Der Kampf gegen das schwarze Gift
von Timaris » Do 7. Mär 2024, 11:03
Inzwischen war es zu einer reinen Willensache geworden, dass sie noch am Leben war. Ihr Blut regelmässig zu waschen, beziehungsweise durch das Blut von starken, jungen Sceltern zu ersetzen, hatte den Fortschritt der Vergiftung stark bremsen können, trotzdem kostete es sie viel Kraft, schwächte ihren Körper, so dass sie der Vergiftung immer weniger entgegen zu setzen hatte. Dass sie eigentlich schon längst hätte tot sein sollen, merkte sie vorallem daran, dass Sion immer ungeduldiger zu werden schien, dass sie endlich starb. Seine Reaktionen, die Reaktionen seiner Arme, wurden immer frecher, aufmüpfiger und risikobereiter. Doch noch jedes Mal holte sie sich ein blaues Auge, wenn sie Haylls oder Askavis Grenzen zu übertreten wagten.
Für Timaris war es Ehrensache, dass sie bis zum letzten Atemzug kämpfte. Abgesehen davon, dass sie nicht sterben wollte, fand sie, dass sie das ihrem Volk schuldig war. Ihrer Familie, ihren Freunden und nicht zuletzt Ayden gegenüber. Ihr Haushofmeister würde ganz schön sauer auf sie werden, sollte sie tot sein, wenn er zurück kam. Timaris wollte sich nicht schon wieder mit ihm streiten. Auch wenn sie sich noch nicht sicher war, wie sie darauf reagieren sollte, dass er einfach auf diese waghalsige Mission gegangen war. Sie verstand natürlich seine Motive. Doch genau so gut verstand sie auch, wie ungemein gefährlich dies alles war. Für Hayll durch das, was Ayden alles über dieses Territorium wusste, und natürlich für Ayden selbst. Glücklicherweise hatte Timaris kaum Zeit darüber nachzudenken, wie es Ayden und Kosta wohl gehen mochte und wie sie mit den beiden 'Ausreissern' verfahren würde, wenn sie wieder da wären. Hauptsache, sie kamen bald wieder zurück. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr. Egal, wie willensstark Timaris auch war.
Es konnte allerdings auch noch andere Gründe haben, weswegen Sion ungehalten wirkte. Denn so raffiniert seine Propaganda auch war, hatte es Timaris bis jetzt noch jedes Mal geschafft, ihm zuvor zu kommen und dafür zu sorgen, dass die Hayllier sich nicht entmutigen liessen, sondern gemeinsam gegen den höllischen Dämon stand. Selbst die Adligen hielten für eine Weile mit ihren Machtkämpfen inne und konzentrierten sich nach aussen. Sie waren schliesslich Hayllier und auch wenn sie untereinander schlimme Intriegen spannen, sie waren zu stolz, als dass sie sich dafür einem fremden Kriegerprinzen unterworfen hätten.
Sobald Timaris sich sicher gewesen war, dass Eneas alles hatte, was er für seine Rettungsaktion brauchte, hatte sie Ayana zu sich kommen lassen. Ayden war selber schuld, wenn er einfach abhaute. Da musste eben seine Zwillingsschwester herhalten. Timaris rief sie ja auch nicht zu sich, um sie zu quälen, sondern damit sie ihren Bruder würdig vertrat. Oder genauer gesagt, ihren Bruder darstellte. Die Heilerin sollte sich als Ayden verkleiden, um sich so an Timaris Seite sehen zu lassen. Sorra würde sie mit einem Netz belegen, welches ihre Signatur unterdrückte und die von Ayden darüber legte. Ausserdem beinhaltete es eine Illusion um ihr Äusseres damit Ayana, so ähnlich sie Ayden auch sein mochte, auch wirklich als Mann erschien.
Es hatte einiges an Überzeugungsarbeit gebraucht, bis die Heilerin mit diesem frechen Plan einverstanden gewesen war. Doch nachdem Timaris ihr hatte klar machen können, dass sie ihren Bruder so sogar das Leben rettete, war Ayana eingeknickt. Timaris hatte ihr klar gemacht, dass die hayllischen Adligen so schon Mühe mit ihm hatten, weil er kein Hayllier war. Wenn er sich dann während des Krieges an Zoryas Seite sehen liess, würde das reichen, um ihn des Hochverrates zu beschuldigen. Selbst wenn sie ihn retten konnten, indem sie allen sagten, er hätte das Gegengift besorgt, Zweifel würden bleiben. Sein Ruf wäre ruiniert. Das überzeugte die Heilerin und sie stellte sich tapfer dieser Herausforderung. Timaris wäre froh gewesen, wenn sie ihr auch noch Laree zur Seite hätte stellen können, die mit Aydens Arbeit sehr vertraut war und ihn eigentlich diesbezüglich hätte ersetzen können. Doch Laree hatte sich entschieden, Draega fern zu bleiben und Timaris wollte ihr das nicht absprechen. Egal, was zwischen ihnen vorgefallen war. Laree hatte ihr Kind verloren. Sie brauchte Zeit das zu verarbeiten. Solange sie in Sicherheit war, durfte die Hexe sich dabei so viel Zeit lassen, wie sie brauchte.
Timaris war jedenfalls vorbereitet, als in den dhemlanischen Zeitungen plötzlich etwas davon stand, dass Ayden übergelaufen wäre, zu seiner wahren Königin. Timaris konnte mit ihrem 'Ayden' auftreten und eine flammende Rede dazu halten, wie feige, korrupt und hinterhältig Sion sei. Dass er schon zu Lügen greifen musste, um sich in diesem Krieg einen Vorteil zu verschaffen. Doch Hayll würde sich davon nicht hinters Licht führen, geschweige denn einschüchtern lassen.
Das war auch der Moment, wo sie ihre Vergiftung öffentlich machte. Timaris wusste, dass sie es früher oder später nicht mehr würde verheimlichen können. Da war es ihr lieber, es geschah zu ihren und nicht zu Sions Bedingungen. Dabei konnte sie ihn als schwächlich und heimtückisch diskreditieren, wenn er zu solchen Mitteln griff und sich nicht in einen ehrlichen Kampf wagte und sich selbst als Märtyrerin hinstellen, die sich für die Freiheit ihres Volkes Opferte. Es gab ihr die Möglichkeit, ihr Volk an seinem Stolz und Ehrgeiz zu packen. Es zusammen zu schweissen. So sehr, bis sie sich sicher war, dass es sich SIon niemals beugen würde. Egal was mit ihr passierte. Würde Sion vernichtet sein, dann mochten die internen Machtspiele sofort wieder beginnen. Doch nicht davor.
Zudem schenkte Timaris ihrem Volk ein starkes Blutdreieck, dunkle Juwelen, starke Männer, die jeweils die Besten in ihrem Gebiet waren und scheinbar reibungslos miteinander abeiteten. Selbst wenn zwei von ihnen keine Hayllier waren und einer sogar ein Sklave. So zeigte es nur, dass alle Hayll und seiner Königin dienen wollten und nicht einem dämonischen Kriegerprinzen. Den versuchte Timaris mit aller Kraft von Dhemlan in Kaeleer abzulenken. So verspottete sie ihn regelmässig, öffentlich dafür, dass er sie zu erpressen versucht hatte. Zudem liess sie, beziehungsweise Gualterio Malateste, einen Teil der Armee nach Raej ausrücken, um sich Dhemlan da ebenfalls entgegen zu stellen. Einerseits damit Sion nicht noch mehr Land gewann und andererseits, um diesen Prinz Rashar Karssail zu finden und zu unterstützen. Denn Gualterio hatte in seiner Zeit in Raej einiges über den Kommandeur der 6. Kompanie und dessen Pläne heraus gefunden, was ihnen nur nützen konnte, wenn es gelang.
So gut vorbereitet sie auch war, so viel Unterstützung sie auch bekam, sogar ihr Vater war aus Mineva gekommen, um ihr viel Arbeit abzunehmen, Timaris überarbeitete sich regelmässig. Es passierte nun viel leichter. Ihr Körper war am vergehen. Egal wie sehr Sorra, Daipha und Rhiana auf sie acht gaben. Timaris fror nun ständig. Das schwarze Geflecht hatte sich mittlerweile beinahe über ihren ganzen Körper ausgebreitet. Ihre Haut war ganz durchscheinend geworden. Sie musste viel schlafen, um sich zu erholen und sie konnte kaum mehr aufstehen, wenn sie wach war. Ayden und Kosta blieb nicht mehr viel Zeit.