Tania hatte schon viele Geschichten über den Tod gehört, man sagt im Angesicht der letzten Sekunden würde man sein ganzes Leben in Bildern sehen, sich jedem Fehler stellen müssen den man begangen hat. Die Fehler würden einem gnadenlos vor Augen gehalten.
Tania sah keine Bilder aus ihrem Leben.
Gesichter erschienen vor ihr. Menschen die sie gekannt hatte. Menschen die sie kalt lächelnd getötet hatte. Menschen die sie geliebt hatte. Freunde, Bekannte, flüchtige Erinnerungen. Sie klammerte sich an die Menschen die sie liebte. Hielt sie fest.
Eine neue Welle des Schmerzes durchfuhr ihren Körper. Sie hatte nicht geglaubt das ihre letzten Sekunden so schmerzhaft sein würden, doch dann wurde ihr klar das der Schmerz nichts mit dem Sterben zu tun hatte, sondern von der Dolchspitze kam, die sich zum zweiten Mal in ihr Herz bohrte. Schwer atmend schloss sie die Augen, wollte nur noch schlafen, nicht mehr die Schmerzen spüren.
Ihr Herz setzte aus. Süße Dunkelheit legte sich um Tania. Tränen liefen ihr über das Gesicht.
Zwei Herzschläge, die ihr Herz nicht vollzogen hatte, später setzte ihr Puls wieder ein. Magie legte sich um ihr Herz, reine starke Magie, liebevoll, heilend. Tania spürte das Herz von Dea al Mon. Spürte eine neue Verbundenheit in sich, ließ sich davon mitziehen, die Dunkelheit lichtete sich. Ihr Blick wurde wieder klar. Tania sah den Baum über sich, wie sich die Blätter sanft bewegten. Dea al Mon hatte ihr verziehen.
Langsam setzte sie sich auf. Noch immer konnte sie das Herz spüren, während ihr Blick über die kristallenen Wände wanderten, zu Eoshan, die auf sie zugestürzt kam, dann zu Rachhad. Sah sein Blut, verstand nicht was sie sah, alles schien in Zeitlupe zu laufen. Scheinbar unendlich langsam erhob sie sich, schritt mit zitternden Knien auf ihn zu, er wurde zu dem Baum gezogen, noch mehr Blut lief über seinen Körper. Dann hatte Tania ihn erreicht.
Ihr Blick war auf seine Brust gerichtet. Ihr Blick glitt weiter über seinen Körper, dann sah sie auf ihm direkt in die Augen, doch ihr Blick war seltsam leer. Lächelnd legte sie ihre Hand auf seine Brust, konnte sein warmes Blut fühlen, dann strich ihre Hand über einen der Äste die ihn durchbohrt hatten.
Dann zog sie ihre Hand wieder weg und trat einen Schritt zurück. Sie war gerade unglaublich mit dem Land verbunden, wusste was es wollte.
Sie würde ihm nicht helfen, würde dafür Unverständnis ernten und dennoch half sie ihm nicht. Dea al Mon erklärte ihr warum, sie würde niemals in Worte fassen können was sie sah und warum sie ihm nicht half.