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Re: Spion in Loraka

So 5. Nov 2023, 19:55

Tief sog Malateste während dem Laufen die kühle Morgenluft ein. Der Regen liess etwas nach und wurde langsam zu einem konstanten Nieseln. Trotz alledem hatte er das Gefühl als rausche sein Blut kochend heiss durch den Körper. Am Fuss des Hügels wurde der Trupp von Morgennebel umwabert, die Bäume um sie herum waren nur noch schemenhaft zu erkennen. Worte wurden keine gewechselt, nur das schwere Atmen der rennenden Männer und Frauen war zu hören und die Geräusche der massiven nägelbeschlagenen Militärstiefel wenn sie auf dem Boden aufsetzten. Sie liessen den Wald hinter sich und gelangten in den gerodeten Bereich und rannten zwischen den Baumstrünken hindurch als sich der Nebel langsam lichtete und sich das Übungsgelände zeigte. Es herrschte rege Aktivitäten, die Sechste belegte den ganzen Platz, doch unwillkürlich wurde Gualterios Blick auf eine kleine Gruppe gelenkt. Er erkannte Tiger den er längst schon gespürt hatte, genauso wie Laree, deren Signatur auf ihn wie ein Leuchtfeuer wirkte. Sie war in einen dicken Militärmantel gehüllt, Rashar und Zucker standen auch noch dabei. Ein Grollen entrang sich der Kehle des Haylliers, er widerstand den Drang die Geschwindigkeit zu erhöhen, loszupreschen, sich auf Tiger und Zucker zu stürzen und bremste stattdessen seinen Lauf bis er normal ging. Seine Soldaten ächzten dankbar. „So aktiv habe ich die Sechste noch nie gesehen, die rackern sich ja richtig ab.“ Vetinaldis Stimme klang überrascht. Einige seiner Gefreiten würden langsam bestimmt misstrauisch werden. Erst dieser nächtliche Drill, dann die ganze Theorie über Belagerung und jetzt die Exerzitien mit der Sechsten. Man brauchte nur zwei und zwei zusammen zu zählen und bekam ein mulmiges Gefühl im Bauch. „Spürst du es auch?“, flüsterte Brion seinem Bruder zu. „Du meinst, dass unser Korporal einem Pulverfass gleicht? Ja, und ich habe da so eine Vermutung.“ Cedric imitierte eine Spritzbewegung an seiner Armbeuge. „Und jetzt marschiert er schnurgerade auf Tiger zu, das kann heiter werden.“

Malateste liess Laree nicht aus den Augen, fixierte sie wie Beute. Die Hexe blickte in seine Richtung, drehte sich dann um und ging in Richtung Fort, kurz darauf folgte ihr Zucker. Die Bewegungen des Kriegerprinzen wurden bei dem Anblick anders, sparsamer, angespannter, kampfbereit. Malatestes Trupp hielt auf ein kurzes Kommando ihres Korporals inne und er ging die letzten Meter allein. Rashar und Tiger lachten.
"He, Jason, wie weit bist du mit deinen Todesengeln?" Der andere Kriegerprinz bleckte grinsend seine spitzen Eckzähne. Gualterio lächelte nicht.
„Es geht vorwärts, wer lange genug mit mir reitet und überlebt wird automatisch zum Todesengel.“
Tiger begann um ihn herumzugehen, fragte ob er ihn nervös machen würde und ob er ihm nicht am Liebsten eine reinhauen würde. Malateste verschränkte die Arme vor seinem Brustkorb, hauptsächlich um seine Fäuste unter Kontrolle zu halten, denn tatsächlich konnte er die provokante Nähe des anderen Kriegerprinzen kaum ertragen. Grimmig presste er die Zähne aufeinander und blickte demonstrativ in eine andere Richtung.
"Ich mag es genausowenig wie du, aber verpass dir deinen Schuß. In drei Tagen brauchen wir jeden klaren Gedanken den wir fassen können.“ Tiger funkelte ihn an, und Malateste erwiderte den Blick nun auch mit unterdrückter Wut in den Augen.
„Du hast mir nicht zu sagen was ich zu tun habe und wann ich das Gift spritze. Und zerbrich dir nicht deinen pelzigen Kopf über meinen Zustand in drei Tagen.“ Malateste öffnete seine Arme, bewegte sich leicht in Richtung des Halbtigerlaner und nahm eine nur leicht verhohlene Angriffsposition ein. In diesem Moment griff Rashar ein, schickte Tiger unter einem Vorwand weg und schob in regelrecht in die angegebene Richtung um dann sogleich die Aufmerksamkeit des Haylliers auf sich und weg von Tiger zu lenken. Der flügellose Kommandant riet ihm seine Leute erst mal im Speerwerfen zu unterrichten, und das er wissen musste wer von ihnen verlässlich und ein guter Kämpfer war.
Die Salzleute beäugten Malatestes Trupp misstrauisch und bedeckten sie mit Spötteleien. Machar rieb sich seine Nase, er hatte Zuckers Kopfstoss in der Krankenstation offensichtlich noch nicht vergessen. Gualterio hörte Rashar gereizt zu und musste ständig gegen das Verlangen ankämpfen nicht in Larees Richtung zu schauen. Sie und Zucker waren noch in Sichtweite, aber sie hatte gestern ihren Standpunkt klar gemacht. Wenn er sich von ihr fernhielt würde er nicht unvorsichtig werden. Dann hielt er sich halt von ihr fern. „..und auch wie viel sie vertragen können“, Rashars Worte drangen wieder zu seinem Bewusstsein vor. „Das wird kein schöner Einsatz werden. Wir reden hier von einem Gemetzel, von die oder wir. Mit allen erdenklichen Mitteln. Wenn dein Trupp zu weich ist..."
Malatestes unsteter Blick bohrte sich in Karsail. „Ich habe diese Soldaten eigenhändig ausgesucht, und glaub mir, ich erkenne gutes Soldatenmaterial. Das sind keine Rekruten mehr. Vielleicht sind sie keine so abgebrühten Mörder, Vergewaltiger und Plünderer wie das was sich hier tummelt, dafür haben sie Disziplin und halten zusammen.“ Der Kriegerprinz musterte die Salzmänner der Sechsten. „Sie haben gestern getötet und sie werden es wieder tun. Und für viele war es nicht das erste Mal. Schau dir Pellia dort drüben an. Er ist seit Ewigkeiten Soldat und hat an mehr Kämpfen teilgenommen als ihr Stollen in die Minen geschlagen habt.“ Malateste lächelte kalt.
„Und was die Fähigkeiten anbelangt…“ Der Kriegerprinz blickte über die Schulter zu seinen Leuten und deutete auf die Zielscheiben. Seine Augen machten klar, dass er kein Versagen duldete. „Jakim, Wulfhere.“ Die beiden traten vor. Der Pruuler der in Isobel verschossen war hatte ein Talent für Fernwaffen und der Glacianer war mit Waffen aufgewachsen. Jakim griff sich einen Wurfspeer von dem Waffenständer, wog ihn kurz prüfend in der Hand und schleuderte ihn dann los. Der Wurfspeer bohrte sich in die Mitte eines der aufgebauten Strohziele. Der riesige glacianische Barbar wählte eine Wurfaxt, warf mit einem Kopfschütteln seine beiden blonden Haarzöpfe in den Nacken und schmetterte die Axt los die wirbelnd durch die Luft flog. Krachend bohrte sie sich in die Holzfigur, aus der Flieder gerade seine Axt ziehen wollte, und zwar lediglich einige Fingerbreit neben Flieders Hand. Dieser drehte sich fluchend um.
„Bist du wahnsinnig Mann?“ Wulfhere grinste. Seine Axt hatte sich so tief ins Holz gegraben, dass sie nur mit Mühe wieder daraus entfernt werden konnte.
Gualterio wandte sich wieder an Rashar. „Wie gesagt, sie mögen nicht so lebensmüde und tollkühn wie deine Leute sein, aber es sind Soldaten, meine Soldaten und sie verdienen Respekt. Vielleicht solltest du das deinen Leuten mal klar machen. Und ich werde sie auf ein Gemetzel vorbereiten, denn damit kenne ich mich aus, oder bezweifelst du das auch?“ Gualterio deutete auf die Netze. „Ist das Teil deines Planes? Ich denke du solltest mich einweihen, ich will wissen wie gross unsere Chancen sind.“

So 5. Nov 2023, 19:55

Re: Spion in Loraka

Mo 6. Nov 2023, 21:01

Rashar

Er konnte rasch feststellen, dass die beiden Kriegerprinzen sich heute nicht sonderlich grün waren. Rashar wußte zwar nicht gleich woran es lag, doch nach Tigers bissigen Worten war auch das klar. Anscheinend hatte Bonderus eine Schwarztraum Spritze ausgelassen was sich gleich in seinem Gemüt niederschlug. Der Eyrier war froh, dass er dieses Teufelszeug nicht nehmen mußte. Es reichte mit anzusehen was es mit Tiger machte, der oft genug versucht hatte davon loszukommen. Bevor die Auseinandersetzung noch eskalierte, schickte Rashar seinen Freund fort und wandte sich an den halbblinden Kriegerprinz. Ein Kampf wo die beiden sich die Köpfe einschlugen war das letzte was er jetzt gebrauchen konnte.
Der Kommandeur der Sechsten versuchte rauszufinden zu was der Trupp Soldaten taugte, die Jason angeschleppt hatte. Mehr Leute war immer gut, selbst wenn es so wenige waren, doch Rashar mußte auch wissen wie er sie einsetzen konnte und ob sie bereit waren ihre Skrupel über Bord zu werfen. Denn er soweit sehen konnte war die Einheit des Korporals recht zusammengewürfelt und bestand bei weitem nicht nur aus Dhemlanern. Womöglich wäre dies sogar hilfreich, die Sechste war auch ein Pulk an den verschiedensten Nationalitäten und Persönlichkeiten.
Während Rashar sprach, schien Bonderus sich noch beruhigen zu müssen und der Eyrier hätte schwören können, dass der Kriegerprinz vorhin zu der mit Zucker davongehenden Venka geblickt hatte. Zwar wußte Rashar, dass Tiger bereits Zucker ins Gewissen geredet hatte, er solle die Finger von der Rekrutin lassen, doch seine Männer hörten meist erst beim zweiten Mal. Vermutlich war eine eindeutige Botschaft noch von Nöten. Rashar dachte kurz an Zuckers vorherige Worte was passierte wenn er ihm nicht mehr genug bezahlte... die Worte galten so ungefähr für jeden in der Kompanie. Selbst wenn man sie in Sions Uniformen steckte, an dem Mensch dahinter änderte es nichts. Diejenigen, die in der Sechsten waren, hatten die Arbeit eines Soldaten der Arbeit eines Sklaven an den Docks von Dena-Nehele vorgezogen, wo auch jetzt viele aus den Salzminen schufteten um Sions Seearmada fertig zu stellen.
"Wenn dein Trupp zu weich ist...", schloss Rashar gerade vage und hatte endlich die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des kräftigen Kriegerprinzen. Er verteidigte seine Einheit gleich, sie wären keine Rekruten mehr und hätten Disziplin, sie wären keine Mörder, Vergewaltiger und Plünderer. "Aber das werden sie erleben...", wandte Rashar ein. "Du hast keine Ahnung wie tief die Salzminen von Pruul sind", bemerkte er düster bei der Behauptung jener Pellia hätte mehr Kämpfe gefochten als die Sechste Stollen in die Minen geschlagen hätte.
Trotzdem gab Jason eine beeindruckende Vorstellung davon ab was die Fähigkeiten seiner Leute betraf. Selbst wenn Flieder es nicht ganz so berauschend fand und ihn die geworfene Axt nur eine Handbreit verfehlt hatte. Dafür gröhlten die anderen in der Sechsten belustigt und es wurde gleich laut überlegt ob sie nicht die heiße Pruulerin oder den süßen Lockenschopf an eine der Zielscheiben binden sollten, aber ein paar fanden auch Interesse an einem jungen Dhemlaner und einem jungen Soldaten mit roten Haaren.
"Kommt schon, benehmt euch!", rief Rashar hinüber, "Diese Leute werden vielleicht euren Arsch im Kampf retten. Es bringt nichts sie vorher zu töten."
"Aber danach?", fragte ein großgewachsener braungebrannter Mann, über seine Oberarme und den Rücken zogen sich viele Narben von Peitschenhieben. Er grinste hämisch auf den rothaarigen Jüngling runter.
Bevor noch jemand reagieren konnte, hatte Tiger ihn bereits mit einem kräftigen Sprung zu Boden gerissen und hieb ihm eine runter. Gleich kamen andere herbei, beteiligten sich an der Rauferei. "Kruppe, Tiger, hört auf!" Zuerst schien keiner der Soldaten auch nur einen Dreck um die Worte ihres Kommandeurs zu geben bis Rashar seine Stimme lauter werden ließ so dass ihnen die Regentropfen regelrecht wie Nadelstiche ins Gesicht peitschten. "Aufhören hab ich gesagt!!! Klaue, steck das Messer weg!" Ein Mann mit Adlernase und schwarzen, dichten Haaren ließ das kaum sichtbare Messer wieder in einer Falte seiner Armbeuge verschwinden. "Wir werden mit Jasons Einheit zusammenarbeiten und wenn am Ende des Einsatzes nicht wieder fünfzehn Soldaten von ihm hier vor mir stehen, mach ich euch persönlich dafür verantwortlich! Oder wollt ihr etwa behaupten, ihr könnt nicht auf fünfzehn Hasen aufpassen? Los, zeigt ihnen wies geht. Ihr seid nur so gut wie euer Nebenmann, wann kapiert ihr das endlich? Klaue, verflucht, wenn du nicht dieses Messer wegsteckst, ramm ich es dir hinten rein. Das andere auch!"
Der Angesprochene lächelte bloß unschuldig drein, machte ein paar Schritte zurück. Auch der Rest löste sich wieder, Kruppe warf Tiger noch einen warnenden Blick zu, aber sie rauften sich zusammen und Einauge ging sogar auf die Soldaten von Jason zu, verteilte Wurfspeere und erklärte ihnen die nächste Übung.

Rashar atmete tief durch, wandte sich wieder an Jason, nachdem die Situation sich wieder entspannt hatte. In drei Tagen konnte man nicht viel erreichen, doch hoffentlich, dass die beiden Trupps sich miteinander arrangierten. "Also... wo waren wir?", fragte der Eyrier, kratzte sich an der Schläfe. "Ach ja, das Gemetzel... ehrlich gesagt, bin ich froh, dass du dabei bist. Einen Kämpfer wie dich können wir gebrauchen." Er rief ein Pergament herbei, schirmte es mit der Hand vom Regen ab und blickte darauf. "Ich hab mir erlaubt, eine Liste deines Trupps aus den Unterlagen rauszusuchen. Fünfzehn Leute... besser als nichts. Drei davon Frauen wie ich sehe. Hat eine von ihnen in drei Tagen ihr Mondblut? Sie sollen sich wenn es der Fall ist Tränke in der Krankenstation besorgen um es zu verschieben. Zwei meiner Frauen greifen auch darauf zurück. Brand, komm mal her!"
Eine Frau mit schmutzig dunkelblonden Haaren, die sie mit einem breiten Metallreif aus der Stirn geschoben hatte, kam her. Eine abgetragene Lederrüstung, eher noch eine Flickrüstung aus verschiedenen Teilen verschiedener Rüstungen, verdeckte halb die Uniform. Sie wirkte mehr wie eine Söldnerin. "Ja, Boss?", fragte sie, die Daumen hinter den Waffengürtel geklemmt. Ihre Augen waren grau und mit einer Kälte wie sie viele in der Sechsten vor sich hertrugen. Hauchfeiner Nieselregen bedeckte ihr Gesicht.
"Hol mir zwei Steine und ein paar Stöcke. Damit ich Jason hier meinen Plan erklären kann. Er will wissen wie groß unsere Chancen sind."
Brand musterte den Kriegerprinzen abschätzig, starrte kurz in seinen Schritt und deutete dann einen gewissen Abstand mit ihren Händen an. "So groß, Boss?" Rashar schmunzelte und die Soldatin trollte sich wieder.
"In Fort Maloun sind ungefähr zweihundert Soldaten stationiert. Du stimmst mir doch zu, dass es Wahnsinn ist mit siebzig Mann ein Fort dieser Stärke zu belagern oder? Doch genau das ist es was wir tun sollen. Eine bequeme Art uns loszuwerden, nachdem wir in Loraka das Fort aufgebaut haben. Ich habe andere Pläne. Wir wollen die Soldaten rauslocken und in einem Hinterhalt erledigen", begann Rashar zu erklären. Brand kam wieder mit den Steinen und Stöcken. Mit dem Fuß scharrte sie in die schlammige Erde etwas was wie ein Pfad aussah. Zu beiden Seiten legte sie je einen Stein, begann mit Zweigen dann einen Kreis an einer Ende des Pfades anzudeuten. "Hier ist Fort Maloun." Der Eyrier deutete mit einem Stock auf den Kreis aus Zweigen. "Und hier... ist ein Dorf." Am anderen Ende der Straße markierte Brand den Punkt mit einem X aus Stöcken, dann scharrte sie mit einem Zweig einen zweiten Pfad vom Dorf zum Fort, umging dabei die Straße auf deren Seiten die großen Steine lagen. "Normalerweise ist der kürzeste Weg vom Fort zum Dorf über diesen Pfad, der über den Fluss Mitko führt. Es gab eine Brücke, aber..."
"Leider kaputt. Echt nen Pech", warf Brand ein, grinste. "Und die Furt ist unpassierbar durch den Regen."
"Wirklich Pech", bestätigte Rashar. "Weswegen die Soldaten den anderen Weg durch die Schlucht hier nehmen müssen." Er deutete auf die zwei Steine am Wegesrand. "Warum sie überhaupt zum Dorf wollen? Es gibt zwar noch eines näher am Fort, doch in dem hier... wohnen einige Familien der in Fort Maloun stationierten Soldaten. Inklusive der des Kommandeurs. Weswegen er ausrücken wird, wenn er hört, dass das Dorf von einer dhemlanischen Kompanie angegriffen und geplündert wird. Den Rauch wird man meilenweit sehen." Der Eyrier beobachtete die Mimik des Kriegerprinzen ob er langsam begriff was die Sechste vorhatte.
Brand legte kleinere Steinchen auf den Weg zwischen die Steine, drückte sie in den Schlamm. "Und hier bringen wir sie um. Siebzig gegen Zweihundert, das geht."
"Erinnerst du dich noch daran, dass ich dich gebeten habe ein gewisses Dorf in Ruhe zu lassen wegen den Zahlungen?", fragte Rashar, "Der freundliche Schmied dort hat uns einen guten Preis gemacht was mehrere Dutzend Bärenfallen betrifft. Wir legen sie dort aus, tarnen sie. Sobald die feindliche Kompanie in der Schlucht ist, die ersten Pferde in die Fallen rennen, werfen wir von oben Netze herab, stechen sie mit Speeren ab und erledigen dann den Rest indem wir runter in die Schlucht springen oder klettern." Das war im Groben der Plan, auch wenn es natürlich Feinheiten gab und vieles schief gehen konnte. "Es wird hässlich werden. Deine Leute dürfen keine Skrupel haben. Weder in der Schlucht noch im Dorf, das wir vorher angreifen müssen."

Re: Spion in Loraka

Mo 6. Nov 2023, 21:10

Der wilde Haufen der Sechsten quittierten die Vorstellung von Wulfhere und Jakeem mit Gelächter und begannen gleich zu debattieren wenn sie als Zielscheibe verwenden sollten. Malatestes Truppe rückte etwas näher zusammen, aber Isobel reckte sich und strich ihre Haarmähne zurück.
„Viel könnte mir dabei nicht passieren, jeder weiss das Tripper im fortgeschrittenen Stadium auf die Sehfähigkeit schlägt.“ Die Pendas johlten und schlugen gegenseitig ihre flache Hand zusammen.
Rashar mahnte seine Männer zur Ruhe, meinte es nütze nichts sie vorher zu töten. Ein grosser Mann dessen Körper von unzähligen vernarbten Peitschenstriemen verunstaltet war trat vor und blickte auf Cadlew herab, fragte, ob sie sie denn nachher töten dürften.
Gwyn brachte nichts hervor, er wurde lediglich wieder rot im Gesicht, doch legte sich seine Hand auf den Schwertgriff, so wie er es schon beim Korporal gesehen hatte, und er schob trotzig sein Kinn vor. Malateste lächelte befriedigt, sie liessen sich nicht mehr so leicht einschüchtern wie auch schon, aber er spürte das der Moment jetzt auf der Kippe stand und spannte seinen Körper an. Doch bevor die Situation eskalierte stürzte sich wie aus dem Nichts ein rotbrauner Schemen der sich als Tiger entpuppte auf den Peitschennarbigen, riss ihn zu Boden und schlug auf ihn ein. Im Handumdrehen rannten weitere Soldaten herbei und das Ganze artete zu einer zünftigen Keilerei aus. Gualterio wäre am liebsten mitten hinein gesprungen, konnte sich aber zurückhalten, tief in seinem Innern wusste er, dass er in seinem jetzigen Zustand die Kontrolle verlieren und es Tote geben würde.
Rashar versuchte die Männer zur Ordnung zu rufen, jedoch erfolglos. Erst als seine Stimme beeindruckend anschwoll liess der zerlumpte Haufen voneinander ab. Einer der Männer hatte sogar schon ein Messer gezogen gehabt. Wenn währende einer Keilerei Waffen gezogen wurden war der Spass für Malateste vorbei, glücklicherweise war dies eben nicht sein Kampf gewesen. Der eyrische Kommandant schaffte es sich Gehör zu verschaffen und appelierte an seine Soldaten. Zu einigen schien seine Rede sogar durchzudringen, Einauge zum Beispiel ging zu den Soldaten der Zweiten hinüber, und begann sich mit ihnen über das Speerwerfen zu unterhalten. Gualterios flackernder Blick glitt kalt über die Szenerie, er brauchte diese verdammte Spritze! Nein er brauchte sie nicht, noch nicht! Er war noch kein Sklave der Droge, oder?
Rashar schaffte es erneut die Aufmerksamkeit Malatestes auf sich zu lenken. Der Kriegerprinz beruhigte sich wieder, wenn er sich auf etwas konzentrieren konnte ging es, auch wenn es ihm schwerer fiel einen Gedanken zu halten. Malateste konzentrierte sich darauf langsamer zu atmen und sich zu sammeln ehe er sprach.
„Ich werde die weiblichen Soldaten wegen dem Mondblut zur Seite nehmen, falls eine betroffen sein sollte, werde ich sie zu Lady Winters schicken.“ Karsail nickte und rief dann eine Kriegerin in einer abgewetzten, zusammengestückelten Lederrüstung zu sich die auf den Namen „Brand“ hörte. Sie nahm Rashars Anweisungen mit eisigem Blick und lässiger Pose entgegen. Sie beantwortete Malatestes Frage nach der Grösse ihrer Chancen im bevorstehenden Kampf mit der Andeutung einer nicht allzugrossen Spanne zwischen ihren Händen. Dabei musterte sie den hayllischen Kriegerprinzen abschätzig und ihr Blick verharrte einen Augenblick länger in der Gegend seines Schritts. Gualterio nickte verstehend.
„Also sind die Chancen nicht allzugross.“ Beiläufig betrachtete nun er die Soldatin. „Falls du was Bestimmtes suchst Brand, schnapp dir Zucker solange er noch seinen Schwanz hat.“ Da war keine Spur von Humor in Malatestes Stimme, es schien ihm todernst zu sein. Er beachtete Brand nicht mehr länger und redete mit Rashar weiter. „Ja, mit siebzig Soldaten gegen ein zweihundert Mann starkes Fort anzurennen ist nicht gerade Erfolgsversprechend“, gab er Karsail Recht. „Da Bovert jegliche Form von Fantasie abgeht, betrachtet er einen selbstmörderischen Sturm vermutlich als einzige Lösung. Aber es gibt viele Möglichkeiten die einen nicht ganz so leicht abzuschätzenden Ausgang bieten, und ich bin sicher du hast da was Nettes geplant. Lass hören.“

Brand kam wieder zurück und mit Hilfe der mitgebrachten Stöcke und Steine und ihren Füssen begannen sie und Rashar eine reliefartige Landkarte in den Schlamm zu zeichnen. Gebannt hörte Malateste zu, er mochte es zu taktieren und zu planen. Sei es wie hier im Schlamm und Regen oder in einem prachtvollen Kommandeurszelt umgeben von seinen Offizieren. Dies war seine Welt.
Als die beiden mit ihren Ausführungen geendet hatten dachte der Kriegerprinz nach und starrte auf die Landkarte im Schlamm deren Wege und Flussmündungen sich im Regen wieder aufzuweichen begannen. Genauso wie der Regen die Karte verblassen liess, verblasste auch das Bild das Malateste von der Sechsten gehabt hatte. Er hatte mit ihnen sympathisiert, wollte sie in einem edlen Licht sehen als Aussenseiter und Rebellen die sich mutig gegen einen Tyrannen stellten. Statt dessen erkannte er, dass lediglich Rashar, Tiger und vielleicht noch ein, zwei andere ansatzweise diesem Ideal entsprachen. Der Rest war brutaler Abschaum der nichts mehr zu verlieren hatte und aus verschiedensten Gründen kämpfte, von stoischem Überleben bis hin zur purer Mordlust. Karssails Worte liessen zwischen den Zeilen keinen anderen Schluss zu. Das Dorf würde geplündert und seine Bewohner abgeschlachtet werden. Vermutlich war das der Preis den der Eyrier seinen Leuten zahlen musste das sie mitmachten.
Malateste hob den Kopf, Strähnen seines klatschnassen Haares hingen in sein Gesicht und das Blond schien dieselbe Farbe zu haben wie das Weiss in dem einen Auge.
„Hoffen wir, dasd der Kommandeur und seine Soldaten blindwütig aus dem Fort reiten und er beim Anblick der Rauchsäule am Himmel nicht erkennt, dass es schon zu spät ist und sich dann in mörderischer Wut im Fort verschanzt. Egal, es gibt immer Wenn und Abers, der Plan ist gut und kann funktionieren. Aber halte meine Soldaten aus dem Gemetzel im Dorf raus, dann gibt es auch mehr Beute für deine Leute. Ich kann in drei Tagen nicht jeglichen Skrupel und Menschlichkeit aus ihnen rauspressen. Nicht mal ich schaffe in drei Tagen was Jahre in den Minen bewerkstelligen.“ Der Kriegerprinz lächelte grimmig. Seltsam, er war zwanzig Jahre in einem lichtlosen Loch gewesen und hatte dabei längst verloren geglaubte Menschlichkeit wiederentdeckt. Oder hatte Laree diese Seite an ihm gestärkt? Eine dunkle Furcht erfüllte ihn, dass wenn Laree ihn fallen liess er wieder zu dem würde was er gewesen war, etwas wogegen die Angehörigen der Sechsten wie Kindergärtner wirkten. Bilder stiegen vor seinem Kopf auf wie Larees herzförmigen Lippen sich auf die halbverbrannten von Zucker drückten. Die breiten Schultern des Kriegerprinzen zuckten als ob er etwas abzuschütteln versuchte, dann sprach er weiter.
„Und ich denke siebzig Soldaten sollten mehr als genug sein ein unbewaffnetes Dorf dem Erdboden gleich zu machen", fuhr er fort. "Meine Soldaten werden in der Schlucht warten und kämpfen, genauso hart wie deine, denn dort geht es Mann gegen Mann und da kennen sie keinen Skrupel. Müssten sie vorher das Gemetzel miterleben könnte sie das daran zweifeln lassen wofür sie kämpfen, das wäre nicht in unserem Sinne.“
Er hielt inne und betrachtete die kleinen Steinchen zwischen den beiden Grossen.
„Aber wieso möchtest du in der Schlucht eigentlich das Risiko eines Kampfes eingehen?“ Der Kriegerprinz kickte einen der grossen Steine mit seinem Stiefel an, dieser klackte gegen den anderen grossen Stein und begrub die Kiesel unter sich. „Wieso lassen wir nicht die Wände der Schlucht zusammenbrechen und begraben die Besatzung des Forts darunter? Dann können wir mit frisch ausgeruhten Kräften das beinahe leer stehende Fort überrennen, plündern und niederbrennen. Der Erfolg wäre überwältigend.“

Re: Spion in Loraka

Mo 6. Nov 2023, 21:11

Rashar

"Ja, er ist nicht schlecht", sagte Brand genauso ernst zu Jasons Kommentar über Zucker. Rashar behielt sich vor etwas dazu beizusteuern. Er hoffte, im Interesse aller hatte der Hayllier seine Libido unter Kontrolle. Aber normalerweise war Zucker eigentlich ganz verlässlich und einer der... besseren des Packs, die sich nun wieder zusammengerauft hatten und weiter trainierten. Sie wußten alle was auf dem Spiel standen, alle wollten überleben nun wo sie wieder die Freiheit gekostet hatten und ja... sie schmeckte gut. Selbst für Rashar. Natürlich trieb einige wenige auch der Mordlust an, das konnte er nicht ignorieren und sie hörten nur auf ihn weil er sich in den Minen Respekt verschafft hatte. Nicht wenige waren dafür gestorben.
"Bovert hatte genug Fantasie, deine Einheit und dich mit uns zu schicken...", mußte der Eyrier anerkennen. "Ich bin sogar froh wenn Lorcann wieder hier ist. Aber wer weiß, vielleicht sollen wir auch weiter ins Landesinnere nach Zamora zum neuen Fort. Ich glaube, Nergal hat nicht weiter gedacht als bis zu unserem Fort Maloun Einsatz. Ich weiß nur, dass zusammen mit der Internen auch reichlich Verstärkung anrückt, vermutlich die ganze dritte Kompanie."
Sowohl Brand als auch Rashar widmeten sich dann lieber wieder der "Karte" auf dem Boden um dem Kriegerprinzen zu erklären was genau sie vorhatten. Rashar war nicht erfreut über die neue Verstärkung, noch weniger über die Interne. Hoffentlich war die wieder weg wenn sie zurückkamen. Er wollte ebensowenig Fort Maloun angreifen und die Soldaten dort töten, aber ihm blieb keine Wahl. Entweder die oder sie. Die einzige andere Möglichkeit wäre Fahnenflucht zu begehen, doch innerhalb der Armee würde er mehr ausrichten können. Er wünschte, die Königin wäre noch hier, sie hatte für einige Tage einen guten Einfluß auf seine Männer gehabt, doch die Wirkung hatte nicht allzu lange angehalten und die Salzleute waren unruhig geworden.
Jason besah sich währenddessen das schlammige Relief, das langsam wieder vom Regen verwischt wurde, ehe er zugab, dass es ein guter Plan wäre und funktionieren könnte. "Wir haben das Fort schon lange beobachtet, der Kommandeur dort, Prinz Tujek, ist nicht gerade für seine Geduld bekannt. Er wird kämpfen. Die Frage ist nur wieviele Männer er im Fort zurücklässt. Wir hoffen das Dorf so angreifen zu können, dass er von dort die Botschaft über unsere Mannstärke erhält, vielleicht etwas höher. Dann wird er genügend Leute mitnehmen müssen." Rashar wischte einige Regentropfen von seinem Mantel, stapfte mit den Füßen auf um etwas Wärme hinein zu bekommen.

Der Korporal bat nur darum, dass seine Soldaten aus dem Gemetzel im Dorf rausgelassen werden sollten, dann gäbe es auch mehr Beute für die Sechste. Drei Tage würden gewiss nicht ausreichen um jeglichen Skrupel und Menschlichkeit aus seinem Trupp rauszupressen. Rashar lächelte bitter auf die Worte hin. "Die wenigsten in der Sechsten sind unschuldig in die Salzminen geraten, auch wenn es davon ein paar gibt... aber selbst Unschuldige wandeln sich in nur ein paar Jahren im Salz. Diese Menschen lieben ihre Freiheit und die Uniform ermöglicht es ihnen sie fast ungestraft auszuleben."
"Aber wir sin keine Monster, Boss", mischte Brand sich ein, rief aber ein stark gekrümmtes Messer herbei, kurz und sehr spitz. Geeignet um jemanden die Kehle oder die Bauchdecke aufzureißen, keine schöne Waffe, dafür praktisch und darauf kam es an. "Trotzdem hol ich mir meine Trophäen..."
"Wir machen so viel wie nötig um den Angriff aufs Dorf echt aussehen zu lassen. Keine Kinder. Den Rest kann ich nicht versprechen. Zudem werden wir ohnehin keine Zeit haben viel zu machen. Sobald der Speerfaden oder Bote zum Fort raus ist, werden ein paar zurückgebleiben um das Dorf abzuschirmen, der Rest muss auf den schnellsten Weg zur Schlucht. Wir verstecken uns an den Seiten oben. Schone deine Juwelenkraft, wir werden sie brauchen um alle zu verbergen so dass die feindlichen Soldaten keinen Verdacht schöpfen", erklärte Rashar. "In der Schlucht gibt es kein Erbarmen, wir können niemanden gebrauchen, der flieht. Im Fort sollten dann hoffentlich nicht mehr so viele sein und wir haben noch ein paar Extras um eine der Wände zu sprengen, es sind nur Holzpalisaden. Ich habe nicht vor im Fort Gefangene zu machen. Stattdessen will ich ihnen die Wahl lassen. Sie können sich der Sechsten anschließen, oder abhauen nach Garois oder sich widersetzen und einige weniger nette Soldaten der Sechsten kennenlernen... je nachdem wieviele überhaupt nach der Schlacht übrig sind. Was im Fort ist, wird von uns geplündert. Waffen, Ausrüstungen..." Rashar seufzte, sah zu wie der großgewachsene Korporal gegen die Steine trat und vorschlug, dass sie doch die Schlucht auch zusammenbrechen lassen könnten. Manchmal fiel ihm seine Aufgabe sehr schwer.
"Haben wir auch schon überlegt", sagte Brand, "Aber die Wände gehören zu zwei Hängen auf beiden Seiten, fällt sanft ab, schwierig zusammenbrechen zu lassen. Braucht viel Juwelenkraft und die brauchen wir vielleicht anderswo. Außerdem ist es so langweilig."
Rashar schüttelte leicht belustigt den Kopf. "Abgesehen vom langweilig sein hat sie recht. Der Kraftaufwand ist zu groß um die ganzen Hügel zu sprengen und zudem muss man immer noch damit rechnen, dass die Soldaten sich dagegen schützen könnten... die Bärenfallen und die Netze sollten sie fürs erste genug behindern, so dass wir die meisten von oben mit Fernkampfangriffen töten können bis wir selbst runter in die Schlucht gehen. Deswegen das Training mit den Netzen und den Wurfspeeren. Aber wenn deine Leute mit anderen Fernkampfwaffen angreifen wollen... auch in Ordnung. Kurz vor der Schlacht sollten wir sie mit der Kunst verstärken damit sie mögliche Schilde durchdringen", begannen sie noch über die Feinheiten der Taktik zu diskutieren.
Rashar rief die auf Leder gestanzte Karte herbei, reichte sie Jason. "Hier ist alles eingezeichnet, ich schlage vor, du lässt die Karte von einem deiner Leute kopieren. Leder sollte es genügend im Lager geben", empfahl er. "Brand, du kannst wieder gehen." Sie nickte und ging zum Übungsparcour um gleich einen schnauzbärtigen Gefreiten aus Bonderus' Trupp anzusprechen und ein wenig mit ihm herum zu schäkern.
Derweil hatten die Männer und Frauen unter Tigers Anweisungen begonnen Strohpuppen vor dem hohen Gerüst aufzubauen und man konnte die Stimme des halben Tigerlaners laut hören wie er erklärte, dass es etwas ganz anderes wäre von oben auf ein Ziel herabzuschießen und man auch etwaigen Wind in einer Schlucht bedenken müsse. Die ersten kletterten aufs Gerüst, versuchten von oben die Strohpuppen zu treffen.
"Wir haben tatsächlich eine Chance dies zu schaffen", bemerkte Rashar, lächelte schwach. "Es wird kein schöner Kampf aus dem Lehrbuch, aber wir können es schaffen... Tiger, Fernkampfwaffen! Du auch!", rief der Eyrier als er mitbekam wie der Kriegerprinz mit katzenhafter Eleganz vom Gerüst sprang und dabei eine der Strohpuppen zu Boden warf, seine Klauen tief in ihr vergrub. "Ich muss sagen, ich war ziemlich entsetzt als Cal mir die Einsatzbefehle aus Dhemlan gegeben hat. Ich dachte, das wars. Aber es gab schon viele Einsätze davor als ich dachte, das wars. Wußtest du, dass wir den ersten Sturm auf Loraka geleitet haben?" Rashar warf Jason einen eindringlichen Blick zu. "Kann ich mich im Kampf auf dich verlassen?"
Sein Blick wurde erst wieder abgelenkt als er aus dem Westtor sah wie Ernald Bovert zu Pferde seinen Tross an erbarmungswürdigen Rekruten herausführte, die ihm im Regen hinterher trotteten.

Re: Spion in Loraka

Mo 6. Nov 2023, 21:18

"Hast du jemals einen Dea al Mon gesehen?", fragte Laree skeptisch als sie die Tätowierung auf Zuckers Oberschenkel betrachtete. Er lehnte sich an die Häuserwand einer Gasse, die Hosen ein wenig heruntergelassen. Mit fast lasziven Blicken bedachte der Prinz sie, so dass es so wirkte als wollten sie es gleich hier treiben, doch daran hatte die Hexe gerade nun wirklich kein Interesse.
"Nein, ich weiß nur, dass sie spitze Ohren haben und silberne Haare", erwiderte Zucker.
"Und große Brüste und knappe Kleidung?", hakte sie grinsend nach. "Aber es sieht hübsch aus... mir gefallen die Lilien drum herum. Und nein, ich will nicht wissen wie die Tätowierung unter deiner Unterwäsche weitergeht", schob Laree gleich hinterher, denn man konnte erkennen, dass sich Blätter- und Blumengeflecht mit den elfenhaften Geschöpfen auch auf die Innenseite seines linken Oberschenkels zogen und unter dem Stoff seiner grauen Unterhose verschwanden.
"Sie kümmern sich nur aufopfernd um meinen Stamm", scherzte er, zog seine Hose wieder hoch und verschloss sie. Laree lachte leicht, schüttelte den Kopf.
"Jason würde dich umbringen wenn er dich so würde reden hören", entgegnete sie, verließ die schmale Gasse wieder und begab sich in Richtung Hafen. Zucker folgte ihr rasch, zeigte ihr den Weg zu dem Tätowierer, den er ihr empfohlen hatte.
"Macht dich das nicht an? Der Reiz des Verbotenen?", fragte er sie mit samtener Stimme, in seinen goldenen Augen blitzte es verführerisch auf. Laree beschloss nicht darauf zu achten und weiterzugehen. Womöglich hätte sie sich gar auf Zucker eingelassen, in einer Welt ohne Gualterio Malateste. Aber so... es war bloß nett mit Zucker herumzualbern und für einen Moment alle Gefahren, Sorgen und Erinnerungen zu vergessen. Sich begehrt und umworben zu fühlen ohne dass jemand ihr die Kleidung runterriss und sie zu Boden drückte..
"Jason ist verboten genug für mich", gab die Hexe geheimnisvoll zurück, "Außerdem hat er mir überhaupt nichts zu verbieten."
"Ich dachte, ihr seid zusammen. Und er kam mir wie die eifersüchtige Sorte Mann vor. Oder seid ihr offen für mehr?", hakte er nach, während sie eine Straße einschlugen wo Bauarbeiter - oder vermutlich Sklaven - aus einem verschlammten Pfad eine richtige Straße mit Kopfsteinpflaster zu machen versuchten. Die beiden Soldaten wichen der Baustelle aus, die Arbeiter senkten respektvoll den Blick. Etwas was Laree zunächst irritierte, sie war es nicht gewohnt eine Uniform zu tragen, die tatsächlich bei jemand anderen Respekt einflößte. Und den überaus knappen Dienstmädchenfummel, den Timaris ihren weiblichen Bediensteten aufzwang, konnte man wohl kaum so nennen.
Sie dachte noch über Zuckers Fragen nach, wußte selbst nicht so genau was sie dazu sagen sollte. "Ich weiß nicht... es ist kompliziert. Ich wünschte, es wäre nicht kompliziert, aber es ist es und ich weiß nicht wieso...", sie schnaubte abrupt, "Ach, hör auf mir diese Fragen zu stellen!" Zucker hob abwehrend die Hände.
"Ich wollt nur wissen woran ich bin. Hätt ja sein können, dass ihr nen bißchen Spaß zu dritt wollt", bemerkte er. Laree sah ihn kurz entgeistert an, lachte dann. "He, das war ernst gemeint. Er hat was. Ich glaub, ich würd sogar ohne dich mit ihm schlafen. Meinst du das gefällt ihm besser?" Die Hexe prustete unterdrückt, hielt sich die Hand vor den Mund und so betraten sie einen kleinen Laden, der neben Tätowierungen auch Körperschmuck in Form von Piercings anbot. Über dem Geschäft hatte allerdings noch ein altes Schild von einem Barbier gehangen, so bekam man diese Dienste hier vielleicht auch.
Laree versuchte noch die Vorstellung von Malateste und Zucker zu verdrängen. Zwar hätte der Kriegerprinz bestimmt nichts gegen eine zweite Frau gehabt, die ihn verwöhnte oder ihnen zugesehen wie sie sich küssten und berührten, doch mit einem zweiten Mann konnte sie sich das nicht vorstellen. Außerdem war viel wichtiger wieder heil aus Raej rauszukommen, möglichst bald und irgendwelche Sexspielchen würden da nicht helfen. Sie mußte an Gualterios Wut denken als sie ihm gesagt hatte, das zwischen ihnen wäre nur ein bißchen Sex. Laree wollte manchmal gerne so glauben, das machte vieles einfacher, doch tief in sich drin wußte sie, dass das nicht stimmte. Aber es gab keine gemeinsame Zukunft für sie. Da war Raej, da war Ayden, Timaris... es gab kein Häuschen im Grünen mit Garten für sie. Das einzige was sie hatten waren ihre kurzen nächtlichen Treffen.

"Kurald, ich hab dir Kundschaft verschafft", begrüßte Zucker einen stark tätowierten Mann mit weißem Kittel und Halbglatze, der gerade nach vorne kam und sich noch an einem Tuch die Hände abtrocknete. "Einen Spezialauftrag. Wir brauchen Stillschweigen. Und viel davon."
Der Mann namens Kurald erwiderte den Gruß von Zucker mit kurzem Schulterklopfen und Umarmung ehe er sich an Laree wandte. "Stillschweigen, hm? Für was?"
Laree rief ihr letztes Geld herbei und reichte es Kurald in der Hoffnung es wäre genug. "Ihr müßt einen Namen verschwinden lassen. Es ist Spezialtinte weswegen nur ausbrennen oder drüber tätowieren hilft. Ich hab mich für letzteres entschieden", erklärte sie.
Kurald zählte das Geld, steckte es dann ein und war klug genug keine Fragen zu stellen. "Ich gebe mein bestes. Aber ich muss mir die alte Tätowierung erst ansehen. Komm mit." Er winkte sie durch einen schmalen Durchgang in ein Nebenzimmer, Laree folgte mit einem etwas mulmigen Gefühl und war froh, dass Zucker bei ihr war. Noch wohler wäre ihr mit Gualterio an ihrer Seite gewesen, doch er hatte seine eigenen Aufgaben und seine Leute zu befehligen. Warum konnte sie nicht zu seiner Einheit gehören? Dann hätte sie bei ihm sein können... doch vermutlich war es besser so. Laree hatte die Worte auch gemeint, die sie letzte Nacht gesagt hatte. In ihrer Nähe wurde er unvorsichtig. Das wollte sie ihm nicht zumuten.
Die Hexe hängte den nassen Mantel an einen Haken, begann sich dann weiter auszuziehen bis auf die Unterwäsche. Heute trug sie grüne Unterwäsche mit weißen Herzchens, etwas aus ihrem 'braven' Sortiment. Sie versuchte ein Zittern zu unterdrücken, spannte sich aber trotzdem an als Kurald zu ihr trat, Aydens Namen betrachtete und auch darüber strich. Ayden... Laree vermisste ihn, sie vermisste ihn manchmal so sehr und es gab niemanden mit dem sie darüber reden konnte. Der einzige wäre Gualterio, doch der würde das nicht hören wollen. Aber was machte sie dann mit ihren Sehnsüchten und vor allem mit ihrer Angst? Wie sollte sie nach Draega zurück wenn es dort keine Zukunft mehr für sie gab? Ayden würde sie töten... ganz bestimmt, sie war eine Verräterin, sie war einfach abgehauen und hatte ihn im Stich gelassen. Und für was? Dafür dass sie nun tagaus tagein um ihr Überleben kämpfte, dafür dass sie nun hier stand und quasi die letzte Verbindung zu ihm verbergen mußte. Kein Schutz mehr... nichtmal mehr die Illusion davon.
Sie biss sich auf die Lippen, fest, um Tränen zu unterdrücken. "... was für ein Motiv du haben willst, hast du mich gehört?", riss der Tätowierer sie aus den Gedanken. Zucker hatte ihr die Hand besorgt auf die Schulter gelegt, doch nichtmal das hatte Laree richtig mitbekommen. Ihr Blick fand zurück, schweigend blickte sie den anderen Soldaten an, versuchte ihren Schmerz zu verbergen.
"Einen Phönix...", brachte sie dann leise hervor, "die Flammen beginnen beim Namen und hoch über den Rücken. Aber nicht bis zum Nacken, nur bis dahin wo mein Büstenhalter ist." Laree berührte kurz die Halterung hinten. "Habt ihr so ein Motiv?"
"Einen Phönix ja, aber nicht so genau. Ich werd was für die Vorlage brauchen, zwei Stunden. Ihr könnt danach wiederkommen", bot Kurald an. Laree nickte, streifte sich die Uniform wieder über. Der Mann war wieder nach vorne gegangen, so dass die Hexe kurz allein mit Zucker im Raum stand, der gefüllt war mit Zeichungen, Farben, Nadeln, Kästen mit Metallringen und mehr. In der Mitte befand sich ein Stuhl dessen Lehne über einen hölzernen Hebel zurückklappbar war. Laree erinnerte er bloß an einen von Aydens Folterstühlen. Rasch wandte sie sich ab.
"Lust auf nen heißen Grog?", fragte Zucker, lächelte sie an, den Mund durch die Brandnarben halb verzehrt.

Am Ende fanden sie sich im 'Roten Hahn' wieder, saßen an einen der Ecktische bei den Fenstern. Laree drehte ihren Krug bloß hin und her ohne recht davon zu trinken, wenigstens wärmte er ihre Hände. "Mußt du nicht zurück zu den anderen aus der Sechsten um zu trainieren?", fragte sie irgendwann.
"Später. Ich bin lieber hier mit dir", entgegnete er charmant. Die Hexe strich sich die nassen Haare zurück, sah ihn ein wenig ratlos an.
"Wieso? Ich bin grad keine gute Gesellschaft." Laree fuhr mit den Fingern nachdenklich die Maserungen des Holzes nach. "Du, Zucker? Wenn du in drei Tagen deinen Einsatz hast... mit Jason und den anderen. Ihr kommt doch beide wieder oder?"
"Wir versuchens." Er legte seine Hand über die ihre, unterbrach so ihr unruhiges Fingerspiel. "Es geht schon alles gut. Rashar hat nen tollen Plan um uns alle rauszuhauen. Aber erwart nich, dass ich mich heldenhaft in ein Schwert schmeiße was eigentlich für deinen Kerl bestimmt war. So nobel bin ich nun auch wieder nich. Aber ich hau ihm auch keins in den Rücken. Mein Wort."
Laree zog ihre Hand unter seiner fort, nahm nun doch einen kräftigen Schluck von dem heißen Gebräu. "Will ich dir auch geraten haben", knurrte sie leicht.
"Die ungewisse Zukunft beiseite geschoben, lass uns lieber über ne angenehme Vergangenheit reden. Ich hatte auch nich viel davon, aber ein bißchen schon. Du doch auch oder? Es war nich alles schlecht", wechselte Zucker geschickterweise das Thema, entrang Laree ein schwaches Lächeln. "Woher genau aus Hayll kommst du?"
"Nein, es war nicht alles schlecht..", stimmte sie leicht wehmütig zu. "Aus Mineva. Und du?"
"Draega. Bin in nem Waisenhaus groß geworden, später als Lustknabe verkauft worden. Kennst du deine Eltern?", erkundigte er sich. Laree wollte nicht nachfragen wann Zucker verkauft worden war, bisher hatte nichts aus seiner Vergangenheit schön geklungen und sie wußte ja bereits wie er an seine Verbrennungen gekommen war und dass die Ringe an seiner Halskette seine 'gesammelten' Gehorsamkeitsringe waren.
"Ja... sie leben beide auch noch. Ich hab eine sehr große Familie, fast alle Bedienstete..." Nur von wem wollte sie nicht sagen. Wie viel wußte Zucker über Haylls Hundert und wer wo lebte? Laree trank weiter Grog. "Wann kommt denn der Punkt wo du mich dezent über Jason ausfragst?", ließ sie dann ernst fallen. Zuckers Augen verengte sich, er lehnte sich einatmend zurück, doch Laree hielt stur seinen Blick. "Was? Ist das nicht der Grund warum Rashar dich hat gehen lassen? Du hast doch gehört wie er mich ausgefragt hat."
"Du glaubst, ich mach dir nur Avancen weil ich was über Jason wissen will? Ich wollt dich auf andere Gedanken bringen, das ist alles. Ein Leben wie wir es haben, kannst du nur leben, wenn du die schönen Seiten erkennen und genießen kannst", verteidigte er sich. "Das hier soll was schönes sein. Mach das nicht kaputt, Phönix."
Larees Blick wurde ein wenig weicher ehe sie realisierte wie Zucker sie angesprochen hatte und sie ihn kritisch ansah. "Phönix?"
"Da dein Name bestimmt nicht Venka ist, hab ich dir nen neuen Namen verpasst", erklärte er. "Jason hat Recht, es passt."
Ein wenig besänftigt lächelte die Hexe. "Verrätst du mir deinen richtigen Namen?", fragte sie leise.
Der Hayllier lächelte zurück. "Wenn du mir deinen verrätst."

Re: Spion in Loraka

Mo 6. Nov 2023, 21:21

Die Behauptung Bovert hätte Fantasie entlockte Malateste nur ein abschätziges Schnauben. Nur schon die Erwähnung des Feldwebels wirkte inzwischen wie ein rotes Tuch auf ihn. Er registrierte zwar die Erwähnung eines Nergals und die Information das massive Verstärkung unterwegs war, aber am Meisten hatte der Kriegerprinz damit zu tun, sein Verlangen Blut zu vergiessen nieder zu kämpfen. Am liebsten würde er Bovert den Schädel einschlagen, notfalls würde es auch jeder andere tun der ihm in die Quere kam. Das dieses Verlangen lediglich ein Ventil war, um den Streit und die Sorge um Laree zu verarbeiten, registrierte sein vom Verlangen nach Schwarztraum umnebelter Verstand nicht. Derweil redete Karsail weiter auf ihn ein, unterstüzt von Brand, und vertiefte die Details seines Plans während Malateste sich mühsam konzentrierte und einige Zwischenfragen stellte. Es gelang dem Hayllier den Fokus auf Karsails Taktik zu halten weil es etwas war womit er sich auskannte und an das er sich wie ein Strohhalm klammern konnte. Er glaubte schon den Kampfeslärm und die Schreie zu hören und wünschte den Moment des Gefechts herbei. Wie schön wäre es jetzt mitten in einen Haufen Gegner zu reiten und eine Schneise der Zerstörung und des Todes hineinzumähen…
"…in der Schlucht gibt es kein Erbarmen, wir können niemanden gebrauchen, der flieht.“ Karssail legte sachlich die Feinheiten des Plans dar. Der Kriegerprinz hob den Blick vom schlammigen Landschaftsmodell und lächelte den Eyrier wölfisch an.
„Kein Erbarmen. Weder für den Gegner noch für Deserteure, das ist gut.“ Trotz der Kampfeslust dachte er noch immer sachlich kalt und schlug vor die Wände zu sprengen. Brand und Rashar erwiderte weshalb dies nicht möglich war. Gualterio zuckte mit den Schultern.
„Schade, aber was solls? Wir sind doch alle heiss auf ein Gefecht, nicht war Brand?“ Vorhin hatte der hayllische Kriegerprinz sich instinktiv beinahe auf die Soldatin gestürzt als diese einen gekrümmten Dolche herbeigerufen hatte, nur Karssails seltsam beruhigender Ausstrahlung war es zu verdanken, dass dies nicht passiert war. Er musste unbedingt die Droge nehmen und dachte unwillkürlich an Larees Worte das er unvorsichtig wurde. Malateste schloss kurz die Augen und rieb sich die Schläfen ehe er von Karsail eine in Leder gestanzte Karte entgegen nahm. Er liess sie mit einem kurzen Gedanken verschwinden und registrierte beiläufig, dass Rashar Brand wegschickte. Malateste liess eine leere Spritze und eine Phiole mit dem verhassten Schwarztraum erscheinen. Mit zitternder Hand stiess er die Spritze durch den versiegelten Pergamentdeckel und zog langsam den Kolben hoch – die Spritze füllte sich mit der schwarzen Flüssigkeit.
„Cadlew wird die Karte kopieren, er ist gut in sowas.“ Da Malatestes Oberkörper frei war brauchte er keine Ärmel hochzukrempeln. Die Adern traten dick in seiner Armbeuge hervor als er die Muskeln seines linken Armes anspannte. Selbst auf der vom Regen feuchten Haut konnte man die geröteten Einstichstellen erkennen.
Der Eyrier beobachtete plötzlich die Soldaten auf dem Übungsparcour, vielleicht tat er es bewusst aus Pietätsgründen, aber eigentlich war es Gualterio egal, momentan wollte er nur noch das Schwarztraum in seinen Venen. Routiniert stach er die Spritze in die Ader und drückte langsam den Kolben herunter. Die Geräusche um ihn herum wurden leiser und er spürte den Regen nicht mehr. Wie ihm Traum sah er wie Tiger sich auf eine Strohpuppe stürzte und sie zu zerfetzen begann und er hörte dumpf wie der Eyrier den halb Tigerlaner dafür rügte.
„Niemand kommt wirklich aus seiner Haut“, dachte Malateste, lächelte und murmelte dann leise: „Wir sind was wir sind.“ Es dauerte bloss einige Sekunden und die Droge hatte sich in Gualterios Metabolismus ausgebreitet. Die Geräusche schwollen wieder an, er spürte erneut wie der Regen kühl auf seine nackte Haut prasselte. Doch überbordende Emotionen und die Hitze der Mordlust waren nun kaltem Rationalismus gewichen. Träge räkelte sich der Kriegerprinz, trat neben Karsail und beobachtete das Geschehen.
„Wir sollten zur Ergänzung der Bärenfallen noch ein paar Hundert Krähenfüsse im Talkessel verteilen. Sie sind billig herzustellen, schwer zu entdecken und ihre Wirkung ist effektiv.“ Langsam drehte Malateste den Kopf und blickte Bovert entgegen der zu Pferde an der Spitze seiner Rekruten heranritt. Der Feldwebel hatte keine Ahnung wie viel Glück er gerade gehabt hatte. Wäre er fünf Minuten früher aufgetaucht… Malateste erkannte nun wie dumm es gewesen war dem Verlangen nach Schwarztraum nicht nachzugeben. Was hatte er sich damit beweisen wollen? Er hätte sich beinahe auf Tiger und Brand gestürzt und bei Bovert hätte ihn nichts zurück halten können. Dann wäre die Mission geplatzt gewesen. Über die Absetzung von Schwarztraum würde er sich Gedanken machen wenn es soweit war, doch erst musste er seine persönlichen Bedürfnisse hinter der grossen Sache zurückstellen.
„Schau an, schau an. Hätte nie gedacht das der Geck sich bei dem Wetter nach draussen wagt.“ Beiläufig wischte Malateste den Plan aus Steinen und Schlamm beiseite, so das nichts mehr zu erkennen war.

Re: Spion in Loraka

Mo 6. Nov 2023, 21:21

Rashar

Rashar hatte lieber den trainierenden Soldaten zugesehen als den Kriegerprinzen dabei zu beobachten wie er zitternd die Spritze aufzog und sich danach routiniert in die Armbeuge setzte. Der Eyrier wußte natürlich worum es sich handelte. Schwarztraum. Tiger mußte es sich ebenfalls jeden Tag spritzen und oft genug hatte er versucht davon loszukommen. Mit hässlichen Folgen. Gerade bei Tiger war es schlimm, denn Rashar wußte wozu sein Freund im Blutrausch fähig war und das er das ganz bestimmt nicht wiederholen wollte.
Als er Tiger ermahnte auch mit Fernkampfwaffen zu kämpfen, bemerkte Bonderus "Wir sind was wir sind." Rashar nickte, strich sich ziemlich erfolglos einige Regentropfen vorne vom Mantel und schob seine klammen Hände in den abgetragenen Lederhandschuhen tiefer in die Taschen.
"Aber die Welt wäre doch ein trauriger Ort wenn sich niemand ändern könnte", gab er leise zurück, riskierte einen genaueren Blick zu dem Kriegerprinzen. Sein verbliebenes klares Auge wirkte kühler, der Atem ruhiger. Nun machte Jason auch einen Vorschlag, dass sie zusätzlich zu den Bärenfallen noch Krähenfuße aufstellen könnten, sie wären leicht herzustellen und dafür sehr effektiv. Rashar nickte zustimmend.
"Gute Idee, wollen wir hoffen, dass der Schmied noch genug Eisen dafür hat", gab er zurück. "Ein paar haben wir sowieso immer auf Vorrat." Jedoch nicht genug für eine ganze berittene Kompanie. Es war zwar hässlich aber sie mußten die Pferde der Gegner verletzen um ihren Vorteil zunichte zu machen. Im Krieg konnte man keine Rücksicht auf Tiere nehmen.
Nachdem Rashar Bovert auf seinem sprichwörtlichen hohen Ross aufgefallen war, die Rekruten im Schlepptau, sah auch der großgewachsene Kriegerprinz dorthin, kommentierte abschätzig, dass er nicht gedacht hätte der Geck würde sich bei dem Wetter nach draußen wagen.
"Vermutlich muss ein armer Rekrut seine Juwelenkraft nutzen um dem Feldwebel seinen gewohnten Komfort zu bieten", fügte Rashar nicht weniger spitz hinzu. Neben ihm verwischte Jason die Spuren des Planes im Schlamm. "Wenn wir zurückkommen, rechnen wir mit ihm ab. Auf die ein oder andere Weise, das versprech ich dir. Vorher... vorher ist es zu riskant. Die Interne ist bald da und ein toter Offizier macht sich nicht gut. Es ist in unser aller Interesse wenn Ra so schnell wie möglich seine Untersuchungen im Fort abschließt und weiter nach Zamora reist.
"Die Zweite wird bald Befehle bekommen, Feinde Sions und Raejs gefangen zu nehmen, um sie nach Zamora zu bringen. Damit sie dort das zweite Fort weiter aufbauen. Ich würde es eher Sklaveneintreiberei nennen. Du hast dir eine schöne Zeit ausgesucht in der dhemlanischen Armee zu sein, Jason", ließ Rashar ihn an ein paar Informationen teilhaben, jedoch auch um zu erspüren wie die Meinung des Kriegerprinzen darüber war. Gehörte er tatsächlich zu einem Widerstand? Nach ihrem gemeinsamen Selbstmord-Einsatz wären sie hoffentlich schlauer.
Durch den Regenschleier beobachtete Rashar weiterhin wie Boverts Trupp zwischen dem kahlen Feld mit all seinen Baumstümpfen zog. Wenigstens war er schlau genug nicht den Übungsparcour für sich zu beanspruchen. Soweit Rashar wußte, hatte der Feldwebel es sich nicht nehmen lassen, Bonderus die Befehle selbst unter die Nase zu reiben. Er mußte wissen, dass der Kriegerprinz da nicht gut auf ihn zu sprechen war. Aber wie hatte er bloß Cal dazu gebracht dabei mitzumachen? Was hatte er gegen sie in der Hand?
"Was deine Freundin Venka betrifft... ich habe ihr bereits gesagt, dass wir ihr ein Mittel geben können, dass eine Krankheit suggeriert, so dass sie länger auf der Krankenstation bleiben kann", sagte der flügellose Eyrier leise, warf Bonderus einen kurzen Blick zu. Mittlerweile hatte es sich eindeutig herumgespruchen, dass die beiden miteinander etwas laufen hatten. "Damit entgeht sie dem Rekrutentraining unter Bonderus." Und hoffentlich noch einigem anderen.
Für den Rest des Tages würden sie weiterhin trainieren, Rashars Leute waren zwar alle im Nahkampf recht gut und sie kannten kaum noch Furcht und Skrupel, doch sie alle in Linie zu halten und dass sie sich an den Plan hielten, war eine ganz andere Geschichte. So vieles konnte schief gehen, vor allem in den eigenen Reihen. Scharf beobachtete Rashar wie Klaue, Kruppe, Rittersporn und einige andere miteinander redeten, es waren auch schon Stimmen laut geworden, dass sie sich bloß mit dem Überfall auf das Dorf begnügten. Rashar schaffte es gewöhnlich sie dann bei ihrem Ehrgeiz zu packen oder wenn das nicht ging bei ihrer Gier und dass niemand sich vorwerfen lassen wollte, er wäre ein Feigling.
Sein Blick ruhte auf Rittersporn, der gerade oben auf dem Gerüst stand, mit den anderen Netze werfen übte und dabei doch eindeutig immer den hübschen Lockenkopf Messantia aus Bonderus' Einheit im Auge hatte, sich über die Unterlippe leckte.

Re: Spion in Loraka

Mo 6. Nov 2023, 21:23

Laree stöhnte auf, krallte ihre Finger fester in die Lehne vor sich. "Hölle, das tut weh", beschwerte sie sich.
"Stell dich nicht so an, Soldatin", erwiderte Zucker hinter ihr grinsend, "Wer schön sein will, muss leiden. Und bis jetzt siehts verdammt gut aus." Er betrachtete ihren nackten Rücken bei dem der Barbier gerade dran war die Außenumrisse des Phönix Motives zu stechen. Für die verschlungenen Flammen und goldenen Ausläufern der Flügel und der Schwanzflügel waren viele Details und damit auch viele Stiche mit der Nadel am Ende eines kleinen Holzgriffes nötig. Laree hielt mehr oder weniger geduldig still, denn es dauerte mehrere Stunden zwischen denen sie auch einige Pausen machten. Währenddessen konnte sich die Hexe nur bäuchlings auf der Liege ausruhen, ein bißchen vor sich hindösen wobei sie sofort aufschreckte wenn Zucker sich bloß bewegte oder sie von draußen ein Geräusch hörte das nicht so recht in den Regen passen wollte. Ob sie jemals wieder durchschlafen würde ohne die unbewußte Gefahr man könnte sie aus dem Bett reißen und sich an ihr bedienen? Sie wollte das nicht mehr, sie hatte das alles so satt... vielleicht war es ganz gut, dass Aydens Name in den Flammen verschwand. Er würde sie sicher eh nicht mehr wollen, sie war weggelaufen. Laree wußte nicht was passieren würde wenn sie wieder zurück nach Draega kam. Wenn... aber Gualterio hatte es versprochen. Wenn er lebend vom nächsten Einsatz wiederkehrte, wenn Bovert sie nicht vorher tötete. So viele Wenns.
Stück für Stück verschwand ihre Besitzbezeichnung, doch Laree fühlte sich nicht viel freier, nur verlorener, zwischen all den Gefühlen hin- und herpendelnd. Wenigstens war es am späten Nachmittag geschafft, es hatte all ihre Notersparnisse in ihrem Juwelengepäck aufgebraucht, doch dafür war sie kein Püppchen mehr sondern nur noch eine Soldatin mit einer Phönix-Tätowierung. Laree besah es sich im Spiegel, die Tätowierung war noch recht gerötet, doch bereits jetzt sah sie den aufsteigenden Vogel in seinen rot- und Goldtönen. Ob es Gualterio auch gefallen würde?
Mühsam streifte sie ihre Kleidung wieder an als die beiden Männer den Hinterraum schon verlassen hatte. Danach ging sie mit Zucker durch den Regen zurück zum Fort. "Erzählst du mir von diesem Mittel... das womit man eine Krankheit vortäuschen kann", bat sie, blickte den Hayllier von der Seite an. Zucker zögerte ein wenig, vermutlich war er sich nicht sicher wieviel er sagen durfte.
"Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube, es verpasst dir ne üble Magenverstimmung. Nix schönes, doch in ein paar Tagen wieder überstanden", erklärte er. "Solange bis wir wieder da sind..."
Laree unterdrückte ein Seufzen. Noch mehr Tage auf der Krankenstation, dabei wollte sie das eigentlich gar nicht, aber die Alternative wäre noch schlimmer, das war auch ihr klar. In der Krankenstation wäre sie geschützter... ach ja? Malateste hatte es auch geschafft sich nachts dort hin zu stehlen und wenn sie geschwächt von diesem Trank wäre, wäre sie noch wehrloser und Bovert hätte leichtes Spiel mit ihr. Das gefiel Laree alles nicht, sie wußte nicht was sie tun sollte. Wer sonst im Fort würde ihr helfen?

Zucker brachte sie noch bis zur Krankenstation nach oben. "Ruh dich lieber aus solange du noch kannst", empfahl er ihr, "Ich muss zurück zu den anderen, schauen ob sie noch trainieren." Laree nickte und so verabschiedeten sie sich voneinander. Sie bekam etwas zu essen, was gut war, da sie schon wieder Hunger verspürte, und währenddessen plauderte sie mit Maeve, die sich darüber sorgte wann sie der Kommandeurin von der Schwangerschaft erzählen sollte. Sie hatte wahrhaftig kein leichtes Los, Laree war froh nicht in ihrer Haut stecken zu müssen. Dafür hatte sie eigene Probleme.
Nach dem Essen legte sie sich bäuchlings ins Bett, schloss die Augen und war sofort eingeschlafen, sie hatte nichtmal gewußt, dass sie so müde gewesen war. Ihre Träume in den Abend hinein waren wirr, voller Flammen, schmutzigen Händen, die versuchten sie ins Feuer hinein zu ziehen. Immer wieder tauchte die schwarze Maske vor ihr auf, sprach mit ihr, forderte sie dazu auf sie anzulegen und alle Angst und aller Schmerz würden verschwinden. Es war so verlockend...
Keuchend schreckte Laree später am Abend wieder aus ihren Albträumen aus, schlug reflexartig die Hand der Heilerin beiseite, die sie wohl geweckt hatte. "Du warst immer noch nicht bei der Priesterin oder?", erkundigte die Dhemlanerin sich. Laree schüttelte matt den Kopf.
"Es tut mir leid. Ich... ich will einfach nicht darüber reden", erklärte sie.
"Es wird dir helfen dich auszusprechen, Venka. Und das war kein Vorschlag, sondern ein Befehl dorthin zu gehen. Bitte geh in den nächsten Tagen selbst zu ihr, oder ich werde dich eskortieren müssen", bemerkte Maeve. Larees goldene Augen verengten sich leicht wütend. Konnte die Frau nicht einmal ihre Befehle vergessen? Sie pochte so sehr auf Korrektheit, dabei war sie doch selbst nicht viel besser.
Vielleicht waren die Befehle das einzige an Ordnung was sie noch in ihrem Leben hatte, dachte Laree kurz darauf.

Re: Spion in Loraka

Mo 6. Nov 2023, 21:28

Beide blickten nun zu dem berittenen Feldwebel. Bei Rashars scharfzüngiger Antwort musste Malateste daran denken wie er Bovert das letzte Mal im Regen gesehen hatte, unter einem schützenden Juwelenschild. Es würde ihn keineswegs überraschen wenn der Eyrier mit seiner spöttischen Bemerkung Recht hatte und ein armer Rekrut einen Schild über dem Feldwebel ausbreiten musste. Karssail versprach ihm, dass sie mit Bovert abrechnen würden wenn sie zurückkämen, und das es vorher zu riskant sei. Er fügte einige plausible Gründe an wieso es so war. Vor der Schwarztraumspritze hätte Gualterio ihm vehement und gereizt widersprochen, jetzt war ihm bewusst das der Kommandant der Sechsten richtig lag.
„Ich weiss, auch wenn es mir nicht passt.“ Die Augen des Haylliers verengten sich drohend. „Aber es wird danach kein ’wir‘ geben. Bovert gehört allein mir.“ Der Eyrier informierte ihn noch beiläufig wie es mit der Zweiten in Zukunft weitergehen würde. Inzwischen überraschte es Malateste nicht mehr wie gut Rashar informiert war, die Informationsquellen des Eyriers waren unglaublich, aber das mussten sie auch sein, denn nur wenn er immer einen Schritt voraus war konnte er seinen schrumpfenden Trupp am Leben erhalten. Die Zweite sollte in Zukunft also „Feinde Sions und Raejs“ gefangen nehmen und zu Zwangsarbeiten nach Zamora verschleppen. Der Kriegerprinz räusperte sich und spuckte aus.
„Ich versteh schon. ‚Feinde Sions und Raejs‘. Das wird jeder kräftige Mann sein der zu langsam ist sich zu verstecken, egal ob er tatsächlich im Widerstand ist oder nicht, Hauptsache eine gute Arbeitskraft. Das Übliche halt. Dunkelheit, wie ich diese ganze Sklaverei verabscheue. Ich habe mir die Zeit nicht ausgesucht, Rashar. Armee ist das Einzige was ich kenne. Nur die Anführer und ihre Taktiken wechseln, früher waren es zumindest noch Königinnen an der Spitze...“ Er hatte vor bis dahin seine Mission längst abgeschlossen zu haben und über alle Berge zu sein.
Bovert kam nicht zum Übungsgelände. Vermutlich erschien es ihm zu Recht unklug hier aufzukreuzen, während er und Rashar sich mit ihren Soldaten hier tummelten. Ärger wäre vorprogrammiert. Karssail kam jetzt auf Laree zu sprechen. Er hätte ihr ein Angebot gemacht ein Mittel zu geben das für einige Tage ein Krankheit vortäuschte und sie damit dem Rekrutentraining entgehen konnte. Malateste spürte den Blick des Eyriers auf sich, starrte aber stur in Richtung Bovert ohne eine Miene zu verziehen. Er verschränkte seine massiven Arme vor der Brust. Inzwischen bereute er, dass jeder jetzt annahm das er und Laree zusammen waren. Somit kannte auch jeder seinen Schwachpunkt und er wurde dadurch angreifbar.
„Sie wird es nicht nehmen“, erwiderte er grimmig. „Die Krankenstation bietet auf Dauer keinen Schutz und sie wird dann wehrlos sein. Sie hasst es wehrlos zu sein.“ Bovert und sein Zug glückloser Rekruten verschwanden zwischen den Bäumen und Gualterio studierte stattdessen seine und Rashars Soldaten bei den gemeinsamen Übungen. Einer der Sechsten zog Messantia immer wieder mit seinen gierigen Blick aus, Gualterio prägte sich das Gesicht ein und stiess dann einen lauten Pfiff aus.
„Raunacken, antreten!“, brüllte er und seine Soldaten begannen schnell von den Gerüsten herunter zu klettern. Dann wandte er sich wieder an Karsail. „Ich lass meine Truppe jetzt frühstücken und derweil werde ich mit Frostseel sprechen. Ich hoffe sie überreden zu können uns den Aussendienst bis zum Einsatz zu erlassen, so haben wir drei Tage Zeit die Gefreiten zusammen trainieren zu lassen. Es ist wenig, aber besser als nichts.“
Nun fiel sein forschender Blick doch noch auf den Eyrier an seiner Seite. „Ich frage nicht nach deinen Quellen Rashar, die lass ich dir. Ich bin nur gespannt ob du weisst wer Frostseels Geliebter ist.“ Seine Gefreiten kamen nun über den Übungsplatz in ihre Richtung. „Du hast mir vorhin einige Auflagen gemacht und gefragt ob meine Leute im Kampf bestehen. Jetzt frage ich dich: hast du deine unter Kontrolle? Ich will keine Übergriffe auf meine Gefreiten. Wenn du sie auf deine Art nicht unter Kontrolle bekommst, werde ich Probleme auf meine Art lösen.“ Die leise Drohung in der Stimme des Kriegerprinzen liess keinen Zweifel an der Endgültigkeit seiner Art Probleme zu lösen.

Re: Spion in Loraka

Mo 6. Nov 2023, 21:33

Rashar

Wenigstens sah der Kriegerprinz ein, dass jetzt nicht die richtige Zeit war Ernald Bovert zu erledigen. Es war überhaupt ein Wunder, dass sie so weit gekommen waren, gemeinsam darüber zu reden. Immerhin ging es hier um die Ermordung eines hochrangigen Offiziers der dhemlanischen Armee, keine leichtfertige Sache. Rashar hatte selbst bisher nur selten darauf zurückgegriffen. Trotzdem nickte er als Bonderus mit drohendem Unterton in der Stimme bemerkte, dass Bovert ihm allein gehören würde. "Gerne. Je weniger ich damit zu tun haben muss desto besser", stimmte der Eyrier zu.
Als er ihm anschließend die weiteren Pläne mit der zweiten eröffnete, vielmehr andeutete, begriff Jason auch so und dass mit Feinde Sions jeder kräftige Mann gemeint wäre, der arbeiten könne. "Und jede kräftige Frau. Sion ist sehr für Gleichberechtigung", bemerkte Rashar sarkastisch. Bonderus sprach offen aus, dass er die Sklaverei verabscheute was den Prinzen zu einem hohlen Lachen brachte. "Schau dich um. Das ist das was du mit jedem aus der Sechsten gemein hast. Wir wissen wie sich Sklaverei anfühlt, auf unserem Schweiß und Blut ist dieses Fort hier errichtet worden. Wir haben all die Bäume hier gerodet. Und eines kann ich dir versprechen, die Sechste wird sich nicht mehr versklaven lassen. Wir haben die Freiheit außerhalb der Minen gekostet und wir lassen sie nicht mehr los." Er lächelte sacht. "Es gibt kaum eine größere Motivation..."
Bonderus warf ein, dass früher bei den Armeen wenigstens Königinnen an der Spitze gewesen wären. "Auch hier sind Königinnen an der Spitze, vergiss das nicht. Wir kämpfen für Lady Loredena Magyarosa, die Königin von Mérida. Auch wenn ich noch nie einen Befehl von ihr erhalten habe... frage mich woran das liegt." Er strich sich übers glatte Kinn.
Das Gespräch ging weiter, drehte sich kurz um Venka und was Rashar für sie tun könnte. Es war nicht viel, Bonderus meinte auch gleich, dass die Rekrutin es nicht nehmen würde, es würde sie wehrlos machen und sie würde es hassen so zu sein. "Was sollen wir machen? Wir können sie schlecht mitnehmen", entgegnete der Kommandeur der Sechsten. "Dort stünden ihr Chancen zu überleben vermutlich noch schlechter. Venka ist ein zähes Mädchen soweit ich gehört habe, sie wird es schon schaffen." Aber nichtmal Rashar glaubte so recht an seine eigenen Worte. "Ich kann es vielleicht so drehen, dass sie Hauptmann Orekh als Gehilfin zugeteilt wird... dann muss sie nicht zum Training. Aber ich kann nichts versprechen", schob er gleich hinterher. Es war jedenfalls eine bessere Alternative. Hauptmann Orekh war zwar auch dafür bekannt, dass er ein Bordell in der Stadt besuchte und den Frauen auf den Hintern glotzte, doch er hatte sicher keinen brennenden Rachedurst was Venka betraf. Obwohl Rashar nicht daran zweifelte, dass diese Frau ein unnachahmliches Talent hatte Männer um den kostbaren Verstand zu bringen.

Die beiden Soldaten wandten sich wieder dem Training zu, schauten den Übungen eine Weile zu bis der Kriegerprinz seinen Trupp zusammenzog. Bonderus informierte ihn darüber, dass nun ein Frühstück anstünde, außerdem würde er mit der Kommandeurin sprechen, ob sie den Außendienst für drei Tage einstellte. Rashar wußte schon jetzt die Antwort darauf, aber er sagte nichts dazu. "Eine gute Idee", pflichtete er bei, "In drei Tagen wird es meine Kompanie kaum erwarten können endlich aufzubrechen. Tod hin oder her.
Rashar glaubte, dass Bonderus nun zurück zum Fort gehen würde, doch vorher wandte er sich noch einmal an ihn, sprach ihn auf seine Quellen an und ob er wüßte wer Frostseels Geliebter wäre. Auch wenn der Eyrier durchaus die geschickte Anspielung zu würdigen wußte, ob er selbst jener Mann wäre, lachte er bloß. "Das müßte schon ein selten großer Trottel sein sich zu diesem kalten Weib zu legen. Was ist nur, dass hier im Fort jeder daran interessiert ist wer mit wem schläft? Ich glaube, wir sind schon zu lange hier stationiert. Was meine Quellen betrifft... auch wenn ich nur einen Haufen Verbrecher befehlige, ich bin immer noch Kommandeur einer Kompanie. Die meisten Soldaten tendieren dazu zu vergessen, dass ich im Fort die gleiche Befehlsgewalt wie die Kommandeurin habe. Ich bekomme die gleichen Informationen aus Dhemlan wie sie auch. Das ist alles."
Es war natürlich nicht alles, mußte als Erklärung aber reichen. Langsam sammelten sich seine Gefreiten, beäugt von einigen aus der Sechsten. Der Kriegerprinz fuhr fort, fragte ihn ob er auch seine Leute unter Kontrolle hätte, er wolle keine Übergriffe auf seine Einheit und wenn Rashar sie nicht kontrolliere, würde er die Probleme selbst lösen. Unverkennbar schwang eine leichte Drohung in der Stimme Jasons mit. Rashar drehte sich zu ihm um, sah ihm fest in die Augen. "Ich habe meine Leute unter Kontrolle, lass Rittersporn nur meine Sorge sein. Ich kenne das Pack." Er nickte Bonderus zu, schritt dann durch die schlammige, aufgeweichte Erde zu der Sechsten. Teilweise trainierten sie weiter, doch der Anblick, dass Jasons Einheit nun frühstücken durfte, hatte einige dazu gebracht ebenfalls alles stehen und liegen zu lassen.
"Hab ich was von aufhören gesagt?", fragte Rashar ruhig. Rittersporn blieb gelassen stehen, einen Fuß auf einen Baumstamm gestützt. Das braunschwarze Haar klebte nass an seinem schmalen Gesicht, sein Lächeln wirkte wie aufgemalt.
"Nein", erwiderte er.
"Wir haben keine Lust mehr tag ein tag aus zu trainieren. Ich sage, lass uns jetzt aufbrechen und angreifen", platzte es aus Kruppe heraus. "Warum die Warterei?"
"Wenn wir jetzt aufbrechen, ist noch nicht alles bereit. Das wißt ihr genau", entgegnete Rashar scharf. "Mein Plan gibt uns wenigstens die Chance zu überleben. Ihr wißt alle warum wir das machen. Und mit achzig Mann ein Fort auszuhebeln... das ist ein Streich von den man noch lange erzählen wird. Also sollten wir es nicht überstürzen. Wenn ihr überleben wollt, macht ihr die Übungen. Wenn nicht, wenn ihr glaubt, ihr könnt es besser, nur zu." Rashar streckte fordernd die Hand aus, doch niemand trat vor.
"Trotzdem mach ich jetzt Pause", murrte Flieder. "Scheiß Wetter."
Rashar hatte nichts dagegen einzuwenden, ging gemächlich hinüber zu Rittersporn, beugte sich zu ihm und flüsterte ihm leise etwas ins Ohr. Die Augen des Soldaten verengten sich, er presste die Lippen zu einem blassen Strich zusammen, nickte dann aber.

Re: Spion in Loraka

Mi 17. Jan 2024, 17:19

Mit einem hohl klingenden Lachen deutete Karssail auf die Angehörigen der Sechsten, alles ehemalige Sklaven und Verbrecher. Malateste folgte der Handbewegung. Langsam kannte er die markanten Gesichter dieser bunt zusammengewürfelten Truppe. Sklaverei. Niemand war dagegen gefeit, jeder konnte in der Sklaverei landen, selbst Königinnen. Er hatte lange Zeit an Königin Tolarims Hof gedient und Sklaven kommen und sterben sehen. Sollte er jemals in dieser Lage landen würde er den Freitod der Demütigung vorziehen.
„Nach dem Motto lieber Tot als Sklave, hm?“, fasste er dementsprechnd seine Gedanken in Worte, da Karssail wohl ähnlich dachte. Darauf brauchte Rashar nicht zu antworten. Der Kommandant der Sechsten liess lieber triefenden Sarkasmus gegen die Marionettenkönigin Magyarosa vom Stapel. Der hayllische Kriegerprinz legte den Kopf schief und liess einen Nackenwirbel hörbar knacken ehe er antwortet. „Die wahren Köngiginnen sind heutzutage nicht mehr so leicht zu entdecken und verbergen sich dort wo man sie am wenigstens erwartet, nicht wahr?“ Mit einem Seitenblick beobachtete er ob Karsail auf die Anspielung auf Alienor einging, doch dieser setzte ein Pokergesicht auf und liess sich nichts anmerken. Statt dessen drehte sich das Gespräch wieder um Laree. Der Plan mit der Krankenstation würde nach Malatestes Erachten nicht funktionieren, aber Rashar brachte plötzlich einen anderen Vorschlag aufs Parkett. Vielleicht würde es ihm gelingen sie Orekh als Gehilfin zuzuteilen.
Gualterio dachte darüber nach. Viel hatte er bisher mit dem Hauptmann nicht zu tun gehabt. Er hatte auf ihn einen pedantischen und zu Sion loyalen Eindruck gemacht, aber über die Person dahinter und wie sie zu Frauen stand hatte sich Malateste noch keine Gedanken gemacht. Zudem war ihm Orekh bisher auch noch nicht in die Quere gekommen.
„Der Hauptmann?“, entgegnete Malateste schliesslich. „Eine interessante Idee, Wert darüber nachzudenken. Denn mitnehmen werden wir Venka bestimmt nicht.“ Es ging ihm nur zum Teil darum das Laree beim Einsatz in grosse Gefahr gelangen könnte, eher wollte er vermeiden das sie sah zu was er fähig war, wie leicht ihm das Töten fiel. Und schon wieder ertappte er sich dabei Larees Zukunft über ihren Kopf hinweg zu planen. Er würde ihr damit einmal mehr einen Grund geben auf ihn wütend zu sein. Der Kriegerprinz atmete tief ein, doch der übliche Anflug gereizten Zornes blieb aus, das Schwarztraum hatte seine Emotionen gerade auf Sparflamme geschaltet. „Vielleicht solltest du das mit ihr direkt besprechen“, fügte er einen Moment später ruhig hinzu.
Die Soldaten rackerten sich derweil weiter an den Gerüsten ab. Noch drei Tage bis es blutiger Ernst wurde. Einige Zeit betrachteten die beiden Männer das Treiben wortlos, eher Malateste seine letzten Fragen stellte, auch bezüglich Frostseel. Spöttisch meinte Karsail nur ein Trottel würde sich zu solch einem kalten Weib legen und als Kommandant hätte er die gleiche Befehlsgewalt wie Frostseel und auch dasselbe Wissen. Der Kriegerprinz zuckte mit seinen breiten Schultern. „Mag sein“, stimmte er dem Kommandanten zu und liess offen was er darüber dachte. „Und es gibt mehr als genug Gründe sich zu diesem Weib zu legen, mag sie so kalt sein wie sie will. Die Sabotage der Tränke war vermutlich gegen Frostseel gerichtet. Das vermuten meine Quellen, also muss sie einen Beischläfer haben.“ Malatestes Blick fiel auf einen Gefreiten den sie „Rittersporn“ nannten. Er kannte diese Blicke die er Messantia zuwarf und sprach diesbezüglich auch eine unmissverständliche Drohung aus. Der Kommandant drehte sich zu Malateste um und erwiderte den Blick des Kriegerprinzen fest. "Ich habe meine Leute unter Kontrolle, lass Rittersporn nur meine Sorge sein. Ich kenne das Pack." Karsail nickte dann dem grossen Hayllier zu als Zeichen, dass das Gespräch vorerst beendet war und ging dann durch den Schlamm hinüber zu seinen Leuten. Gualterio blickte ihm kurz undeutbar hinterher ehe er sich an seine Gefreiten wandte die sich inzwischen in zwei Reihen aufgestellt hatten.
„Ob es euch Spass gemacht hat mit der Sechsten zu arbeiten, oder nicht, ihr werdet die nächsten Tage nicht darum herum kommen. Aber nun kehren wir erst ins Fort zurück, dort werdet ihr euch verpflegen.“ Erleichtertes Aufatmen war die Antwort. „Freut euch nicht zu früh“, fügte der Korporal hinzu, „ihr werdet es brauchen damit ihr nicht zusammenklappt wenn es weiter geht. Los jetzt, ins Fort, und zwar im Laufschritt!“
Vermutlich würde er in den nächsten Tagen etwas an Sympathie einbüssen, aber die Gefreiten mussten seinen Befehlen bedingungslos gehorchen, sie mussten wissen wer das Sagen hatte und er musste sich auf sie verlassen können. Die Schonzeit war vorbei. Kaum zurück bei den Zelten liessen sich einige erschöpft auf den nassen Boden fallen, die Tage des Müssiggangs in Raej hatten konditionell offenbar ihren Tribut gefordert. Immerhin gab es auch Gefreite wie Estelo, Vetinaldi und Jakeem die in ausgezeichneter körperlicher Verfassung waren und keinerlei Zeichen von Missmut zeigten und sich wie Soldaten benahmen. Zufrieden bemerkte Malateste wie die Gefreiten automatisch die verschiedenen kleinen Handgriffe des morgendlichen Lagerlebens unter sich aufteilten, so brauchte er sich nicht um Kleinigkeiten zu kümmern. Der Kriegerprinz verschwand im Zelt und holte die schwarze Uniform mit der Hydra hervor die er gewissenhaft anzog ehe er sich das nasse blondierte Haar nach hinten kämmte um sich dann auf den Weg zum Gutshaus und zu Kommandantin Frostseel zu machen. Auf dem Weg dorthin musste er noch einmal an Laree und den gestrigen Abend denken, auch an die kurze Nacht mit wilden Träumen die darauf folgte und wie er die Gefreiten vor der Dämmerung aufgescheucht hatte. Eben konnte er dieses Emotionale Gefühlschaos der letzten Nacht das ihn die vergangenen Stunden geplagt hatte kaum nachvollziehen, es schien als ob es ein anderer Malateste gewesen war. Wer war der richtige Gualterio Malateste? Der wütende Kriegerprinz von gestern Abend, oder der ruhige von heute Morgen? Oder war es keiner von beiden? Starb der richtige Malateste irgendwann in Timaris Kerker? Der Hayllier hielt im Schritt inne und presste sich die Handflächen gegen die Schläfen. Kopfschmerzen wallten plötzlich auf und Sterne tanzten vor seinen Augen. Gualterio atmete tief ein, pumpte Luft in seine Lungen und versuchte sich zu beruhigen. Die Schwaden vor den Augen verschwanden und der Schmerz liess nach. Kurz blickte er sich um ob ihn jemand beobachtet hatte, doch scheinbar nahm niemand Notiz davon. Mit einem leisen Fluch schob er die nagende Ungewissheit zur Seite und konzentrierte sich auf den Besuch bei Frostseel.

Die Kommandantin liess ihn einige Zeit warten ehe er ins Büro gebeten wurde. Kalt und unnahbar wie immer sass Cal hinter ihrem Schreibtisch, die Haare straff zurückgebunden und fragte nach seinem Begehr. Malateste brachte seine Argumente vor die er sich zurechtgelegt hatte. Dass es sinnvoller wäre wenn Karssails und seine Leute zusammen übten und dies der Mission dienlich wäre, während weiterer Aussendienst kontraproduktiv für den Einsatz wäre. Ohne jegliche Regung beobachtete die Kommandantin ihn bis er geendet hatt. Wie würde sie reagieren? Taktisch gesehen musste sie seinem Vorschlag zustimmen, doch in Boverts Interesse wäre es, wenn er weiter draussen die Dörfer abklapperte und keine Chance hatte seine und Karsail gefreite aufeinander einzuspielen. Es war still im Büro bis auf das leise Ticken einer mechanischen Messinguhr über dem kleinen Kamin von Frostseels Büro. Dann schien es als ob sich ein Mundwinkel zum Anflug eines Lächelns hob ehe die Kommandantin antwortete. „Einverstanden. Ich ziehe sie von dem Ausseneinsatz zurück, sie werden bis zum Beginn der Mission mit Rashar zusammen die Details planen und die Gefreiten bestmöglich darauf vorbereiten.“ Frostseel widmete sich wieder ihren Papieren und Malateste war entlassen. Er salutierte und verliess das Büro. Was hatte das zu bedeuten? Wieso hatte sie nicht in Boverts Interessen reagiert? Was steckte dahinter, war sie ihm etwas schuldig gewesen?
Grübelnd kehrte er zu seinen Mannschaftszelten zurück, wo er die Gefreiten über die Änderung aufklärte und das sie bis auf Weiteres mit Kommandant Karssails Soldaten zusammenarbeiten würde. Er bemerkte anschliessend wie einige die Köpfe zusammensteckten und leise diskutierten. Inzwischen war wohl auch dem letzten klar geworden das sich etwas zusammenbraute. Gualterio überlegte wann er sie über die Mission aufklären sollte, denn dann würde ihnen erst die Tragweite der Gefahr dieses Einsatzes bewusst werden. Ehe der erste der Gefreiten den Mut aufbringen konnte nachzufragen ging es zurück zum Übungsplatz. Stunden verstrichen während die Sechste und der kleine Teil der Zweiten zusammen arbeiteten. Kondition, Drill an Nah- und Fernwaffen und vieles mehr. Im Laufe des Tages spürte er immer wieder Laree in der Nähe, er sah sie auch ein, zweimal, doch Malateste fand immer einen Vorwand um ans andere Ende des Parcours zu gehen und jemandem anzutreiben oder zu zeigen wie ein Hau genau ablief oder wie man den Speer schleuderte. Zu viele Augen waren hier die ihn beobachteten, und er wollte keinerlei Angriffsfläche oder Grund zum Tratsch mehr bieten. Er hatte eine wichtige Aufgabe, er musste sie erfüllen, für Hayll, für Timaris und für seine politische Zukunft. Laree hatte ihm gestern die Augen geöffnet, viel zu sehr hatte er sich von seinem Ziel ablenken und von seinen Gefühlen leiten lassen. Es war schon später Nachmittag als er seine ermatteten Gefreiten antreten liess und sie inspizierte eher er sie abtreten liess. Das Übungsgelände leerte sich und Malateste nutzte die Zeit für eigene Übungen. Er zog sein Schwert zu Anderthalbhand, ging ihn die Ausgangsposition, der Hut vom Tag, und begann dann langsam und konzentriert die Huten, Haue und Stiche mit gezielten Bewegungen abzugehen. Es glich beinahe einem Tanz der immer schneller wurde ehe die Klinge die durch die Luft schnitt zu einem silbernen, mit dem Auge nicht fassbaren Schemen wurde. Er näherte sich einer eng gepressten Strohpuppe deren Konsitenz der menschlichen Fleisches glich. Innerhalb weniger Augenblicke trennte der Schwertstahl Arme, Beine und Kopf der Strohpuppe ab, ehe sich die Klinge mit einem tödlichen Zornhau von oben in die linke Schulter bohrte und den Torso bis zur Hüfte hinab zerteilte. Mit einem Ruck befreite der Kriegerprinz die Klinge, ging zurück in die Hut vom Tag und schob das Schwert zurück in die Scheide. Tief atmete er ein ehe er aus der tiefen Konzentration wieder auftauchte und seine Umgebung wieder registrierte.

Re: Spion in Loraka

Mi 17. Jan 2024, 17:22

Isobel

Der Tag war noch voller Übermut und Aufregung gewesen. Sie hatten gegen Rebellen gekämpft, waren einigermaßen siegreich gewesen und auch wenn Isobel dem Tod der Rebellin mit gemischten Gefühlen gegenüber stand, so war es doch ein Sieg und die Tatsache, dass sie überlebt hatte, ein Grund froh und erleichtert zu sein. So war sie mit dem Rest ebenfalls einen Trinken gegangen, nachdem Bonderus sie entlassen hatte. Die Obergefreite wußte genausogut, dass sie Glück gehabt hatten. Die Waffe ihres Gegners hätte ihren Bauch genausogut aufschlitzen können wäre sie zu langsam oder unvorsichtig gewesen. Würde es beim nächsten Mal auch gut ausgehen? Jiriki war mit einigen der anderen wieder ins Gasthaus Zum roten Hahn eingekehrt, nur Gwyn und Messantia hatten sich früher verzogen, begleitet von zotigen Sprüchen und Gejohle woraufhin Gwyn immer noch gleich errötete. Aber er legte jetzt auch offen seinen Arm um seine Freundin, hatte definitiv mehr an Mut hinzu gewonnen. Jiriki gönnte es ihm vom Herzen, selbst hatte sie keine Ahnung ob sie den ganzen Avancen von Jakeem nicht einfach nachgeben sollte. Nun bemühte er sich schon Wochen um sie und der spontane Kuss im Wald verwirrte sie. Aber die Armee war kein guter Ort um sich zu verlieben, das wollte die Pruulerin auch nicht. Wenn sie ihre zwei Jahre abgedient hatte, hoffte sie zurück zu ihrer Heimat und ihrer kleinen Tochter zu kommen. Für den Abend amüsierte die Einheit sicher aber einfach so, Machar prahlte mit seinen Taten beim Rebellenüberfall, wurde dann aber gleich aufgezogen, dass einer von der Sechsten ihm eine kräftige Beule an der Stirn verpasst hatte. Brion war nicht in der Runde, er war noch vor Gwyn und Messantia gegangen, ungewöhnlich schweigsam. Isobel waren die Blicke aufgefallen, die er dem Pärchen zugeworfen hatte. War er bloß neidisch auf ihr Glück oder.. gar eifersüchtig?
Die Gedanken gingen im Alkohol unter, Alvaro erzählte Geschichten von Dhemlan und wie schön es in seinem Heimatort Azucena de playa am Meer war. Diego hielt dagegen, dass Hayll die viel besseren Strände hätte, aber Lodier polterte gleich darauf los, dass die beiden das nur sagten, da sie eindeutig noch nie in Chaillot gewesen waren. Isobel lauschte den Unterhaltungen bis Arif sich zu ihr neigte und flüsternd fragte ob sie ihn nicht zurück zum Fort begleiten wollte. Im Wald hätte sie ihn ja auch so gut beschützt.
Lachend führte Isobel den dunkelhäutigen Pruuler aus der Taverne. "Es wäre schön wenn ich mich auch so auf dich verlassen könnte ohne dass dein Blick eher hier ist", erklärte sie und tippte in die Mitte ihres Ausschnittes. Arif riss sich zusammen, räusperte sich und blickte in ihre dunklen Augen.
"Natürlich kannst du dich auf mich verlassen", versicherte er. "Ich bin zwar kein Gwyn."
Die Obergefreite lachte. "Das ist auch besser so", entgegnete sie scherzend und so legten sie den Weg zum Fort ausgelassen zurück, während Arif sie immer mal wieder zu umgarnen versuchte, ihr im Pruuler Dialekt zuraunte wie schön sie wäre und noch einige Dinge mehr.
Ihre ausgelassene Stimmung legte sich erst wieder als sie beim Fort in eines der Zelte kamen und dort ihren Korporal antrafen. Leider war der weniger gut gelaunt, man konnte es ihn anmerken. Er hatte ihnen den breiten Rücken halb zugewandt, auf dem Feldbett lag seine Sammlung an scharfen, tödlichen Waffen wie als hätte er damit vor schlafen zu gehen, doch er schliff nur jede einzelne Klinge.
Erst nach einem Moment hob der Kriegerprinz, wie aus einer Trance erwacht, den Kopf, sah im Dämmerlicht einer einzelnen Laterne zu ihnen hinüber, die Augen funkelnd. Die Stille war unheimlich und Jakeem murmelte nur ein leises 'Sir'. So legte sich Isobel in ihr Feldbett, schlief unter dem monotonen Geräusch des Schleifsteines ein.

Am anderen Morgen war es die harsche Stimme des Kriegerprinzen, die sie wieder weckte. Jiriki war ohnehin schon fast wach gewesen und nicht ganz so verschlafen wie einige andere der Soldaten. Flink erhob sie sich, wusch sich über der Waschschüssel, während Bonderus bereits nach draußen gestapft war. Seine Stimme im zweiten Zelt war vermutlich noch einige Reihen weiter zu hören. Der Mann hatte eindeutig immer noch schlechte Laune und Isobel begann sich zu fragen wieso. War der gestrige Tag in seinen Augen kein Erfolg gewesen? Vielleicht hatte es ihn doch mehr beschäftigt die Rebellin zu foltern als er vor den anderen zugegeben hatte. Die Pruulerin hoffte es wenigstens. Ganz so abwegig war es nicht, sie kannte auch eine andere Seite an dem kampferprobten Veteran. Regen prasselte leicht gegen die Zeltplanen, draußen war es kalt. Zusammen mit Cedric und Alvaro bereitete die Obergefreite schon Proviant vor, aber auf das Frühstück mußte dieses Mal verzichtet werden, denn Jason scheuchte sie gleich aus dem Fort. Sie hätten nur drei Tage Zeit sich auf neue Befehle vorzubereiten. Welche Befehle? Niemand wagte nachzufragen und so rannten sie alle den Hügel hoch, Schlamm spritzte ihre Stiefel und Hosen hinauf, Jiriki war in kürzester Zeit durchnässt bis auf die Knochen. Erst gestern hatten sie doch angefangen neue Befehle auszuüben und nun sollte sich das schon wieder ändern? Wußte Feldwebel Bovert nicht was er wollte?
"Die reinste Schikane", brummte Lodier neben ihr. Isobel war vollends aufs Laufen und Atmen konzentriert um darauf zu antworten. Einige fielen zurück, aber Airas kümmerte sich gleich darum. Die Pruulerin selbst war Laufen gewöhnt, sie konnte es gut und auch Jakeem war als Jäger seines Stammes ausdauernd. Schon die Laufart der beiden dunkelhäutigen Soldaten war etwas anders.
Als der Morgen dann endlich verstohlen anbrach und blassblau den Nachthimmel eroberte, hatten sie das Gelände erreicht und konnten endlich stehen bleiben. Der Regen hörte abrupt auf als Korporal Bonderus sie alle mit einem Schild schützte. Seine Juwelen waren dunkel genug um ein Schild dieser Größe zu errichten und allein diese Kraft ließ kein Gemurre aufkommen. Erst als sie zu hören bekamen, dass sie nach einer Theorieeinführung zur Belagerung im strömenden Regen den Parcour absolvieren sollten, stöhnten die Soldaten auf. Isobel bekam ein mulmiges Gefühl. Belagerung? Was sollten sie denn belagern? Sie bekam langsam den Gedanken, dass es womöglich etwas damit zu tun hatte was die Rebellin Bonderus verraten hatte. Vielleicht eine feindliche Stellung der Rebellen...
Und dann warf Brion etwas ein was Isobel ganz vergessen hatte. Die Sechste befand sich auf dem Übungsplatz. Und ausgerechnet mit denen sollten sie üben. Jiriki gefiel der Tag immer weniger. Die wenigsten in der Sechsten waren so nett wie Tiger und auch der konnte sehr gefährlich werden wenn er mal wieder versuchte ohne Schwarztraum auszuhalten.
Die gesamte Einheit nutzte jedoch die Theorie dankbar um zu verschnaufen bis Bonderus abrupt das Zeichen zum Aufbruch gab, das schützende Schild wieder verschwand und sie weiter rennen mußten. Erst als der Parcours, die Zielscheiben und Strohpuppen in Sicht kamen durften sie langsamer werden. Keuchend verschnauften sie während ihr Korporal tatsächlich hinüber zu Kommandeur Karssail und Tiger ging um mit ihnen zu reden. Isobel stützte ihre Hände auf den nassen Oberschenkeln ab, versuchte ihren Atem zu beruhigen und beobachtete wie die Rekrutin Venka zusammen mit Zucker zurück zum Fort ging. Dass sie den Namen der Rekrutin kannte, obwohl sie noch nie ein Wort mit ihr gewechselt hatte, lag vor allem an den Geschichten über sie. Angeblich sollte sie die Schülerin des Schnitters sein, mehr zur Sechsten als zur Zweiten gehören, eine Feuersbrunst in dem Räuberlager überlebt haben und - was Isobel noch am ehesten glaubte, da Arif und Lodier es in der Krankenstation beobachtet hatten - mit Bonderus schlafen. Unwillkürlich mußte die Obergefreite an die Erzählungen des Kriegerprinzen denken von der Frau, die ihr gemeinsames Kind verloren hatte und für die er immer noch so viel empfand. Ob ihn die Rekrutin an diese Frau erinnerte?
Isobel wurde aus ihren Gedanken gerissen als Bonderus nach Arif und Thorus rief, damit sie ihre Fähigkeiten im Fernkampf unter Beweis stellen konnten. Dabei hätte Wulfhere mit seiner Wurfaxt beinahe einen aus der Sechsten erwischt, der sich lautstark beschwerte. Niemand lachte von ihrer Einheit, dafür taten es die von der Sechsten Kompanie umso lauter.
"He, wir wollen aber nen Ausgleich dafür. Wie wärs mit der heißen Pruulerin oder dem süßen Lockenschopf da?", überlegte ein großgewachsener bulliger Soldat. Isobel warf ihm einen dunklen Blick zu, Arif stellte sich gleich beschützend neben sie. Sie wollte sich bestimmt nicht einschüchtern lassen.
"Viel könnte mir dabei nicht passieren, jeder weiß, dass Tripper im fortgeschrittenen Stadium auf die Sehfähigkeit schlägt", gab sie schlagfertig zurück was die Penda Brüder zu zustimmendem Johlen brachte.
"Ihr lasst die Frauen in Ruhe", entfuhr Gwyn wütend. Es war zwar nicht unbedingt schlagfertig, doch das jemand Messantia bedrohte brachte ihn wenigstens überhaupt zum Sprechen. Der Hüne mit Narben von dutzenden Peitschenhieben auf den breiten Oberarmen sah hämisch zu dem rothaarigen Gefreiten.
"Ich bin flexibel. Wir können auch deinen hübschen Hintern zur Zielscheibe machen", entgegnete der von der Sechsten mit rauer Stimme, andere lachten. Der Gedanke schien Gwyn nun doch einzuschüchtern, dafür öffnete Lodier schon den Mund um vermutlich eine genauso unflätige Antwort zurückzugeben. Bevor es soweit kam, fuhr der Kommandeur dazwischen, rief seine Leute zur Ordnung. Aber es war Tiger, der den Zwist zwischen den beiden ungleichen Kompanien entgültig beendete indem er den großen Krieger umriss und eine Rauferei in der Sechsten ausbrach.
Isobel machte einige Schritte zurück, war erleichtert. Sollten die sich ruhig die Köpfe gegenseitig einschlagen. Auch wenn es sie beunruhigte, dass aus solch einem Wortwechsel so schnell eine handfeste Schlägerei entbrannt war. So schnell wie die Rauferei entstanden war, so schnell wurde sie von dem flügellosen Eyrier auch wieder unterbrochen. Nun eindeutig lauter und auch wütender herrschte er seine Leute an, befahl ihnen, dass am Ende des Einsatzes auch wieder fünfzehn "Hasen" wie er sie nannte da sein müßten.
Einsatz? Isobel mußte sich verhört haben, sie würden doch nicht zusammen mit der Sechsten auf einen Einsatz gehen. Anderseits bekamen sie nun von einem einäugigen Soldaten Wurfspeere ausgeteilt, sollten die gleichen Übungen machen wie die Sechste. Zweifelnd und auch etwas hilfesuchend sah Isobel zum Korporal, der immer noch mit dem Kommandeur sprach.
"Was soll ich denn damit machen?", fragte Isobel als einer der Männer ihr ein Netz reichte. Es war ein muskulöser Soldat mit dunkelbraunen Haaren, die ihm bis in den Nacken fielen, einem kantigen Gesicht und spitzen Bart um den schmalen Mund sowie einem Paar grauer, kühler Augen. An seiner Lederrüstung waren die Rangklappen eines Korporals.
"Na, es werfen. Von dort oben", erklärte der Mann und deutete auf den Gerüstturm. "Ich helf dir rauf. Wie heißt du?", fragte er abrupt.
"Isobel Jiriki und ihr, Korporal?", erkundigte die Pruulerin sich.
"Man nennt mich Klinge und vergiss das Korporal." Dann zeigte er ihr tatsächlich wie man den Turm erkletterte und stieg dabei sogar voraus, obwohl Isobel fast erwartet hätte, dass er sie zuerst gehen ließ um ihr auf den Hintern zu glotzen. Sie war nicht die einzige, die er sechsten Kompanie mißtraute. Nur zögerlich arrangierten sich der Trupp mit den fremden Soldaten. Das Holz war rutschig vom Regen und ihre Ausrüstung zog zusätzlich an ihr, doch irgendwann hatte die Soldaten es geschafft, stand oben. Der Mann begann ihr und anderen zu zeigen wie man das Netz auswarf. Isobel wurde kurz abgelenkt als Tiger in mehreren katzenhaften Sprüngen beneidenswert leicht den Gerüstturm hochkam, sich nach oben schwang. Er erklärte ihnen auch, dass sie mit den Wurfspeeren oder anderen Fernkampfwaffen die Zielscheiben und Strohpuppen unten treffen mußten. Jiriki blickte schweigend auf die nass herabhängenden Strohpuppen, die auch so wirkten als hätten sie keine Lust dazu. Vom Turm konnte sie durch den Nieselregen beobachten wie Bonderus sich die Schwarztraum Spritze setzte. War er deswegen so gereizt gewesen am Morgen? Isobel konzentrierte sich wieder aufs Speerwerfen, ihr Netz war mehr als kläglich nach unten gefallen.
"Nein, du hälst ihn falsch." Eine Hand legte sich plötzlich auf ihre, die Pruulerin wandte überrascht den Kopf. Der Korporal aus der Sechsten, Klinge, blickte sie an, sein Gesicht perlend vor Regentropfen. "Hier, so." Seine Finger schoben die ihren zurecht ehe die Obergefreite es schaffte ihre Starre abzuschütteln und den Wurfspeer zurückzuziehen.
"Danke, es geht schon." Isobel warf den Speer, der immerhin nur wenig entfernt von der Mitte in die Zielscheibe auftraf.
"Pass lieber auf, die schubsen uns sonst hier noch runter", raunte ihr Arif zu, der das ganze äußerst mißtrauisch beäugt hatte. So übte der Trupp aus fünfzehn Leuten abwechselnd auf dem Turm inmitten der Sechsten, jeder wirkte angespannt. Erst nach einer Weile kam ein Befehl von Bonderus und dass sie antreten sollten. Die Pruulerin war erleichtert den Turm wieder runterklettern zu können. Als sie den Kopf noch einmal nach oben hob, fiel ihr der Regen ins Gesicht. Klinge blickte vom Rand herunter, seine Miene unbeweglich. Rasch senkte Isobel den Kopf wieder, ihr Herz klopfte wild und sie machte sich weiter an den Abstieg bis sie mit den anderen vor dem Kriegerprinzen antreten konnten. Er musterte sie alle kritisch, sagte ihnen dann was die meisten ohnehin schon befürchtet hatten. Sie würden die nächsten Tage auch weiterhin mit der Sechsten üben. Der einzige Lichtblick war die Aussicht auf Frühstück was alle genügend motivierte um im Laufschritt zurück zum Fort zu eilen.

Viele setzten sich gleich erschöpft und keuchend auf die Baumstämme oder sofort auf den schlammigen Boden. Isobel sehnte sich schon jetzt wieder nach ihrem Feldbett und sie hätte alles für eine heiße Dusche gegeben, aber es war besser wenn sie sich gar nicht erst hinsetzte sondern sich gleich um das Frühstück kümmerte. Sie wusch sich die Hände unter einer Wasserpumpe, der Schlamm und Dreck schien überall zu sein. Mit dem Wasser kochte sie der Einheit auch alle Kaffee, Messantia und Gwyn halfen mit dem Frühstück und Airas sorgte dafür, dass alle sich um ihre Rüstung und Waffen kümmerten um sie zu reinigen. Als Jiriki dem Korporal aber auch eine schöne starke Tasse Kaffee anbieten wollte, war der bereits verschwunden und auf dem Weg zum Gutshaus. Die Pruulerin seufzte. Die schöne Zeit im Wachhaus war entgültig vorbei.
Erst als sie fast schon mit dem Frühstück fertig waren, kam Jason zurück und begann sie darüber aufzuklären, dass sie in Zukunft ausschließlich trainieren würden. Und das mit der Sechsten zusammen. Gemurmel wurde laut, leise wurden Vermutungen ausgetauscht, aber beim Anblick des Korporals wagte niemand nachzufragen. Isobels Gedanken drifteten zu dem vielen hämischen Gelächter, dass die Sechste bald auf ihren nächsten Selbstmordeinsatz müßte. Nun hinterließ dieser Gedanke ein schales, mulmiges Gefühl bei ihr. Sie würden doch nicht... nein, das konnte nicht sein.
Der Kriegerprinz ließ ihnen nicht lange Zeit zum Erholen, schon ging es zurück zum Übungsplatz, wo die Sechste schon auf sie wartete. Hatten die überhaupt eine Pause gemacht? Wenigstens half ihnen nun auch Bonderus aus, erklärte ihnen einige der Übungen genauer. Nur warum sie plötzlich so sehr gedrillt wurden, das wollte er offensichtlich nicht erklären. Unwillkürlich schweifte Isobels Blick über die rauen Soldaten der Sechsten. Wußten die was los war? Sie fragte nicht. Vor allem weil sie Bonderus nicht hintergehen wollten, er würde ihnen doch zur rechten Zeit erklären was ihre Befehle waren...
Zudem hatte sie genug damit zu tun Klinge auszuweichen, der irgendwie immer in ihrer Nähe war. Aber seine Blicke waren nicht lüstern oder gierig, damit hätte sie besser umgehen können, nein, sie waren durchdringend und wie als wüßte er etwas was sie nicht wußte. Isobel versuchte sich auf die Übungen zu konzentrieren, es vergingen Stunden und die Pausen waren mager gestreut.
Wenn sie kurz verschnaufen und etwas trinken konnten, hielt die Einheit sich abseits der Sechsten auf. Nur einige wenige wie Tiger, der Einäugige, der wohl Einauge genannt wurde und Zucker, der Hayllier mit dem verbrannten Gesicht, kamen zu ihnen und schienen freundlich. Die Heilerin, Regensang, schaute sogar nach Verletzungen bei ihnen. Eine Soldatin mit schmutzig blonden Haaren, die durch einen metallenen Reif gebändigt waren, schäkerte gar mit Lodier rum. Doch diese kurzen fast freundlichen Begegnungen wogen nicht die teilweise gierigen Blicke, anrüchigen Sprüche oder gar die Mordlust in den salzigen Augen der Sechsten auf. Isobel war froh als sie am späten Nachmittag abgekämpft und erschöpft zurück zum Fort konnte. Auch die von der Sechsten verließen das Gelände. Noch einmal blickte die Obergefreite zum Kriegerprinzen, der alleine weiterkämpfte. Wie konnte er jetzt noch Energie haben? Täuschte sie sich oder war er in den letzten Tagen noch verbissener geworden?
"Kommst du?", fragte Messantia, als sie zurück zum Fort gingen. Isobel nickte, folgte den anderen. Bei den Zelten kochten sie einen stärkenden Eintopf, der Regen war langsam weniger geworden.
"Was meint ihr sind unsere neuen Befehle?", fragte Cedric. "Warum sagt man uns nichts?"
"Ach, wann erzählt man uns schonmal was", entgegnete Verulia, ihre Hände an der warmen Schüssel wärmend, "Aber mit der Sechsten trainieren? Pah, so weit isses schon gekommen."
"Denen kann man nicht über den Weg trauen", stimmte Jardin hinzu. Isobel sagte nichts dazu, sah hinüber zu den Zelten wo die andere Kompanie untergebracht war. Auch dort standen oder saßen Grüppchen zusammen, rauchten, unterhielten sich und aßen. Klinge nahm gerade einen Zug aus einer Zigarette, blies den Rauch in die kalte Luft und erwiderte dann ihren Blick.
Jiriki senkte rasch den Kopf wieder. In drei Tagen war zum Glück alles vorbei... wenn sie nur nicht dieses mulmige Gefühl hätte. "He, schau mal, die Schnitterin", bemerkte Lodier, stupste sie an die Schulter. In der Tat kam die Rekrutin gerade aus dem Gutshaus, blickte sich um und kam dann zu ihnen, dabei nur noch ganz leicht humpelnd.
"Phönix!", rief einer aus der Sechsten zu ihr, "Wir wollen alle deine Tätowierung sehen! Zucker hat davon geschwärmt. Oder wars doch dein Hintern?" Einige lachten. Venka verdrehte nur die Augen, streckte ihnen frech die Zunge raus. Die Rekrutin ging aber nicht zur Sechsten, sondern kam zu ihnen, blickte etwas unschlüssig in die Runde.
"Ist euer Korporal nicht da?", fragte sie. Jiriki erhob sich rasch bevor Lodier die Gelegenheit hatte einen anzüglichen Witz zu reißen.
"Er ist noch auf dem Übungsgelände trainieren...", antwortete sie, nahm die Rekrutin etwas beiseite und reichte ihr eine Feldflasche mit schwarzem, heißen Kaffee. "Wenn du dort vorbeikommst... kannst du ihm das mitgeben?", fragte sie, "Und das." Isobel drückte ihr eine mit einem Teller und einem Band zugebundene Schale mit Eintopf entgegen, legte darüber noch zwei Scheiben Brot und einen Apfel.
Venka blickte verdutzt auf das ganze. "Ähm, ich wollte gar nicht...", sie schien etwas sagen zu wollen, tat es dann aber doch nicht. "In Ordnung.... ihr seid also diejenige, die Korporal Bonderus mit allem nötigen versorgt."
"Dem meisten", schränkte Jiriki lächelnd ein, denn sie glaubte eine gewisse unterschwellige Eifersucht herauszuhören. "Ich bin Isobel Jiriki."
"Venka Ives", stellte die hübsche Hayllierin sich vor, erwiderte das Lächeln kurz. "Ist da noch mehr?", fragte sie ein wenig amüsiert weil Jiriki ihr noch rasch eine Feldflasche mit Wasser umhängte.
"Da wäre etwas... für uns. Wir müssen die nächsten drei Tage zusammen mit der Sechsten trainieren und... niemand von uns weiß wieso. Er hat uns noch nichts gesagt. Ich glaube, er ist mit den Gedanken woanders und...", sie wurde von Venka unterbrochen.
"Und du dachtest, ich könnte das für euch erledigen? Ich kenne nur seinen Körper, nicht seine Gedanken", gab Venka harsch zurück, wandte sich ab. Nachdenklich blickte Isobel ihr nach. Sie wußte nicht wieso, doch sie glaubte, es war gut gewesen die Rekrutin in Richtung des Korporals zu schubsen. Wenn es ihm gut ging, würde es auch der Einheit gut gehen.

Re: Spion in Loraka

Mi 17. Jan 2024, 17:24

Es hielt sie nicht lange in der Krankenstation, dort zu sein machte Laree unruhig und rastlos. Für ihren Geschmack hatte sie schon zu viele Krankenstationen in ihrem Leben gesehen. Und auch wenn es gefährlich war nach draußen zu gehen, da Bovert nur auf eine günstige Gelegenheit wartete, so konnte Laree doch nicht anders, wollte unter freiem Himmel sein. Sie vermutete, dass Bovert sich ohnehin zurückhalten würde bis Gualterio fort war... trotzdem war es kein Grund unvorsichtig zu werden. Die Anspannung immer auf der Hut zu sein begann langsam an ihr zu zehren. Ausruhen konnte sie sich jedoch genauso wenig, denn dann waren gleich die Erinnerungen wieder da oder sie mußte an Malateste denken. Laree war zwar diejenige gewesen, die ihm vorgehalten hatte, er würde seine Wachsamkeit wegen ihr fallen lassen und seine Mission vernachlässigen, doch sie bereute ihre Worte längst, fühlte sich hin- und hergerissen.
Und dann waren da noch die Gedanken an Ayden... keine Tätowierung über ihrem Hintern markierte sie länger als sein Eigentum. Sie sollte erleichtert sein, aber größtenteils fühlte die Hexe sich bloß schutzlos. Gualterio konnte sie es nicht sagen, er wäre nur wütend geworden. Rastlos ging sie zum Übungsplatz, beobachtete aus der Ferne wie die Sechste zusammen mit Gualterios Einheit trainierte. Der Kriegerprinz war unten ihnen, half seinen Leuten aus und schien ganz in seinem Element. Er gehörte viel eher hier als sie. Was war ihr überhaupt eingefallen ihm hinterher zu reisen? Dunkelheit, sie war so dumm, stellte sich wie ein kleines Mädchen an. Laree beobachtete ihn seufzend, sehnte sich nach ihm und wollte gleichzeitig so weit weg wie möglich. Die Unruhe in ihr wurde immer stärker.
Sie kehrte bald zurück zum Fort, kramte den Schein von Lady Winters hervor wo die Adresse der Priesterin draufstand. Für einen Moment blickte Laree darauf, steckte es dann eilig wieder weg. Sie wollte nicht darüber reden, sie wollte es so weit wegdrängen bis nichtmal mehr eine flüchtige Erinnerung daran vorhanden war.

Die Hexe aß in der Krankenstation, ging danach wieder, wurde aber von Rashar abgepasst. "Ich muss mit dir reden, Venka", erklärte er gleich und ging mit ihr ein paar Schritte abseits des Gutshauses. "Ich.. hab gehört, du möchtest lieber früher als später das Krankenbett verlassen..." Der Kommandeur neigte sich zu ihr. "Es gibt eine Möglichkeit wie du trotzdem dem Rekrutentraining entgehst. Hauptmann Orekh hat immer einen Gehilfen, der für ihn Papierarbeit erledigt. Was sagst du zu dem Posten?", flüsterte er ihr zu. Laree sah ihn kurz kritisch an. Hauptmann Orekh... Gualterio hatte ihr erzählt, dass der sehr pedantisch war und manchmal cholerisch wurde, aber mehr wußte sie auch nicht.
"Wenn du meinst, dass es das beste ist", entgegnete sie abwesend. Momentan klang es in ihren Ohren nur so als würde sie einfach zu einem weniger mordlüsternen Mann abgeschoben. Das bedeutete nicht automatisch, dass der ein netter Kerl war. Laree hatte begonnen sich stets auf das schlimmste gefasst zu machen.
Rashar lächelte schwermütig, klopfte ihr auf die Schulter. "Das Beste wäre nicht hier in Loraka zu sein. Für uns alle."
Er hatte leider recht. Venka dankte ihm trotzdem, versprach sie würde es sich überlegen und ging dann in Richtung der Zelte wo Gualterios Trupp zusammensaß und aß. Nur der Kriegerprinz selbst war nirgendwo zu entdecken. Was wollte sie hier überhaupt? Selbst die Soldaten vor ihr sahen sie an als gehörte sie nicht zu ihnen. Nur einige der Sechsten riefen ihr zotige Sprüche herüber, anscheinend hatte Zucker bereits herumerzählt, dass er ihre Tätowierung gesehen hatte. Hoffentlich hatte er verschwiegen, dass sie die erst seit heute besaß, es brannte immer noch.
Laree sah unentschlossen zu der Gruppe Soldaten, es war eine dumme Idee hierher zu kommen, sie sollte sich lieber von Malateste fernhalten. Trotzdem konnte sie nun nicht mehr wortlos gehen und so fragte sie nach ihm. Eine dunkelhäutige Frau erhob sich, kam gleich zu ihr und erklärte ihr wo der Korporal war. Jedoch endete es damit nicht, denn die Obergefreite schien automatisch davon auszugehen, dass Laree ihn auch aufsuchen würde. Bevor die Hexe sich noch hatte wehren können, bekam sie allerhand Sachen für Gualterio aufgeladen. Eine ergebene Frau, die ihren Mann treu umsorgte, dachte Laree scharf. Warum brachte die Soldaten ihm das nicht selbst? Vermutlich half sie ihm auch jeden Abend aus den Stiefeln... war das etwa die Frau mit der er sich vergnügt hatte während sie in dem Räuberlager mehrmals am Tag mißbraucht worden war?
Die Pruulerin schien ihren Mißmut nicht zu merken, stellte sich nur freundlich vor und sah sie fast arglos an. So gab Laree nach und versprach die Sachen dem Kriegerprinzen vorbei zu bringen. Bis die Frau namens Isobel Jiriki sie plötzlich noch um einen weiteren Gefallen bat und andeutete, dass der Korporal mit seinen Gedanken woanders wäre und sie könnte vielleicht...
Larees goldene Augen verengten sich mißtrauisch. Was wußte die andere Soldatin? Die Hexe würde ihr bestimmt nicht aushelfen, sagte ihr das auch ziemlich deutlich und machte kehrt. Wenigstens hatte sie jetzt eine Entschuldigung warum sie durch den Schlamm bis zum Übungsgelände ging um Gualterio zu sehen. Als sie dort ankam, bemerkte der Kriegerprinz sie zunächst aber überhaupt nicht, so vertieft war er in seine Übungen. Laree blieb stehen, beobachtete ihn schweigend. Wenn er sie nahm, dann spürte sie jedesmal die immense Kraft und Energie, die in seinem Körper steckte und es berauschte sie. Auch hier wo er trainierte konnte man diese Kraft sehen, seine Entschlossenheit und mit welch tödlicher Präzision er seine Stärke in gekonnte, harte Schwertstreiche umwandelte. Es erinnerte Laree an den Kampf gegen den Schnitter und noch mehr an Gualterios Versprechen, dass er sie nicht zurücklassen würde. Die Sicherheit wärmte sie und so lächelte sie leicht als Malateste sich umdrehte und sie endlich zu sehen schien.
"Ich hab dir Essen mitgebracht", erklärte sie, setzte sich auf einen grob behauenen Baumstamm, die warme Schüssel mit dem Eintopf auf ihrem Schoß ruhend. "Es ist eigentlich von Isobel... ich sollte es dir nur bringen. Sie sorgt anscheinend sehr gut für dich", fügte sie hinzu und versuchte die Bitterkeit aus ihren Worten zu vertreiben. So eine Frau brauchte er viel eher, eine, die beständig war, die keine Probleme verursachte und die nicht von einem Atemzug zum anderen zwischen Flucht und Sehnsucht wechselte.
"Hier ist auch noch heißer Kaffee, und hier Wasser, verwechsel sie besser nicht." Laree hielt ihm die Feldflaschen entgegen, ihr Blick huschte kurz über sein narbiges Gesicht mit den ungleichen Augen ehe sie stoisch hinüber zu dem Wald sah wo der Schnitter begraben lag. Der Wald wo er ihr gesagt hatte, er würde sie lieben. Ihr Blick wanderte weiter zu dem hohen Pfahl, wo der Pfeil kümmerlich herabhing, die weißen Federn leicht im Wind zitternd.

Re: Spion in Loraka

Mi 17. Jan 2024, 17:24

Einige Augenblicke blieb der Kriegerprinz regungslos mit geschlossenen Augen stehen ehe er sich zu Laree umdrehte. Malateste hatte ihre Ankunft gespürt, diese aber während seiner beinahe meditativen Übung komplett an den Rand des Bewusstseins gedrängt. Er strich sich die Haare nach hinten aus dem Gesicht und ging langsam auf die Hexe zu. „Ich habe dir Essen mitgebracht.“ Ein Lächeln erhellte kurz ihr Gesicht. Laree hielt die mit einem Teller abgedeckte Schale kurz vor sich, ehe sie auf einem grob bearbeiteten Baumstamm Platz nahm und die Schale in ihrem Schoss barg. Laree erklärte das Essen sei eigentlich von Isobel die sich gut um ihn zu kümmern schien und sie sollte es nur vorbeibringen. Gualterio schloss die Knöpfe seiner schwarzen Uniformjacke bis ganz nach oben da sich sein Körper nach der Übung abzukühlen begann. „Du hast Jiriki kennen gelernt?“ Der Hayllier hatte das Gefühl das vorhin in den Worten der Hexe ein versteckt angriffiger Unterton mitgeklungen hatte, oder es war etwas anderes gewesen. Ein schwacher Widerhall der Gefühle von gestern Nacht strich um seinen Verstand. Wieso warfen sie sicht ständig Dinge vor und verschanzten sich dann dahinter? „Sie bemuttert uns alle, sogar mich als ihren Vorgesetzten. Sie hat sich freiwillig zur Armee gemeldet um ihre Tochter über die Runden zu bringen.“ Malateste schwieg und sein Blick strich über das Gelände und den Waldrand, suchte unbewusst nach Beobachtern und verbarg seine Gedanken über Kinder und Familie.
"Hier ist auch noch heißer Kaffee, und hier Wasser, verwechsel sie besser nicht." Laree hielt ihm die Feldflaschen entgegen und Malateste nahm sie dankend in Empfang. Die Warme Flasche stellte er neben der Hexe auf den Baumstamm während er den Verschluss der anderen öffnete. Mit grossen Schlucken trank er von dem kühlen Wasser und wischte sich dann mit dem Handrücken die nassen Lippen trocken. Er hatte Isobels Beförderung vorgeschlagen, wenn er es nicht getan hätte, dann würde sie in drei Tagen im warmen Wachhaus in der Stadt aufwachen und nicht zu einer beinahe aussichtslosen Mission ausrücken. Aber sie war sich des Risikos bewusst gewesen als sie sich freiwillig zur Armee gemeldet hatte. Sie wäre nicht ewig in einem sicheren Hafen stationiert gewesen, früher oder später wäre sie in den Kampf gelangt. „Ich trage keine Schuld wenn sie sterben sollte“, brach es aus ihm hervor. „Niemand kann sich vor dem Krieg verstecken, gehst du nicht zu ihm, kommt er zu dir. Ihm ist es egal ob du Frau oder Mutter, Mann oder Vater bist.“ Sein Blick wanderte zurück zu Laree, die irgendwohin in den Wald starrte, an dem Pfahl vorbei auf den sie geklettert war, genauso wie er gerade in die andere Richtung gestarrt hatte. Was waren sie beide doch für zerstörte Existenzen, schoss es durch den Kopf des Kriegerprinzen. Nur auf entgegengesetzten Seiten. Er war sein Leben lang Täter gewesen und zu einer stumpfen Mordmaschine verkommen, sie war ihr Leben lang Opfer gewesen und daran beinahe zerbrochen.
Wortlos setzte sich Malateste neben Laree und nahm die Schale aus ihrem Schoss. Er öffnete das Band mit dem der Teller darauf festgebunden worden war und lupfte diesen. Köstlicher Duft von einem würzigen Eintopf stieg in seine Nase. Er musste leicht Lächeln als er sah das Isobel Besteck für zwei Personen eingepackt hatte. Malateste versuchte die Schwermut abzuschütteln. Wenn sie beide ihr verfielen, wer stüzte dann den anderen? Wer hielt wen davon ab auf den Abgrund zuzutaumeln? Einer von ihnen musste immer stark sein, war er es nicht, musste sie es sein und umgekehrt. „Venka.“ Er wartete bis sie ihn anblickte und lächelte. „Hast du Hunger?“ Die Stimme des grossen Kriegerprinzen klang sanft. „Jiriki hat zwei Gabeln eingepackt, iss bitte mit mir und erzähl mir von deinem Tag.“

Re: Spion in Loraka

Mi 17. Jan 2024, 17:25

Mit fast so etwas wie Wehmut beobachtete Laree wie Malatestes muskulöse, durchtrainierte Brust wieder hinter der Uniformjacke verschwand. Dafür dass es nur ein bißchen Sex war, sehnte sie sich eindeutig zu sehr danach, rief sie sich selbst zur Ordnung. Die Hexe hatte sich inzwischen gesetzt, der dunkle Mantel fiel hinten über den Baumstamm.
"Kennen gelernt ist zu viel gesagt", entgegnete Laree. "Sie hat mich ein wenig mit all diesen Sachen hier überfallen." Sie legte vorsichtig den Apfel beiseite, wartete ob Gualterio sich setzen würde oder nicht, doch auch sein Blick ging unbestimmt in die Ferne und war mit eigenen Gedanken beschäftigt. In dem Moment kam es ihr so vor als wären sie beide verloren, irgendwo in einem fernen Reich im Nebel verloren wo Orte, Zeiten und Namen ihre Bedeutung verloren. Aber auch so simple Sachen wie Teegebäck, Theater, Ballkleid. Es schienen bloß noch Worte zu sein, die nichts dahinter hatten. Doch das hier war echt oder? War das was sie hatten auch echt? Doch Laree wußte nichtmal ein Wort dafür und sie wollte auch nicht daran denken.
Besonders nicht wo der Kriegerprinz nun erst einmal über Jiriki sprach und dass sie alle in der Einheit bemuttern würde. Sie hätte zuhause in Pruul eine Tochter, die sie über die Runden bringen müßte. Laree verdrängte ihre Gedanken an ein eigenes Kind, sie hätte es sowieso nicht gut versorgen können...
"Ich glaube, ich war nicht sehr nett zu ihr", gestand die Hexe zögernd, bot Malateste dann etwas zu trinken an.

Plötzlich sagte er etwas mit dem Laree nun nicht gerechnet hätte, sprach davon, dass er keine Schuld hätte wenn sie sterben sollte. Man könnte sich nicht vor dem Krieg verstecken. Machte er sich etwa Gedanken darüber wie sehr er verantwortlich für seine Einheit war? Wußte er überhaupt noch, dass das hier eigentlich die Feinde waren? Die, die er normalerweise auf dem Schlachtfeld töten sollte... und nun bildete er sie aus und gab alles, damit sie vorbereitet waren und überlebten. "Es ist schwer, es nicht an sich heranzulassen...", stimmte sie ihm leise zu, "Selbst wenn man es sich vorgenommen hat."
Gualterio setzte sich neben sie, nahm die Schale aus ihrem Schoß und deckte den Teller ab. Laree begnügte sich einfach nur neben ihm zu setzen und in den Wald zu schauen wo der Nebel träge zwischen den schwarzen Stämmen geisterte. Sie konnte sich nicht entscheiden, ob der Anblick friedlich oder beängstigend war. Vielleicht beides zugleich. Sie wurde aus der Betrachtung gerissen als Gualterio sie ansprach. Mit ihrem Decknamen, doch auch darauf reagierte Laree inzwischen so wie als wäre ihr wirklicher Name gerufen worden. Als die Hexe zu ihm schaute, lächelte er sie an und zaghaft, fast scheu, lächelte sie zurück.
Er bot ihr an das Essen zu teilen, da Isobel zwei Gabeln dabei gegeben hätte. "Ja", antwortete Laree, "Ich habe vorhin zwar schon in der Krankenstation gegessen, aber ich hab schon wieder Hunger. Ich glaube, so langsam kommt mein Appetit zurück." Sie nahm sich die Gabel, strich sich noch eine schwarze Haarsträhne zurück und begann dann zu essen, pustete ab und zu über den Eintopf, da er immer noch recht heiß war.
Malateste bat sie von ihrem Tag zu erzählen. "Es gibt eigentlich nicht so viel zu erzählen. Ich habe die Beinscheine entgültig abgenommen bekommen... dann habe ich der Sechsten beim Training zugesehen und...", sie zögerte kurz, nahm sich vor die Erwähnung von Zucker so kurz wie möglich zu halten um Gualterio nicht unnötig zu reizen, ".. und ich bin mit Zucker in die Stadt gegangen. Wir waren beim Roten Hahn essen, es ist wirklich nett dort. Zucker hat mir seine Tätowierung gezeigt, ein paar Dea al Mon Frauen." Sie grinste keck. "Dann mußte ich ihm natürlich auch meine zeigen." Sie erzählte es so als hätte sie die Tätowierung schon immer besessen und in ein paar Tagen würde das auch so aussehen. Laree beugte sich kurz dichter zu Gualterio. "Wenn du willst, kannst du sie nachher auch sehen...", flüsterte sie ihm leise zu. Zwar war kein Mithörer in der Nähe, doch man wußte nie und im Palast in Draega hatte Laree schnell gelernt sich anzugewöhnen, dass man stets belauscht werden konnte.
"Ach, und ich glaube, er steht mehr auf dich als auf mich. Also sieh dich vor", sprach sie wieder lauter, stupste dem Kriegerprinzen mit dem Ellbogen leicht in die Seite. "Und zurück im Fort habe ich größtenteils den restlichen Tag verschlafen", gab sie zu, die stundenlange Tätowierung war anstrengend gewesen. "Diese Nacht kann ich noch in der Krankenstation schlafen, doch dann nicht mehr..." Sie alle wußten was das bedeutete, die Schonzeit war vorüber. "Es kann aber sein, dass ich Hauptmann Orekh helfen soll..." Die andere Alternative war das was Zucker ihr schon erzählt hatte. Ein Mittel zu nehmen um noch länger auf der Krankenstation zu bleiben. Etwas was Laree trotzdem nicht wollte, wenn sie davon tatsächlich krank wurde, war sie noch hilfloser. "Rashar hat es mir angeboten", flüsterte sie ihm zu, "Er hat mich auch nach dir ausgefragt. Es vielmehr versucht, aber deine Lieblingsstellung wollte er dann doch nicht wissen." Laree versuchte bei den anderen den Eindruck zu erwecken, dass es zwischen ihr und dem Korporal nur eine leichte Bettgeschichte wäre. Selbst schaffte sie aber nicht ganz sich das vorzugaukeln besonders wo es solche Momente wie diese hier gab wo sie sich ausnahmsweise nicht gegenseitig mit Vorwürfen zudeckten.
Laree nahm einen Schluck Wasser. "Und wie war dein Tag?", fragte sie dann, warf ihm einen warmen Seitenblick zu. Sie konnte es zwar nicht sagen und ihm momentan auch nicht so viel bieten wie er vielleicht von ihr wollte, doch Laree hoffte, dass er spürte, dass ihr die Worte von letzte Nacht leid taten.

Re: Spion in Loraka

Mi 17. Jan 2024, 17:26

Gerade herrschte so etwas wie Waffenstillstand zwischen Laree und Malateste. Keine heftigen Gefühlswallungen- oder Ausbrüche wogten auf. Für einen heimlichen Beobachter hätte die Szene durchaus friedlich gewirkt, doch wäre ihm entgangen wie vorsichtig diese Frau und der Mann, die dort auf dem Baumstumpf sassen und ihr Essen teilten, ihre Worte wählten, und wie behutsam sie verbale Klippen umschifften. Mit der scheuen Andeutung eines Lächelns nahm Laree die Einladung zum Essen entgegen und strich sich eine freche Haarsträhne aus dem Gesicht ehe sie mit der Gabel einen Bissen aufspiesste und von ihrem Tag zu erzählen begann.
Gualterio nahm eines von den Broten, die Laree zusammen mit einem Apfel gebracht und zur Seite gelegt hatte, und tunkte ein Stück davon in den Eintopf während er der Erzählung der Hexe lauschte. Als er vernahm, dass die Beinschiene abgenommen wurde hellte sich sein Gesicht auf. „Das sind gute Neuigkeiten“, meinte der Kriegerprinz. Zumindest war sie jetzt körperlich geheilt, ihm blieb nur zu hoffen das die seelischen Narben auch irgendwann heilten. Der Kriegerprinz nahm die Gabel zur Hand und hielt kurz inne bei der Erwähnung von Zucker, liess sich aber ansonsten nicht viel anmerken und brachte sogar ein Lächeln bei der Erwähnung der tätowierten Dea al Mon-Frauen zustande. Laree raunte ihm zu, er könne ihre Tätowierung auch sehen wenn er wolle. Dabei beugte sie sich etwas zu ihm hinüber. Dies und wie die Hexe es sagte, wirkte sehr verführerisch auf Gualterio und er schob schnell einen Bissen in den Mund und verbrannte sich dabei fast den Rachen. Er nickte und hechelte kurz Luft, ehe er ein „Sehr Gerne“ herausbrachte. Laree lachte kurz auf und fügte dann noch an das Zucker mehr auf ihn als auf sie stand. Malateste rollte gequält mit den Augen. „Ja, ich musste schon herausfinden, dass er auch an Männern, und leider auch an mir, Gefallen findet.“ Den Rest des Tages hatte Laree geschlafen, was nicht verwunderlich war bei dem was passiert war und einem noch immer rekonvalezenten Körper. Doch eben, inzwischen war sie soweit geheilt das diese Nacht die letzte in der Krankenstation sein würde. Sie brauchte den Satz nicht zu vollenden, beide wussten was es bedeutete. Dann berichtete Laree wie Rashar ihr den Vorschlag gemacht hatte Orekhs Gehilfin zu werden. Der breitschultrige Krigerprinz verbarg sein Wissen darüber, und das er Karsail geraten hatte direkt mit ihr zu sprechen. Er lächelte leicht als Laree ihm berichtete wie Rashar dabei versucht hatte sie über ihn auszufragen. „Gut gemacht“, grinste er. „Er hat vermutlich schnell bemerkt, dass er bei dir auf Stein beisst.“
„Und wie war dein Tag?", endete sie ihren Bericht mit einer Gegenfrage und einem Blick der seine Laune hob und seine Melancholie etwas verdrängte. Malateste schluckte noch den Bissen herunter den er gerade gekaut hatte und begann dann seinen Bericht.
„Nun, ich vermute ich habe heute meine Gefreiten ziemlich getriezt und meine schlechte Laune an ihnen ausgelassen.“ Er zögerte kurz, als ihm bewusst wurde das Laree sehr wohl wusste wer für seine schlechte Laune verantwortlich gewesen war. Schnell sprach er weiter. „Aber es war mal Zeit sie in der Nacht aus dem Bett zu scheuchen, sonst bekommen sie noch das Gefühl im Ferienlager zu sein. Sie waren bas erstaunt, als sie erfuhren, dass sie demnächst mit der Sechsten zusammen üben sollten. Es ist nicht leicht, die Gefreiten sind sehr verschieden und die beiden Kompanien misstrauen sich gegenseitig. Ich bin im Laufe des Vormittags zu Kommandantin Frostseel gegangen und konnte sie überzeugen mich vom Aussendienst zurück zu ziehen,damit ich die nächsten drei Tage, beziehungsweise jetzt nur noch zwei Tage, meine Gefreiten zusammen mit Karsail und dessen Soldaten auf den Einsatz vorbereite. Den Rest des Tages habe ich sie dann hier über den Platz gescheucht. Ja, und am Ende kam eine nette, wunderschöne Gefreite und hat mir Essen gebracht. Ich glaube das war der bisherige Höhepunkt des Tages.“ Malateste zwinkerte Laree schelmisch zu. Ob Karsail ihr erzählt oder angedeutet hatte auf was sie sich hier eigentlich vorbereiteten?
„Du wirst vermutlich in ein Mannschaftszelt mit anderen Rekruten verlegt wenn du aus der Krankenstation entlassen wirst. Ich werde dafür sorgen das Nachts immer einer meiner Leute dort herumlungert und mich informiert, sollte ein dreckiges Wiesel versuchen ins Zelt zu schleichen.“ Die Augen des Kriegerprinzen verdüsterten sich beim Gedanken an Bovert. „Und, hast du über Karsails Angebot der Gehilfenstelle nachgedacht? Was hälst du davon?“ Forschend musterte er Laree.

Re: Spion in Loraka

Mi 17. Jan 2024, 17:27

Laree kicherte als Gualterio eindeutig nicht so glücklich damit war, dass er einen männlichen Verehrer hatte. Das hatte sie ja auch schon vermutet und so erzählte sie ihm lieber nichts davon, dass Zucker angedeutet hatte, er wäre an einem Dreier interessiert. "Sag Bescheid wenn ich eifersüchtig auf ihn sein muss", scherzte sie. Auf eines konnte sie aber sehr wohl eifersüchtig sein. Zucker würde ihn auf seinem nächsten Auftrag begleiten, Laree konnte das nicht. Es war sicher auch besser so, sie war keine sonderlich gute Kämpferin und hätte Malateste nur abgelenkt. Wenn sie nicht dabei war, konnte er tun was er tun mußte..
Die Hexe dachte lieber nicht an den gefährlichen Einsatz, fragte den großgewachsenen Kriegerprinzen stattdessen an seinem Tag und er gab zu, dass er heute seine schlechte Laune an seinen Gefreiten ausgelassen hätte. Laree wußte wieso. Schlechte Laune wegen ihr. Mal wieder. Warum bemühte er sich überhaupt um sie wenn sie ihm sowieso stets nur Kummer machte und nichts dazu beitrug, dass er glücklich wurde? Männer! Wer sollte die noch verstehen?
Gualterio fuhr fort, dass es sowieso Zeit gewesen wäre seinen Trupp zu drillen, es wäre hier schließlich kein Ferienlager. Laree wußte noch nichtmal was ein Ferienlager war. Vermutlich eines dieser schmucken Dörfchen auf dem Land wo adelige Kinder als Ausflug hingeschickt wurden. Sie hatte davon mal gehört. Sie aß hungrig weiter, hörte einfach nur zu während Gualterio von den Schwierigkeiten zwischen seiner Einheit und der Sechsten berichtete. "Vermutlich mußt du aufpassen, dass sie sich nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen", warf sie ein, trank noch etwas Wasser. Dann hätte er mit der Kommandeurin gesprochen und bewirkt, dass sein Trupp wenigstens die nächsten zwei Tage ausschließlich trainieren und sich auf den Einsatz vorbereiten konnten. Wenigstens etwas.
Malateste schloss damit, dass sein bisheriger Höhepunkt des Tages eine nette, wunderschöne Gefreite gewesen wäre, die ihm Essen gebracht hätte.
"Oh, du hast bereits gegessen? Diese nette, wunderschöne Gefährtin muss ich knapp verpasst haben", scherzte sie, grinste ihn an und verspürte ein kribbliges Gefühl als er ihr zuzwinkerte. Es war schön wieder so locker miteinander umzugehen. Wenn sie ehrlich war, hatte sie das sehr vermisst. Aber auch jetzt fiel es der Hexe schwer seine Komplimente anzunehmen und machte wie so oft einen Scherz daraus. Sie konnte einfach nicht anders. Wie als Entschädigung streichelte sie kurz scheu über seine Hand.

"Aber eigentlich bin ich noch Rekrutin. Obwohl ich es verdient hätte sofort zur Gefreitin befördert zu werden. Immerhin hat Lorcann gesagt, dass unsere Ausbildung erst beendet ist wenn wir den Pfeil dort oben erreichen. Und das habe ich am ersten Tag geschafft." Laree deutete zu dem hohen Pfahl. Leider schien sie damit nicht die Ausbildung abgekürzt zu haben und Lorcann war nicht mehr hier um sie zu befördern.
Gualterio fuhr fort, dass sie in Zukunft wohl in einem Mannschaftszelt der Rekruten schlafen würde. Er würde dort einen seiner Leute postieren. Und was ist wenn deine Leute nicht mehr da sind, dachte Laree, stellte die Frage aber nicht laut. Die andere Alternative wäre wohl Orekhs Bett.. Gualterio fragte sie auch gleich nach der Gehilfenstelle. Laree nickte.
"Ja, natürlich. Ich kenne mich mit Verwaltung aus und ich bin eine perfekte Gehilfin." Ihr Lächeln bekam bittere Züge. Ayden hatte ja sehr gründlich dafür gesorgt, dass sie es war. Aber es wäre das beste Orekh zur Hand zu gehen. "Und... Papierkram liegt mir, glaube ich, mehr als der Schwertkampf oder dergleichen....", schob sie leiser hinterher. Und wenn Bovert die Ausbildung übernahm, hätte sie dort erst recht keine Chance. Er würde sie härter kämpfen lassen als alle anderen und wenn sie nicht durch einen... Unfall starb, dann dadurch dass er vielleicht "Nachhilfestunden" gab und sie dann dort erledigte. Laree konnte es sich nur zu gut ausmalen. Aber sie war ja selber schuld, das Leben war ihr zu dem Zeitpunkt ziemlich egal gewesen und vielleicht hatte sie Bovert gerade deswegen so sehr gereizt. Sollte er es nur zu Ende bringen...
Jetzt wollte die Hexe das aber nicht mehr, nur leider wußte ihr selbst ernannter Racheengel ja nichts davon. Er würde sich durch nichts aufhalten lassen. Sie erschauderte leicht, blickte wieder in den Wald hinaus. "Ja, die Stelle ist gewiss besser als die Alternative", bekräftigte sie nochmal. "Außerdem kann ich dort mehr herausfinden." Das sagte sie nur sehr leise. Aber es entsprach der Wahrheit. Gerade der Person zu helfen, die mit der Verwaltung des Forts beschäftigt war, wäre eine großartige Gelegenheit Nachrichten aus Dhemlan abzufangen und mehr zu erfahren. Das würde sie schon für Hayll so oder so nicht verstreichen lassen können. Laree zog ihren dhemlanischen Dolch vom Gürtel, teilte den Apfel und hielt eine Hälfte Gualterio entgegen. Die Schüssel mit dem Eintopf hatte sich geleert und die Hexe ließ das Geschirr in ihrem Juwelengepäck verschwinden.
Sie lehnte sich dichter an den Kriegerprinzen. "Wollen wir spazieren gehen?" Sie hatte ja noch vor ihm die Tätowierung zu zeigen. Das Stechen des kunstvollen Bildes an sich hatte sie gut ertragen, Schmerzen war sie schließlich gewöhnt. Doch dass sie tatsächlich Aydens Namen von ihrem Körper hatte verschwinden lassen, hatte schon Überwindung gekostet und erfüllte sie mit einer Mischung aus Angst und geheimen Stolz.

Re: Spion in Loraka

Mi 17. Jan 2024, 17:28

Offen konnte Laree das Kompliment nicht akzeptieren, doch in dem kurzen Streicheln über seinen Handrücken glaubte Malateste ihre wahren Gefühle zu erkennen. Laree meinte sie sollte eigentlich schon Gefreite sein, denn schliesslich habe sie Lorcanns Abschlusstest längst bestanden. Sie deutete in Richtung des Pfahls und des Pfeils der oben in der Spitze steckte. „Wenn du Gefreite wärst, wäre alles etwas einfacher“, meinte Malateste. „Ich könnte meine Beziehungen spielen lassen damit du bei mir eingeteilt wirst, und niemand würde es dann auch nur wagen dich falsch anzublicken.“ Wieso hatte sie den Pfeil eigentlich nicht herunter geholt und Lorcann gebracht? Nachdenklich betrachtete der Kriegerprinz den weiss gefiederten Schaft. „Ich war beeindruckt wie du da hochgeklettert bist. Ich weiss nicht, ob ich es geschafft hätte. Vielleicht sollte ich es auch mal versuchen, wie man es macht hast du ja schon für mich herausgefunden.“
Sie unterhielten sich über die Option der Gehilfinnenstelle und ob Laree darüber nachgedacht hatte. "Ja, natürlich“, meinte sie. „Ich kenne mich mit Verwaltung aus und ich bin eine perfekte Gehilfin." Etwas in der Betonung ihrer Worte klang seltsam. So wie die Hexe „perfekte Gehilfin“ aussprach, klang es eher nach „perfekte Gespielin“. Glaubte sie mehr tun zu müssen als die Akten- und Verwaltungsarbeit? Durch die Erfahrungen die Laree geprägt hatten, schien sie immer das Schlimmste von den Männern zu erwarten. Vermutlich würde Orekh sie kaum wahrnehmen in seiner Arbeit. Der Hauptmann hatte bestimmt besseres zu tun als jede Rekrutin zu missbrauchen die bei ihm arbeitete. Doch der Kriegerprinz fragte nicht nach, ob er mit seiner Vermutung richtig lag, er fürchtete damit zu tief in nicht verheilten Wunden zu graben. Kurz streichelte er über ihre Wange. Laree meinte zudem, es wäre vielleicht besser, da sie sich mit Papieren besser als mit dem Schwert auskannte. „Du bist eine Kämpferin Venka, aber keine Kriegerin. Ich möchte dich einigermassen in Sicherheit wissen wenn ich gehen muss. Obwohl dein Talent mit der Armbrust genau das ist was wir bräuchten.“ "Ja, die Stelle ist gewiss besser als die Alternative", bekräftigte sie nochmal. "Außerdem kann ich dort mehr herausfinden." Gualterio hatte gar nicht an diese Möglichkeit gedacht. In der Tat könnte dies sehr hilfreich für die Mission sein. „Das stimmt“, pflichtete er Laree deshalb bei. „Es wäre eine wertvolle Gelegenheit. Aber sei vorsichtig, das ist vielleicht gefährlicher als dort wo ich hin muss!“
Die Schale mit Eintopf hatte sich während des Gesprächs geleert, und der Kriegerprinz verspürte eine angenehme Sättigung. Das Essen hatte gewärmt und gut getan. Laree liess die Schale und das Besteck verschwinden und schnitt mit ihrem Dolch den Apfel in zwei Teile. Malateste nahm die Hälfte die sie ihm entgegen hielt und biss hinein, während er weiter über die nächsten Tage nachdachte, als Laree ihn fragte ob sie spazieren gehen wollen.
Malateste betrachtete ihre grossen goldenen Augen. Konnte er das Versprechen das er Timaris und Laree gegeben hatte halten? Konnte er sie hier wirklich beschützen und sie wieder nach Hause bringen? Und was würde er tun wenn es ihm nicht gelang? Der Kriegerprinz erhob sich und versuchte sich seine Sorgen nicht anmerken zu lassen. Mit einem höfischen Schlenker seines Armes hielt er ihr die Hand entgegen. „Wollen die Dame mir die Ehre erweisen mit mir etwas durch die Parkanlagen der hiesigen Residenz zu lustwandeln?“ Malateste setzte den etwas affektierten Tonfall auf der am Hofe üblich war und lächelte Laree dabei schalkhaft an. Er versuchte sie für einen Moment all das vergessen zu lassen. „Der Flieder soll gar lieblich blühen zurzeit, seht ihr dort drüben?“ Er deutete zu einem Busch am Waldrand an dem ein paar verkümmerte Vogelbeeren hingen. Bewusst hatte er zu dem Teil des Waldes gedeutet der entgegen der Stelle lag wo der Schnitter verscharrt worden war. „Und nicht das schwarze Gold vergessen!“, fügte Gualterio noch grinsend an und schnappte sich mit der freien Hand die Feldflasche mit dem heissen Kaffee.

Re: Spion in Loraka

Mi 17. Jan 2024, 17:28

Gualterio wandte auch ein, dass Laree es als Gefreite sicher leichter hätte und Malateste es hätte ermöglichen können, dass sie bei seiner Einheit eingeteilt wurde. Laree dachte kurz darüber nach und obwohl es verlockend war, schüttelte sie dazu nur leicht den Kopf. Sie würde ihn bloß ablenken und befangen machen, so dass er seine Einheit nicht richtig führen konnte. Selbst wenn es sich schön anfühlte, dass er sie immer beschützen wollte.
"Wer weiß wie lange wir hier bleiben müssen, vielleicht werd ich ja doch noch befördert", erwiderte sie lapidar. Es kümmerte Laree nicht sonderlich, sie wollte in dieser Armee nicht vorwärts kommen. Nur wäre sie schon lieber Gefreite als Rekrutin, allein aus dem Grund dann diese harte Ausbildung hinter sich zu haben und damit hoffentlich auch Bovert.
Der Kriegerprinz neben ihr sah derweil zu dem hohen Pfahl, überlegte ob er auch einmal dort hochklettern sollte. Laree erblasste, dachte an den Pfeil der dort oben hing und in den sie etwas reingeritzt hatte. Nein, das sollte er nicht sehen. Sie war bloß ein dummes Mädchen gewesen. "Es ist den Aufwand nicht wert", gab sie versucht lapidar zurück. "Außerdem hast du das als Korporal ja gar nicht nötig." Laree lächelte ihn von der Seite her an.
Dann sprachen sie auch erstmal über die Stelle als Gehilfin. Gualterio streichelte ihr leicht über die Wange, wandte ein, dass sie zwar keine Kriegerin sei, aber eine Kämpferin und er wolle sie in Sicherheit wissen.
"Mir passiert schon nichts", wehrte sie ab, hoffte das selbst. Aber irgendwie hatte sie das unsägliche Talent oft in Schwierigkeiten zu geraten. Und dieses Mal wäre kein Malateste oder sonstwer zur Stelle um ihr da auch wieder rauszuhelfen. Sie mußte das ganz alleine regeln. Das hatte sie schon im Räuberlager geschafft, sie würde es wieder schaffen... sie hatte keine Lust mehr Opfer zu sein und sie würde kämpfen, oh ja. Larees Hände ballten sich kurz zu Fäusten, entspannte sich dann aber wieder als der Kriegerprinz fortfuhr, dass die Stelle eine wertvolle Gelegenheit wäre, sie sollte aber vorsichtig sein. Die Hayllierin nickte. "Dort kenne ich mich aus." Zwar hatte sie noch nie eine Verwaltung einer Armee gesehen, doch hoffentlich war es nicht so viel anders als die Verwaltung im Palast, denn da kannte sie sich sehr gut aus.

Länger wollte Laree aber lieber nicht über das Thema reden, es war zu gefährlich. Und die Nähe zu Gualterio weckte in ihr eher andere Sehnsüchte und Wünsche. Es tat gut bei ihm zu sein und für einen kurzen Moment unbeschwert miteinander umzugehen. Wenigstens so zu tun. Außerdem war Malateste auch so angespannt und sicher besorgt. Nicht nur um sie, auch um den bevorstehenden, gefährlichen Einsatz, die Mission, die Rebellen und allem anderen. Wenigstens jetzt sollte er für eine Weile nicht daran denken. So versuchte die Hexe sich ihre Grübelei nicht anmerken zu lassen, blickte zu ihm hoch als er sich erhob.
Sie hatte jedoch nicht erwartet, dass er ihr in einer formvollendeten, höfischen Geste seine Hand anbot und sie auch gleich im affektierten Tonfall fragte ob sie mit ihm lustwandeln wollte. Laree kicherte, ein Geräusch, das sie schon lange nicht mehr von sich gegeben hatte und sie im ersten Moment selbst überraschte. Gespielt kokett schlug sie die Augen nieder, legte ihre Hand geziert in die seine. Als einstige Zofe kannte sie natürlich alle höfischen Umgangsformen und Verhaltensweisen perfekt. Die Hexe erhob sich. "Sehr gerne, Prinz. So einen schönen Tag sollte man nicht ungenützt verstreichen lassen." Dass es immer noch nieselte und recht kalt war ignorierten sie beide scheinbar. Grinsend nahm Malateste noch den Kaffee mit und so zogen sie los.
"Und wer weiß, wenn mir eure Schmeicheleien gefallen, dürft ihr vielleicht auch noch durch meinen Flieder lustwandeln, mein Herr", raunte sie ihm zu, zwinkerte verschmitzt und zog den Kriegerprinzen weiter in Richtung Wald. Laree hatte schon jetzt Lust auf mehr und es war beileibe nicht das erste Mal, dass sie Gualterio zum Liebesspiel verleitete und ihn zu allerlei Unvorsichtigkeiten anstiftete. Noch dazu fühlte sie sich unruhig und die Leidenschaften in ihr zogen es eindeutig zu Malateste. Vielleicht sollte sie einfach aufhören sich dagegen zu wehren... wieviele Nächte würden ihnen noch bleiben? Bloß drei?
Im Wald war es noch kühler und dunkler, Laree fröstelte leicht, sie zog ihren Mantel enger um sich. Schon lange verschwendete sie ihre Juwelenkraft nicht mehr für Luxus wie Wärmeschilder und dergleichen. Man konnte nie wissen wann jemand sie bedrängen würde und dann wollte sie möglichst noch über all ihre Opalkraft verfügen. Zum Aufwärmen nahm die Hexe lieber einen Schluck von dem heißen Kaffee oder schmiegte sich dichter an Malateste.
Zwischen den Bäumen konnte man bald einen alten Hochstand ausmachen, vielleicht war es auch ein verfallener Wachturm aus der Zeit wo es bei Loraka noch kein Fort gegeben hatte.

Re: Spion in Loraka

Mi 17. Jan 2024, 17:29

Nicht sonderlich überrascht bemerkte Malateste wie Laree problemlos in die Rolle einer höfischen Dame schlüpfte und umgehend in das schalkhafte Spiel mit einstieg. Es tat gut sie unbekümmert kichern zu hören, und erst in jenem Moment registrierte der Kriegerprinz, dass er diesen unbeschwerten Laut bei Laree lange nicht mehr gehört hatte. Nach einem koketten Augenaufschlag und einer kecken Antwort legte die Hexe ihre zierliche Hand in die grosse des Haylliers und erhob sich. Ein wohliger Schauer durchfuhr Gualterio, als Laree ihm zweideutig zuraunte, er dürfe vielleicht auch mal durch ihren Flieder lustwandeln wenn ihr seine Schmeicheleien gefielen. Sie schaffte es sogar trotz des undamenhaften Angebots dabei damenhaft zu erröten, und so gefiel sie dem Hayllier einiges besser als vorhin, wo sie beim Gespräch um den Pfeil oben im Pfahl seltsamerweise etwas blass um die süsse Nasenspitze herum geworden war. Hatte es etwas mit dem Pfeil und dem Pfahl auf sich was er noch nicht wusste? Viel Zeit blieb dem Kriegerprinzen nicht darüber nachzudenken, denn die Hexe zog ihn Richtung Wald. Schon den ganzen Tag über waren kühle Bisen und Regenschauer vom Meer her gekommen, doch jetzt, gegen Abend und im Wald, fiel die Temperatur noch weiter. Laree zog ihren wollenen Mantel enger um ihre schmalen Schultern und Malateste legte beschützend einen Arm um sie und zog sie eng an sich. Gestern Nacht hatte er sich im Stillen geschworen die Mission, Laree und sich selbst nicht mehr durch das was zwischen ihnen war - sei es bloss Sex wie Laree behauptete - in Gefahr zu bringen, und seine Gefühle und Lust unter Kontrolle und Laree auf Abstand zu halten. Doch gerade eben, während er ihren schlanken Körper und ihre Ausstrahlung an seiner Seite spürte, waren all diese Vorsätze vergessen und lediglich zu einem leisen Pochen im Hinterkopf verkommen.
In dem Zwielicht des Waldes ragte ein dunkler Schemen in die Höhe, es mochte ein Hochstand oder eine Art Ruine sein. Die Stämme wuchsen hier nicht so dicht aneinander und Malateste vermutete, dass dieses Stück Wald einst gerodet gewesen war. Als die beiden näher kamen, konnten sie die Reste eines Turmes erkennen. Irgendwann mochte dieser Turm zu einer ganzen Reihe von Signaltürmen gehört haben, die im Falle eines Angriffes vom Meer her mittels Feuer die Nachricht tief ins Landesinnere transportiert hatten, doch nun war die obere Hälfte weggebrochen und ermahnte an die Vergänglichkeit aller Königreiche. Ein Blitz zuckte in der Ferne und einige Sekunden später rollte Donnergrollen über das Land. Der Kriegerprinz nahm Laree bei der Hand und rannte mit ihr zu der Ruine ehe erneut Regen einsetzte. Das Mauerwerk war überwuchert von Efeu, welches auch wie ein Vorhang über den Türsturz hinabwucherte. Gualterio zog das Efeu zur Seite und erhellte mit etwas Hexenfeuer den Raum dahinter. Es roch nach Erdreich und kaltem Stein. Auf dem Boden lagen Holzäste und Reste der Tür verstreut herum, jedoch hatte sich ein Zwischenboden erhalten und ergab so tatsächlich einen geschlossenen und überdeckten Raum. Der Kriegerprinz sammelte etwas von dem trockenen Holz zusammen und schichtete es in der Mitte des Raumes auf. Noch einmal leuchtete kurz ein Funken Hexenfeuer auf und schon erhellte ein prasselndes Feuer den Raum im halbzerfallenen Turm. Malateste schnallte sich den Waffengurt ab und lehnte das Schwert griffbereit an die Wand. Danach entledigte er sich seiner Uniformjacke und breitete sie auf dem Boden aus. Er deutete auf die Jacke und blickte ihn Larees grosse, goldglänzende Augen. „Es ist zwar kein seidenbezogener Diwan, aber zumindest ist es trocken und bald auch warm. Und unter uns, an solchen Orten fühle ich mich oft wohler als in einem Palast.“ Er lächelte und der Schein der Flammen tanzte über sein Gesicht mit der langen Narbe. Sie sah aus als ob sie Jahre und keine paar Wochen alt wäre. „Und jetzt noch einen guten Schluck heissen Kaffee, dann werden die alten Knochen von aussen und innen gewärmt.“
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