Re: Gefangenentransport
von Kalliope » So 11. Sep 2022, 09:53
"Mmmmhhh... mehr...", schnurrte der alte Mann, der seinen Kopf auf ihren nackten Brüsten gebettet hatte.
"Meine Juwelen sind fast leer", sagte Kalliope, legte ihre Finger dennoch auf seine Stirn und bereitete ihm angenehme Gefühle. Als Priesterin hatte sie gelernt die Emotionen von Menschen anzusprechen, sie zu beruhigen und im Einklang mit sich selbst sein zu lassen. Es war das einzige was für eine Weile seine Stimme verklingen ließ.
"Nur noch eine Weile...", murmelte er, küsste ihre Brüste. Er nahm eine ihre Knospen in ihren Mund, begann daran zu nuckeln. Kalliope seufzte leise, streichelte ihm durchs schüttere, weiße Haar. Sie wartete bis er endgültig eingeschlafen war ehe sie ihn vorsichtig von sich schob. Die Priesterin nahm ein Tuch und reinige sich zwischen den Beinen, schob ihren Rock wieder gerade und schloss ihre Bluse.
Sie beugte sich über den Schreibtisch, durchsuchte hastig die Papiere bis sie das gewünschte fand. Endlich, die Liste der Schnitter und ihre Aufträge. Sie hatte so lange dafür gebraucht. Kalliope nahm das Papier, legte ihre Hand darauf. Nervös blickte sie zu Prinz Arding, aber er schlief immer noch. Es dürfte länger anhalten.
Die Hayllierin ließ einen Namen auf dem Papier verschwinden. Rashar Karssail, ersetzte ihn durch einen Namen, den sie weit passender fand. Nevander Tolarim. Endlich würden die Ivores Gerechtigkeit erfahren. Sie hatte so lange dafür gearbeitet, sie würde ihre Rache bekommen und ihren Urgroßvater auslöschen. Er war ein wichtiger General im Krieg. Niemand würde dies in Frage stellen. Sollte Nevander wider Erwarten überleben, so wären wenigstens einige der Schnitter vernichtet. Sie würde beide Ergebnisse akzeptieren. Hauptsache jemand starb, der es verdient hatte.
Kalliope verließ das Büro, nachdem sie das Dokument wieder so platziert hatte wie sie es gefunden hatte. Sie musste Andiël davon erzählen. Hoffentlich war er ansprechbar. Es war zwar erst Mittags, aber er begann immer früher damit zu trinken.
Die Priesterin begab sich in seine Räumlichkeiten. Sie waren großzügig ausgelegt für den obersten Propagandaschreiber des dehmlanischen Reiches. Der begabte Prinz Sastre.
Er war nur noch ein Schatten seiner selbst. Ein düsterer Schatten.
Auch jetzt saß er auf dem Sofa, eine halbvolle Flasche Whiskey in der Hand, auf das flackernde Feuer im Kamin starrend. Sein Blick war finster umwölkt. Es war unglaublich warm im Zimmer. Kalliope lehnte sich an das Sofa, gab ihm einen trockenen Kuss auf die Wange. Sie sammelte sich kurz ehe sie ihm die Neuigkeit mitteilte.
"Ich habe es geschafft", sagte sie erfreut.
"Deine Beine für wen andren breitmachen? Ja, das riech ich", stieß er aus. Die Hayllierin verzerrte das Gesicht.
"Das tue ich für uns", verteidigte sie sich verletzt. "Und du stinkst jetzt schon nach Alkohol."
"Nein, du tust das, um deinen verdrehten Rachegelüsten nachzugehen. Das ist alles worüber du noch redest. Unsere Feinde vernichten, sie bezahlen lassen", warf er ihr vor. Das Gespräch eskalierte furchtbar schnell.
"Aber es ist jetzt vorbei. Ich habe Nevanders Namen auf die Liste getan. Sie war dieses Mal da. Die Schnitter werden ausrücken und ihn umbringen", sagte sie energisch. Verstand er das denn nicht?
"Das hast du beim letzten Mal schon gesagt", entgegnete Andiël abkanzelnd. "Zuerst war es der Kerl, der dich mißbraucht hat. Dann die Dienerin, die uns nicht aus dem Schloss schmuggeln wollte. Dann... ich weiß es nicht mehr. Es ist immer jemand neues. Hauptsache, du kannst dich an jemandem rächen. Was ist damit passiert, dass wir fliehen wollten?"
Kalliope sah ihn zornig an. "Du kriegst doch den Arsch nicht hoch! Du betrinkst dich und dir ist alles egal! Du.. du hast dich verändert, Andiël. Sag du mir was aus unseren Plänen geworden ist." Sie atmete tief durch. "Es.. ist dieses Schloss. Es macht uns kaputt." Sie spürte es auch und war doch machtlos sich dagegen zu wehren. Sie versuchte es für eine Weile, dann vergaß sie es wieder und wurde in diese dunkle Spirale hinabgezogen.
"Es spielt keine Rolle mehr." Andiël nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, deutete dann hinüber zu seinem Schreibpult. Kalliope ging hinüber. "Die nächsten Berichte. Werden morgen in den Zeitungen erscheinen."
Sie nahm das Blatt hoch. Ihre Augen weiteten sich. "Timaris..."
Andiël leerte die Flasche, warf sie achtlos hinters Sofa, wo sie gegen zwei andere Flaschen klackerte. "Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis sie stirbt. Oder sich Sion beugt. Wie auch immer, es ist aus. Ich sollte mich umbringen", sagte er lapidar. Kalliope hielt sich die Hand vor den Mund, um ein Schluchzen zu ersticken. Sie straffte sich wieder, ging hinüber zu Andiël, legte ihre Hände an seine Schläfen.
"Nein, Kalli... lass das. Ich will das nicht mehr", sagte er mit belegter Stimme. Kalliope machte trotzdem weiter, leerte ihre Juwelen fast gänzlich, um die dunklen Gedanken zu nehmen. Wenigstens für eine Weile. Sie wusste nicht wie lange es noch anhalten würde.
Am anderen Morgen kümmerte sich Kalliope um den kleinen Cassiel. Kalliope war mittlerweile offizell als Kindermädchen eingestellt. Vor allem wenn Sion dabei war Alienor zu quälen und sich mit ihr zu vergnügen, musste die Priesterin auf das Kind achtgeben. Sie hob ihn aus dem Gitterbettchen, wo er schon ungeduldig stand und an den Stäben rüttelte. Mit großen goldigen Augen blickte er sie an, lachte und deutete auf ihre Lippe.
"Aua", sagte er. Kalliope befühlte sich die aufgeplatzte Lippe. Ihr Blick wurde traurig. Sie rückte ihre gestärktes weißes Kleid zurecht an dem Cassiel zupfte.
"Ja, ich habe da ein Aua. Es ist nicht schlimm, es ist nicht das erste. Komm, es wird Zeit, dass wir beide etwas frische Luft schnappen." Sie hob ihn in den Kinderwagen.
"Nein, Vati!", wehrte er sich energisch. Kalli seufzte.
"Dein Vati ist beschäftigt. Wir können jetzt nicht zu ihm", sagte sie. Der Kleine wollte immer zu Sion. Auch jetzt brüllte und strampelte er in dem Kinderwagen, während Kalliope ihn durch die Gänge des Schlosses schob. Sie versuchte das Getobe auszublenden.
"Cassiel, das geht jetzt nicht. Schau, wir gehen in den Innenhof. Wo die Statue mit den Hörnern ist. Die magst du doch so", redete sie auf ihn an. Manchmal befühlte Kalli Cassiels Köpfchen und erwartete halb zwischen dem schwarzen Haar ebenfalls kleine Hörnchen zu finden. Es würde sie nicht wundern.
Sie kamen zum Innenhof, wo Cassiel sich endlich beruhigte, auch weil Kalliope ihn aus dem Kinderwagen half und ihn dann an beiden Händen hielt, damit er - noch etwas wacklig - durch den Innenhof laufen konnte. Sie war so beschäftigt mit dem Kleinen gewesen, dass sie gar nicht die Person gemerkt hatte, die auf einer Bank beim Springbrunnen saß.
Die Hayllierin hätte beinahe Cassiel fallen lassen, als sie den Mann anstarrte. Er hatte blonde Haare und Sions Aura erstickte jegliche andere Signatur, aber es war er. Mit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an und hatte das Gefühl den Verstand zu verlieren.
"Du....", brachte sie hervor. Es kostete alles um nicht zusammenzubrechen. Cassiel löste sich von ihr und watschelte wacklig auf Kosta zu, hielt sich an dessen Beinen fest.
"Aua", sagte Cassiel wieder und deutete mit seinem kleinen Fingerchen auf Kosta. Er hatte ein Talent dafür zu erkennen, wenn jemand litt.
Kalliope fand endlich ihre Stimme wieder. "Was... machst du hier?", wisperte sie. Er durfte nicht hier sein.