"Seit wann zeichnest du denn die Gesichter auch mit?" Der Schneider lugte neugierig über Kaynes Entwürfe, der diese rasch bedeckte.
"Ich wollte es mir nur besser vorstellen können, eine neue Methode. Sie sind ohnehin nicht gut geworden." Er warf die Blätter in den Ofen, wo Hendrik ihnen etwas kochte. Als der Prinz die letzte Zeichnung in der Hand hielt und darauf starrte, faltete er das Papier rasch und schob es in seine Hosentasche. "Ich werd neue zeichnen."
"Willst du denn nicht essen, Junge?" Der Schneider rührte in dem brodelnden Eintopf, aber Kayne beachtete ihn gar nicht mehr weiter und war schon wieder auf dem Weg zu seinem Zeichentisch.
"Keinen Hunger." Er zeichnete weiter und verlor sich in den Vorstellungen der Kleider, strich und radierte weg, fing wieder von vorne an.
Als der Tuchhändler mit seinem Karren kam, war Kayne der erste, der die Türe aufriss und ohne weitere Erklärungen jeden Ballen Stoff begutachtete.
"Nicht gut genug.. nicht gut genug..", murmelte er nur immer wieder bis der Händler doch noch wütend wurde und stattdessen Hendrik anfuhr.
"Was ist denn mit deinem Gesellen los? Meine Ware war doch immer ausgezeichnet." Der Schneider konnte nur ratlos mit den Schultern zucken.
"Hast du Feuer, was im Sternenschein schwingt?", fuhr ihn Kayne an. "Wenn nein, dann halt den Mund." Er kletterte auf den Karren, entdeckte ein schönes Rot für eine zweite Schicht oder vielleicht das Futter, vielleicht auch für die Akzentuierungen, er war sich noch nicht sicher.
"Und ich brauche ein grünes Tuch bei dem kein Mann aufhören kann, es zu streicheln, weil es sich so gut anfühlt." Kayne zog einige Ballen mit verschiedenen Grüntönen hervor.
Der Händler schüttelte nur schmunzelnd den Kopf. "Ich hab zwar nicht, was du wünscht, aber ich kenne eine Weberin, die vielleicht das kann was du willst." Er reichte Kayne eine Karte. "Sie lebt in Raej."
Später am Nachmittag saßen Hendrik und Kayne in der Stube. Der Prinz noch mehr als zuvor mit den Entwürfen beschäftig, nebenbei löffelte er von dem Eintopf, den ihm der Schneider nun doch wiederholt aufgedrängt hatte.
"Dass du dich auch immer so in die Arbeit reinsteigern mußt. Mein Schädel brummt noch von gestern. Wer sind die zwei Damen überhaupt?"
"Sie dürften gleich wieder vorbeikommen", antwortete Kayne nur und schwieg sich sonst aus. Dann hörte er bereits, dass jemand die Türe öffnete und Kayne ging nach vorne, auch Hendrik kam nun mit.
Der Prinz nickte Siandra und Tania zu ehe er auf den alten Schneider wies. "Das ist Meister Hendrik. Von ihm habe ich vieles gelernt."
Der Schneider lächelte milde und klopfte Kayne am Arm. "Er stellt sein Licht mal wieder unter den Scheffel. Er ist einer der besten Schneider in Klein-Terreille und vermutlich noch in einigen anderen Ländern. Kayne wird euch sicher bestens beraten."
"Ich habe leider die geeigneten Stoffe für eure Kleider noch nicht", gab Kayne ein wenig zerknirscht zu. "Es wird ein wenig länger dauern. Aber ich habe einige andere Stoffe ausgewählt für die Akzentuierungen." Er zeigte ihnen die bereits zusammengestellten roten und grünen Stoffballen. Die verschiedensten Stoffarten waren dabei, einige bereits selbst edel, glatt, dann wieder rauchig oder zerknittert, samtig, edel und wieder sinnlich.
"Ich habe mich noch nicht entscheiden können, aber wenn euch irgendetwas gefällt... euch möchte ich ein hauptsächlich grünes Kleid schneidern, Lady Narray und euch ein rotes, Lady Tharish." Kayne sah hinüber zu Siandra und ob er vielleicht erkennen konnte, ob sie immer noch wütend auf ihn war. Ob er sich entschuldigen sollte? Aber für was? Er wußte ja nichtmal was er falsch gemacht hatte.