Re: Der Ball
von Kayne » Mi 6. Mär 2024, 10:36
Als Lady Ibelia ihn ein weiteres Mal rief, wollte Kayne am liebsten wieder flüchten, doch dieses Mal schien sie wirklich erzürnt und drohte ihm mit Konsequenzen. Er mußte zu ihr kommen... dorthin, wo Siandra stand... in den Armen eines anderen. Nur langsam vermochte er seinen Körper dazu zu bewegen, ihm zu gehorchen und kaum bei der kleinen Gesellschaft angekommen, zog ihn Lady Ibelia bereits herrisch an sich. Normalerweise schlug er keine Frauen, aber bei ihr war er mittlerweile nah dran, eine Ausnahme zu machen. Trotzdem war der restliche Abend ein wahres Freudenmeer gewesen im Vergleich zu diesem einen Moment. Kayne wagte kaum den Blick in Richtung von Siandra zu werfen und er wußte auch nicht, ob er froh darüber sein sollte, dass sie ihn nicht erkannte, oder traurig. Er wünschte, er hätte ihr senden können, ihr alles erklären können, doch Lady Ibelia passte wie ein Luchs auf, ob er je überhaupt etwas sendete. Allerhöchstens... er könnte Tania auf schwarzgrau erreichen, sie würde zudem seine schwarzgraue Verschleierung durchschauen können. Aber was sollte er ihr sagen? Was konnte und wollte er überhaupt noch sagen? Es tat so weh, Siandra zuzusehen, sie reden zu hören. Hatte er sich so in ihr getäuscht? Sie benahm sich so anders, er passte überhaupt nicht zu ihr...
Woher willst du denn wissen was zu ihr passt und was nicht? Scheinbar kennst du sie ja kein bißchen. Gerade schlug sie ihrem Begleiter vor, er solle doch noch ein wenig tanzen gehen und sie würde ihm später auf dem Balkon zeigen, was sie alles von Lady Ibelia gelernt hatte. Wenigstens zogen die zwei Männer ab, mit einem Grinsen im Gesicht und vermutlich der Aussicht relativ bald eine gewisse Befriedigung zu erfahren. Nur für einen kurzen Augenblick blitzte in Kayne der unbändige Wunsch auf die zwei grün und blau zu schlagen, doch Siandra schien es ja aus freien Stücken tun zu wollen. Würde er die Kerle zusammenschlagen, hätte er damit nichts erreicht, außer als eifersüchtiger Versager dazustehen. Liebt er dich so wie ich? Respektiert er dich, will er dich glücklich machen? Setzt er dich an erste Stelle? Wenn all das zutrifft, dann würde ich... mich für dich freuen, denn ich will nur, dass du glücklich bist....
Die schwärmerischen Worte von Lady Ibelia bekam er kaum noch mit. Diese zeigte sich geschmeichelt, dass Siandra unbedingt von ihr lernen wollte.
"Da seid ihr an die richtige geraten. Männer haben einfache simple Bedürfnisse, es ist leicht sie zufrieden zu stellen." Sie kicherte. "Nicht wahr, Süßer? Wir wissen doch alle nach was du immer wieder verlangst. Und ich verrat dir noch ein kleines Geheimnis. Einen geduldigen Mann gibt es nicht. Alles was sie tun, ist sich zu beherrschen, und die einen können es besser und die anderen..." Lady Ibelia warf einen anzüglichen Blick hinüber zu Kayne. "Naja, schlechter... sie können einfach nicht anders, als wie ein Tier über dich herzufallen. Hach, ich liebe seine animalische Kraft, seine Gier..."
Sie tätschelte seinen Oberarm und Kayne wünschte sich verzweifelt an einen anderen Ort. Nur weit weit weg. Er dachte an den Fluss, erfüllt mit Glühwürmchen und weißen Kirschblüten...
Ohne Tania auch nur anzusehen, sandte er ihr auf schwarzgrau. Sie würde wissen wer er war und er wollte er es ihr erklären. Außerdem... vielleicht gab es ja eine unglaublich logische Erklärung für das alles hier. Vielleicht löst sich alles in Wohlgefallen auf... er klammerte sich verzweifelt an diese Hoffnung ehe er vollständig in Liebeskummer versank.
*Auch wenn du mir vielleicht nicht glaubst... aber sie verbreitet nur Lügen über mich. Ich habe sie nicht einmal angerührt, aber heute muss ich so tun, als hätte ich, ansonsten verliert Hendrik die Schneiderei. Das ist ihre Art mich zu bestrafen, weil ich sie ablehnte.* Obwohl er es nüchtern zu ihr sandte, konnte er nicht verhindern, dass darunter verborgen sein Schmerz lag. Es war einfach nicht fair. Er nahm all das auf sich, nur um Siandra treu zu sein... und sie würde es nicht einmal mitbekommen, nein, es war ihr sogar vollkommen egal... es ist nicht fair, es sollte nicht so weh tun.
"Liebster, hörst du mir überhaupt zu? Ich sagte, du sollst mit uns anstoßen. Dem Wunsch einer Königin kannst du doch nicht widersprechen", säuselte sie und hielt ihm ein Glas mit Sekt hin. Sekt und Safframate.
"Danke, ich trinke nicht bei der Arbeit", lehnte er leise ab, und hoffte, Lady Ibelia würde nicht darauf bestehen. Er erwartete halb, sie würde ihm das Glas so oder so in die Hand drücken, doch stattdessen tat sie etwas viel unstellbares. Sie hielt es Siandra hin, die nur noch ein leeres in der Hand hatte.
"Dann eben nicht", erwiderte sie schnippisch, "Aber Lady Mygari hat sicher nichts dagegen, auf diesen einmaligen Ball anzustoßen. Bitte, ihr dürft nicht ablehnen."
Kayne vergaß nachzudenken. Vorhin hatte er sich bei den Versuchen, ihm Safframate einzuflößen, immer geschickte Ausreden einfallen lassen, war dem ganzen wieder und wieder ausgewichen. Jetzt hatte er einfach nur noch nackte Panik, dass Siandra davon trank. Der Safframate war mit grün verschleiert, sie würde es nicht erkennen. Er riss Lady Ibelia das Glas regelrecht aus der Hand.
"Ich hab es mir anders überlegt, ich trinke doch." Er leerte das Glas in einem Zug und bemerkte so nicht das triumphierende Lächeln von Lady Ibelia. Er dachte nur daran, besser ich als Siandra.
"Wie unhöflich von dir, Süßer. Lady Mygari einfach das Glas wegzunehmen", sagte Lady Ibelia gespielt empört. "Und anstoßen konnten wir jetzt auch nicht. Sag wenigstens einen Trinkspruch."
Kayne stellte das Glas zitternd beiseite, die Droge fraß sich bereits regelrecht durch seinen Körper. Oh, Dunkelheit, was hatte er nur getan?
"Auf die Liebe und bitte entschuldigt mich", stieß er beinahe in einem Atemzug hervor, schaffte es noch sich zu verneigen, machte kehrt und ging aus dem Saal, bemüht nicht zu rennen.
Was hatte er nur getan? Was hatte er nur getan?