebenso", erwidere Zucker. Der Mann sah ihn perplex an und der Prinz nutzte die Gelegenheit sich an ihm vorbeizuschieben. Zucker vermutete, je schneller er Lady Tolarim traf, desto schneller könnte er wieder zurück und endlich schlafen. Er musste ihr schlicht sagen, dass sie Kosta gefunden hatten und er kein Treffen mehr brauchte.
Der Butler eilte ihm hinterher, hatte einen Parfümflakon herbeigerufen und besprühte ihn damit hektisch. "In diesem Aufzug könnt ihr nicht zu ihr. Ihr habt keine Schuhe, kein Hemd", rief er.
"Ich hab nichts anderes. Ich wollt heute eigentlich einkaufen gehen, aber.. hrmpf, ist ja auch egal." Er atmete etwas von der Duftwolke ein und hustete röchelnd. "Wollt ihr mich umbringen?!" Der Butler rief ein Maßband herbei und versuchte Zuckers Oberkörper auszumessen, während er gleichzeitig mit dem Prinzen Schritt zu halten versuchte.
Dann hielt der Hayllier ihm ein paar schwarze Schuhe hin. "Die könnten euch passen, Prinz."
"Lackschuhe?! Wollt ihr meine Füße umbringen?", beschwerte sich Zucker. Mit den Schuhen im Arm ging er weiter. Der Butler hatte inzwischen ein weißes, gestärktes Hemd herbeigerufen und versuchte es dem Dhemlaner überzustreifen. Zucker war zu müde, um sich groß dagegen zu wehren. Erst als der Kerl ihm auch noch mit einem Kamm im Haar rumfummelte, würde es ihm zu blöd.
"Zieht wenigstens die Schuhe an. Ihr könnt nicht barfuß bei der Königin von Hayll auftauchen", entrüstete sich der Diener. Zucker ergab sich seufzend, verzog aber nun bei jedem Schritt das Gesicht. Seine armen Füße!
So landete er schließlich vor dem Salon, wo ihn die Königin offenbar erwartete. Hoffentlich konnte Zucker schnell wieder gehen. Er gähnte und rieb sich die Augen. Der Butler neben ihm seufzte frustriert ehe er Zucker ankündigte. Der Prinz stackte in den Raum, beschäftigt damit sich nicht weiter die Füße aufzuscheuern.
"Euer Butler wollte nicht hören, als ich ihm sagte, dass sich die Audienz erledigt hätte", erklärte Zucker, "Wir haben Kosta wieder gefunden und er ist jetzt bei Eneas. Ach so, ja, guten Morgen", fiel ihm ein und er machte eine formvollendete Verbeugung. Zucker wollte heute nicht auch noch im Kerker landen, weil er die Königin beleidigt hatte. Nur weil sie Torte geteilt und gefeiert hatten, hieß das nicht, dass die Frau es nun immer noch so locker halten würde.