Re: Unerwartete Geschenke der Vergangenheit
von Yadriël » So 2. Okt 2022, 17:01
Kosta erklärte, dass er ihm die Wahrheit über Sorra Tolarim hätte sagen wollen. Er hatte Zucker nicht anlügen oder ihm etwas verschweigen wollen. Der Prinz glaubte ihm trotzdem nicht. Jedenfalls wollte er nicht zu dieser Schwarzen Witwe. Lieber blieb er auf dem Schiff. Es war nicht verwunderlich, dass Kosta sich diese Tortur antun wollte. Wieder einmal für seine Besitzerin. Dabei hatte ihn die Schwarze Witwe bereits einmal gequält wie er zugab.
Er antwortete, dass er ein Erlebnis hätte vergessen wollen, aber es wäre nicht so wichtig. Zucker fand schon, dass ein Erlebnis, das so schrecklich war, dass man dafür extra ein Netz eingepflanzt bekommen wollte, durchaus wichtig wäre.
"Davon hab ich so einige", bemerkte Zucker über Erlebnisse, die er vergessen wollte. Bevor sie weiter darüber reden konnten, trat ein Prinz von oben auf den Gang. Er sah seltsam vertraut aus und es dauerte eine Weile bis Zucker erkannte, dass der Kerl dem hayllischen Kapitän, dem sie begegnet waren, wie aus dem Gesicht geschnitten schien. Nur dies konnte unmöglich der gleiche Mann sein. Zwillinge? Der Hayllier sprach von seiner Urgroßmutter, die ungeduldig würde. Zucker brauchte noch eine Weile, sich das alles zusammenzureimen, als er auch schon von dem Mann gemustert wurde.
Zucker blickte irritiert zurück. "Ja, ich bin der Zucker...", begann er, aber anscheinend wusste der andere Prinz bereits über ihn bescheid. Kosta wäre extra wegen ihm zurück nach Raej und hätte die Fürsorge für Lhal an diesen Tolarim abgewälzt. "Extra wegen mir? Das wüsst ich aber", wehrte Zucker ab. Nur wurde Kosta neben ihm knallrot, also musste doch etwas daran sein. Zucker hatte geglaubt, es wäre nur wegen Zorya gewesen. Kosta sollte lieber aufhören, ihn so wichtig zu finden. Zucker war das nicht wert und auf so viel Verantwortung war er nicht unbedingt erpicht.
Inzwischen jammerte der Hayllier, wie anstrengend es gewesen wäre, auf Lhal aufzupassen. Besonders, als sie ihre ersten scharfen Zähne bekommen hätte. Anscheinend war sie ein echter Wildfang. Kein Wunder bei dem Vater. Zucker musste schmunzeln. Der Prinz jammerte eine ganze Weile und hörte gar nicht mehr auf damit bis Kosta es schaffte ihn zu unterbrechen.
"Trotzdem bin ich froh, dass die kleine Lady jetzt ihren Vater ärgern kann. Ich bin zu jung für graue Haare", seufzte der Hayllier. Zucker musste an Tiger denken. Das hieß, er war gut angekommen und im Schloss? Unbehelligt? Die anderen würden dies gerne hören wollen.
Der Tolarim sagte dann etwas seltsames. Kosta sollte ihn vor der Schwarzen Witwe beschützen. Genau wie damals auf einem Winsolfest, das ein Gefährte organisiert hatte. Zucker kam noch weniger mit bei dem Gespräch. Aber es wurde deutlich, dass die beiden sich gut und schon länger kannten.
Bevor die beiden gingen, streckte ihm der Hayllier die Hand entgegen. Zucker schüttelte sie perplex.
"Meinerseits, Prinz Tolarim", sagte der Dhemlaner, als ihm der Prinz sagte, dass er Hyacinthos hieß. "Vermutlich fest verwandt mit dem Kapitän, den wir getroffen haben", spekulierte Zucker und der Adelige bestätigte es. Als Adeliger wirkte er aber sehr anhänglich gegenüber Kosta und etwas sanftmütig. Aber solche gab es ja auch.
"Wartet mal.. was ist mit Tiger? Geht es ihm gut? Ich meine.. Amaya", präzisierte Zucker. Hyacinthos bestätigte es und berichtete, dass der Kriegerprinz bei Lady Tyrelli und der gemeinsamen Tochter wäre. Sie würden im Palast leben. "Man hat ihn nicht festgehalten?"
Anscheinend nicht. Trotzdem konnte sich Zucker den wilden Kriegerprinzen nicht im feinen Palast vorstellen.
"Ich werds den anderen ausrichten", sagte Zucker. "Bis bald."
Kosta und der Adelige gingen aufs Deck. Zucker folgte ihnen etwas später, begleitet von Leto und Samtpfote. An Deck erzählte er seinen Kameraden von Tiger und dass es ihm gut ginge. Manche waren weiterhin misstrauisch, aber es war ja auch Lucero zurückgekommen, der nochmal bestätigte, dass es dem Kriegerprinzen gut ging. Piratenehrenwort.
Dies überzeugte allmählich die Soldaten, aber es war klar, dass sie vor allem mitgingen, um eventuell eine Belohnung zu kassieren für die Rolle, die sie in Zoryas Untergang gespielt hatten. Begleitet wurden die Männer vom Rest der Mannschaft. Nun, nicht alle. Ein paar verblieben auf dem Schiff. Darunter auch der Kapitän und Leto.
"Ich dachte, du würdest das Schiff verlassen", sagte Taelos zu der Heilerin, während sie zusahen wie sich der Tross an Leuten langsam in Richtung Hotel entfernte.
"Und mich von einer Tolarim untersuchen lassen? Meine Familie würde mich endgültig verstoßen", sagte Leto. "Ich habe ihnen bereits gesendet. Es wird vielleicht eine längere Zeit dauern, aber sie werden schon jemanden auftreiben. Ich will nicht wie du enden und nie wieder einen Fuß in Draega setzen können."
Die Worte schienen den Kapitän zu treffen. Zucker merkte, dass das Gespräch sicher nicht für seine Ohren bestimmt war und wollte sich unter Deck zurückziehen, als Taelos ihn bemerkte.
"Was machst du eigentlich noch hier?", fragte er, "Wieso bist du nicht mit Kosta mit?"
"Das gleiche könnte ich dich fragen", gab Zucker zurück, "Und ich habe keinen Bock mich einer weiteren Adeligen auszuliefern, die in meinem Geist herumstochert."
"Aber Kosta braucht jemanden an seiner Seite. Ich dachte, du würdest das tun. Sorra Tolarim hat ihm genug angetan."
Zucker deutete zum Landungssteg. "Dann steh ihm bei." Das war nicht sein Bier.
"Ein Versprechen hält mich davon ab, Draega zu betreten", erklärte Taelos kryptisch. "Ansonsten wäre ich jetzt bei ihm. Sorra Tolarim ist für mich ein kleiner Preis zu zahlen. Wenn du dich beeilst, erwischst du die Untersuchung noch." Er sah zum Hotel hinüber.
"Verzichte dankend", wehrte Zucker wieder ab und schickte sich an unter Deck zu gehen. Bis er sich plötzlich nicht mehr bewegen konnte. Von einen Moment auf den anderen schien sich kein Muskel mehr zu rühren. Perplex sah er an sich herab. Rote schillernde Funken zogen sich über seinen Körper.
"Ich glaube, du hast nicht verstanden, wie ernst es mir damit ist, dass Kosta Hilfe bekommt", hörte Zucker die Stimme des Kapitäns hinter sich. "Aus irgendeinem mir schleierhaften Grund mag er dich und vergisst für eine Weile seinen Schwermut, wenn du bei ihm bist."
"Ich.. bin.. nicht.. euer persönlicher Clown", stieß Zucker gepresst hervor. Er sah entsetzt zu wie sich der Boden unter ihm entfernte, als er in die Luft gehoben wurde, aber noch immer konnte er sich nicht bewegen. In der Luft wurde er herumgedreht, schwebte nun starr über Deck.
"Taelos..", begann Leto. "Du solltest nicht-", setzte sie an ehe sie nochmal über ihre Worte nachdachte. "Nein, ich vergaß, ich muss mich in deine Verrücktheiten nicht mehr einmischen. Ich werd jemanden von den Docks bezahlen, mir ein Stück Kuchen zu bringen." Damit wandte sie sich ab und ging zum Landungssteg.
"Hey!", rief Zucker. "Ist das ein schlechter Scherz? Lass mich runter!"
"Gehst du zur Schwarzen Witwe?", fragte der Kapitän.
Zucker sah ihn fassungslos an. "Hat man dein Hirn zu weich gekocht? Ich-" Abrupt schoss er über das Schiff und baumelte plötzlich über den Docks.
"Es tut mir leid, dass ich dich dazu zwingen muss", rief der Kapitän zu ihm hoch, "Du hast Kosta mehr als einmal in Gefahr gebracht. Ich denke, du schuldest mir etwas. Keine Sorge, dir wird nichts passieren. Ich bin sehr gut darin."
"Was-", wollte Zucker noch etwas sagen, als er plötzlich mit hoher Geschwindigkeit durch die Luft rauschte und geradewegs auf die Hotelfront. Geradewegs über die Docks, Reihen von verdutzten Wachen, Stapeln von Kisten, zwischen zwei Kränen hindurch und dann direkt gegen eine der Gebäudewände. Der Prinz schrie und kniff die Augen zusammen. Mehr konnte er nicht tun.
Dann hatte er das Gefühl, die Welt um ihn herum würde zerplatzen. Nur für ein Augenblinzeln kam es ihm so vor, als wäre er auf roten Juwelenwinden. Ein Herzschlag später knallte er auf den Teppich eines edlen Hotelraums. Zucker keuchte panisch, griff sich an alle Glieder, um zu überprüfen, dass noch alles dran war. Er atmete wild, starrte mit weit aufgerissenen Augen in den Raum.
"Der ist wahnsinnig! Wahnsinnig!" Zucker deutete bebend auf die Wand, die er gerade irgendwie passiert hatte. "Der hat- ich durch die Luft- und dann-", stammelte er.
Es dauerte einen Moment bis er die alte Schachtel sah und neben ihr Kosta und dieser Hyacinthos.
"Äh... der Kapitän war der Meinung, du bräuchtest Beistand", sagte er Kosta.