Antwort schreiben

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:17

Nardek

"Aber..." Nardek bekam auf einmal Helm und Schwert des Korporals in die Hand gedrückt, danach folgten noch diverse Waffengurte und ein Ringpanzer oben drauf bis der Gefreite sichtlich unter der Last wankte und Mühe hatte die ganze Ausrüstung irgendwo vorsichtig fallen zu lassen. Was wollte der Kriegerprinz mit denen? Vielleicht wollte er gleich einem der sechsten eine Lektion erteilen, nur hatten das schon viele aus der zweiten versucht und waren gescheitert. Ein bißchen unsicher und nervös blieb er am Rand stehen, während Bonderus über das Sägemehl schritt und auf den anderen zukam, um ihn dann tatsächlich zu fragen, ob er Lust auf eine weitere Runde hätte.
Der Kriegerprinz mit der weißen Mähne schüttelte sich leicht, tänzelte auf den nackten Füßen leicht hin und her, neigte den Kopf fast fragend zur Seite und lächelte dann, wobei die raubtierhaften Zähne an der Sitze aufblitzten.
"Los schnapp ihn dir, Tiger", rief die kleine Frau am Rand. Soweit Nardek wußte war dies der einzige Name, der über den Kriegerprinzen kursierte, aber alle aus der sechsten hatten solche dummen Spitznamen, zu schwer um die sich alle zu merken. Sollte er gehen? Anderseits war er neugierig wie der Kampf ausgehen würde.
"Ich mag keine anderen Kriegerprinzen in meiner Nähe", sprach Tiger aus, stellte sich trotzdem in Position, obwohl sein Körper stets so wirkte als könne er nie richtig stellstehen.
"Du magst überhaupt keine anderen Männer in deiner Nähe", warf der Einäugige am Rande ein und die anderen lachten. Noch während die Umstehenden lachten, griff der Kriegerprinz blitzschnell an, seine Schläge rasch und doch mit genügend Kraft dahinter. Als Bonderus sie geübt parierte und abwehrte, sprang Tiger wieder nach hinten, strich sich durch die Haare und grinste halb.
"Ich bekomm das Gefühl, du bist gut", stellte er fest und dutzte den Korporal einfach. Anderseits... Nardek wußte nichtmal was für einen Rang der Mann bekleidete. "Fragt sich nur wie gut."

Dann begann der Kampf erst richtig, wobei Nardek beobachtete, dass die beiden Kontrahenten sich gegenseitig nichts schenkten. Man konnte sehen, dass Bonderus ziemlich viel Kraft hatte, doch Tiger war immer ein Stück schneller, wich manches Mal Schlägen und Tritten aus von denen Nardek glaubte, sie wären sichere Treffer gewesen. Nicht nur er schaute jetzt zu, auch andere hatten von dem spannenden Kampf erfahren, kleinere Wetten wurden unter der Hand geregelt und Nardek dauernd gefragt wer der neue Kriegerprinz wäre.
Tiger verlegte sich auf schnelle zuweilen auch hohe Tritte, kombiniert mit Sprüngen. So schickte er Bonderus irgendwann so hart zurück auf den Boden, dass das Sägemehl aufspritzte. Aber auch der spitzohrige Kriegerprinz lag irgendwann dort, rappelte sich mit einem unmenschlichen Knurren und einem gekonnten Sprung sofort wieder auf, um gleich erneut zum Angriff überzugehen. Er blutete über dem rechten Auge, doch auch der Korporal hatte einige Schnittwunden, vor allem von den scharfen Krallen des Tigers, der seinem Spitznamen alle Ehre machte. Nardek wollte gar nicht wissen wie diese Abart der Natur zustande gekommen war, einer hatte mal behauptet, er wäre wirklich die Brut eines Tigers wofür ihn selbiger ungespitzt in den Boden gerammt hatte.
Der Kriegerprinz wischte sich das Blut vom Gesicht, das seine Sicht behinderte, als er kurz im Kampf stockte und irgendwo anders hinblickte. Es ging zu schnell, als dass der Gefreite gesehen hätte wohin, doch es reichte, dass Tiger einen weiteren empfindlichen Treffer des Korporals einsteckte. Zurücktaumelnd versuchte er sich zu fangen, als plötzlich eine laute Stimme über den Platz schnarrte.
"Was soll der Aufruhr?!"
Nardek zuckte zusammen, auch die anderen Männer der zweiten fuhren herum. Hauptmann Orekh stand auf der Veranda, seine Wangen noch mit Rasierschaum eingedeckt und mit offensichtlich frisch geschnittenen Haaren. Er riss sich das Tuch um seinen Hals herunter, starrte wütend in die Menge und kam im raschen Stechschritt zu dem Platz, wo die beiden Kriegerprinzen ihren Kampf unterbrochen hatten. Orekh hatte einen breiten Oberkörper, dunkelblonde Haare, eine immersaubre Uniform und hohe Reitstiefel, die selbst im gröbsten Schlamm nicht dreckig waren. Nardek vermutete, das dem Orekh mit einem Schutzzauber nachhalf.
"Was ist hier los?", schnarrte er, blickte dann zu Tiger und verzog sein Gesicht wie als wäre dies schon tausende Male vorgekommen, dass der Mann Ärger machte, war es ja auch, doch nun erblickte der Hauptmann ein neues Gesicht. "Ihr da, wer seid ihr, weist euch aus!" Dann sah er die herumstehende Menge. "Habt ihr nichts bessres zu tun? Die Kämpfe sind zum Training da, nicht für Wetten!" Mit dem Finger deutete er auf Tiger. "Kommandeur Karssail wird davon erfahren wie sich seine Saubande hier aufführt! Keinen Funken Disziplin!"
Aber der Kriegerprinz schien davon nicht sehr beeindruckt. Wohl weil Orekh häufiger solche wütenden Ansprachen hielt. Nachdem er sich ein wenig beruhigt hatte, wischte er sich den puterroten Kopf und sah nun abwartend zu Korporal Bonderus.

So 20. Aug 2023, 14:17

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:19

Die Zaungäste der sechsten Kompanie am Sägemehlrand frotzelten und scherzten mit dem spitzohrigen Kriegerprinzen. Malateste ging nicht darauf ein, sondern konzentrierte sich nur auf den Kontrahenten der leichtfüssig vor ihm zu tänzeln begann. Ohne Vorwarnung griff „Tiger“ an, doch Gualterio war darauf vorbereitet und parierte die erste Serie von Schlägen mit Leichtigkeit. Es war lediglich ein beidseitiges Abtasten des jeweiligen Gegners, bloss ein Geplänkel, und dem Hayllier war bewusst, dass sein Gegner noch nicht mal ansatzweise losgelegt hatte. Tiger sprang zurück und fuhr sich mit seinen Händen, die genauso gut Klauen genannt werden konnten, durch die weisse Mähne.
"Ich bekomm das Gefühl, du bist gut", gestand ihm Tiger zu. "Fragt sich nur wie gut."
„Für dich reicht es alleweil Fellknäuel“, entgegnete Malateste und eröffnete nun seinerseits den Angriff. Schnelll war klar das die Schonzeit vorbei war. Tiger war schnell, verdammt schnell. Zum Denken blieb keine Zeit mehr, Gualterio konnte nur noch instinktiv kämpfen, doch gelang es dem anderen Kriegerprinzen immer wieder einen Treffer zu landen, und oft konnten Malatestes Paraden zwar schlimmere Treffer verhindern, doch zum Preis von schmerzhaften Hieben auf Unter- und Oberarme. Der Kampf wogte hin- und her, die Kontrahenten stiessen den Atem gepresst hervor, unterdrückte Flüche oder Schmerzlaute hallten durch die Luft. Gualterio glaubte eine Lücke in Tigers Verteidigung zu erkennen und setzte zu einem harten Schlag auf die linke Niere an, als er zu spät eine Finte bemerkte und plötzlich von einem hammerharten Tritt vor die Brust von den Füssen gerissen wurde. Der grosse Hayllier landete hart im Sägemehl und die Luft wurde aus seinen Lungen gepresst, kurz wurde es ihm schummrig vor Augen, doch rollte er sich augenblicklich rückwärts, rappelte sich hoch und ging sofort wieder in Verteidigungsposition als der Kämpfer der Sechsten auch schon nachsetzte. Langsam musste sich der Hayllier eingestehen, in Tiger einen Gegner gefunden zu haben, der sich mit ihm messen konnte. Zumindest was den waffenlosen Kampf anbelangte war ihm der bepelzte Kriegerprinz eine Spur voraus. Malateste liess eine stakkatohafte Serie von Schlägen und Tritten über sich ergehen und konzentrierte sich nur noch auf die Verteidigung während er versuchte sich zu sammeln. Tiger hatte seinen Triumpf schon vor Augen und wollte den Kampf mit einem Fusstritt seitwärts an den Kopf des Haylliers beenden. Doch dieser blockte unerwartet schnell mit dem linken Unterarm ab und landete mit der rechten Faust einen krachenden Hieb auf Tigers Kinn das dieser rückwärts im Sägemehl landete. Jeder andere wäre nach so einem Treffer liegen geblieben, doch der spitzohrige Kriegerprinz war mit einem nichtmenschlichen Knurren umgehend wieder auf den Beinen und griff erneut den verblüfften Hayllier an.
Wieder wechselten einige lange Sekunden Schlag auf Schlag. Eine Platzwunde über dem rechten Auge behinderte Tigers Sicht und lenkte ihn kurzzeitig ab. Malateste sah seine Chance kommen und es gelang ihm erneut einen schmerzhaften Treffer zu landen. Seine Lungen brannten wie Feuer, und jeder Atemzug fühlte sich an als ob er Nadeln schlucken würde. Er blutete aus unzähligen Wunden welche die scharfen Klauen seine Kontrahenten hinterlassen hatte, lange würde er dieses Tempo nicht mehr durchhalten.

"Was soll der Aufruhr?!" Die Stimme war schneidend laut und befehlsgewohnt. Sie drang sogar bis zu den beiden Kriegerprinzen vor, die wie tollwütige Stiere aufeinander losgingen, und brachte sie zum innehalten. Gualterio blickte sich um und registrierte erst jetzt den Menschenauflauf der sich um die provisorische Arena versammelt hatte. Eine Schneise öffnete sich in der Ansammlung von Soldaten und machte Platz für einen wütenden Hauptmann Orekh. Seine Uniform war penibel sauber und sass perfekt. An seinen Wangen befand sich noch Rasierschaum und er riss sich gerade ein Handtuch vom Hals. "Was ist hier los?" Der Hauptmann war puterrot vor Zorn und fragte noch einmal nach dem Grund des Aufruhrs. Dann erblickte er Tiger und sein Gesicht sprach Bände, als zweites musterte er Malateste und fragte wer er sei, bevor er wieder begann Tiger und die Umstehenden im Allgemeinen anzubrüllen. Irgendwann musste Orekh Atem holen, schien sich etwas zu beruhigen, wischte sich den restlichen Rasierschaum vom Gesicht und widmete nun seine volle Aufmerksamkeit Malateste.

Der Hayllier wischte sich mit dem Handrücken Blut von der aufgeplatzten Unterlippe bevor er salutierte und mit einem vernehmlichen Klacken die Fersen seiner Reitstiefel zusammenschlug. Gegenüber dem vor Sauberkeit beinahe glänzenden Orekh, den Malateste als cholerischen Pedanten einschätzte, wirkte er wie das pure Gegenteil: er war komplett mir Sägemehlspänen verdreckt die an seinem ganzen Körper und in den Haaren klebten und teilweise sogar das Blut seiner Wunden aufsogen. Gualterio war beinahe froh das Orekh aufgetaucht war, er hätte am Ende nicht mehr darauf gewettet den Kampf zu gewinnen. Wenn er nicht in die Behandlung einer guten Heilerin kam, würde ihm morgen jeder Knochen im Leib wehtun.
„Ich bin Korporal Jason Bonderus, Hauptmann, von der Vierten in Dhemlan zur Zweiten nach Loraka versetzt.“ Malateste liess die Dokumente erscheinen und hielt sie Orekh hin. „Hier meine Versetzungspapiere.“ Der hünenhafte Kriegerprinz spuckte ein blutiges Stück Backenzahn aus. „Ich entschuldige mich für den Aufruhr und übernehme die volle Verantwortung. Ich habe Tiger zum Übungskampf herausgefordert um die Zeit zu überbrücken bis ihr Zeit gefunden hättet mich zu empfangen.“
Er hatte jetzt den Respekt der Soldaten gewonnen, nun musste er noch ihre Gunst erringen.

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:20

Nardek

Nardek hatte damit gerungen, ob er sich nicht als der Hauptmann wütend auftauchte, schnell aus dem Staub machen sollte, doch dann war er doch zu neugierig gewesen wie die ganze Geschichte ausging. Viele im Lager hatten Respekt vor Orekh und spurten deshalb. Nicht weil er ein sehr guter Kämpfer war, sondern weil er recht schnell... gemein werden konnte. Dafür war er extra aus Dhemlan, Kaeleer gekommen, hieß es, weil er dort erfolgreich einige Truppen geführt hatte und ein sehr guter Stratege war. Korporal Bonderus salutierte vor dem Hauptmann, der den Neuankömmling kritisch von oben bis unten musterte und ihm dann die Papiere aus der Hand riss, um sie kurz zu überfliegen.
"Ah und da habt ihr gleich gedacht, mein Fort in Unruhe zu versetzen", polterte Orekh, der gerne in Abwesenheit von Frostseel so tat, als wäre er hier der Kommandeur. Nardek wunderte es dann aber warum Bonderus gleich die volle Verantwortung für den Kampf übernahm, Orekh hatte die aus der Sechsten doch sowieso schon auf dem Kieker, da hätte der Korporal nur in die gleiche Kerbe schlagen müssen. Ein Mann, der sich nicht vor seiner Verantwortung drückte, fand Nardek. Leider half ihm das nicht bei Hauptmann Orekh, der nur abschätzig das Gesicht verzog.
"Für einen reinen Übungskampf seid ihr ordentlich verletzt. Los, lasst euch bei der Heilerin blicken. Wenn sie euch zusammengeflickt hat, kommt zu mir und dann reden wir." Er steckte die Versetzungspapiere selbst ein und dann richtete sein Blick sich dummerweise auf Nardek. Warum erwischte es ihn immer bei so etwas? "Gefreiter, bring den Korporal zur Heilerin", befahl er und Nardek salutierte rasch. "Die anderen, zurück auf eure Posten bevor ich euch noch allen eine Verwarnung erteile! Marsch, marsch!"
So stapfte Orekh zurück nach drinnen und Nardek machte sich daran die Ausrüstung von Bonderus aufzuheben, kämpfend mit dem Gewicht kam er auf den Kriegerprinzen zugewankt.
Inzwischen hatte Tiger sich gebückt und zielsicher das Stück Backenzahn von Bonderus gefunden, hielt es ihm entgegen. "Nimm es zu Maeve mit. Oder ich behalt es als Trophäe und mach mir ne schöne Kette draus", bemerkte er grinsend, seine eigenen Reißzähne zeigend. Erneut wischte er sich das Blut, das ihm aus dem Schnitt über dem Auge strömte, fort. Dann drückte er dem Korporal einfach den Zahn in die Hand und ging selbst in Richtung des Gutshofes, um darin zu verschwinden. In einem der oberen Räume bewegte sich einer der Vorhänge zurück, wie als hätte jemand dem Treiben unten zugesehen und sich rasch wieder vom Fenster entfernt.

"Ähm, wollen wir, Sir?", fragte Nardek und betrat das Innere des Hauses, um den Korporal zur kleinen Krankenstation zu lotsen. Die wenigen Betten, die es dort gab und die mit weißen Vorhängen voneinander abgetrennt waren, galten für die wirklich schweren Fälle. Meistens wurden die Männer direkt im Fort in ihren Zelten behandelt oder ein eigenes dafür errichtet. Zurzeit lag nur ein schlafender Mann in einem der Betten, zwei junge Heilerinnen in weißen gestärkten Kleidern und kleinen Häubchen im zusammengebundenen Haar kümmerten sich um die Verletzten. Der Raum war hell eingerichtet, mit weißen Möbeln und Vitrinen, die die Tränke, Zutaten und diversen Mittel aufbewahrten. Eine Treppe führte ins obere Geschoss.
Tiger saß bereits auf einer Pritsche und hielt eine kleine Flasche in den Händen, die sich keine der zwei Frauen traute ihm wieder wegzunehmen. Dann kam von oben eine weitere Heilerin herab, eindeutig jene mit den dunklen Juwelen. Sie trug auch ein weißes eng geschnürtes Kleid, das bis zu den Knöcheln ging und nichts preisgab außer ihrer schmalen dafür gut gebauten Figur. Auf dem Revers war eine kleine rote Hydra gestickt, die trotz allem ihre Zugehörigkeit auswies. Ihre kastanienbraunen Haare waren hinten hochgesteckt und mit einer weißen Schleife zusammengehalten. Trotz dieser strengen Aufmachung war ihr Gesicht eben und schön. Nardek ließ prompt den Helm des Korporals unter lautem Geschepper fallen, aber Maeves Aufmerksamkeit lag bei den zwei blutenden verletzten Kriegerprinzen.
"Ihr seid ein zu häufiger Gast in meiner Station, Leutnant", wandte sie sich an Tiger, der nur unwillig aufknurrte und mit einer fast beiläufigen Bewegung die Flasche zurück zu einer der Helferinnen warf, die sie überrascht auffing. Die Heilerin blickte hinüber zu Bonderus. "Und ihr müßt der Neue sein. Ich bin Lady Maeve Winters und ich hoffe, ich sehe euch hier nicht so oft, Korporal." Sie lächelte und machte sich daran ihn zu untersuchen, wobei Tigers Blicke den anderen Kriegerprinz regelrecht durchbohrten und seine katzenhaften goldgrauen Augen aufblitzten.
"Ihr habt euch zwei Rippen geprellt und einen Finger gebrochen." Sie fragte nicht wie es dazu gekommen war, sondern begann die offenen Wunden sorgsam mit einem alkoholgetränkten Tupfer zu reinigen ehe sie ihre Hand auf die Brust des Korporals legte, die Augen schloss und ihre heilende Kraft durch ihn strömen ließ, die Schnitte schlossen sich wieder. Anschließend kümmerte sie sich auf gleiche Weise um den Finger. Stets dabei mit Argusaugen von Tiger beobachtet.
Die Heilerin ignorierte es gekonnt, ging sich kurz die blutigen Hände über einem Becken waschen. "Wenn ihr ein Kriegerprinz seid, muss ich euch fragen, ob ihr Schwarztraum-Spritzen benötigt." Sie blickte ihn fragend an. Nardek mußte zugeben, dass er sich das auch schon gefragt hatte, aber natürlich durfte er so etwas nicht fragen.
"Er nimmt keine", antwortete Tiger für ihn. "Das kann ich fühlen."

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:22

Zum Glück hatte der Hauptmann den Zenit seines Wutanfalls überschritten. Orekh riss Malateste die Papiere aus der Hand, überflog sie und musterte dann Gualterio noch einmal ausgiebig.
"Für einen reinen Übungskampf seid ihr ordentlich verletzt. Los, lasst euch bei der Heilerin blicken. Wenn sie euch zusammengeflickt hat, kommt zu mir und dann reden wir."
„Kriegerprinzen-Übungskampf, Hauptmann. Entwickelt oft eine gewisse Eigendynamik. Zu Befehl Hauptmann, ich werde mich nach der Behandlung umgehend bei euch melden“, entgegnete der Korporal mit fester Stimme.
Orekh war fürs erste mit Malateste fertig und trug ausgerechnet Nardek auf, Malateste in die Krankenstation zu geleiten. Nicht sein Glückstag heute, doch das würde Nardek anders sehen, wenn beim nächsten Kneipenbesuch alle an seinen Lippen hängen würden und jedes Detail seines unfreiwilligen Abenteuers hören wollten.
"Die anderen, zurück auf eure Posten bevor ich euch noch allen eine Verwarnung erteile! Marsch, marsch!", brüllte Hauptmann Orekh und stapfte zurück ins Guthaus. Die Menge begann sich in kleinen Gruppen zu zerstreuen, und die Soldaten diskutierten dabei über den Kampf, oder stritten sich darüber was mit den Wetteinsätzen geschehen sollte. Bald stand nur noch eine kleine Gruppe am Übungsplatz. Tiger kam auf Malateste zu und hielt ihm etwas hin, überrascht erkannte der Hayllier das es sich um sein abgebrochenes Stück Zahn handelte.
"Nimm es zu Maeve mit. Oder ich behalt es als Trophäe und mach mir ne schöne Kette draus." Tiger grinste ihn an und entblösste dabei einen Satz scharfer Reisszähne, bevor er Malateste einfach das Stück in die Hand drückte. Der hayllische Kriegerprinz blickt auf den Zahn in seiner Handfläche.
„Wenn es Lady Maeve nicht gelingen sollte den Zahn zu flicken, schenke ich dir das Stück, zur Erinnerung an den Tag an dem du beinahe besiegt worden wärst“, konterte Malateste und Tiger grinste noch einmal animalisch und verschwand dann Richtung Gutshaus. Nachdenklich blickte ihm der Hayllier nach. Tiger schien ihm die ganze Geschichte nicht krumm zu nehmen, die Geste mit dem Zahn konnte sogar als Friedensangebot oder Respektsbezeugung gewertet werden. Eine Bewegung im Obergeschoss erregte seine Aufmerksamkeit, ein Vorhang fiel gerade zur Seite und verbarg einen Beobachter, oder eine Beobachterin dahinter. Wer das wohl gewesen war? Zumindest hatte ihm Orekh verraten um wen es sich bei Kharrsail handelte, dem Kommandeur der Sechsten. Was bedeutete, dass im Fort zwei Kommandeure sich die Befehlsgewalt teilten.

Nardek riss ihn aus seinen Gedanken. Der Gefreite schleppte die Ausrüstung des Kriegerprinzen. "Ähm, wollen wir, Sir?", ächzte der Gefreite unter der Last. Der Korporal gab ihm ein Zeichen voraus zu gehen und konzentrierte sich darauf fest hinter ihm her zu schreiten und sich nichts von seinen Blessuren anmerken zu lassen. Erst jetzt, als sich sein Adrenalinspiegel senkte, begannen die Schmerzen einzusetzen, zumindest verteilten sie sich über den ganzen Körper. Gualterio unterdrückte ein leises Stöhnen und folgte dem Gefreiten in die Krankenstation.

Ein einziger Patiente lag schlafend in einem der wenigen Betten, während Tiger schon mit einer Phiole in der Hand auf einer Pritsche sass, von zwei Krankenschwestern aus respektvoller Distanz beobachtet. Dann schwebte beinahe ein weisser Engel die Treppe aus dem Obergeschoss herab. Gualterio spürte dunkle Juwelen an der Frau in dem eng geschnürten weissen Kleid, welches ihre schlanke verführerische Figur betonte. Der einzige Farbtupfer an ihrer weissen Kleidung war eine rote Hydra am Revers. Die Haare waren streng nach hinten zu einer Hochsteckfrisur gekämmt, und betonten ein äusserst schönes Gesicht. War sie die geheimnisvolle Beobachterin im Obergeschoss gewesen? Malateste leckte sich etwas Blut von der Lippe als ein lautes Scheppern durch den Raum halte. Nardek war von dem Anblick offensichtlich so überwältigt, das ihm der Schaller des Kriegerprinzen entglitten und auf den Boden geknallt war. Malateste warf ihm einen strafenden Blick zu, und Nardek bückte sich unter leisen Entschuldigungen um den Helm wieder aufzuheben.

"Ihr seid ein zu häufiger Gast in meiner Station, Leutnant", sprach der Engel in Weiss Tiger an. Jetzt wusste Malateste auch welchen Rang Tiger bekleidete. Leutnant, der andere Kriegerprinz stand also im Rang über ihm. Dann war das Duzen jetzt wohl vorbei. Die Heilerin wandte sich jetzt zu Malateste.
"Und ihr müßt der Neue sein. Ich bin Lady Maeve Winters und ich hoffe, ich sehe euch hier nicht so oft, Korporal." Gualterio bemerkte Tigers funkensprühende Blicke durchaus. Der spitzohrige Kriegerprinz liess ihn und Maeve keinen Augenblick aus den Augen.
„Lady Winters, erfreut sie kennen zu lernen. Ich bin noch nicht lange hier, habe aber schon von euch gehört.“ Malateste nickte ihr lächelnd zu. „Ihr entschuldigt wenn ich euch nicht die Hand gebe, irgendwie klebt Blut daran, ich weiss nicht ob es meines ist.“ Mit einem leisen Ächzen setzte er sich auf eine Pritsche. „Ich fühle mich als ob mich die Schwarzdorn gewrammt hat. Und nein, ich habe nicht vor allzu oft hier zu landen.“ Nun setzte Malateste sein charmantestes Lächeln auf. „Obwohl ich glaube, dass sich manche Männer hier liebend gerne mit Absicht verletzen lassen, nur um von euch behandelt zu werden“, meinte der Hayllier süffisant ohne dabei zu Tiger zu blicken. Er erinnerte sich daran das Lady Winters die Gefährtin eines Feldwebels namens Lorcann war. „Euer Gefährte hat bestimmt alle Hände voll zu tun euch die ganzen Männer im Fort von Leib zu halten, nicht wahr?“ Jetzt lächelte er kurz zu Tiger herüber während Maeve seine Wunden untersuchte.
"Ihr habt euch zwei Rippen geprellt und einen Finger gebrochen.“ Der Kriegerprinz bemerkte erst jetzt, dass der Ringfinger seiner linken Hand in einem unnatürlichen Winkel abstand. Maeve begann mit der Heilung, der Korporal biss die Zähne zusammen und zuckte nicht mit der Wimper, während er dabei Tiger betrachtete, der ihn und Lady Winters immer noch nicht einen Augenblick unbebachtet liess. Ob die beiden eine Affaire hatten? Auf jeden Fall beherrschte Lady Winters ihr Handwerk. Die Wunden schlossen sich, Knochen richteten sich, und bald war der Kriegerprinz so gut wie neu.
"Wenn ihr ein Kriegerprinz seid, muss ich euch fragen, ob ihr Schwarztraum-Spritzen benötigt." Sie blickte ihn fragend an.
"Er nimmt keine", antwortete Tiger für ihn. "Das kann ich fühlen." Was zur Hölle war Schwarztraum? Etwas das nur Kriegerprinzen nahmen, so viel konnte er den Worten der Heilerin entnehmen. Da er keine Ahnung hatte, antwortete Malateste unverfänglich. „Der Leutnant hat Recht, ich nehm es nicht.“ Er hielt Maeve das Stück Zahn hin um das Thema zu wechseln. „Das wäre die letzte Kleinigkeit, Lady Winters. Vielen Dank schon Mal für die ausgezeichnete Behandlung.“

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:22

Nardek

Nardek bemühte sich still in der Ecke zu stehen und nicht mehr den Unmut des Korporals auf sich zu ziehen, wo er eben schon wieder einen Teil der Ausrüstung hatte fallen lassen. Dafür lauschte er umso neugieriger wie sich der Neue mit Lady Winters unterhielt, obwohl sie eigentlich alle im Fort nur Maeve nannten. Natürlich nicht in ihrer Gegenwart. Der Kriegerprinz besaß den Schneid mit der Heilerin zu scherzen, während Tiger kein Wort sagte, die beiden aber nicht aus den Augen ließ. Erst als Bonderus ihr ein Kompliment machte, dass manche Männer sich mit Absicht verletzten nur um hier zu landen, zog der Kriegerprinz die Mundwinkel leicht hoch wie als wolle er irgendjemanden beißen. Maeve dagegen entlockte der Kommentar ein kurzes Lächeln.
"Das müßten aber nun wirklich sehr dumme Männer sein", entgegnete sie, "Aber es ist meine Pflicht jeden Soldaten zu behandeln. Egal ob sie in der Schlacht verwundet wurden oder bei einem Übungskampf übertrieben haben." Ihr Blick ging nun doch sehr flüchtig hinüber zu Tiger, wobei sie sich gleich danach wieder um die Wunden des Korporals kümmerte. Nardek spürte eine leichte Spannung, die sich im Raum verdichtete, obwohl er nun wirklich nicht wußte wieso. Anderseits saßen gerade zwei Kriegerprinzen im gleichen Raum, zusammen mit einer ausgesprochen hübschen Frau. Manche behaupteten die schönste Frau des Forts, obwohl es da in den letzten Tagen einige ernstzunehmende Konkurrenz gegeben hatte.
Bonderus sprach sogar auf Maeves Gefährten an, ob er viel zu tun hätte, ihr alle Männer vom Leib zu halten. Die Heilerin lächelte geflissentlich. "Die Männer des Forts respektieren unsere Verbindung. Die meisten zumindest", fügte sie mit etwas Schärfe hinzu. "Der Feldwebel muss sich keine Sorgen um meine Loyalität machen." Nardek schaute rasch woanders hin. Selbst wenn die Treue seiner Gefährtin außer Frage gestellt war, so gab es doch genug Gerüchte, dass Lorcann und seine Einheit seinen letzten Nebenbuhler mit dem Pferd zu Tode geschliffen hatten. Offiziell war das Ganze natürlich ein tragischer Unfall gewesen.
Dann ging das Thema über zu Schwarztraum, wobei Bonderus die Worte Tigers bestätigte, dass er keines nähme.
"Interessant, ich dachte, dass alle Kriegerprinzen in der Armee dazu verpflichtet sind", bemerkte Maeve und nahm den Teil des Zahnes entgegen. "Setzt euch bitte dort auf den Stuhl, ich werde euch eine Betäubungsspritze geben müssen." Sie deutete auf einen Stuhl mit verstellbarer Lehne, wartete bis der Kriegerprinz Platz genommen hatte und machte dann eine Spritze zurecht. Danach beugte sie sich halb über ihn, um ihm die Spritze in einen Teil der Mundhöhle zu geben, was Tiger ein eindeutiges Knurren entlockte. Nardek versuchte noch mehr unsichtbar zu werden.

"Das muss noch kurz einwirken, solange werde ich mich um euren ungeduldigen Kontrahenten kümmern. Leutnant." Sie wandte sich Tiger zu, untersuchte ihn ebenfalls, wobei sie seinen Blicken auswich. "Die Wunde über eurem Auge muss genäht werden und ihr habt ein verstauchtes Fußgelenk." Die Heilerin versorgte mit Hilfe der Kunst das Fußgelenk und weitere kleine Blessuren ehe sie sich vor den sitzenden Tiger stellte, seinen Schnitt überm Auge säuberte und begann die Nähte zu legen. Der Kriegerprinz hatte die Augen geschlossen, atmete aber tief ein wie als wolle er den Geruch und den Duft der vor ihm stehenden Frau einnehmen. Nardek hätte zu gerne auch einmal genau so vor Maeve gesessen, welcher Mann im Fort nicht?
Als sie fertig war, sprang Tiger wieder auf und streckte sich kurz. "Selbst wenn eure Wunden sehr schnell heilen, solltet ihr euch für heute und den morgigen Tag schonen, Leutnant", sagte die Heilerin. "Ich möchte euch morgen hier nicht schon wieder sehen."
Tiger strich dicht an ihr vorbei, ging zur Türe, blickte noch einmal zu Bonderus hinüber, fast schon drohend er solle bloß nicht auf dumme Gedanken kommen. Dann lehnte er sich noch kurz lässig gegen die Türe, wandte sich an Maeve. "Ach ja, das Wort was du vorhin gesucht hast, war Treue. Loyalität hat man allenfalls gegenüber seinem Herrn oder Vorgesetzten." Bevor Lady Winters dazu etwas sagen konnte, war Tiger schon verschwunden, so dass sie nur kurz empört nach Luft schnappte, sich aber rasch wieder fing.
"Entschuldigung. Es hat bisher noch niemand geschafft der 6ten ihre Unverschämtheiten auszutreiben", bemerkte die Heilerin und widmete sich wieder dem Korporal, um mit Hilfe der Kunst das Stück Zahn wieder fest anzubringen. Sie kontrollierte auch noch seine anderen Zähne, heilte zwei Stück davon ehe sie den Kriegerprinzen wieder entließ. "Ihr seid fertig, Korporal. Für euch gilt das gleiche, heute und morgen solltet ihr keine Übungskämpfe mehr bestreiten, heilende Netze belasten den Körper auch immer." Sie legte die Instrumente fort, die die zwei jungen Helferinnen reinigten und wieder forträumten.
Maeve musterte Bonderus noch einmal von oben bis unten. "Für euer Gespräch mit Hauptmann Orekh empfehle ich euch, euch vorher zu reinigen und eure Uniform wieder anzuziehen. Der Gefreite zeigt euch sicherlich die Waschgelegenheiten."
Als Nardek merkte, dass das Gespräch sich um ihn drehte, zuckte er zusammen und raffte schnell die Ausrüstung des Korporals zusammen. Wann war er endlich entlassen? Aber er würde den Korporal wohl noch zu den Waschmöglichkeiten und dann zum Hauptmann bringen müssen. Es gab zwei Bäder im Gutshof, natürlich nur für die höherrangigen Offiziere, draußen im Fort befanden sich noch Waschgelegenheiten an den Wasserpumpen, die sie gelegt hatten. Von Brettern abgetrennt gab es auch zwei nackte Duschköpfe, wenn man sich die Mühe machte, das Wasser die Rohre hochzupumpen, natürlich war es eisig kalt, aber es erfüllte seinen Zweck. Soweit Nardek wußte hatte sogar Hauptmann Orekh selbst die Systeme gelegt, der Mann mußte vor seiner Soldatenkarriere ein Klempner gewesen sein. Aber viele Soldaten hatten Vergangenheiten in normalen Berufen. Nardek war Pflücker in diversen Obstgärten gewesen.

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:24

Beiläufig kommentierte Maeve wie dumm Männer sein müssten, sich mit Absicht verletzen zu lassen um zu ihr zu kommen. Ihr Blick in Richtung Tiger war flüchtig, doch entging er Malateste nicht. Im Raum hatte sich eine Spannung aufgebaut die jeder der Anwesenden bemerken musste, der hayllische Kriegerprinz registrierte dies mit Interesse. Lady Winters bekundete nach Gualterios Meinung ihre Loyalität zum Feldwebel etwas sehr offensichtlich. Die Geschichte mit dem Schwarztraum hingegen machte dem Korporal mehr Kopfzerbrechen.
"Interessant, ich dachte, dass alle Kriegerprinzen in der Armee dazu verpflichtet sind", war Maeves Aussage während sie ihm das Stück Zahn von der Handfläche pickte. Was wusste er bisher? Schwarztraum wurde gespritzt, und für Kriegerprinzen war es Pflicht. Was würde es bewirken? Machte es Kriegerprinzen schmerzunempfindlich, besser zu kontrollieren, oder noch aggressiver? Auf jeden Fall hatte es auf Geist oder Körper Einfluss.
„Mein Körper ist mein Tempel“, brummte Malateste und öffnete dann den Mund damit die Heilerin ihm eine Spritze ins Zahnfleisch setzen konnte. Dabei stellte sie sich sehr nahe zwischen seinen Beinen auf, um besser arbeiten zu können. Gualterio kam nicht umhin die Nähe zu Maeve zu spüren, und seine Sinne reagierten unweigerlich darauf. Er hörte Tigers Knurren, während er den Kopf in den Nacken gelegt hatte. Inzwischen war er sich ziemlich sicher das zwischen den beiden was lief, auch wenn die Heilerin ihre Loyalität zum Feldwebel beteuert hatte.
Während Maeve langsam die Betäubungsspritze, er hoffte zumindest das es eine war, in Gualterios Zahnfleisch ausdrückte, sandte er ihr einen persönlichen Speerfaden.
*Schwarztraum, hm? Ich weiss, ihr habt mich vorhin kämpfen sehen. Ich bin gut, sehr gut. Was glaubt ihr ist der Grund, weswegen ich immer noch als Korporal rumkrebse? Manche Dienstvorschriften behagen mir nicht, was Einfluss auf meine Karriere hat. Ich hoffe, ihr verpfeift mich nicht, Lady Winters.*
Die Heilerin gab nach Aussen nicht zu erkennen, dass er mental mit ihr kommuniziert hatte und wandte sich nun Tiger zu, während das Mittel zu wirken begann. Malateste rieb sich die Wange und beobachtete die Szenerie. Maeve wich Tigers Blicken aus, er hingegen schloss dann während der Behandlung die Augen und schnupperte beinahe wie ein Tier das eine verlockende Fährte aufgenommen hatte. „Sieh an, sieh an, was man hier nicht alles erfährt“, dachte Gualterio, und wegen der tauben Wange fiel es ihm auch leicht ein verräterisches Lächeln zu unterdrücken.

Nach der Behandlung sprang Tiger agil von der Pritsche und streckte sich. Die Heilerin riet ihm sich zu schonen. Als der spitzohrige Kriegerprinz zur Tür ging, streifte er dabei Maeve, obwohl genug Platz gewesen wäre um an ihr vorbeizugelangen. Erst warf Tiger Gualterio noch einen warnenden, beinahe drohenden Blick zu, bevor er sich mit einem rotzfrechen Spruch verabschiedete der Maeve lautstark vor Empörung nach Luft schnappen liess. "Ach ja, das Wort was du vorhin gesucht hast, war Treue. Loyalität hat man allenfalls gegenüber seinem Herrn oder Vorgesetzten." Tiger verschwand und liess eine kurz aus der Fassung geratene Maeve, einen grinsenden Malateste, einen Nardek der am liebsten im Boden zu versinken schien und zwei Schwestern zurück, die mit Interesse Fläschchen im Regal von links nach rechts verschoben.
"Entschuldigung. Es hat bisher noch niemand geschafft der 6ten ihre Unverschämtheiten auszutreiben", unterbrach Lady Winters die Stille und liess sich schon nichts mehr anmerken. „Ich habe schon gehört das die Sechste etwas aufrührerisch sei“, erwiderte der Kriegerprinz. Maeve reparierte nun den kaputten Zahn, und er spürte, dass sie auch an zwei anderen Korrekturen vornahm. Tiger hatte ihm ordentlich die Fresse poliert. Wieder nutzte er die Gelegenheit Maeve einen Speerfaden zu schicken. *Keine Sorge, ich kann ein Geheimnis bewahren, ich hoffe ihr auch.*

"Ihr seid fertig, Korporal. Für euch gilt das gleiche, heute und morgen solltet ihr keine Übungskämpfe mehr bestreiten, heilende Netze belasten den Körper auch immer." Maeve legte die Instrumente fort, die die zwei jungen Helferinnen reinigten und wieder forträumten.
"Für euer Gespräch mit Hauptmann Orekh empfehle ich euch, euch vorher zu reinigen und eure Uniform wieder anzuziehen. Der Gefreite zeigt euch sicherlich die Waschgelegenheiten."
Gualterio erhob sich von der Pritsche und verbeugte sich elegant. „Ich bin euch zu Dank verpflichtet Lady Winters. Ich hoffe, wir sehen uns mal unter angenehmeren Umständen. Und ich werde mir euren Rat zu Herzen nehmen.“ Nardek war aus seiner Erstarrung erwacht, und offensichtlich froh raus zu kommen. Er warf Maeve noch einen versteckten Blick zu, bevor ihn Malateste rausscheuchte und ihn anwies, ihm die Waschgelegenheiten zu zeigen.

Diese waren rustikal, aber funktional. Natürlich gab es nur kaltes Wasser welches erst hoch gepumpt werden musste, doch das war Gualterio nur willkommen nach dem Kampf. Er wusch sich gründlich eingetrocknetes Blut und Sägemehlspäne vom Körper und aus den Haaren, während das kalte Wasser seine Sinne klärte. Danach zog er sich wieder an, und achtete darauf, dass die Uniform perfekt sass. An einem kleinen Spiegel überprüfte er noch einmal sein Aussehen und kämmte sich die blonden Haare. Er hatte sich immer noch nicht ganz an seine zernarbtes Gesicht mit der leicht schiefen Nase gewöhnt. Zumindest würde Maeve kein Interesse an ihm haben, vermutlich waren die einzigen Frauen die ihn attraktiv fänden die Strassenhuren von Loraka, und dies auch nur, solange er Geld im Beutel hatte.

Nachdem der Kriegerprinz mit seinem Äusseren zufrieden war, machte er sich auf den Weg zum Hauptmann, den Gefreiten Nardek immer noch im Schlepptau. Diesmal liessen ihn die Wachen passieren. Er wies Nardek an draussen zu warten und betrat das Büro, nachdem ihn Orekh zum Eintreten aufgefordert hatte. Er schloss die Tür hinter sich und salutierte vor dem Hauptmann der hinter seinem Schreibtisch sass und ihn beäugte. Malateste stand stramm. Ihm fiel auf, dass Orekhs Schreibtisch perfekt aufgeräumt war. Schreibmaterial, Tintenfässchen und Brieföffner lagen fein säuberlich und parallel nebeneinander, und die Papiere auf dem Schreibtisch waren zu ordentlichen Stapeln angehäuft.
„Hauptmann Orekh, Korporal Bonderus meldet sich zum Dienst.“

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:24

Hauptmann Thaer Orekh - Krieger - Fara

Natürlich wurde er jedesmal gestört wenn der Barbier bei ihm war, es verging kein Mal wo er nicht mit wehendem Tuch um den Hals nach draußen stürmte, um die Soldaten zurechtzustauchen. Keine Disziplin, kein Bewußtsein von Ordnung und korrektem Verhalten. Der Neuankömmling schien ihm genau in die gleiche Kerbe zu schlagen, so wie er ihn mit diesem verlaustem Tier, das angeblich ein Leutnant sein sollte, gesehen hatte. Doch Orekh hatte die Papiere genau studiert und sie schienen alle in Ordnung, es geschah ja öfter, dass man in der Armee versetzt wurde, doch Orekh hatte gehofft, wenn schon jemand aus Dhemlan kam, dann jemand, der ihm beipflichtete, dass dieses Fort ein degenerierter Haufen war. Kein Wunder mit einer Frau an der Spitze. Nach Thaers Meinung hatten Frauen in der Armee nichts zu suchen und das war eines der wenigen Dinge wo er mit Sions Führung haderte, der jeden einsetzte solange sie nur gut waren. Cal Frostseel war gut, aber es gab immer noch Zeiten bei einer Frau, wo sie sehr verletzlich waren, sie konnte niemals einen Mann ersetzen.
Aber so waren nunmal leider die Zeiten und Orekh mußte sich wohl oder übel damit abfinden. Er machte sich bereits daran ein weiteres Protokoll über den heutigen Zwischenfall zu verfassen, als es klopfte und der Hauptmann schon die Signatur des fremden Kriegerprinzen spürte.
"Herein", schnarrte Orekh gleich, schrieb noch den einen Satz sauber nieder und legte dann die Feder beiseite. Als er seinen Kopf hob, mußte er anerkennen, dass der Korporal sich wenigstens bemüht hatte sich wieder zu reinigen und sich angemessen anzuziehen. Nur das grobschlächtige Gesicht konnte er wohl nicht ändern, aber die Verletzungen zeugten von einem schon gedienten Korporal und keinem Adeligen, den nur seine Verbindungen einen angenehmen Posten in der Armee verschafft hatten.
"Steht bequemt", erlaubte der Hauptmann. "Ich habe mir eure Transferpapiere durchgelesen, Korporal. Von einer Front zur nächsten, hm? Ich hab schon gehört, dass euch die Glacier an der Grenze einige Verluste und einiges Kopfzerbrechen eingebracht haben." Er musterte den Korporal durchdringend. "Obwohl ich sagen muss, dass ich bisher selten Kriegerprinzen außerhalb der Balthasar-Einheit gesehen habe. Ich hoffe für euch, ihr habt hier nicht vor Scherereien zu machen." Er mußte an den Übungskampf denken, zwei Kriegerprinzen in einem Fort behagte ihm eigentlich nicht. "Haltet euch lieber von diesem...", Orekh suchte nach einem passenden Wort, scheiterte aber bald daran, so machte er nur eine wedelnde Handbewegung, "...fern." Noch einen Unruhestifter konnte er nicht gebrauchen, vor allem, da bald Sion zurück aus Zamora kommen würde, da mußte das Fort tiptop in Schuß sein.

"Eure Ankunft kommt etwas überraschend." Orekh erhob sich und ging zu einem Aktenschrank, um etwas herauszusuchen. "Aber zu einem günstigen Zeitpunkt. Korporal Galdos Espwin ist gerade in der Botschaft in Garois und rekrutiert neue Soldaten. In seiner Abwesenheit werdet ihr seine Männer übernehmen, es sind ohnehin zu viele für ihn." Er zog einige Papiere aus einem Ordner, nahm eine der abgefassten Kopien und reichte sie Bonderus. "Sobald Kommandeurin Frostseel wieder hier ist, wird sich das vielleicht nochmal alles ändern, das weiß ich nicht. Aber hier sind die vier Trupps von Korporal Galdos." Die Liste enthielt Namen und Rang jedes einzelnen, sowie vorhanden deren Juwelenstärke und Klasse, doch es waren auch ein paar Landen darunter, insgesamt waren es 17 Soldaten, die meisten Gefreiten sowie ein paar Ober- und Hauptgefreite. Nardek war ebenfalls auf der Liste.
"Solange Korporal Espwin nicht da ist, sind eure Männer zum Schutze der Stadt eingeteilt. Die Stadtkarte und umliegenden Lagepläne könnt ihr im Kartenraum einsehen, aber ihr solltet euch mit der Umgebung vertraut machen. Nun, ihr kennt ja das übliche Prozedere." Prüfend sah er den Koporal an. "Eure Einsatzbefehle bekommt ihr dann von Feldwebel Ernald Bovert, ich hab ihn bereits informiert, dass ihr Korporal Espwin vertretet."
Von draußen hörte man das Hufgetrappel von ankommenden Reitern.

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:25

Nach einer kurzen Musterung erlaubte Hauptmann Orekh Malateste bequem zu stehen. Der Korporal nahm erlaubte Haltung ein und hörte Orekhs Eröffnung zu. Seine Papiere deckten sich mit Gualterios Äusserem, einem gedienten Veteranen vieler Schlachten. Der Kriegerprinz nickte zustimmend. „Ja, Hauptmann, die Glacianer sind ein verdammt zäher Haufen, sie kämpfen um jeden Fussbreit Boden.“ Aus mangelndem Wissen ging Malateste nicht auf die Balthasar-Einheit ein, sondern brummte nur bejahend. Eine Kriegerprinzen-Einheit? Er würde herausfinden wo sie stationiert war.
„Nein Sir, ich habe nicht vor Scherereien zu machen.“ Der Hayllier registrierte erneut die Abneigung die der Hauptmann gegen Tiger führte, und vermutlich gegen die gesamte sechste Kompanie. „Mein Einstand war etwas unglücklich, ich entschuldige mich noch einmal dafür. Es hätte nicht passieren dürfen, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass Leutnant, ähm, Tiger, eine Abreibung verdient hatte.“

Der Kriegerprinz beobachtete wie der Hauptmann sich erhob und in einem Aktenschrank kramte. Er nutzte die Gelegenheit erleichtert aufzuatmen. Die Identität und die Papiere die Ayden besorgt hatte schienen glaubwürdig zu sein, und hatten selbst Orekhs Prüfung standgehalten.
Der Hauptmann erklärte ihm, dass er die Männer eines gewissen Korporals Espwin in dessen Abwesenheit übernehmen würde. Gualterio studierte die Papiere die ihm Orekh reichte. Es waren siebzehn Männer und Frauen, Juwelenträger und einfache Landen. Ein kurzes Lächeln huschte über Gualterios Gesicht als er die Namen las. Würde Nardek wohl erfreut sein zu erfahren, dass er jetzt Malateste unterstand?
Seine Einheit war zum Schutz der Stadt eingeteilt und er erhielt Zugang zum Kartenraum. Perfekt! So konnte Malateste offiziell Loraka und Umgebung bis ins kleinste Detail auskundschaften, und vielleicht gelang es ihm sogar Kopien der Karten anzufertigen.
"Eure Einsatzbefehle bekommt ihr dann von Feldwebel Ernald Bovert, ich hab ihn bereits informiert, dass ihr Korporal Espwin vertretet“, klärte Hauptmann Orekh das weitere Vorgehen auf.
„Verstanden Sir.“ Gualterio überflog noch einmal das Papier. „Wo finde ich Feldwebel Bovert?“
Das Gespräch wurde unterbrochen als von draussen Hufgetrappel von ankommenden Reitern erklang. Vermutlich war gerade eine Einheit von einem Einsatz zurück gekehrt.

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:26

Hauptmann Orekh

Hauptmann Orekh brummte zufrieden, als der Korporal meinte, er hätte sich den Übungskampf mit Tiger geliefert, weil er fand, er hätte eine Abreibung verdient. Endlich jemand mit der richtigen Einstellung, die beiden hatten sich ja auch nichts geschenkt wie Orekh gesehen hatte. "Ob er wirklich Leutnant ist bleibt noch dahingestellt", bemerkte der Hauptmann abschätzig, "In der sechsten scheint ihnen alles egal zu sein, selbst ihre Ränge, sie haben nichtmal richtige Namen." Er schüttelte den Kopf und man konnte ihm anmerken, dass er eindeutig nicht zufrieden damit war. Eine Kompanie sollte unter strengem Reglement geführt werden, sonst ging doch alles zum Teufel. Orekh hatte das furchtbare Gerücht gehört, dieser Kriegerprinz hätte seinen Rang beim Würfel spielen gewonnen, doch als er wütend den Kommandeur zur Rede gestellt hatte, hatte dieser nur gemeint, dass dieses Gerücht doch völlig absurd wäre und ob er das wirklich glauben könne. Aber Orekhs nagendes Gefühl war nie fort gegangen... natürlich erzählte er die Geschichte nicht vor dem Korporal.
So verlegte er sich darauf Bonderus die notwendigen Dinge zu erklären, ihm eine Liste seiner Männer und Frauen auszuhändigen und ihm danach zu sagen wofür seine Leute momentan hauptsächlich zuständig wären. "Nur weil ihr aber direkt vom Grenzscharmützel mit den Glaciern kommt, heißt das aber nicht, dass ihr euch hier ausruhen könnt." Orekh beäugte den Korporal scharf. "Wir wollen vermeiden, dass Loraka zu einem Pulverfass wird. Diese Stadt ist unser Fuß in der Tür nach ganz Raej. Wenn wir Loraka nicht unter Kontrolle haben, wie dann den Rest der Provinz?", schärfte er nochmals ein, dass Bonderus die Aufgabe bloß nicht zu lasch nehmen solle.

"Ich glaube, Bovert ist in der Offiziersmesse. Feldwebel Lorcann sollte gerade zurückgekommen sein." Orekh deutete zum Butzenglasfenster, wo man verschwommen die gelblichen Umrisse der Reiter sah. "Ich werde euch nach draußen begleiten." Denn er wollte sehen, ob der Feldwebel Erfolg gehabt hatte auf seiner Mission. Im Gang schob Hauptmann Orekh den Gefreiten beiseite. "Hört auf hier im Gang rumzulungern, was soll denn das?", herrschte er den jungen Mann an.
"Aber..." Er eilte trotzdem dem Korporal hinterher. Draußen stiegen gerade die Männer von ihren Pferden ab, ganz vorne Lorcann. Er war ein reinrassiger Dhemlaner, mit leicht gebräunter Haut und schwarzem kurzgeschnittenem Haar, blitzenden goldenen Augen.
"Ah, sehr gut, ihr habt sie", bemerkte der Hauptmann, als sechs Gefangene in Ketten und Halsgeigen um den Hals, nach vorne geschleift wurden. Lorcann gab einem der Männer in Ketten einen kräftigen Tritt in die Kniekehlen, so dass er nach vorne sackte auf die Erde. Trotz des Gewichtes um den Hals hob der Mann wütend und stolz den Blick. "Sind das alle, Feldwebel?"
Lorcann streifte sich gerade die schwarzen Reiterhandschuhe ab. "Zwei haben sich der Gefangennahme... widersetzt", erklärte er lapidar. Was so viel bedeutete, dass sie tot waren. "Aber die Dorfbewohner waren sehr hilfreich, als sie erstmal wußten worum es ging." Er trat zu dem Mann auf den Knien, strich ihm mit dem Finger über die schweißnasse blutige Schläfe. "Ihr seid nämlich gar nicht so beliebt wie ihr glaubt."
"Hauptsache, sie sagen uns wo der Rest ihrer verlausten Bande ist", warf Orekh ein, die Finger hinter den Gürtel geklemmt. "Gute Arbeit, Feldwebel."
In dem Moment kam ein weiterer Offizier aus dem Haus, stellte sich neben den Hauptmann. Es war ein schlanker dennoch gut gebauter Mann mit braunem welligen Haar. Eine schmale Narbe zog sich am rechten Wangenknochen entlang. "Alexis ist wieder da und mit Geschenken für uns wie ich sehe." Er lachte leise, dann wurde er Bonderus gewahr. "Und ihr seid der Korporal aus Dhemlan, nehm ich an?", fragte er. "Ernald Bovert", stellte er sich vor. "Ihr kommt aus der vierten? Wie verfährt man da mit Rebellen und Aufrührern?", fragte er nach.
Vier der Soldaten, die ihre Pferde an Gefreite abgegeben hatten, waren leicht verletzt und betraten bereits den Gutshof, um die Heilerinnen aufzusuchen. Eines der Pferde war ohne Reiter wieder zurückgekommen wie Orekh registrierte. Nun, es waren ertragbare Verluste.

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:29

Der Hauptmann erhob sich und begleitete Gualterio aus dem Büro. Bovert wäre in der Offiziersmesse zu finden, doch war der Kriegerprinz im Augenblick neugieriger auf Feldwebel Lorcann. Vor allem da Orekh sich die Mühe gab persönlich die Ankunft des Trupps zu inspizieren. Im Gang schnauzte der Hauptmann den Gefreiten Nardek an, weswegen dieser hier herumlungerte. Malateste gab sich nicht die Mühe dem Hauptmann zu erklären, dass der Gefreite nur seinen Befehl befolgte. Stattdessen deutete Gualterio Nardek ihnen zu folgen, der nur ein kurzes „Aber…“ herausbekam, sich dann aber dem Schicksal fügte. Niemand hatte je behauptet die Armee sei gerecht.

Vor dem Gutshaus hatte ein Trupp Reiter angehalten und stieg von ihren Pferden. Im Schlepptau hatten sie sechs in Ketten und in Halsgeigen gelegte Gefangene. "Ah, sehr gut, ihr habt sie“, freute sich Orekh und wandte sich an den Anführer des Trupps, einem Dhemlaner wie aus dem Bilderbuch. Dies war also Lorcann, Maeves Gefährte. Gerade trat er einem Gefangenen in die Kniekehle, so dass dieser zu Boden ging. Gualterio bemerkte, dass der Gefangene weder eingeschüchtert noch furchtsam war, sein Blick funkelte Lorcann wütend und stolz an, obwohl er in Ketten im Dreck kniete. Der hayllische Kriegerprinz baute sich neben dem Hauptmann auf und beobachtete das Geschehen mit trägem und distanziertem Blick.
"Sind das alle, Feldwebel?", fragte der Hauptmann. Lorcann erklärte das sich zwei der Gefangennahme wiedersetzt hatten. Jedem war klar was dies bedeutete. Die Gefangenen schienen von Dorfbewohner verraten worden zu sein. Die Worte des Feldwebels liess offen ob freiwillig oder unter Druck. Noch mal trat Lorcann den Gefangenen, bevor er ihm beinahe zärtlich über die Schläfen strich. Gualterio glaubte in Lorcann einen Sadisten zu erkennen, vor diesem Mann würde er sich in Acht nehmen müssen.
"Ihr seid nämlich gar nicht so beliebt wie ihr glaubt." Lorcann sprach gut hörbar zu dem Gefangenen. Hauptmann Orekh klemmte zufrieden die Finger in den Gürtel und lobte den Feldwebel für die Arbeit. Er äusserte die Hoffnung von den Gefangenen den Aufenthaltsort vom Rest der Bande zu erfahren.

An diesem Punkt gesellte sich ein weiterer Offizier zu der Gruppe und stellte sich auf der anderen Seite neben den Hauptmann. Er duzte Lorcann und machte einen Scherz über die Gefangennahme bevor er Malateste bermerkte und sich als Ernald Bovert vorstellte. "Und ihr seid der Korporal aus Dhemlan, nehm ich an?", fragte ihn der Feldwebel mit den gewellten Haaren. "Ihr kommt aus der vierten? Wie verfährt man da mit Rebellen und Aufrührern?", fragte er nach.
Gualterio salutierte kurz. „Genau, ich bin Korporal Bonderus. Gut das sie sich zu uns gesellt haben Feldwebel Bovert, ich war gerade auf der Suche nach euch, als Feldwebel Lorcann mit seinem Geschenkpaket eingetroffen ist.“
Gualterio betrachtete die Gefangenen als nahm er sie erst jetzt richtig war. Dies waren keine einfachen Bauern, soviel war klar. Der ungebrochene, wütende Blick des vordersten Gefangenen verriet ihm dies. Lorcanns Bemerkung, sie wären bei der Bevölkerung nicht so beliebt wie sie dachten, liess darauf schliessen, dass es sich um raejische Rebellen handelte. Genau die Leute zu denen er Kontakt aufnehmen sollte. Leider würde er für diese Gruppe nicht mehr viel tun können. Ihr Schicksal schien besiegelt. Er konnte nur seine Rolle spielen und hoffen, bei den Verhören dabei sein zu können um mehr über die Rebellen zu erfahren. Es war bitter, doch er hatte sich darauf eingestellt das die Mission hart und brutal werden würde.

Malateste kratzte sich nachdenklich am Kinn bevor er sich an Bovert wandte und ihm antwortete. „Wir machen das Übliche. Ein Verhör und dann eine langsame und peinvolle öffentliche Hinrichtung. Wobei öffentliche Hinrichtungen mit der Zeit ihre abschreckende Wirkung leider verlieren.“ Seine Stimme klang ehrlich betrübt. „Zumindest kriegen die Krähen was zu Fressen. Und wenn viele Leute zum Zuschauen kommen muss man ihnen auch etwas bieten. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht die Eingeweide der Delinquenten langsam auf einen Stock aufzuwickeln. Man kann sich Zeit lassen, das Opfer bleibt dabei relativ lange am Leben, und meist schreien sie ausgiebig während sich ihre Gedärme um den Stock wickeln.“

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 14:30

Feldwebel Ernald Bovert - Prinz - Fara

Zum Glück war er gerade mit seinem Mittagessen fertig gewesen, als er das Hufgetrappel gehört und auch Alexis Signatur gespürt hatte. Alexis und er waren schon lange Kameraden, sie hatten schon in Dhemlan miteinander gedient und jetzt würden sie sich in Raej weiter ihre Sporen verdienen bis sie irgendwann soweit waren selbst eine eigene Kompanie zu führen. Außerdem gab es so viele unvorsichtige Kommandeure...
So trat er neugierig auf die Veranda hinaus, um zu sehen, ob der andere Feldwebel Erfolg gehabt hatte, die Rebellen aufzutreiben. Sie hatten einen Tipp von einem Einwohner bekommen, der sich mehr davon erhoffte, seine Landsleute an den Feind zu verraten. Solange es solche Verräter gab, würden sie auch weiterhin erfolgreich sein, außerdem war es einfach die Menschen zur... Mitarbeit zu bewegen wenn man erstmal anfing ihre Kinderchen zu verbrennen oder zu töten. So war er nicht überrascht, dass Alexis sechs Gefangene an Ketten dem Hauptmann fortführte. Bovert hatte selbst einen "offiziellen" Sohn, den er kurzerhand als Mündel zum Hof an Raej bestellt hatte, egal ob der 120jährige das toll fand oder nicht, hauptsache es war seiner Karriere förderlich und seinem Sohn würde es nicht schaden mal nützlich zu werden.
Neben Orekh stand der neue Korporal, der frisch aus Dhemlan, Kaeleer gekommen sein sollte. Bovert musterte ihn kurz neugierig von der Seite her, der Kerl war ziemlich muskulös und schien Erfahrung im Kampf zu haben, leider hatte Bovert den Übungskampf zwischen Tiger verpasst, da er zu dem Zeitpunkt beschäftigt gewesen war. So stellte er sich dem Korporal vor, der bemerkte, er wäre sowieso auf der Suche nach ihm gewesen. "Ja, ich habe schon gehört, dass ihr Espwins Trupps übernehmt. Keine schlechte Idee, der Korporal war immer zu lasch wie ich finde." Noch einmal glitt sein Blick prüfend über das vernarbte Gesicht des Kriegerprinzen. "Ihr werdet sie schon aufpolieren."
Um den Mann besser einschätzen zu können, fragte er gleich nach wie der Korporal mit Rebellen umgehen würde. Dieser dachte nur kurz darüber nach, sagte dann, sie würden wie üblich verfahren und nach einem Verhör eine langsame öffentliche Richtung anstreben. Bovert strich sich schmunzelnd durchs Haar, sah dann zu dem Dhemlaner, der dem Rebellen gerade einen Stoß gab, so dass er noch mehr vornüber kippte.
"Hast du gehört, Alexis? Hier ist ein Mann nach deinem Geschmack", bemerkte er amüsiert und schüttelte den Kopf. Eingeweide aufwickeln... wie eklig. Bovert mochte es lieber, wenn ein Tod sauber und schnell ablief. Der schwarzhaarige Feldwebel blickte auf, kam mit schnellen Schritten die kleine Treppe auf die Veranda hoch. "Verhör, öffentliche Hinrichtung und das Aufwickeln der Eingweiden, was hälst du davon?", fragte er.
Lorcann grinste, ließ seinen Blick noch kurz über die Gefangenen streichen. "Wenn sie das Verhör überleben..", wandte er ein und begrüßte dann den Korporal. "Alexis Lorcann. Haltet euch nur an Bovert und mich, dann bringt ihrs noch weit hier."

Hauptmann Orekh trat dann an die Männer heran. "Ich möchte nicht, dass ihrs wieder übertreibt, Feldwebel, ihr sollt Informationen aus den Gefangenen herausholen, nicht ihre Eingweiden. Lasst sie am Leben bis Kommandeurin Frostseel zurück mit Sion ist. Das ist zu wichtig um es wegen euren Späßen zu verbocken", herrschte er Lorcann an, der sich locker an einen der Pfeiler gelehnt hatte.
"Natürlich, Hauptmann." Er machte eine herrische Geste zu einigen seiner Männer, die noch vor der Veranda bei den Gefangenen standen. "Los, bringt sie weg ins Gefangenenlager, aber bewacht sie gut", gab er den Befehl weiter und wandte sich danach wieder an die anderen Offiziere. "Wenn wir Glück haben, kümmert sich Sion höchstpersönlich darum. Ich habe schon mal gesehen wie er jemanden alles an Gedanken extrahiert hat."
Orekh schnaubte abschätzig. "Ihr glaubt doch wohl nicht selbst, dass Sion sich damit abgibt, Feldwebel. Es ist unsere Aufgabe ihm die Ergebnisse zu liefern." Sein Blick fiel auf den Arm von Lorcann, der mit einem Stoffstreifen verbunden war. "Seid ihr verletzt?"
"Nur eine Fleischwunde. Maeve wird schon drum kümmern." Wieder umspielte ein Lächeln seine Mundwinkel und Bovert klopfte ihm verschwörerisch auf die Schulter.
"Ich erwarte in zwei Stunden einen ausführlichen Einsatzbericht, Feldwebel", wies Orekh an und verschwand dann wieder nach drinnen, nachdem Lorcann noch salutiert hatte. So befanden sich wieder nur die Feldwebel, der Korporal und ein Gefreiter auf der Veranda. Schließlich verabschiedete sich auch Lorcann mit dem Kommentar, dass er nach seiner Gefährtin schauen wolle.
"Habt ihr die Liste eurer Leute dabei? Zeigt mal her", forderte Bovert auf und studierte die Liste. "Ach ja, ich weiß schon wer die sind. Der eine Trupp geht am Hafen entlang, der andere auch, der dritte ist in der Kaserne in Loraka und der vierte irgendwo in der Stadt auf Patrouille. Ihr solltet eure Leute kennenlernen und euch die Stadt ansehen." Ernald grinste. "Loraka hat ein paar nette Schenken... eure Einsatzbefehle belaufen sich zunächst auf die Sicherung der Stadt, Festnehmen von Ruhestiftern, Patrouillieren an den Stadtgrenzen. Das kriegt ihr doch hin oder?"

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 15:08

Der Feldwebel hörte Malateste Vorschlag mit einem Schmunzeln zu und rief dann nach Lorcann mit einem vertrauten „Hast du gehört, Alexis?“ Die beiden schienen aus demselben Holz geschnitzt zu sein. Arrogant, sadistisch und von sich selbst überzogen. Der Angerufene versetzte dem Gefangenen noch einen abschließenden Stoß um dann schnellen Schrittes die Veranda heraufzueilen.
"Hier ist ein Mann nach deinem Geschmack." Gualterio entging der amüsierte Unterton in Boverts Stimme nicht. Sollte er Malateste ruhig für einen tumben Schläger im Korporalsrang halten. Es war Gualterios Sache dienlicher unterschätzt zu werden.
Bovert unterbreitete Lorcann Malatestes Vorschlag und fragte ihn nach dessen Meinung. Dieser musterte die Gefangenen noch einmal kurz.
"Wenn sie das Verhör überleben…“, war der Kommentar des Feldwebels bevor er sich Gualterio als Alexis Lorcann vorstellte. Kumpelhaft meinte Lorcann er solle sich einfach an ihn und Bovert halten und würde es dann weit bringen. Gualterio salutierte seiner Rolle und seinem Rang entsprechend.
„Korporal Jason Bonderus.“ Unergründlich betrachtete er den schwarzhaarigen Feldwebel. „Natürlich Sir, ich hoffe mich hier schnell einzuleben und so etwas ist gut zu wissen.“
Malateste zwang sich bei dem arroganten Schnösel auf Liebkind zu machen. Er lächelte leicht, doch aus einem anderen Grund als die Anwesenden hier glaubten. Wenn sie wüssten das vor ihnen Gualterio Malateste stand, genannt der Kriegshund, einst Kommandant der gefürchteten 16. Hayllischen Kompanie. Feldherr und Kriegslord. Aber das würden sie nie erfahren. Er war hier Jason Bonderus, Korporal. Mehr nicht.
Hauptmann Orekh trat dazwischen und unterbrach das Gespräch. Er hielt Lorcann zur Mäßigung an. Gualterio entging nicht Orekhs „…das ihr wieder übertreibt“. Offenbar hatte Feldwebel Lorcann viel Blut an den Fingern kleben und einige Male über die Stränge geschlagen. Wie viel Einfluss hatte Orekh überhaupt auf die beiden Feldwebel? Vor allem jetzt wo die Kommandeure des Forts weg waren? Alexis lehnte sich entspannt an einen der Pfeiler welche den Balkon über der Veranda stützte. Er fühlte sich sehr sicher, und Orekhs Tadel schien an ihm abzuperlen wie Wasser. Ja, die Feldwebel wollten Karriere machen, und sie hatten vermutlich Unterstützung ganz oben, und sie waren sich ihrer Sache sehr sicher.
Gualterio folgte interessiert der Diskussion zwischen dem Hauptmann und dem Feldwebel über Frostseel und Sion, während die Gefangenen abgeführt wurden. Bis Orekh die Aufmerksamkeit aller auf die Wunde an Lorcanns Arm führte. Die Rebellen hatten sich scheinbar ordentlich gewehrt, Malateste hatte auch bemerkt das zwei der Pferde ohne Reiter angekommen waren.
"Nur eine Fleischwunde. Maeve wird schon drum kümmern." Lorcann lächelte, und Bovert klopfte ihm verschwörerisch auf die Schulter. Gualterio widerte die kaum verhohlene Anzüglichkeit an. Er konnte sich vorstellen wie die beiden gegenseitig mit ihren Eroberungen prahlten. Der Hauptmann hatte offenbar auch genug davon. Er gestand Feldwebel Lorcann zwei Stunden zu und verschwand dann wieder im Gutshof. Alexis ließ davon keine Sekunde verstreichen und verabschiedete sich ebenfalls.

Zurück blieben Bovert, Malateste und der Gefreite Nardek. Der Feldwebel forderte Gualterio auf ihm die Liste seiner Leute zu zeigen. Bovert erklärte ihm wo er seine Soldaten finden würde.
"Loraka hat ein paar nette Schenken... eure Einsatzbefehle belaufen sich zunächst auf die Sicherung der Stadt, Festnehmen von Ruhestiftern, Patrouillieren an den Stadtgrenzen. Das kriegt ihr doch hin oder?"
Kurz blitzte Gualterios verbliebenes, schwarze Auge ob der spöttischen Bemerkung gefährlich auf. Oh, wie hoffte er, dass es nötig sein würde Bovert zu erledigen. Der Auftrag musste doch auch einige unterhaltsame Momente haben, oder?
„Ich bin mir sicher, dass ich das hinbekomme Feldwebel.“ Der Kriegerprinz richtete sich zu voller Grösse auf und stand stramm. „Und ich möchte keine Zeit damit verlieren und werde deswegen meine Soldaten zusammensuchen. Ihr entschuldigt mich?“ Gualterio wandte sich zu dem Gefreiten. „Nardek, aufgemerkt! Du hast bestimmt mitbekommen wem du ab sofort unterstellt bist? Es wird Zeit das du mich einigen aus der Zweiten vorstellst.“ Zum Abschluss salutierte er noch mal vor Bovert bevor er auf dem Absatz kehrt machte und davon stapfte. Nardek salutierte ebenfalls hastig vor Bovert bevor er hinter Malateste hereilte. Er hörte wie der Kriegerprinz vor ihm leise knurrte.
Als Malateste ausserhalb der Sichtweite des Gutshofes angekommen war hielt er an und riss dem Gefreiten seine Ausrüstung aus den Händen. Mit schnellen, geübten Handgriffen zog er Kettenpanzer und Waffengurte an. „Nardek, ich hoffe du weisst wo sich meine Männer rumtreiben. Und ich hoffe sie taugen was. Bring mich zu ihnen.“
Malateste versuchte den Groll zu bezwingen der in ihm hochgestiegen war und die Situation zu analysieren. Der Befehl des Hauptmanns war klar, den Gefangenen sollte nicht passieren bis Sion und die Kommandeure zurückkamen. Dies verschaffte ihm etwas Zeit. Vielleicht konnten die Gefangenen doch noch nützlich sein. Aber für einen Plan war es zu früh. Erst würde er die Stadt in Augenschein nehmen. Ja, Loraka war die Tür zu Raej wie Orekh richtig gesagt hatte. Vielleicht sollte jemand Sion diese Tür vor der Nase zuknallen?

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 15:09

Nardek

Immer er. Das war so ungefähr das fünfte Mal, dass Nardek daran dachte. Es war ihm unbehaglich so in der Nähe der ganzen Offiziere zu stehen, vor allem da ihn der Hauptmann schon vorhin so angeschnauzt hatte. So versuchte der Gefreite sich so gut wie unsichtbar zu machen, während ihm die übrige Ausrüstung des Korporals in seinen Händen langsam wie Wackersteine anmuteten. Schweiß perlte an seiner Schläfe. Mit verschlossenem Blick sah er zu den Rebellen, die Feldwebel Lorcann gefangen genommen hatte. Wenn Nardek auch mal so etwas gelänge, nur einen dieser Rebellen zu erledigen... aber eigentlich war es auch nicht schlecht nur Gefreiter zu sein, er wollte gar nicht mehr Verantwortung haben. Nardek war froh, wenn er zurück nach Dhemlan konnte, da war der Dienst ruhiger gewesen, weil es keine Widerständler mehr gab. Jedenfalls hieß es so.
Während der Hauptmann mit den anderen Offizieren sprach, ließ Nardek seinen Blick schweifen und erkannte wie zwei der sechsten Kompanie zu ihnen hinüberstarrten. Mit diesem kalten Ausdruck. Nardek schüttelte es, er hätte beinahe den Kettenpanzer fallen gelassen, doch er fing sich noch gerade so. Lorcann ging nach drinnen in den Gutshof, wohl auf dem Weg zu seiner Gefährtin. Der hatte es gut, er hatte seine Freundin gleich hier im Fort. Nardek hatte auch eine in Dhemlan gehabt, aber jetzt... naja, mit der Entfernung zwischen ihnen, hatte er sich eher an eine süße Schankmaid aus einer der Hafenkneipen gehalten.
Nardek bekam noch die letzten Wortfetzen zwischen Feldwebel Bovert und dem Korporal mit, der sich gleich darauf an den Gefreiten wandte. Oh ja, er hatte schon mitbekommen, dass Korporal Bonderus ab sofort ihr Anführer war. Nardek wünschte sich Espwin zurück, der war immer gerecht und nett gewesen. Trotz der Last auf seinen Armen schaffte der Gefreite es zu salutieren und dann Bonderus hinterherzueilen.
Endlich wurde ihm die Ausrüstung abgenommen, als der Korporal sich die Rüstung wieder anlegte.
"Ja, Sir! Sie sind in der Stadt, Sir." Bonderus hatte ihn ja erst von seinen Kameraden weggeholt. Er wartete kurz, ob der Korporal sein Pferd holen wollte, doch als es nicht danach aussah, verließen sie zu Fuß das Fort und gingen zurück runter zur Stadt. "Eigentlich waren wir noch zwei mehr, Sir, aber sie sind gestorben", erklärte Nardek, "Einen hats in einer Schlägerei mit Banditen gewischt und der andere... naja, der hatte Dienst im Gutshof zu der Zeit als Sion da war. Er wurde nachts von ihm ins Zimmer von Sion und seiner Gefährtin bestellt und da ist er nie wieder rausgekommen, Sir."
Der Gefreite dachte lieber nicht allzu genau darüber nach.

Sie gingen die Straßen von Loraka entlang, in der Stadt gab es ein paar höhere Türme, die auch mit Soldaten besetzt waren, aber es waren auch alles welche von der zweiten. "Früher gabs hier eine kleine Wache von Lady Magyarosa, aber jetzt nur noch uns", erklärte er, "Wenn es Vergehen gibt, Diebstähle oder so, dann müssen wir das regeln. Loraka steht unter Militärgericht, meistens sprechen die beiden Kommandeure die wichtigen Urteile."
Dann kamen sie an einem größeren Eckgebäude vorbei, wo über der Türe die Schriftzüge "Bella Sera" geschrieben standen. Jetzt war es geschlossen, doch Nardek wußte, dass hier in den Abendstunden immer viel los war. "Das ist der Ort wo die meisten Offiziere hingehen, auch die reichen Händler und dergleichen", bemerkte Nardek, er selbst war noch nie da drin gewesen, auch wenn er Gerüchte über die schöne Sängerin gehört hatte, die dort auftrat. Leider mußten sie weitergehen, gelangten dabei näher zum Hafen bis sie das Wachgebäude erreichten. Vorne standen zwei Männer, salutierten auch gleich. Drinnen gab es ein paar Unterkünfte in den oberen Stockwerken und im Keller natürlich der größere Kerker mit den Zellen.
In der Wachstube saßen drei Männer und eine Frau, die Karten spielten. Als sie Nardek sahen, der zuerst eintrat, begrüßten sie ihn fröhlich. "Mann, da bist du ja endlich. Isobel gewinnt und-", setzte einer der Männer an, stockte aber als sie den großgewachsenen Kriegerprinzen sahen. Sofort sprangen alle auf, salutierten. Isobel, eine Frau mit bronzefarbener Haut und schwarzen Haaren, schob die Karten rasch aus dem Blickfeld des Korporals.

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 15:09

Der Weg vom Fort zur Stadt war nur ein kurzer Fussmarsch. Malateste hatte sich deswegen entschlossen sein Pferd in den Stallungen zu lassen. Nardek erzählte ihm das seine Einheit ursprünglich zwei Männer mehr umfasst hatte. Einer starb bei einem Konflikt mit Banditen, keine unübliche Todesart für Soldaten, der andere hingegen wurde zu Sion und seiner Gefährtin ins Zimmer bestellt und ward nie wieder gesehen. Was ihm wohl wiederfahren war? Der Kriegerprinz fragte sich wie menschlich Sion überhaupt noch war. Erst einige Stunden im Fort hatte er schon zwei beunruhigende Geschichten über Sion gehört, die erste über eine Gedankenextraktion und die zweite jetzt, über seltsames Verschwinden von seinen eigenen Männern.
Sie schritten durch Lorakas Strassen und Malateste blickte sich aufmerksam um, während Nardek ihn über Wissenswertes aufklärte. So erfuhr er, dass Lady Magyarosa keinerlei Truppen mehr in Loraka hatte, und die Stadt komplett in Sions Hand war, inklusive der Gerichtsbarkeit. Oh ja, Sion war wie ein Virus der sich immer weiter in Raej ausbreiten würde. Dieser Diktator würde nicht aufhören bevor er nicht die ganze Welt unterworfen hatte.
An einem grossen Eckgebäude hielt Nardek kurz inne und deutete darauf. „Bella Sera“ stand in grossen Lettern über der Türe. Dies war also das Lokal in dem sich die Offiziere und die reichen Raejier vergnügten, und von dem sich die einfachen Soldaten nur Gerüchte erzählten, weil sie nie einen Schritt da rein machen würden. Er hingegen hatte vor, dem „Bella Sera“ bei Gelegenheit einen Besuch abzustatten.
Der Abschluss von Nardeks Führung bildete das Wachhaus in Hafennähe. Der Eingang wurde von zwei Soldaten bewacht die sie nach einem Salut passieren liessen. Der Gefreite klärte Gualterio auf, dass sich oben einige Unterkünfte befanden und im Keller ein Kerker mit mehreren Zellen. Da ihm weder Orekh noch Bovert eine Unterkunft zugeteilt hatten, beschloss der Hayllier die heutige Nacht im oberen Stockwerk zu verbringen.

Nardek führte ihn zuletzt in die Wachstube. "Mann, da bist du ja endlich. Isobel gewinnt und-", scholl es dem Gefreiten entgegen. Nardek wedelte verstohlen mit beiden Händen und versuchte seine Kameraden zu warnen, aber es war zu spät, Malateste schob sich an ihm vorbei und blickte sich um. Er bemerkte wie die Soldatin mit den schwarzen Haaren schnell noch etwas versteckte, bevor sie zusammen mit den anderen drei Soldaten aufsprang und salutierte. Die vier Soldaten standen stramm, mit der Hand an der Schläfe zum Salut. Der Kriegerprinz liess sie erst einmal in der Position stehen, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und schritt mir klirrenden Sporen an den Stiefeln in den Raum.
„Ich bin Korporal Bonderus und ab sofort euer Vorgesetzter bis Korporal Espwin zurückkehrt.“ Malateste schritt gemächlich um den Tisch herum und hielt bei der Frau inne. Er schob den grossen Tonkrug auf dem Tisch zur Seite und nahm die darunterliegenden Karten in die Hand. „Ein ausgezeichnetes Blatt, Gefreite Isobel. Vermutlich hättet ihr damit gewonnen.“ Der Kriegerprinz warf die Karten achtlos auf den Tisch. „Ich weiss nicht wie Korporal Espwin das gehandhabt hat, aber bei mir wird während des Dienstes nicht Karten gespielt.“ Malatestes Stimme klang gefährlich ruhig und kalt, während der die Soldaten abschritt und jeden einzelnen musterte. „Ich nehme den Dienst ernst und es mag euch hart vorkommen unter mir zu dienen.“ Er öffnete einen Holzschrank und erblickte darin Teller und Gläser und Besteck. „Aber ich bin gerecht und ich verlange von meinen Leuten nicht mehr als ich selbst zu leisten vermag.“ Malateste holte sechs kleine Gläser aus dem Schrank und stellte sie auf den Tisch. „Kein Kartenspiel während des Dienstes.“ Es war Zeit für das Zuckerbrot. „Glücklicherweise hattet ihr eben Dienstfrei, nicht war?“ Eine Schnapsflasche erschien in der Hand des Kriegerprinzen. Er entkorkte sie und füllte schwungvoll die sechs Gläser auf dem Tisch. „Es wird auch nicht während des Dienstes getrunken, aber der Dienst fängt erst in einer Minute an.“ Er nahm ein Glas zur Hand und deutete auf die anderen Gläser. „Den hier genehmigen wir uns bevor es losgeht. Steht bequem, bedient euch und zum Wohl.“ Malateste leerte das Glas und knallte es auf den Tisch. „Jetzt möchte ich wissen mit wem ich es zu tun habe.“

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 15:10

Nardek

Er hatte seinen Kameraden noch signalisieren wollen, dass Reden gerade unklug war, da hatte sich der Korporal schon an ihm vorbeigedrängt und sofort standen alle Soldaten gleich stramm, salutierten vor ihrem neuen Vorgesetzten. Bonderus ließ durch nichts erkennen ob und wie er das Kartenspiel während der Dienstzeit bestrafen würde, Nardek bekam ein ganz mulmiges Gefühl. Hätte er nicht den Kriegerprinz zum Fort führen müssen, hätte er jetzt vermutlich auch dort am Tisch gesessen. Bonderus stellte sich vor, entdeckte dann auch zielsicher die versteckten Karten von Isobel ehe er das Blatt zurück auf den Tisch warf und erklärte, dass bei ihm während der Dienstzeit nicht gespielt wurde. Nardek fand einen sehr interessanten Punkt bei seinen Stiefelspitzen wo er gerade viel lieber hinsah als den Kopf zu heben und zu sehen wie seine Kollegen aus diesem einen stechenden Auge gemustert wurden.
Erst als Bonderus einen der Schränke öffnete, beobachtete der Gefreite ihn verwirrt. Wollte er die Wachstube nach Glücksspiel und Alkohol durchsuchen? Aber dann stellte er sechs kleine Schnapsgläser auf den Tisch und fragte, sie hätten ja vorhin keinen Dienst gehabt. Die starre Haltung der Soldaten lockerte sich etwas und auch Nardek gestattete sich etwas erleichtert aufzuatmen. Isobel grinste kurz als sie die Schnapsflasche in der Hand des Korporals sah. Tatsächlich bot er ihnen allen etwas zu Trinken an, da der Dienst schließlich erst in einer Minute beginnen würde. Vielleicht war der Kriegerprinz doch kein so schlechter Vorgesetzter, überlegte Nardek und nahm sich eines der gefüllten Gläser. Er leerte es auf Ex, obwohl der Schnaps gleich sofort in seinem Magen brannte und er aufkeuchen mußte.
Der Jüngste von ihnen bekam einen hochroten Kopf und hustete.
"Danke, Sir. Es muss immer jemand Dienst haben in der Kaserne hier und naja.. um diese Zeit ist nie viel los", erklärte Nardek, "Ich bin Gefreiter Jaromir Nardek, ich ähm war Obstpflücker in Dhemlan bevor ich der Armee beigetreten bin." Er wußte nicht, ob er sich auch hätte vorstellen sollen, aber nun wo er den Anfang gemacht hatte, ergriff danach Isobel das Wort.
"Gefreite Isobel Jiriki, ich komme aus Pruul", erklärte sie, was ja auch ihre bronzefarbene Haut bewies, "Ich war vorher Färberin." Sie war ganz hübsch mit ihren dunklen Augen und den langen Wimpern, auch wenn ihre kleine Nase ein bißchen zu breit war. Ihre schwarzen schulterlangen Haare waren zu zwei lockeren Zöpfen geflochten und fielen ihr vorne über die Schultern.
"Obergefreiter Airas Estelo, ich bin aus Dhemlan, ich war schon immer bei der Armee", sagte ein stämmiger Dhemlaner mit krausem schwarzem Haar. Danach kam der Jüngste von ihnen an der Reihe, ein schmächtiger Jüngling mit rotblondem lockigen Haar. "Gefreiter Gwyn Cadlew, ich komme aus Shalador, aber eigentlich hab ich hier in Loraka gewohnt, als... also..." Der Gefreite verfiel ihn ein nervöses Stottern.
"Er will sagen, dass er hier rekrutiert worden ist. Ich bin Gefreiter Cedric Penda, komme aus Dhemlan, Kaeleer. Mein Bruder Brion ist auch in der Armee hier. Wir waren früher Schmiedelehrlinge", sagte der letzte, ein weiterer Dhemlaner.

Nachdem sie sich vorgestellt hatten, erklärten sie dem Korporal den üblichen Ablauf im Wachhaus, es gab auch eine Karte vom Dorf, doch sie war veraltet. Gwyn und Isobel machten sich momentan die Arbeit, sie neu abzuzeichnen und zu ergänzen, weil die Karten im Fort selbiges natürlich nicht verlassen durften. Zu einigen Häusern und Gassen gab es Kommentare wie 'Viele Huren' oder 'Viele Handwerker'. Nach dem Zeigen des Wachhauses gingen Isobel, Gwyn und Nardek mit dem Korporal los, um ihm den Rest der Stadt zu zeigen. Es gab zwei große Straßen, eine, die nach Norden führte in Richtung Garois, die andere ging mehr nach Westen. Im Osten lag der große Hafen. Sie fanden auch noch die drei anderen Trupps auf Patroille bis der Korporal am Ende alle Namen und Gesichter der Soldaten kannte. Es gab zwei Frauen, der Rest waren Männer. Am Nachmittag kehrten die vier in ein Fischlokal am Hafen. Sie waren schon öfter hier gewesen und wenn sie nicht im Fort waren, aßen sie hier, da die Meeresfrüchte und der Fisch immer frisch und gut waren.
"Ich bin gespannt was für Rekruten, Korporal Espwin hierhier bringt und ob welche hier in Raej bleiben", überlegte Nardek, während sie aßen.
"Ich war froh als die Ausbildung endlich vorbei war...", murmelte Gwyn. Die Gefreiten blickten alle kurz zögerlich zu Bonderus ehe Isobel erklärte.
"Feldwebel Lorcann ist im Fort der Ausbilder der Rekruten. Das ist sowas wie sein Steckenpferd", meinte sie und widmete sich wieder ihrem Essen. Während sie noch aßen, ging die Türe auf und in das Lokal kam Obergefreiter Brion Penda, salutierte kurz lässig und setzte sich dann zu ihnen, bestellte noch ein wenig atemlos ein Bier und stahl ein paar von den Garnelen von Isobels Teller.
"Gibt ne Schlägerei beim Schwarzen Kessel", bemerkte er zwischen zwei Bissen, aber keiner der anwesenden Soldaten rührte sich deswegen. Isobel verdrehte nur die Augen und sagte "Jetzt schon?"

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 15:11

Der Reihe nach stellten sich die Soldaten vor, als erster Nardek, von dem er nun auch seinen Vornamen erfuhr und von seiner früheren Profession als Obstpflücker. Isobel stammte aus Pruul, sie war hübsch anzusehen und ihr bronzefarbene Haut verlieh ihr einen exotischen Anstrich, sie war einst Färberin gewesen. Der schmächtige, schüchterne Jüngling Cadlew mit dem rotblonden Haar stammte aus Shalador und war in Loraka Zwangsrekrutiert worden. Dies erzählte er nicht selbst, sondern einer seiner Kameraden, Cedric Penda, ein ehemaliger Schmiedelehrling aus Dhemlan. Zusammen mit dem Obergefreiten Estelo, dem einzigen richtigen Soldaten hier, machte er den tauglichsten Eindruck. Als ehemaliger Schmiedelehrling hatte Penda zumindest eine kräftige Statur. Isobel Jiriki hinterliess einen gewieften Eindruck, sie war bestimmt schnell und clever. Bei Cadlew würde es noch lange dauern bis er ein richtiger Soldat wurde – wenn er denn solange überlebte.
Malatestes Einladung zum Schnaps hatte das Eis etwas gebrochen. Er hatte nicht vor sich mit den Leuten anzufreunden, er war ihr Vorgesetzter und zudem kämpften sie auf der falschen Seite. Es waren zum Grossteil einfache Berufsleute, teilweise waren sie nicht mal freiwillig hier, aber am Ende waren sie Haylls Feinde, und wenn sich ihm einer in den Weg stellte würde Gualterio ihn ohne mit der Wimper zu zucken töten. Doch vorerst würde er wie ein strenger, aber fairer Korporal handeln, diese Rolle konnte der Kriegerprinz am glaubhaftesten darstellen.

Diensteifrig begannen die vier ihrem neuen Korporal das Wachhaus zu zeigen und ihren militärischen Alltag zu erklären. Interessiertt betrachtete Malateste die Karte von Loraka mit den Randbemerkungen. Da die Stadt ursprünglich ein Fischerdorf gewesen war, ballte sich alles um zwei grosse Strassen die sich kreuzten. Gualterio wollte sogleich das was er auf dem Plan stuidert hatte, in Natura erleben und liess sich von Jiriki, dem schmächtigen Cadlew und Nardek durch Loraka führen. Ab und an hielt der Korporal den kleinen Trupp an und stellte Fragen, oder prägte sich bestimmte Orte und Häuser ein. Während der Patrouille lernte er auch nach und nach den Rest seiner Leute kennen. Ebenfalls ein wilder Haufen aller Nationen, wobei der Grossteil Männer war, neben Isobel diente in seiner Einheit nur eine weitere Frau. So verlief ein Grossteil des Tages bis allen der Magen knurrte. Gualterio liess sich ein schlichtes Lokal am Hafen zeigen mit fangfrischen Fischgerichten. Das Essen war gut und preisgünstig, ideal für die Soldaten mit ihrem kargen Lohn. Der vier liessen sich eine grosse Platte mit Fisch und Meeresfrüchten bringen von der sich jeder auf seinen Teller bediente.
Während dem Essen unterhielten sich seine drei Leute über Korporal Espwin der unterwegs war um neue Rekruten anzuwerben. Sie waren auf die Neuankömmlinge gespannt, und Cadlew meinte mit leiser Stimme, dass er froh gewesen sei, als seine Ausbildung abgeschlossen war. Kurz schwiegen die Soldaten, als ob sie sich nicht sicher waren wie viel sie ihrem neuen Korporal erzählen konnten. Schliesslich ergriff die Gefreite Jiriki das Wort und erklärte Malateste das Lorcann der Ausbildner sei, und die Rekrutenausblidung sein Steckenpferd. Isobel hatte dies geschickt formuliert. Sie hatte nichts negatives gegen Feldwebel Lorcann gesagt, aber es war trotzdem klar was sie meinte. Gualterio brach den Schwanz einer Garnele ab und pulte das rosa Fleisch heraus. „Feldwebel Lorcann ist ein Schinder, nicht wahr?“, fragte er beiläufig bevor er die Garnele verspies.
Kurz darauf kam der Obergefreite Brion Penda, der Bruder von Cedric, zur Tür herein, salutierte kurz und setzte sich dann auch an den Tisch. Er bestellte ein Bier, und klaute sich dann etwas von Isobels Teller. Malateste sah über das Bier hinweg und trank etwas von seinem mit Wasser verdünnten Wein. Bier oder verdünnter Wein waren übliche Getränke, bei der Marine gab es sogar eine tägliche Rum- oder Grogration. Erst wenn einer seiner Männer Zeichen von Trunkenheit vorwies, würde der Korporal Sanktionen ergreifen.

"Gibt ne Schlägerei beim Schwarzen Kessel", bemerkte Brion zwischen zwei Bissen, aber keiner der anwesenden Soldaten rührte sich deswegen. Isobel verdrehte nur die Augen und sagte "Jetzt schon?"
Der Reaktion der Soldaten entnahm Malateste das eine Schlägerei im „Schwarzen Kessel“ nichts Unübliches war, es war allerhöchstens überraschend, dass die erste schon in den Nachmittagsstunden stattfand. Nun denn, er war satt und wollte jetzt sehen was seine Leute taugten. Gualterio wischte sich den Mund mit einer mottenzerfressenen Serviette sauber.
„Dann werden wir dem ‚Schwarzen Kessel’ mal einen Besuch abstatten. Maeve hat gemeint ich soll mich nach dem Kampf mit Tiger für heute schonen.“ Der Kriegerprinz sprach beiläufig, als ob es selbstverständlich war zum Frühstück mit Tiger zu kämpfen. „Deswegen nutze ich die Gelegenheit um zu beobachten wie ihr eine solche Situation handhabt. Obergefreiter Penda, du wirst den Einsatz leiten.“ Malateste rückte den Holzstuhl zurück und erhob sich, für den Rest seiner Soldaten das Zeichen zum Aufbruch und dass das Essen nun vorbei war.

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 15:11

Nardek

Nardek verschluckte sich fast an einem Stück geräucherten Tintenfisch, als der Korporal in die Runde fragte, dass Feldwebel Lorcann ein ziemlicher Schinder wäre. Er hustete so stark, dass Gwyn ihm mehrmals auf den Rücken klopfen mußte bis er hastig einen tiefen Schluck Bier nahm.
"Ja, das ist er", bestätigte Jiriki, "Außerhalb des Forts, dort wo wir die Bäume für den Bau weggeholzt haben, scheucht er die Rekruten über einen Parcour, den er den Weg der Disziplin genannt hat. Gab schon ein paar... Unfälle."
"Weg des Todes triffts wohl besser", warf Brion ein, als er die letzten Wortfetzen des Gespräches mitbekam. Nardek blickte lieber einen ausgestopften Fisch am Deckengebälk an, sie kannten den Korporal ja nicht, es war klüger nicht zu viel zu sagen. Allgemein war es gesünder in Loraka den Mund zu halten und wegzuschauen. Die Soldaten aßen weiter, aber dann wischte sich Bonderus mit einer Serviette den Mund ab und meinte, dass sie dem Schwarzen Kessel einen Besuch abstatten würden. Da er sich schonen solle wegen dem Kampf mit Tiger, würde er nur beobachten wie der Trupp die Schlägerei bereinigen würde.
Jaromir hätte sich beinahe schon wieder verschluckt bei den Worten, auch die anderen schauten etwas perplex drein. Gwyn wollte schon was sagen, aber Isobel knuffte ihn leicht in die Seite, und er verstummte gleich wieder.
Es blieb ihnen wohl nichts anderes übrig als dem Korporal zu folgen, der sich bereits tatkräftig erhoben hatte. Brion stibitzte noch ein paar Garnelen vom Teller, schlürfte hastig sein Bier und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. Sie gingen alle hinter Bonderus her, während Jiriki sich flüsternd an Nardek wandte, ob der Kriegerprinz sich wirklich einen Kampf mit Tiger geliefert hätte. Gleich darauf seufzte sie, dass sie mal wieder das beste verpasste. Der Gefreite sagte nichts mehr darauf, wurde nervöser je näher sie zu der berüchtigten Kneipe kamen. Normalerweise gingen sie nie dort hin um eine Schlägerei zu schlichten.
So stand der Trupp noch ein wenig unschlüssig vor dem besagten Haus, es drängte sich zwischen die anderen, die Fenster im unteren und oberen Stockwerk ließen das schummrige Licht von Trankerzen durch, von drinnen hörte man ziemlich laute Geräusche, das Splittern von Glas, Holz krachen, Schmerzesschreie. Ein Mann stieß gerade die Eingangstüre mit dem Bullauge auf, taumelte nach draußen und blieb stöhnend kurz vor den Soldaten liegen.
"Tja..." Brion wippte etwas unschlüssig auf den Füßen auf und ab. "Dann geh ich mal nachfragen, ob sie Hilfe brauchen." Er rückte seine Uniform zurecht und ging auf die Türe zu, nachdem er ein Juwelenschild um sich gelegt hatte und nochmal tief durchgeatmet hatte. Gerade wo er die Türe geöffnet hatte, flog ihm eine Flasche entgegen, Brion duckte sich rasch, wollte die Kneipe betreten, als das Fenster links davon splitterte und ein übergewichtiger Kerl herausflog. Gleich darauf sprang Tiger hinterher, hoch lodernde Wut in den katzenhaften Augen. Er landete auf dem Mann, schlug weiter auf ihn ein.
"Du nennst zwei Paar ein gutes Blatt? Ich zeig dir ein gutes Blatt!" Womit er eindeutig seine Faust meinte.
Nardek verzog das Gesicht bei dem Anblick. Brion trat einen hastigen Schritt zurück, als drei weitere Soldaten aus der Kneipe stürmten und sich ohne zu Zögern auf den tobenden Kriegerprinzen warfen. Zwei von ihnen warf er gleich wieder mit einem lauten Brüllen ab, doch sie rappelten sich rasch wieder auf. Einer von ihnen besaß nur ein Auge, riss Tigers Arm zurück.
"Regensang, wo bleibst du, verdammt?", rief er. Aus dem Fenster kam die schmächtige Heilerin aus dem Fort geklettert und hieb dem Kriegerprinzen noch im Sprung eine Spritze in den Hals. "Das ist schon die zweite, mehr hab ich nicht", keuchte sie. Tiger gab noch ein undefinierbares Grollen von sich ehe er über seinem Gegner zusammensackte und sich nicht mehr rührte. "Verflucht, er bringt mich um wenn er aufwacht", jammerte sie. Dann wandte die Frau den Kopf und starrte hinüber zu den anderen Soldaten. "Was glotzt ihr so blöd? Habt ihr nix bessres zu tun? Das geht euch nichts an", fuhr sie den Trupp an und ließ sich auch nicht von der Anwesenheit von Bonderus einschüchtern.

Gwyn versteckte sich halb hinter der bulligen Gestalt des Korporals.
"Sieht so aus als hätten unsere... Kollegen die Situation bereits geklärt", bemerkte Brion und zog sich von der Eingangstüre zurück. Deswegen kümmerten sie sich eigentlich nie um die Schlägereien beim Schwarzen Kessel, dort lungerten immer welche von der sechsten rum und die reagierten sehr allergisch wenn man sich in ihren Kram einmischte. Dieses Mal aber kam der einäugige Mann mit wettergegerbten Gesicht zu ihnen herüber, der auf den treffenden Namen Einauge hörte. Er strich sich durch die ausgedünnten Haare, stellte sich vor der Gruppe hin. Dann fiel ihm noch etwas ein und er fischte aus seiner Uniformsjacke die Rangstreifen eines Korporals und legte sie sich locker auf die Schultern.
"Fallen immer ab", erklärte er lapidar, "Korporal Bonderus", begrüßte er den Kriegerprinzen, "Danke, dass ihr vorbei schaut, aber wir haben die Schlägerei schon aufgelöst. Ich schätze, dieses Mal waren wir schneller als ihr."
Nardek war klug genug die Klappe zu halten. Jeder hier wußte, dass sich eine Gruppe der sechsten mal wieder eine Schlägerei mit ein paar anderen Halunken geliefert hatte, die sich nur von ihnen unterschieden, dass sie keine Uniformen trugen. Dass es vielleicht andere Gründe gab warum Tiger so dermaßen wütend war, darauf kam er nicht.

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 15:12

Offenbar erwarteten seine vier Soldaten von Malateste zum „Schwarzen Kessel“ geführt zu werden, ungedenk der Tatsache, dass der Kriegerprinz heute zum Ersten Mal einen Fuss nach Loraka gesetzt hatte. Der Kriegerprinz kannte sich jedoch mit Karten lesen verdammt gut aus, und hatte sich die Stadtskizze mit den Randbemerkungen eingeprägt und bei der Statdtführung aufgepasst. So zögerte er nur einmal kurz bei einer Kreuzung, führte seine Leute dann aber auf kürzestem Weg zum berüchtigten Gasthaus. Auf dem Weg dorthin dachte er noch einmal an Isobel und Brions Worte. Sie hatten bestätigt was er von Lorcann erwartet hatte. Dieser machte sich einen Spass daraus frische Rekruten zu drillen. „Der Weg des Todes“, nannten sie den Parcours hinter vorgehaltener Hand. Und ab und an gab es „Unfälle“, natürlich ohne Konsequenzen für den Feldwebel.

Langsam dunkelte es ein, und Trankerzen erhellten die dicken trüben Fensterscheiben. Im Lokal ging es den Geräuschen nach hoch zu und her. Gedämpft drangen Schmerzensschreie und das Geräusch von splitterndem Glas und Holz nach draußen. Die Tür schwang auf und gleich wieder zu, und spuckte einen taumelnden Mann aus, der stöhnend vor den Füssen der Soldaten aus der Zweiten Kompanie zusammenbrach. Malateste beäugte ihn beiläufig und gähnte ausgiebig, es war ein langer harter Tag gewesen. Dann blickte er Brion auffordernd an. Dieser wippte etwas unschlüssig auf den Füssen, fasste sich dann doch ein Herz und ging auf das Lokal zu, während der Rest der Soldaten sich keinen Zoll bewegte. Soviel zum gegenseitigen Rücken decken und den Eingang sichern. Zumindest hatte der Obergefreite einen Schild um sich aufgebaut. Er öffnete die Tür und konnte sich grade noch instinktiv unter einer Flasche hinweg ducken, die just in dem Moment herausgeflogen kam, an Brions Juwelenschild abprallte und auf der Strasse zersplitterte.
Brion wollte einen zweiten Versuch starten den „schwarzen Kessel“ zu betreten, welcher erneut vereitelt wurde als links von ihm eine fetter Kerl durchs splitternde Fenster geflogen kam und hart auf der Strasse aufknallte. Einen Augenblick später sprang geschmeidig Tiger durch das Fenster hinterher und machte seinem Namen alle Ehre. Er landete auf seinem Unglücklichen Opfer und begann ihn sogleich mit beiden Fäusten zu traktieren.
Obergefreite Penda konnte gerade noch einen Schritt zur Seite tun, als drei weitere Soldaten der sechsten aus dem Eingang stürzten und mehr oder minder erfolglos versuchten Tiger zurückzuhalten, der weiter auf den Mann unter ihm eindrosch. Einer der Männer rief nach Regensang. Malateste erkannte die Heilerin die beim Übungskampf am Rand der Arena zugeschaut hatte. Sie kam kurzerhand auch durchs Fenster und rammte Tiger eine Spritze in den Hals, ihre zweite und letzte wie sie erwähnte. Der spitzohrige Kriegerprinz knurrte noch einmal Grollend bevor er über dem Mann unter ihm zusammenbrach und sich nicht mehr rührte. Regensang bemerkte Malateste und seine Leute und fauchte sie an abzuhauen, dies hier ginge sie nichts an. Malateste erkannte all die Gesichter wieder. Alle waren beim Übungskampf zugegen gewesen, inklusive dem Einäugigen mit dem schütteren Haar der jetzt zu der Gruppe der zweiten Kompanie rüberkam. Brion hatte sich inzwischen auch wieder zu seinen Kameraden gesellt. Gualterio bemerkte, dass, obwohl er sich nicht gerührt hatte, seine Leute plötzlich hinter und nicht länger neben ihm standen.

"Fallen immer ab", erklärte Einauge zu den Korporalsstreifen die er aus der Tasche geholt und sich lose auf die Schulter gelegt hatte. Den Leuten der sechsten Kompanie waren militärische Ränge offensichtlich so egal wie Disziplin. Wie wohl Kommandeur Kharssail tickte, genauso wie seine Männer? Und wieso duldete Sion einen solch unkontrollierbaren Haufen? Nun, eigentlich war es Malateste egal, es war nicht seine Truppe, noch nicht mal seine Armee. Und die Sechste schien auch nicht viel von Sion zu halten, ihm waren die Blicke nicht entgangen die sie den Offizieren auf der Veranda zugeworfen hatten als Lorcann den Gefangenen quälte. Vielleicht schaffte er es die Sechste zum Überlaufen zu bewegen?
"Korporal Bonderus", begrüßte ihn Einauge, "Danke, dass ihr vorbei schaut, aber wir haben die Schlägerei schon aufgelöst. Ich schätze, dieses Mal waren wir schneller als ihr."
Der Kriegerprinz legte den Kopf schief und lauschte. Die Geräusche aus dem Lokal waren tatsächlich verstummt. „Korporal Einauge. Gute Arbeit von der Sechsten, ihr habt uns gar nichts übrig gelassen.“ Enttäuscht schüttelte er leicht den Kopf. „Hoffentlich führt das nicht zu Missverständnissen.“ Gualterio begann einen fiktiven Dialog zwischen zwei Männern vorzutragen. „Hast du gehört, der hässliche einäugige Korporal hat gestern eine Schlägerei ihm schwarzen Kessel gestoppt.“ Gualterio wechselte die Tonlage. „Welcher hässliche einäugige Korporal, der von der Zweiten oder der von der Sechsten?“
Malateste lachte kurz dröhnend und musterte dann wieder todernst seine Leute. „Ihr macht keinen Mucks und bewegt euch nicht von der Stelle, klar.“ Anschliessend schob er einfach Einauge zur Seite und ging zur Heilerin die neben Tiger kauerte. Er ging auf der gegenüberliegenden Seite des bewusstlosen Kriegerprinzen in die Hocke und fühlte am Hals dessen Puls. Sein Blick bohrte sich in die schmächtige Heilerin. Er hatte einen Verdacht was sie Tiger gespritzt hatte, mal schauen ob er etwas darüber herausfand. „Wann hat er das letzte Mal Schwarztraum genommen? Nimmt er es freiwillig?“ Er sprach leise, so dass nur Regensang ihn hören konnte. „Und gerät er jedesmal in diese Stimmungslage wenn er es zu nehmen ‚vergisst‘?“

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 19:46

Regensang, Heilerin - Fara

Die Heilerin strich ihre verfilzten schmutzigbraunen Haare zurück, während sie hinüber zu Einauge blickte, der hinüber zu dem fremden Kriegerprinzen schritt, um die Situation zu klären. Sie wußten ja nicht, ob dieser Bonderus sie bei den Offizieren der zweiten verpfeifen würde, um sich liebkind zu machen. Trotzdem hatte sie keine Probleme den Kerl anzufauchen, dass er verschwinden solle. Wieder irgendein Korporal, der nun alles anders machen wollte. Mit Galdos hatte man wenigstens reden können. Anderseits... der Kriegerprinz hatte sich nicht schlecht beim Kampf gegen Tiger geschlagen, es war unsicher wie es ausgegangen wäre hätte Orekh die beiden nicht unterbrochen.
Regensang tätschelte den betäubten Tiger, der immer noch auf seinem Opfer ruhte, das sich nun ächzend darunter zu befreien versuchte. Ihr Kamerad würde tüchtig wütend sein wenn er wieder aufwachte, aber er wußte selbst, dass es so besser war und würde sich schon wieder beruhigen. Die Heilerin richtete ihren Blick wieder auf Einauge, der sich für die Hilfe bedankte, was Bonderus damit erwiderte, dass die sechste gute Arbeit geleistet hätte und er hoffe, das würde nicht zu Missverständnissen führen. Zuerst wußte Regensang nicht was er damit meinte, doch dann begann er einen fiktiven Dialog vorzutragen, der Einauge zum Lachen brachte. Regensang entspannte sich etwas, Einauge hatte eigentlich immer eine gute Menschenkenntnis, aber Mißtrauen war der Sechsten angeboren. Kein Wunder nachdem was sie alles erlebt hatten. Es war auch gewiss keine Großzügigkeit von Sion, dass er sie begnadigt hatte zum Preis dafür, dass sie ihm dienten. Die meisten hatten sich gesagt, alles ist besser als die Salzminen und zugestimmt. So auch sie. Bis sie die ersten Aufträge bekommen hatten, Selbstmordkommandos wäre ein besserer Ausdruck dafür. Sie waren nicht mehr als Kanonenfutter für Sion, er mußte einfach nur warten bis immer mehr von ihnen fielen und keiner mehr übrig war. Doch die sechste war zäh, bisher hatten mehr überlebt als man je von ihnen vermutet hätte, ihr Überlebenswille war ungebrochen. Regensang hatte gehört, es kursierte schon ein Ausdruck dafür, wenn eine Einheit eine sehr schwierige Mission mit wenig Erfolgsaussichten erteilt bekamen. 'Das ist doch ein Auftrag für die sechste.'
Aber irgendwie war die Heilerin auch stolz drauf. Es gab nicht mehr viel auf das man stolz sein konnte.
Sie hob den Kopf, als der Kriegerprinz auf sie zukam und sich auch neben Tiger in die Hocke niederließ, dann gleich seinen Puls fühlte. Regensang warf ihm darauf einen bösen Blick zu. Was glaubte er? Dass sie einen ihrer Freunde gerade umgebracht hatte? Sie fragte sich, ob er irgendwo gehört hatte warum sie in den Minen gelandet war... es hatte Gründe warum sie nicht mehr zur edlen Riege der Heilerinnen wie die blankgeputzte Maeve gehörte.

Die Heilerin hielt den Augenkontakt mit Bonderus, der sehr leise fragte wann Tiger zum letzten Mal Schwarztraum genommen hätte, ob er es freiwillig nahm und ob er jedesmal in diese Stimmungslage geriet wenn er es zu nahmen vergaß. Regensang beugte sich näher zu ihm. "Was geht dich das an?", flüsterte sie leise zischend, "Er will davon loskommen aber es geht nicht. Weißt du überhaupt irgendwas von Schwarztraum?" Ganz offensichtlich nahm er es nicht selbst und sie wunderte sich, dass er sie mit Fragen löcherte. Was interessierte ihn das?
"Das ist die beabsichtigte Wirkung." Regensang strich eine helle Strähne von Tiger aus seinem Gesicht. "Solange er es nimmt, ist er einigermaßen ruhig und sein Blut unter Kontrolle. Entzieht mans dann den Kriegerprinzen, geraten sie sehr viel öfter in einen Blutrausch." Ihre Miene verzog sich bitter. "Ein tobender Kriegerprinz in der Schlacht ist eben sehr effektiv und dann gleich eine ganze Einheit davon... kannst dirs ja vorstellen. Aber es macht ihn innerlich kaputt." Regensang starrte seufzend zu dem bewußtlosen Kriegerprinz dessen leise Atemzüge zu hören waren. "Er ist nicht mehr so wie früher..." Gerne hätte sie es ihm nicht mehr gegeben, aber Tiger konnte es sich nicht leisten Wochen durch einen harten Entzug zu gehen, wo man seinen Blutrausch anders bändigte. Es gab keine Königin, die das erledigt hätte oder wo man ihm einfach freien Lauf gelassen hätte, nicht in der Armee, nicht hier. Also spritzte Regensang es ihm weiter, jetzt hatte sie ihn auch vorsichtshalber betäubt, damit sein Blut Zeit hatte wieder zur Ruhe zu kommen.
"Er kommt wieder auf die Beine", versicherte Regensang, "In zwei Stunden wird er wieder wach und übellaunig sein."
Dass es noch andere Gründe gab warum Tiger so ausgerastet war, verschwieg sie natürlich. Der Korporal sollte sich um seinen eigenen Kram kümmern. "Ich hoff, du hälst deinen Mund, Bonderus. Dann halt ich auch meinen", fügte sie noch leise hinzu. Denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass er selbst auch Schwarztraum bekommen wollte so wie alle anderen Kriegerprinzen in der Armee. Wie er sich bisher wohl davor gedrückt hatte?

Re: In Sions Armee

So 20. Aug 2023, 19:47

Unter seinen Fingerspitzen an Tigers Hals spürte Malateste einen kräftigen, regelmässigen Pulsschlag. Er spürte auch Regensangs bösen Blick den sie ihm unter ihren verfilzten Haaren hervor zuwarf.
"Was geht dich das an?", fauchte sie ihn leise an und beugte sich über Tigers bewusstlosen Körper näher zu ihm. Sie hielt dem Blick des Kriegerprinzen stand, und Gualterio zweifelte schon daran von ihr etwas zu erfahren, als Regensang unvermittelt weitersprach. Sie zischte ihn an, ob er denn irgendetwas über Schwarztraum wüsste, und das Tiger versuchte davon loszukommen. Die zerlumpte Heilerin strich liebevoll eine Strähne aus Tigers Gesicht. Der Zusammenhalt der Sechsten war ungemein stark. Es waren Sträflinge die zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammengeschweisst worden waren. Nur wenige Armeeeinheiten hielten so eng zusammen.
"Solange er es nimmt, ist er einigermaßen ruhig und sein Blut unter Kontrolle. Entzieht mans dann den Kriegerprinzen, geraten sie sehr viel öfter in einen Blutrausch." Regensangs Stimme war voller Bitterkeit als sie weiter erklärte wie effektiv ein tobender Kriegerprinz in der Schlacht war, und davon eine ganze Einheit. Malateste konnte sich das nur zu gut vorstellen, er war selber Kriegerprinz. Die Heilerin flüsterte weiter leise und bitter, dass Schwarztraum Tiger innerlich kaputt machen würde, und er nicht mehr derselbe wie früher wäre.
Der beleibte Kerl unter Tiger kam zu Bewusstsein und versuchte sich unter dem bewusstlosen Kriegerprinzen hervorzuwinden. Er störte das Gespräch gerade ungemein, also schickte ihn Malateste mit einem Faustschlag gegen die Schläfe zurück ins Reich der Träume.
"Er kommt wieder auf die Beine", versicherte Regensang ihm, "In zwei Stunden wird er wieder wach und übellaunig sein. Ich hoff, du hälst deinen Mund, Bonderus. Dann halt ich auch meinen", fügte sie am Ende noch leise hinzu.
Das war also Schwarztraum. Eine Droge die starke Abhängigkeit verursachte und Kriegerprinzen ruhig hielt. Danach entzog man ihnen die Droge und schickte sie in die Schlacht, ein Haufen Kriegerprinzen in Blutrausch. Was für ein perfider Plan! Das war also das ‚Balthasar-Regiment‘. Doch für Malateste tat sich ein grosses Fragezeichen auf. Ein Kriegerprinz im Blutrausch war unkontrollierbar, er kannte weder Freund noch Feind. Ein ganzes Regiment von Kriegerprinzen im Blutrausch würde erst einmal gnadenlos über sich selbst herfallen und zerfleischen bis nur noch ein Mann stand. Wie wollte Sion diese entfesselte Naturgewalt steuern?

Sein Blick fiel auf Tiger. Dessen Schicksal liess ihn nicht kalt und er konnte nicht vermeiden, dass Sympathien für den spitzohrigen Kriegerprinzen in ihm aufwallten. Bald würde Sion persönlich im Fort auftauchen, und spätestens dann würde Gualterio Schwarztraum selbst nehmen müssen, Sion würde es ansonsten bemerken. Malateste würde selbst von dieser verfluchten Droge abhängig werden. Er wagte nicht daran zu denken was passierte, wenn im Entzugsrausch der Kriegshund entfesselt werden würde. Ihn schauderte bei der Vorstellung.
„Keine Angst, ich werde nichts erzählen“, entgegnete er Regensang, „Es gibt nichts zu erzählen. Die sechste hat eine Kneipenschlägerei beendet, das ist höchstens ein kurzer Eintrag wert.“ Malateste lächelte kurz sein schiefes Lächeln. „Und glaub mir, ich habe nicht vor als tollwütiger Idiot im Balthasar-Regiment zu enden. Leider ist das mein Schicksal. Bald kommt Sion ins Fort und dann werde ich, genau wie Tiger, süchtig und mein Ende vorbestimmt sein.“ Er atmete schwer ein. „Leider kann man sein Schicksal nicht immer ändern. Was soll ich tun, überlaufen?“ Er lachte leise und bitter auf, erhob sich dann und rief laut zu seinen Leuten rüber. „Es gibt hier nichts mehr zu tun, die Sechste hat die Lage unter Kontrolle. Und gleich werde ich euch erzählen was ihr eben alles falsch gemacht habt, das war ja erbärmlich. Hat Lorcann euch nur an Seilen hochklettern lassen und unter Stacheldraht durchgejagt? Ab sofort werde ich euch jeden Tag eigenhändig unterrichten.“
Malateste musterte noch einmal die Heilerin und wartete ob sie ihm noch was sagen wollte. Er hatte eben hoch gepokert mit seinem Satz vom Überlaufen, er hoffte, sich nicht in Regensang und der Sechsten getäuscht zu haben.
Antwort schreiben



Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Erde, Essen, NES, USA, Reise

Impressum | Datenschutz