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In Sions Armee





Re: In Sions Armee

Beitragvon NSC » Mo 4. Sep 2023, 17:03

Rashar

"Dreißig... Vierzig... Fünfzig... Sechszig, wie immer." Rashar hatte das Geld abgezählt und reichte es der hübschen Frau, die rauchend am Fenster stand, ihren Mantel fest um sich geschlungen, obwohl sie drinnen waren. Clara nahm das Geld entgegen, steckte es rasch weg. Der Eyrier räusperte sich, trat zur Türe. "Du kennst ja den Hinterausgang.. ich will dich auch nicht von deiner Arbeit abhalten."
"Rashar?", hielt sie ihn nochmal zurück. Der Kommandeur schloss die Türe kurz wieder bevor er sie gänzlich geöffnet hatte. Fragend sah er sie an.
"Ist es das wenigstens alles wert?"
Rashar lächelte schwach. "Ja, ich denke schon", erwiderte er und verließ das kleine, schäbige Zimmer. Während er die Treppe nach unten in den Schankraum schritt, befestigte er wieder die Geldkatze an seinem Gürtel, versah sie mit einem leichten Schutz vor eventuellen Dieben. Er war zwar der Kommandeur, doch hier im Schwarzen Kessel zählte das nicht so viel wie man glauben mochte.
"He, Boss, wie war die Kissenschlacht?", rief Einauge rüber, der zusammen mit einer Dirne und zwei anderen Männern an einem der Tische saß. "Wer hat gewonnen?" Rashar bahnte sich einen Weg zu ihm, entdeckte jedoch auch Jason Bonderus, der sich ein zweites Mal in den Schwarzen Kessel getraut hatte. Mißtrauisch wurde er von den Männern beäugt, bekam auch einige zotige Sprüche ab. Viele hatten etwas mit Impotenz zu tun wie Rashar mit halben Ohr mithörte.
"Sie", beantwortete er Einauges Frage, als er bei dem Tisch angelangt war. Der Soldat und die anderen am Tisch lachten. Der Kommandeur beugte sich näher zu dem einäugigen Veteranen hin, so dass er ihm etwas zuflüstern konnte. "Wir treffen uns nachher im Hinterzimmer... alle. Und wenn du noch einmal behauptest, ich würde mit Clara schlafen, ist dein neuer Spitzname, der Blinde. Klar?", zischte er ihm zu. Einauge verstummte, nickte bloß und nahm einen raschen Schluck aus seinem Bierkrug. Rashar nickte den Leuten am Tisch nochmal lächelnd zu, ging dann zur Bar und ließ sich eine Flasche guten Whiskey und zwei Gläser geben. Sein Blick schweifte kurz über seine Männer, die allenfalls teilweise durch ihre Uniformen vom Rest der anderen Verbrecher zu unterscheiden waren. Es glich einem Tanz auf einer Ladung Sprengpulver eine Gruppe Banditen, Mörder, Betrüger, Schmuggler, Diebe, Schänder und dergleichen unter Kontrolle zu halten. Rashar machte sich keine Illussionen, nicht alle waren hier, weil sie an das Richtige glaubten. Doch er war einer von ihnen, niemand konnte zurück.
Regensang saß zusammen mit Wanderer, Pik und Elster an einem Tisch, sie spielten Karten, wobei Rashar nicht daran zweifelte, dass Pik gewinnen würde. Wie immer. Und dass er trotz allem seinen Gewinn wieder an Elster verlieren würde. Wie immer. Neben der Bar stand Zucker und noch zwei andere Männer, warfen mit Pfeilen auf eine Korkscheibe und tranken dabei ab und zu Hochprozentiges. Der Kommandeur gesellte sich zu keinem von ihnen, sondern ging hinüber zu Bonderus, stellte ihm eines der kleinen Gläser hin.
"Nabend, Bonderus", begrüßte er ihn, setzte sich und goss ihnen beiden was aus der Flasche ein. "Noch ein kleiner Abstecher bevors in den Roten Hahn geht?" Rashar machte eine abwehrende Geste. "Ich hab die kleine Ansprache an eure Leute gehört. Seid froh, dass sie noch darauf hören." Der Eyrier blickte schmunzelnd in die Runde, hob sein Glas an. "Wenn meine Reden nicht die Worte Huren, Töten und Freibier enthalten, hört mir sowieso keiner zu", scherzte er. "Nicht unbedingt in der Reihefolge." Er kippte den Whiskey runter.
"Jetzt wo ihr euch ums Umland kümmerst... ich wollt euch um einen kleinen Gefallen bitten." Schließlich hatte er den Kriegerprinzen nicht bloß aus reiner Nächstenliebe in den Schwarzen Kessel eingeladen. Rashar besprach das lieber hier als im Fort. Und er hätte es überhaupt nicht angeschnitten, hätten Tiger und Regensang nicht gut über den Korporal gesprochen. Obgleich die Heilerin hatte durchklingen lassen wie sauer Tiger gewesen war als Bonderus den Entzug am letzten Tag abgebrochen hatte. Rashar hatte sich alles von Regensang über die "Rettung" dieser Rekrutin berichten lassen, natürlich hatte sie so sein Interesse. Der Kommandeur fragte sich, ob Bonderus der Versuchung des Schwarztraum bloß erlegen war oder ihn etwas anderes angetrieben hatte. Die Karriere? Oder hatten seine Instinkte übernommen? Nicht nur deswegen hoffte Rashar, dass Tiger bald zurückkam um mit ihm darüber reden zu können.
"Ich nehme an, ihr werdet auch die Abgaben der umliegenden Dörfer eintreiben? Es gibt ein Dorf darunter, Tarskalin, dem ich einen Aufschub gewährt habe. Wenn ihr und deine Leute Tarskalin also nicht behelligen würdet... nur für ein paar Tage, nur solange bis die Sechste ausgerückt ist." Er sah Jason abwartend an. "Was ist, kann ich auf euch zählen?", fragte er.
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von Anzeige » Mo 4. Sep 2023, 17:03

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Re: In Sions Armee

Beitragvon Malateste » Mo 4. Sep 2023, 17:05

Das Bild hatte sich kaum verändert, der „Schwarze Kessel“ beherbergte weiterhin den Bodensatz aus Lorakas Gesellschaft. Die eine Hälfte der Gäste würde für ein paar Münzen der anderen Hälfte ohne zu zögern die Kehle durchschneiden, dessen war sich Malateste sicher. Aber trotzdem wurde er von allen Anwesenden argwöhnisch beäugt, auch wenn er es optisch mit den übelsten Schlägern hier aufnehmen konnte. Schon beim letzten Mal war ihm hier nur schlecht verhohlene Feindschaft entgegen geschlagen, aber dieses Mal zielten die bösartig gezischten Spötteleien aus der Menge wortwörtlich unter die Gürtellinie. „...toter Fisch in der Hose..., „...kriegt keinen mehr hoch...“
Heute Morgen, unter Einfluss des frischen Schwarztraums, hatte ihn der Gedanke als impotent zu gelten nicht gross gekümmert. Es war eine Sache dies vor ein paar Männern zu sagen, aber eine komplett andere wenn eine ganze Stadt ihn tatsächlich dafür hielt. Der Kriegerprinz war verblüfft wie schnell das Gerücht die Runde gemacht hat. War dies wirklich besser als ein Gerücht er würde auf die süsse Rekrutin fliegen? Was wäre so schlimm daran gewesen?
Gualterio stapfte zerknirscht durchs Lokal. Wenn er sich hier mit einem der Halunken hanlegte, hätte er gleich die ganze Horde am Hals und müsste das Lokal dem Erdboden gleich machen. Also blieb ihm nichts anderes übrig als sich zur Ruhe zu zwingen. In der Nähe der Bar stand ein kleiner wackliger Tisch an dem ein Kerl sass, der es geschafft hatte, schon zu dieser frühen Abendstunden besinungslos betrunken zu sein. Malateste stiess ihn mit dem Stiefel von Stuhl und setzte sich, der Betrunkene grunzte nur und schnarchte dann auf dem mit verdreckten Binsen ausgelegten Holzboden friedlich weiter.
Der Hayllier blickte sich um und konnte bald die Mitglieder der Sechsten unter den Gästen ausmachen. Sie wären nicht vom restlichen Pack zu unterscheiden gewesen, hätte er den Grossteil der Gesichter nicht schon im Fort gesehen, oder würden sie teilweise Uniformstücke tragen. Er konnte Regensang ausmachen die mit einigen anderen Karten spielte und auch Zucker bei einem improvisierten Pfeilspiel. Wenn Laree nicht in der Krankenstation läge, hätte er sie bestimmt auch hier angetroffen. Vielleicht würde sie mit Zucker zusammen Pfeil werfen und diesen klaren Fusel saufen. Gualterio grollte leise. Dann hätte sich die Hexe aber nur an seinen Rat gehalten. Hatte er ihr nicht gesagt sie solle sich an die Sechste wenden? Gereizt blickte der schwer bewaffnete Kriegerprinz sich um. Gab es denn hier keine Bedienung? Eine Schankmaid fand er nicht, dafür entdeckte er Karssail der sich mit eine Flasche und zwei Gläsern den Weg zu ihm bahnte.
Der Kommandeur stellte Flasche und Gläser auf dem Tisch ab und begrüsste ihn.
„Dir auch“, entgegnete Malateste knapp und mit leicht gereizter Stimme. Der Eyrier setzte sich ungefragt und füllte die Gläser mit dem billigen Whiskey auf. Rashar fragte nach ob er noch einen kleinen Abstecher machen wollte bevor es in den „Roten Hahn“ ging. Misstrauisch kniff Gualterio die Augen zusammen, woher wusste Karsail...
Der Kommandeur schien seine Gedanken gelesen zu haben und hob beschwichtigend die Hand. "Ich hab die kleine Ansprache an eure Leute gehört. Seid froh, dass sie noch darauf hören." Er blickte sich amüsiert im Lokal um. "Wenn meine Reden nicht die Worte Huren, Töten und Freibier enthalten, hört mir sowieso keiner zu", scherzte er. "Nicht unbedingt in der Reihefolge."
Gualterio wunderte sich über Rashar. Er hatte ihn gegen Frostseel kämpfen gesehen, er war stümperhaft gewesen. Also musste er ein verdammt guter Menschenkenner sein, denn normalerweise liess sich so ein Haufen wie die Sechste nur durch das Recht des Stärksten beherrschen, und Gewalt war die einzige Sprache die in einem Umfeld wie dem „schwarzen Kessel“ verstanden wurde.
Karssail kippte den Whiskey runter. Malateste tat es ihm gleich und leerte sich den Inhalt des anderen Glases in den Rachen. Es brannte im Hals und den Eingeweiden und es war Fusel, aber es tat verdammt noch Mal gut. Der Kriegerprinz hätte nicht gedacht das Rashar so schnell zur Sache kam, aber das der Kommandant nicht um den heissen Brei herumredete gefiel ihm.
"Jetzt wo ihr euch ums Umland kümmerst... ich wollt euch um einen kleinen Gefallen bitten."
Gualterio nahm die Flasche und schenkte beide Gläser noch einmal schwungvoll nach, so dass ein Teil über den Rand schwappte und das raue Holz des Tisches netzte.
„Ich höre“, antwortete der Hayllier und leerte das zweite Glas.
"Ich nehme an, ihr werdet auch die Abgaben der umliegenden Dörfer eintreiben?“, begann der Eyrier. „Es gibt ein Dorf darunter, Tarskalin, dem ich einen Aufschub gewährt habe. Wenn ihr und deine Leute Tarskalin also nicht behelligen würdet... nur für ein paar Tage, nur solange bis die Sechste ausgerückt ist." Er sah Malateste abwartend an. "Was ist, kann ich auf euch zählen?", fragte er.
Gualterio füllte das kleine Glas erneut und entzündete den Fusel dann mit Hexenfeuer. Der Alkohol brannte mit einer blauen Flamme ehe der Kriegerprinz ihn ausbliess und den heissen Whiskey wegkippte. Keuchend stiess Malateste den Atem aus und lächelte grimmig.
„Jetzt ist besser, jetzt kann ich reden. Also, wenn ich die Dörfer in der Reihenfolge des Alphabets und ab und an mit einem Knotenpunkt dazwischen abklappere, würde es bestimmt einige Tage dauern ehe Tarskalin an die Reihe kommt, nicht wahr?“
Malateste zog den breitkrempigen Filzhut mit der roten Feder aus und legte ihn auf den Tisch ehe er Blickkontakt mit Karsail aufnahm.
„Wenn ihr Tarskalin Aufschub gewährt habt, bedeutet dies das ihr vorher die Aufgabe ausgeführt habt die ich jetzt machen soll? Und ich habe heute erfahren was der nächste Auftrag der Sechsten ist. Wenn es stimmt was ich gehört habe, bezweifle ich, dass die Sechste anders als in Stücken auf einem Karren verteilt zurück kehrt. Es sei denn ich kenne nicht alle Fakten, oder?“
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Re: In Sions Armee

Beitragvon NSC » Mo 4. Sep 2023, 17:08

Rashar

Der Eyrier wunderte sich nicht großartig, dass der Kriegerprinz etwas gereizt auf ihn reagierte. Es war Abend und Regensang hatte Rashar gesagt, dass Bonderus seine tägliche Dosis Schwarztraum morgens zu sich nahm. Er kannte das von Tiger, er war meist von mittags bis nachmittags unausstehlich, da er die Spritze abends nahm. Doch da sie oft nachts unterwegs waren, war es so besser. Rashar wünschte die Droge wäre nicht notwendig gewesen, er sah ja was sie mit seinem alten Freund anstellte. Aber Tiger konnte keinen Entzug machen, nicht jetzt. Der Kommandeur hoffte für ihn, dass der halbe Tigerlaner nicht mit Schwarztraum im Blut sterben würde, das hatte er nicht verdient.
Ob Bonderus noch wegen etwas anderem gereizt war? Man sollte meinen, seinen eigenen Trupp Leute zu bekommen, würde seine Stimmung heben. Der Korporal goss ihnen großzügig Whiskey nach, nachdem sie das erste Glas gemeinsam geleert hatten. Rashar legte derweil dar was genau er von Bonderus wollte, drehte sein eigenes volles Glas zwischen den Fingerspitzen hin und her ehe er es in einem Zug leerte. Er vertrug vielleicht nicht so viel wie andere im Schwarzen Kessel, aber genug, dass er einige Gläser von diesem Rachenputzer verdrücken konnte ohne dass ihm schwindelte. Genauso wie er ganz passabel Karten spielen konnte, er war gut, aber nicht der Beste. Früher hatte ihn so etwas gestört, doch jetzt nicht mehr. Rashar wußte von allen Dingen im Soldatentum genug um mitreden zu können, bei einigen so viel, dass er Entscheidungen treffen konnte. Aber er hatte schon früh gelernt, dass es oft keine Rolle spielte ob man der Beste war. Es gab genug Variabeln darin wie man eine Situation zu seinem Gunsten ausspielen konnte und er.... er war der Beste darin auch mit einem schlechten Kartenblatt zu gewinnen.
Der Kriegerprinz ihm gegenüber zündete seinen dritten Whiskey mit einer Zunge Hexenfeuer an, so dass der Alkohol blau aufflammte.
"In der Reihenfolge des Alphabets?" Rashar lachte. "Das würde Orekh gefallen. Aber ja, Tarskalin liegt ein bißchen weit ab vom Schuß. Ihr kämet bestimmt bei eurer ersten oder zweiten Route nicht dorthin...", suggerierte er und glaubte, dass Bonderus durchaus verstand. Der großgewachsene Mann mit den breiten Schultern legte seinen Hut ab, blickte ihn an und stellte ihm dann einige Fragen.
"Ihr meint Kommandeurin Frostseel würde der Sechsten die Eintreibung der Vorräte anvertrauen?" Rashar schmunzelte über diesen Gedankengang ehe er sich Whiskey nachschüttete und gleich auch austrank, tief ausatmete. "Nein, das nicht, aber ich habe ein paar Bekannte in Tarskalin. Sie haben mich um diesen Gefallen gebeten, denn die Vorräte sind knapp. Und nun bitte ich euch. Verhungerte Bauern können nur schwer Felder bestellen und Tiere versorgen, nicht wahr?" Es sollte Bonderus' Schaden ja auch nicht sein. Wenn Rashar sich auf den Kriegerprinzen wirklich verlassen konnte, sicher war er sich da nicht.
Bonderus deutete auch an, dass er über den nächsten Einsatz der Sechsten wüßte und dass jene nach allem was er gehört hatte wohl eher in einem Leichenkarren zurück nach Loraka kommen würde. "Niemand kennt je alle Fakten", gab Rashar gelassen zurück. "Erledigt ihr nicht gerne einen Gefallen für einen Toten?" Das war noch so eine Sache. Wenn Bonderus wie die anderen davon überzeugt war, dass Rashar nicht mehr wiederkam. Warum sich dann an seine Bitte halten? Aber der Eyrier brauchte in Tarskalin ja nur solange Ruhe bis sie aufgebrochen waren...
"Ich hab Kommandeurin Frostseel den Kopf des feindlichen Kommandeurs versprochen. Aber ich kann euch eine andere Trophäe mitbringen. Was ihr auch möchtet", bot Rashar an. Das war das Schöne daran, wenn sie trotz allem siegreich waren, sie konnten die Feinde zuerst plündern. Von einigen in der Sechsten der liebste Zeitvertreib. Wobei auch Verbündete nicht unbehelligt blieben. Einige wußten nie wo Schluß war.
"Wißt ihr warum ich Kommandeur der Sechsten bin? Abgesehen davon, dass niemand diesen scheiß Posten haben wollte?", fragte der Prinz und neigte sich etwas vor. "Nicht weil ich der Beste bin, sondern weil sie dank mir bisher überlebt haben. Und das gedenke ich wieder zu tun. Also schreibt uns nicht zu vorschnell ab. Der Sieg schmeckt umso süßer wenn man das Schicksal darum betrogen hat." Er lächelte und trank seinen Whiskey aus.
Die Tür des Wirtshauses schwang wieder auf, drei bullige Männer mit Flickenwesten auf den nackten Oberkörper und weiten schwarzen Hosen kamen herein. Sie fingen gleich einen hitzigen Streit mit Zucker und einigen der anderen an, es ging um irgendwelche Schulden und Straßenkontrollen, es dauerte nicht lange bis der erste Stuhl über einem der Kerle zusammenbrach und eine Schlägerei entbrandete.
Rashar wandte nur kurz den Kopf ehe er wieder zu dem Kriegerprinzen blickte, wartend darauf, dass jener eine eindeutige Zu- oder Absage erteilte. Wenn Bonderus den Gefallen stattdessen an Lorcann oder dergleichen weiterleiten würde, wußte Rashar wenigstens woran er war.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Malateste » Mo 4. Sep 2023, 17:10

Das die Dörfer in der Reihenfolge des Alphabets geplündert werden sollte entlockte dem Eyrier ein Lachen. Und er deutete an, Tarskalin würde etwas abseits von den anderen Siedlungen liegem und könnte schon mal übergangen werden. Gualterio nahm den gewünschten Faden auf.
„In der Tat, ich habe die Karte gesehen, ich glaube Tarskalin spare ich mir für den Schluss auf.“ Das Frostseel der Sechsten eine solche wichtige Aufgabe wie das Eintreiben der Vorräte überlassen könnte amüsierte den Kommandanten und er trank noch ein Glas ehe er vage behauptete in Tarskalin einige Leute zu kennnen. Klar, selbstverständlich kannte ein Eyrier von weit her einige Leute in einem abgelegenen Dorf. Selbstverständlich würde Karsail Malateste nicht die Wahrheit sagen, aber diese Bitte an sich war schon eine Art Vertrauensbeweis, oder ein Test.
„Ja, verhungerte Bauern bestellen ihr Felder schlecht. Und was ist mit all den anderen Dörfern die nicht Taskalin heissen? Wisst ihr, genau das macht mir bei meinem neuen Einsatz zu schaffen. Ich bin nichts Besseres als ein Räuber der wehrlose Bauern bestiehlt. Darin liegt keine Ehre.“ Auf diese bitteren Worte hinab leerte Malateste noch ein Glas und knallte es auf den Tisch.
Rashails Antwort auf die düstere Zukunftsprognose der Sechsten, das man sie nicht so schnell abschreiben sollte, munterte den Hayllier auf und er lächelte leicht. Karsail machte nicht den Eindruck, dass er und seine Leute in den Tod zogen, im Gegenteil schien er guter Dinge zu sein erfolgreich mit dem Kopf des Kommandanten zurück zu kehren. Aber wenn Rashar heimlich mit den Rebellen kooperierte, konnte es wohl nicht in seinem Sinne sein das gegnerische Fort zu besiegen, denn als Rebell wären diese Leute seine Verbündeten. Oder übersah Gualterio da etwas?
Der Kriegerprinz winkte ab. „Ich will keine Trophäen von euch. Ich hole mir meine Trophäen meist selber. Und ich bin mir sicher, dass ich nicht für einen Toten einen Gefallen erledige. Nein, nein, Ich denke ihr kommt zurück. Ich hoffe es. Zu gerne möchte ich Lorcanns und Boverts dämliches Gesicht sehen wenn die Sechste auch von diesem Einsatz zurückkehrt.“
Rashar fragte den Kriegerprinzen ob er wisse weshalb er Kommandant der Sechsten sei und beantwortete die Frage gleich selbst. Sein Geheimnis war, nicht der Beste zu sein, sondern zu wissen wie sie überleben konnten. Mit einem Lächeln trank Rashar sein Glas leer.
Gualterio füllte sogleich beide Gläser nach. „Das ist eine Fähigkeit die zu viele Kommandanten vermissen lassen, in meinen Augen wertvoller als unbesiegbar in der Schlacht zu sein. Darauf trinke ich, aufs Überleben. Salut!“ Eine Sekunde später krachte das leere Glas des Kriegerprinzen wieder auf den Tisch. Er benutzte seine Juwelenkraft nicht, um die Wirkung des Alkohols einzudämmen, viel mehr hoffte er heute einen ordentlichen Rausch zusammenzubekommen und zu vergessen.
Die Tür schwang auf und drei Kerle kamen herein die regelrecht nach Stunk rochen. Aber da sie an ihrem Tisch vorbeischritten war es Malateste leidlich egal.
„Wisst ihr Rashar, ich darf euch doch Rashar nennen, oder?“ Im hinteren Teil der Gaststätte brach ein lauter Streit vom Zaum. „Als Kriegerprinz ist es eine Perversion einem Mann dienen zu müssen. Unser Blut schreit nach einer starken Königin und nur dank Schwarztraum mache ich...“ Malateste deutete schwungvoll in die Runde „...diese ganze Farce hier mit.“
Der Streit hinten war zu einer Schlägerei eskaliert. Gualterio hörte Holz splittern und wütende Schreie, aber er blickte noch nicht mal hin sondern füllte sich sein Glas erneut auf.
„Ich glaube ich bin zu blöde dieses Tarskalin überhaupt auf der Landkarte zu finden.“ Der Kriegerprinz lächelte voller Schalk. „Dafür müsst ihr mir auch einen Gefallen tun: kommt von dem nächsten Auftrag zurück. Denn ihr müsst wissen, ich mag euch und Tiger und Regensang und die ganze zerlauste Bande.“ Malateste beugte sich etwas vor und sprach leiser während hinten die Geräusche der Schlägerei aufbrandeten. „Und wenn die Sechste nicht mehr da ist, wer zum Teufel unterstützt dann den Widerstand?“ Malateste lehnte sich im Stuhl zurück und versuchte sein Glas voll zu bekommen, aber irgendwie landete ein Grossteil links und rechts auf dem inzwischen nach Whiskey stinkenden Tisch.
„Verfluchte Scheisse!“, stiess der Kriegerprinz hervor und trank gleich aus der Flasche.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon NSC » Mo 4. Sep 2023, 17:11

Rashar

Der Kriegerprinz war nicht auf den Kopf gefallen, denn Rashars vage Erklärung, vielmehr dürftige Ausflucht warum in Tarskalin interessierte, rief noch mehr Fragen seitens Bonderus hervor. Warum ausgerechnet in diesem einem Dorf die Bauern nicht verhungern dürften. "Na, man kann nicht allen helfen, wie sähe das denn aus?", entgegnete der Eyrier. Er hätte Bonderus noch mehr anvertrauen können, hätte ihm von dem Schmied in Tarskalin erzählen können, doch er tat es nicht. Zu viel hing davon ab und Rashar wollte die Lieferung in trockenen Tüchern wissen. Vielleicht wenn sie zurückkehrten. Wenn...
Inzwischen lamentierte der Korporal herum, dass es ehrlos wäre die Landbevölkerung wie dreckige Räuber zu bestehlen. Dabei begann er sich selbst immer wieder von der Whiskeyflasche zu bedienen, Rashar hatte immer noch ein volles Glas vor sich stehen, hielt sich lieber zurück. "Ehre? Niemand hat mir was von Ehre gesagt als ich in die Armee eingetreten bin. Hier gibts keine Ehre. Nur Überleben", bemerkte er, doch er klang nicht halb so bitter wie Bonderus. Man sollte meinen keiner der Männer und Frauen aus den Salzminen wüßten etwas mit dem Begriff Ehre anzufangen, aber im Grunde war es so kostbar, dass Rashar nichtmal darüber sprechen wollte. Ehre war zerbrechlich, sie mußte gehütet und gut versteckt bleiben. Trotzdem munterte der Kommandeur den Kriegerprinzen vor sich auf indem er durchschimmern ließ, dass die Sechste noch nicht allzu bald dem Untergang geweiht war.
Bondrus wollte keine Trophäen, was Rashar sich schon gedacht hatte. Er wolle bloß Lorcanns und Boverts dämliches Gesicht sehen wenn die Sechste erfolgreich von ihrem Einsatz zurückkehrte. Rashar lachte leise in sich hinein, trank auch noch etwas Whiskey. "Ja, ich hoffe, dafür lebe ich auch noch lange genug." Es gab so ein paar Gesichter, die er im Fort wiedersehen wollte. Aber erst mußten sie gewinnen... erst mußte er die Menschen töten denen er eigentlich helfen wollte. Einige in der Sechsten dachten wie er, der Rest hatte sich schon lange damit abgefunden, dass sie entweder töteten oder selbst starben. Es gab kein dazwischen. Das erstaunlichste fand der Eyrier, war, dass niemand desertierte. Anfangs hatten sie lange darüber gestritten, denn Sion hatte sie regelrecht gezwungen entweder in die Armee einzutreten oder als Arbeitersklaven zu enden. Viele waren beigetreten allein mit dem Hintergedanken bei der erstbesten Gelegenheit abzuhauen. Rashar hatte sie vom Gegenteil überzeugt. Aber er hätte es nicht ohne Alienor geschafft.
"Aufs Überleben, Salut", fiel Rashar ein, als Bonderus ausrief, er würde darauf trinken. Er begann relativ viel zu trinken. Was hatte er zu vergessen? Der Kriegerprinz sprach weiter, fragte ihn zwischendurch fast kumpelhaft ob er ihn mit Vornamen ansprechen dürfe. Der Kommandeur nickte schmunzelnd. "Ja, wenn ich euch Jason nennen darf", gab er zurück. Der Korporal klagte, dass es für einen Kriegerprinzen noch schwerer wäre einem Mann zu dienen, es wäre abartig und er würde es bloß dank dem Schwarztraum aushalten. "Stellt euch doch einfach vor, dass ihr seiner Gefährtin dient. Sie ist eine Königin. Vielleicht fällt es euch dann leichter", erwiderte Rashar beiläufig, obwohl er solch einen Satz niemals in der Nähe eines wahrhaftig siontreuen Soldaten hätte sagen können. Bonderus schien aber alles andere als ein solcher zu sein.
Bonderus kam nochmal zurück auf Tarskalin, bekräftigte, dass er vermutlich viel zu dumm wäre das Dörfchen auf der Karte zu finden. Rashar lachte leicht. "Ihr wäret nicht der erste, der die Karten falsch liest..." Oh ja. Vor allem nachdem er sie teilweise verändert hatte. Der Kriegerprinz bat ihn vom nächsten Auftrag zurückzukommen, denn er würde ihn, Tiger, Regensang und den Rest der Bande mögen. Seine Stimme sank herab ehe er noch hinzufügte, wenn es die Sechste nicht mehr geben würde, wer dann den Widerstand unterstützen würde. Rashar lehnte sich zurück, atmete kurz durch. Das war mehr als eine versteckte Andeutung, das war gefährlich nah. Aber war es ein Versuch eines Gleichgesinnten ihm die Hand zu reichen oder der Versuch eines verdeckten Internen ihn in eine Falle zu locken? Der Eyrier blieb vorsichtig. Den letzten Internen hatten sie umgebracht und entsorgt, die Einnahme von Loraka war eine perfekte Ablenkung dafür gewesen...

"Widerstand? Ihr wißt schon was die Sechste ist, ja?", entgegnete Rashar, "Die meisten von uns waren Jahre oder gar Jahrzehnte in den Salzminen, wir sind erst seit kurzem auf... freiem Fuß, sagen wir. Stellt euch zwanzig, dreißig Jahre Gefängnis und Schwerstarbeit vor ohne das Tageslicht zu sehen. Glaubt ihr wirklich, da riskieren wir unser Leben für erbärmliche Verlierer?" Er lächelte diabolisch, seine Augen kalt gebrannt wie jeder Blick von den Leuten aus der Sechsten. Nein, sie hatten keine Angst mehr vor dem Tod, er barg keine Schrecken. "Die meisten von uns sind hier weil sie wieder heiß aufs Töten sind, aufs Morden, Schänden, Plündern... unsere Loyalität liegt vielleicht nicht bei Sion, aber auch nicht beim Widerstand", zischte er leise. "Wir sind uns selbst am nächsten." Es war die Wahrheit, aber natürlich längst nicht alles davon.
Rashar nahm dem Kriegerprinzen die Flasche fort, auf dem masrigen Tisch war der Whiskey in die Holzrillen geflossen. "Meint ihr nicht, ihr solltet euch noch was für den Roten Hahn aufsparen?", erinnerte er ihn in etwas milderem Tonfall. "Und ihr solltet aufbrechen. Sonst kommt ihr noch zu spät, Jason." Er nickte ihm zu, lehnte sich abwartend zurück. Weder hatte sich Bonderus mehr Antworten verdient noch dass er länger hier im Schwarzen Kessel bleiben konnte. Der Mann würde sich beweisen müssen bevor Rashar auch nur daran denken konnte ihn als Verbündeten zu sehen.
Aber es war ein Anfang.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Malateste » Mo 4. Sep 2023, 17:15

Nach einem tiefen Schluck des Fusels stellte der Kriegerprinz die Flasche hart auf den Tisch zurück, liess sie aber nicht los. Das Spiel war gefährlich. Wenn Karssail jetzt falsch reagierte, Gualterio das Gefühl gab ihn verraten zu wollen, sei es aus Geldgier oder weil er sich in Rashars Gesinnung getäuscht hatte, dann würde er den Kommandanten der Sechsten hier und jetzt töten müssen. Von der Zweiten würde er dafür bestimmt noch nicht mal belangt werden, eine Handlung im Affekt würde es vermutlich heissen, und dazu gäbe es eine Beförderung. Das Problem wäre hier rauszukommen, aber die Schlägerei hinten würde ihm die nötige Ablenkung geben. Unter scheinbar durch den Alkohol schweren Liedern hervor beobachtete er den Kommandanten. Rashar hatte sich wie er zurückgelehnt, und es dauerte einen langen Augenblick ehe er antwortete. Zu gerne hätte Malateste gewusst, was Karssail gerade dachte.
Dieser gab sich keine Blösse in der Antwort welche er gab. Er setzte ein teuflisches Lächeln auf und seine Augen offenbarte die Kälte erlebter Schrecken. Sie hätten die Wahl gehabt zwischen den Salzminen oder der Armee, ob er sich vorstellen könne zwanzig, dreissig Jahre ohne Tageslicht Schwerstarbeit zu leisten? Malateste konnte sich nur zu gut vorstellen was zwanzig Jahre in Dunkelheit ohne jeglichen Kontakt zu anderen Menschen bedeutete, die Schrecknisse welche die Angehörigen der Sechsten geprägt hatten, kannte er selbst oder hatte sie selbst durchgeführt, nur hatte er einen anderen, dunklen und seltsamen Weg gefunden damit umzugehen. Er war Opfer und Täter, aber meist war er Täter gewesen.
Rashar fragte ob er wirklich glaube, dass sie ihr Leben für Verlierer aufs Spiel setzen würden. Die meisten von ihnen wären Plünderer, Mörder, Schänder. Sie hätten zwar keine Loyalität gegenüber Sion, aber auch nicht gegenüber dem Widerstand. Sie standen sich selbst am Nächsten.
Was der Kommandant sagte klang glaubwürdig, aber es war auch genau das was man über die Sechste sagte. Und was man hörte entsprach selten die Wahrheit. Und wieso sollten sie ihr Leben für Verlierer aus Spiel setzen? Diese Frage Karssails hinkte, denn ihr Leben war sowieso schon verwirkt. Die Sechste wurde immer kleiner, mit jedem Einsatz wurden es weniger. Die „Verlierer“ des Wiederstands waren die einzige Hoffnung, das zumindest ein paar Mitglieder dieser Kompanie Sions Krieg überstanden.
Gualterio entspannte sich kaum merklich. Er war mit der Antwort zufrieden. Er hatte nicht erwartet das Rashar ihm alles offen legte, denn wieso sollte er ihm trauen? Malateste konnte ein Spion sein, was er ja eigentlich war, aber Karssail würde wohl eher an einen Dhemlanischen als als einen Hayllischen glauben. Doch irgendwann würden beide ihr Misstrauen überwinden müssen, Malateste hatte eben eine Hand dazu gereicht und hoffte, die Tür zum Widerstand einen Spalt geöffnet zu haben. Wenn er sich hingegen völlig geirrt hatte dann… Tja.
"Meint ihr nicht, ihr solltet euch noch was für den Roten Hahn aufsparen?" Der Eyrier nahm Malateste die fast leere Flasche aus der Hand und komplimentierte den Kriegerprinzen anschliessend hinaus. "Und ihr solltet aufbrechen. Sonst kommt ihr noch zu spät, Jason."
Gualterio lächelte undeutbar. „Ihr habt Recht Rashar, ich habe meinen Leuten einen feuchtfröhlichen Abend versprochen.“ Malateste machte zunächst aber noch keine Anstalten aufzustehen. „Alienor? Ich habe sie vor einigen Tagen zum ersten Mal gesehen. Sie wirkte bedrückt und distanziert, aber sie hatte etwas Reines an sich. Ja, sie ist unverkennbar eine Königin zu der das Blut singt. Aber wie kann eine reine Königin die Gefährtin Sions sein?“ Erst jetzt erhob sich der Kriegerprinz und seine Bewegungen wirkten nicht ansatzweise trunken, genauso wie die Schwere des Alkohols aus seiner Stimme gewichen war.
Einer der drei Schläger in Flickenweste erhielt einen Stoss und taumelte aus dem Pulk der kämpfenden Männer auf ihren Tisch zu. Der Kriegerprinz verhakte in einer flüssigen Bewegung einen Fuss im Stiefel hinter der Ferse des Mannes und zeitgleich schlug er ihm mit einer Handkante gegen den Kehlkopf. Wie ein gefällter Baum kippte der Mann nach hinten und blieb röchelnd am Boden liegen. Malateste nahm seinen schwarzen Filzhut vom Tisch und setzte ihn auf. Er fasste sich grüssend an die schartige, breite Krempe und lächelte Karssail an. „Danke für den Whiskey, Rashar. Lange Tage und angenehme Nächte.“
Malateste verliess den „schwarzen Kessel“ und atmete draussen erst einmal tief durch. Der Alkohol war nicht ganz spurlos an ihm vorbeigezogen, wenn auch nicht so schlimm wie er Rashar während des Gesprächs hatte glauben lassen. Er hatte diesen gefährlichen Schritt eben tun, und dieses Risiko eingehen müssen, die Zeit rann ihm zwischen den Fingern hindurch. Er war gespannt wie sich die Sache entwickelte. Und nach dieser Anspannung war er wirklich in der Stimmung für etwas Ablenkung.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon NSC » Mo 4. Sep 2023, 17:16

Rashar

Hatte der Kriegerprinz zuvor noch so gewirkt als hätte er sich mit dem Whiskey übernommen, so änderte sich seine Haltung bald wieder und Rashar mußte zugeben, dass er überrascht war. Er hatte Bonderus nicht so viel Finesse zugetraut. Nachdem er zugestimmt hatte, dass er langsam zum Roten Hahn sollte, kam er nochmal auf Alienor zu sprechen. Sie hätte bedrückt und distanziert gewirkt jedoch auch auf eine gewisse Art rein. Wie könnte so jemand Gefährtin von Sion sein?
"So wie die Sonne Gefährte des Mondes ist in vielen Geschichten?", fragte Rashar zurück. "Warum sie seine Gefährtin ist wissen wohl nur Sion und Alienor allein. Wo die Liebe hinfällt.." Der Kommandeur schüttelte den Kopf, mußte sich bei dem Gedanken doch noch etwas Whiskey genehmigen. Nein, er glaubte nicht, dass die Königin aus Liebe bei Sion war. Alles andere als Liebe...
Der Korporal hatte sich inzwischen ohne weitere Probleme erhoben und als einer der kämpfenden Männer fast gegen ihn stolperte, setzte Bonderus ihn in einer geschmeidigen Bewegung außer Gefecht. Der Mann knallte auf die mit Bier vollgesogenen Binsen und rührte sich nicht mehr. Zucker grinste schadenfroh, mußte sich dann aber gegen einen der anderen Angreifer erwehren indem er ihn packte und mit Schwung über die Bar warf. Gläser und Flaschen fielen klirrend von der Theke.
"Danke für den Whiskey, Rashar. Lange Tage und angenehme Nächte", verabschiedete Bonderus sich, fasste sich an die Krempe seines Hutes, den er wieder aufgesetzt hatte. Das flackernde Licht der Öllampen warf den Schatten der Krempe scharf über sein gutes Auge, so dass man nur das blinde hervorstechen sah.
"Ich hab es lieber umgekehrt. Lange Nächte und angenehme Tage", erwiderte Rashar und hob sein Glas zum Abschied. Der Kommandeur wartete noch bis der Kriegerprinz wirklich weg war ehe er den Blick Einauges über den Schankraum hinweg auffing und ihm kaum merklich zunickte. Rashar erhob sich, trat unbemerkt von der Kneipenschlägerei durch einen schäbigen Vorhang in einen kleinen Flur und von dort in ein weiteres Zimmer, das für Glücksspiele genutzt wurde. Der Eyrier ließ eine Liste erscheinen, wartete bis die anderen hinzukamen.
"Gut, was haben wir?", fragte er. Einauge setzte sich lässig auf einen der Stühle, ließ zwei Geldbeutel erscheinen.
"Spenden von unseren Geschäften", erklärte er. "Genug für einige Überraschungen für unsere Freunde aus Raej..."
"Mir gefällt das nicht", murmelte Regensang, hatte sich neben die Türe gelehnt. Der Eyrier klopfte ihr fürsorglich auf die Schulter.
"Ich weiß, aber das Spiel ist noch nicht vorbei und wir müssen bleiben bis zur Endrunde. Bis zum großen Finale...", erwiderte er.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Malateste » Mo 4. Sep 2023, 17:18

Die Tür des „Roten Hahns“ öffnete sich und der grosse Kriegerprinz betrat die Gaststube. Der „Rote Hahn“ lag in Richtung des Hafenviertels, aber noch nicht nahe genug um als Hafenspelunke durchzugehen. Das Auffälligste im „Hahn“ war die hintere Ecke mit dem schwarz verkohlten Gebälk wo einst ein Brand gewütet hatte und welche für den Namen der Taverne sorgte. Der damalige Besitzer hielt es augenscheinlich für billiger den Namen des Lokals zu wechseln als es zu renovieren. Aber dies sorgte nur für den rauen-liebenswürdigen Charme der Spelunke. Es war eine Taverne wie Malateste sie mochte, rustikal mit niedriger Decke, doch die Binsen am Boden waren sauber, das Interieur alt aber in Schuss gehalten und die Schankmaiden gut aufgelegt und drall. Ein solches Exemplar stand gerade mit dem Rücken zu Malateste und wischte einen leeren Tisch ab, als sie sich plötzlich in den starken Armen des Kriegerprinzen wiederfand. Erst kreischte die Schankmaid erschrocken auf, doch als sie in das schelmisch lächelnde Gesicht des vernarbten Veteranen blickte kicherte sie vergnügt. Gualterio trug sie durch die Schankstube zu den drei zusammengerückten Tischen an denen seine Leute sassen und sich augenscheinlich aufs Prächtigste amüsierten. Darauf jedenfalls liessen die leeren Krüge und Gläser schliessen welche die Tische füllten und die gelöste Stimmung. Verulia übte sich im Armdrücken mit Kalantes und Malateste war sich nicht sicher ob Kalantes die zähe Tammuz besiegen würde, die beiden Pendas hatten jeweils auf einen der Kontrahenten gesetzt und feuerten seinen Mann, beziehungsweise in Brions Fall seine Frau auf die er gesetzt hatte, an. Der breitschultrige Wulfhere hatte seine langen blonden Haare zu zwei Zöpfen geflochten und seine eisblauen Augen blitzten auf als er sich mit dem Handrücken Bierschaum von seinem Schnauz wischte während er einen weiteren leeren Bierkrug auf den Tisch knallte. Isobel unterhielt sich mit der Fährtenleserin Messatia während der Pruuler Jakeem ihr dabei heimlich in den Ausschnitt linste. Die drei Neuzugänge von Frostseel sassen zwar zusammen, schotteten sich aber nicht ab, sie lachten gerade über die Pointe einer Geschichte welche der glatzköpfige Machar zum Besten gegeben hatte. Gwyn nippte an einem Krug und unterhielt sich mit Estelo über eine Angriffsart mit dem Langschwert. Der Veteran Pellia erblickte den Korporal als ersten und winkte ihm zu.
Der Korporal liess sich, noch immer mit der Schankmaid im Arm, auf den leeren Stuhl fallen den Brion Penda im zuschob. „Oha“, lachte Malateste und überblickte die Tische, „scheint als hätte ich einen Vorsprung aufzuholen.“ Er hob mit dem Zeigefinger das Kinn der rothaarigen Schankmaid an. Sie war hübsch, mit ein zwei Pfunden zuviel an den richtigen Stellen und frechen Sommersprossen. „Wie heisst du Süsse?“ „Marika mein Grosser“, gab sie spitzbübisch zurück. Gualterio liess eine Geldkatze erscheinen und hielt sie vor Marikas Gesicht die plötzlich ganz grosse Rehaugen bekam. Er holte eine Goldmark hervor, und die Augen des Mädchens wurden tatsächlich noch grösser. „Also Marika…“ Gualterio schob die Münze in das tiefe Tal zwischen ihren Brüsten, wie ein Junge seinen Spargroschen in den Schlitz seines Sparschweines, „…ich bin Jason, und das hier sind meine Leute. Wir wollen heute Abend feiern du du wirst uns bevorzugt behandeln, nicht wahr?“ Die Schankmaid nickte heftig mit dem Kopf. „Ich sehe noch nicht mal andere Gäste“, meinte sie mit unschuldigem Blick. Die beiden Pendas lachten schallend auf und Malatestes Grinsen wurde noch breiter. „Sehr schön. Dann bring uns doch mal jedem einen grossen Krug von dem würzigen dunklen Bier aus dem Eichenfass dort hinten, du weisst schon, das für spezielle Gelegenheiten. Und bis das Bier gezapft ist, nehmen wir ein zwei Flaschen von dem berüchtigten Kartoffelschnaps.“ Er stellte Marika auf den Boden. „Los jetzt!“ Mit einem freundschaftlichen Klaps auf das Hinterteil scheuchte er die kichernde Schankmaid davon. Malateste lehnte sich in seinem Stuhl zurück und blickte in die Runde. Seine Leute. Er würde für heute vergessen das sie Sions Soldaten waren, er wollte sich vorstellen das es irgendeine Armee war und dies seine Einheit.
„Und, gibt’s was Neues? Gwyn, hast du meine Karte?“ Im Hintergrund begannen zwei Männer und eine Frau mit Fiedeln und einer Handtrommel eine schmiessige Zigeunerweise zu spielen.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon NSC » Mo 4. Sep 2023, 17:18

Gwyn

Der Gefreite saß im "Roten Hahn", hauptsächlich weil Isobel und die anderen ihn mitgezogen hatten. Außerdem trug er ja noch die Karte für seinen neuen Vorgesetzten dabei. Er im Feldeinsatz, Gwyn konnte es noch nicht richtig glauben. Er hatte es auch noch nicht glauben können als Bonderus im Innenhof des Wachhauses davon gesprochen hatte, doch spätestens beim Anblick der zwei Achtmannzelte hatte sich alles sehr real angefühlt. Gwyn hatte einfach eines der Betten genommen, näher am Ausgang. Zwar hatte es auch Gruppenzimmer im Wachhaus gegeben, doch das hier war etwas ganz anderes. Zum Glück war er es von seiner Rekrutenzeit halbwegs gewohnt. Der junge Gefreite hatte gerade einiges seiner Ausrüstung auf das Feldbett gelegt, um es als seinen Platz zu kennzeichnen, als ihn der Korporal hervorgerufen und eine spezielle Aufgabe übertragen hatte. Er durfte in den Kartenraum des Gutshauses, Gwyn war noch nie dagewesen, doch natürlich sehr neugierig. Dort wo alle Offiziere immer zusammensaßen und er durfte sich anderthalb Stunden dort aufhalten. Hoffentlich reichte es um eine neue Karte anzufertigen, er wollte Bonderus nicht enttäuschen.
Nun saß Gwyn im Gasthaus, hatte die Karte sicher in seinem Juwelengepäck verwahrt. Trotzdem war er nervös und der Grund seiner Nervosität ruhte in der Brusttasche seiner Uniformsjacke. Gwyn fühlte sich wie ein gemeiner Dieb. Er schreckte aus seinen Gedankengängen erst wieder auf, als Estelo ihn leicht anstieß, da sie eigentlich noch miteinander redeten. Trotzdem fiel es ihm schwer sich auf das Gespräch zu konzentrieren, beobachtete lieber die anderen Gäste des Wirtshauses. Irgendwann stieß auch der Korporal zu ihnen, hob gleich eine dralle Schankmaid in seine Armee, kam mit ihr hinüber und umgarnte sie spielend. Gwyn versuchte wegzuschauen, obwohl er große Augen bekam als der Kriegerprinz einfach frech eine Münze in den Ausschnitt der Frau steckte. Der Prinz hätte sich dies nie getraut, er erinnerte sich bloß an die Lustsklavin, die sein Vater in sein Bett gesteckt hatte, um ihn zu einem Mann zu machen. Es war ein Disaster gewesen und Gwyn viel zu nervös, um... ein Mann zu werden.
Er strich sich seine roten Haare zurück. Erst jetzt hier in der Armee fragte er sich manchmal wie es wäre auch so ein hübsches Mädchen bei sich zu haben. Er wußte zwar nicht für was genau, doch es wäre bestimmt... nett. Gwyn bewunderte den Kriegerprinzen für seinen Mut. Er hatte bestimmt keine Probleme mit Frauen. Der Gefreite aus Shalador nahm noch einen Schluck von seinem ersten Bierkrug an diesem Abend, als Bonderus ihn nach der Karte fragte.
"Ja... ja, auch wenn sie nicht ganz akkurat ist, befürchte ich, Sir", schob Gwyn aus Sicherheit hervor, "Es war nicht so viel Zeit und noch andere im Raum..." Was ihn zusätzlich noch nervös gemacht hatte. Der Gefreite ließ die zusammengerollte Karte erscheinen, reichte sie dem Kriegerprinzen. Sie war fein säuberlich mit Tinte gezeichnet, Gwyn hatte sich bemüht sie so korrekt wie möglich zu übertragen. "Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, wäre sie gewiss noch besser gewesen." Er räusperte sich, lauschte bloß mit halbem Ohr der Musik im Hintergrund. Dafür hatte Jakeem Isobel zum Tanzen aufgefordert und beide tanzten ausgelassen zusammen. "Sir, da ist noch etwas... also ich hatte mich erschreckt als ähm Korporal Pathory hereinkam und.. bin gestolpert und da... also... habe ich etwas gesehen. Es lag zwischen den Kartenständern, ich wußte nicht wem ich es geben sollte... ich wollte es bestimmt nicht behalten." Er langte aus seiner Brusttasche eine einzelne Seeperle. Sie war durchstochen, mußte also einmal Teil einer Kette gewesen sein. Gwyn wußte wie kostbar Perlen waren und dies hier war eine echte, das erkannte er, seine Mutter besaß viel Schmuck. Auch hatte er versucht zu erkennen wessen Signatur an der Perle haftete, um den fehlenden Part der Kette zurückgeben zu können, doch sie schien schon zu lange im Kartenraum gelegen zu haben. "Meint ihr, sie gehörte Königin Alienor?"
"Gwyn? Was ist, tanzt du mit mir?" Messentia stand vor ihm, hatte das Gespräch unter den ganzen anderen und der Musik wohl nicht mitbekommen. Dafür lächelte sie ihn strahlend an. Gwyn schloß reflexartig seine Hand um die Perle, starrte die Gefreite an und fühlte wie Hitze in seinen Wangen aufglomm.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Malateste » Mo 4. Sep 2023, 17:21

Bevor Cadlew die Karte erscheinen liess, entschuldigte er sich mit der Begründung er hätte nicht so viel Zeit gehabt und andere wären im Raum gewesen, sonst wäre die Karte bestimmt besser geworden. Gualterio nahm das Pergament entgegen und entrollte es. Gwyn brauchte wirklich mehr Selbstvertrauen. Der Kriegerprinz brummte zufrieden als er die Karte studierte. Sie war eine genaue Kopie der grossen Karte von Lorakas Umgebung, proportional auf ein handliches Reiseformat verkleinert. Der Rotschopf war entweder sehr talentiert, oder hatte mit so was schon Erfahrung gesammelt.
„Gute Arbeit Cadlew. Ich betrachte diese Karte aber als Rohling, ich möchte sie detaillierter haben, deswegen wirst du immer Feder und Tinte bei dir tragen und sie ständig anpassen, so wie du es mit der Stadtkarte im Wachhaus getan hast.
An einem Nebentisch brandete Gelächter auf. Gualterio blickte kurz hinüber und sah einen anderen Korporal aus der Zweiten und acht Soldaten die auch ihren Spass zu haben schienen. Isobel hatte Jakeems Einladung zum Tanz nachgegeben und die beiden tanzten ausgelassen zu der Zigeunermusik zwischen den Tischen. Neben Malateste knallte Kalantes Handrücken auf den Tisch. Verulia grinste triumphierend und wischte sich eine Haarsträhne aus ihren kantigen, gegerbten Gesicht während Cedric aufjubelte und Brion zerknirscht ein paar Münzen über den Tisch zu seinem Bruder schob.
Malateste studierte weiterhin die Karte, und sein Blick fiel auf das eingezeichnete Tarskalin. Eigentlich reizte es ihn dort als Erstes vorbeizuschauen, nur mal einen Blick reinzuwerfen. Aber Rashar würde es erfahren und Malateste konnte alles dadurch zerstören, also würde er es lieber lassen.
Marika kam mit einem Tablett und stellte zwei Flaschen von dem klaren Kartoffelschnaps und sechzehn kleine Gläser auf den Tisch. Sie zwinkerte Malateste zu und verschwand wieder um weiter das dunkle Bier zu zapfen. Als sie am Nebentisch vorbeikam rief sie der Korporal dort spöttisch an. „Kleine, was willst du bei denen, die bringens nicht, zumindest der Grosse nicht.“ Die Soldaten lachten laut auf. Machar und Wulfheres Augen blitzten gefährlich auf, aber nichts weiter geschah.
"Sir, da ist noch etwas...“ Gwyns Stimme risse Malateste vom Anblick der Karte los, er rollte sie wieder zusammen und steckte sie weg.
„Ja, Cadlew?“
Der rothaarige Gefreite erzählte stockend, aber sehr bildlich, was ihm im Kartenraum widerfahren war und was er gefunden hatte. Gualterio betrachtete nachdenklich die Perle in der Hand des jungen Gefreiten. Sie war echt, daran zweifelte er nicht, und sie gehörte zu einem Schmuckstück, da sie bearbeitet worden war. Vielleicht war sie Teil einer Halskette oder eines Ohrringes? Aber diese Perle war sicher nichts was man zwischen den Karten zu finden erwartete.
"Meint ihr, sie gehörte Königin Alienor?", fragte Gwyn nach. Malateste blickte überrascht den Rotschopf an.
„Hör zu Gwyn, zeige die Perle niemanden und rede mit niemandem darüber, verstanden?“ Leise und eindringlich sprach Gualterio zu dem Gefreiten. „Und wie kommst du auf die Idee, dass die Perle Alienor gehört und nicht einer anderen Frau, zum Beispiel Maeve?“
Bevor Cadlew antworten konnten wurden sie von Messantia unterbrochen.
"Gwyn? Was ist, tanzt du mit mir?" Die Fährtenleserin hatte sich mit einer in die Hüfte gestemmten Hand vor Cadlew aufgestellt. Sie hatte die Uniformjacke ausgezogen und offenbarte so ihre schlanke in weiches Hirschleder gekleidete Figur. Gwyns Wangen wurden umgehend so rot wie sein Haar und seine Hand verkrampfte sich um die Perle. Es machte auch den Anschein das er das Reden verlernt hatte, denn er brachte nur ein verzeifeltes „Öhm...“, heraus. Malateste beschloss für Cadlew zu antworten.
„Natürlich will er mit dir tanzen, Gefreite Rann.“ Dann packte er den Rotschopf an der Schulter. „Gwyn, ein Mann muss nicht nur mit dem Schwert tanzen können, sondern auch mit einer Frau. Das ist übrigens eine gute Übung, fördert die Koordination und die Reaktion. Und wenn du nicht freiwiliig mit Messantia tanzt werde ich es befehlen. Über das andere sprechen wir nachher weiter. Los jetzt!“
Er schubste Gwyn hoch und in die Arme der Fährtenleserin die ihn gleich packte und den stolpernden Cadlew mit sich zog. Malateste schenkte sich ein Glas Schnaps ein und dachte nach während der den Tanzenden zuschaute. Wie kam Gwyn auf die Idee das die Perle Alienor gehörte? Und wenn diese Theorie stimmte, was hatte Sions Gefährtin im Kartenraum zu suchen gehabt? Seltsam, das er heute Abend schon zum zweiten Mal den Namen der Königin hörte. Wollte ihm Rashar im „Schwarzen Kessel“ vielleicht einen Hinweis geben?

Am Nebentisch fiel ein weiterer anzüglicher Spruch auf seine Kosten. Der Kriegerprinz kippte den Schnaps herunter und erhob sich. Er streifte sich das Bandelier mit dem Schwert über den Kopf und hängte es an die Stuhllehne ehe er zum Nebentisch ging. Torus Wulfhere beobachtete dies und begann in aller Seelenruhe die Ärmel seines Hemdes hochzukrempeln. Malateste stellte sich am Nebentisch gegenüber dem Korporal auf. Er war sich nicht sicher, ob dieser auch unter den Offizieren auf dem Wehrgang gewesen war.
„Es ist mir nicht entgangen, Korporal, dass ihr euch köstlich auf meine Kosten amüsieren. Dabei haben wir doch so viel gemeinsam.“ Der Angesprochene grinste den Kriegerprinzen an. Es gab Leute die erkannten die Gefahr nicht, auch wenn sie zwei Meter gross direkt vor ihnen stand.
„Korporal Bonderus, ich wüsste nicht was wir gemeinsam haben könnten, bei mir funktioniert noch alles.“ Die Soldaten des Korporals lachten schallend auf. Malateste antwortete gefährlich ruhig.
„Gemeinsamkeiten? Nun ja, wir haben beide eine hässlich gebrochene Nase.“ Der Korporal hörte auf zu Grinsen.
„Was? Meine Nase ist nicht geb...“ Seine Augen weiteten sich alarmiert und die Erkenntnis kam zu spät, die Hand des Kriegerprinzen hatte sich schon in das Haar des Korporals gekrallt und knallte sein Gesicht mit einem ohrenbetäubenden Krachen auf die Tischplatte und riss den Kopf an den Haaren umgehend wieder hoch. Die Nase das Korporals stand quer und Blut schoss daraus hervor, er war nur noch halb bei Bewusstsein und verdrehte die Augen nach oben. „Sag ich doch, eine gebrochene Nase.“ Malateste hämmerte dem Korporal noch einen linken Schwinger unter das Kinn, Blut spritzte aus aufgeplatzen Lippen und der Spötter kippte mitsamt dem Stuhl nach hinten. Seine Soldaten starrten einen Augenblick schockiert auf ihren ausgeknockten Vorgesetzten, ehe sie sich mit Wutgeheule auf Malateste stürzten der unter den acht Soldaten zu Boden ging.
Am Tisch von Gualterio blickten sich die Penda-Brüder, beide ehemalige Schmiedelehrlinge, grinsend an, ehe sie unisono „Schlägerei!“ brüllten und aufsprangen. Derweil flog der Berg aus Menschen wie ein ausbrechender Vulkan auseinander als sich der Kriegerprinz erhob und mit der Rechten blindlings zuschlug - verfehlen konnte er nicht - während ein Gefreiter sich auf seinen Rücken klammerte und verzeifelt auf ihn einzudreschen versuchte.
Einer der Gefreiten stolperte rückwärts genau in Richtung von Marika die mit zwei grossen Krügen dort stand und relativ gelassen das Geschehen beobachtete. Als sich der Gefreite wieder gefangen hatte und erneut losstürmen wollte, zog sie ihm von hinten einen Krug über den Schädel und nahm dann grinsend einen Schluck aus dem anderen.
„Bleibt wo ihr seid!“, brüllte Malateste, „das erledige ich alleine.“ Dann verschwand er wieder unter den Soldaten. Der riesige Nordländer Torus erhob sich. „Tut mir leid Sir, ich will auch etwas Spass, sie können mich ja nachher wegen Befehlsverweigerung drankriegen." Lachend stürzten sich die Pendas ins Getümmel, während Torus kaltschnäuzig zwei der Gefreiten am Kragen packte und hochob.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon NSC » Mo 4. Sep 2023, 17:24

Gwyn

Bonderus schärfte ihm nochmal ein, dass Gwyn die Perle niemanden zeigen und auch nicht darüber reden sollte, fragte ihn dann wie er darauf käme, dass das Schmuckstück Alienor gehören sollte. Gwyn wollte schon etwas darauf sagen, als Messantia zu ihnen hinüber kam und ihn um einen Tanz bat. Der junge Gefreite wußte überhaupt nicht was er darauf sagen sollte, suchte unbeholfen nach Worten, während er sich bei Anblick der Fährtenleserin eigentlich überhaupt nicht konzentrieren konnte. Sein Korporal kam ihm zu Hilfe indem er ihn an der Schulter packte und mit dem Kommentar, dass Gwyn natürlich tanzen wolle, vom Stuhl zog.
"Aber...", setzte der rothaarige Prinz ein. Nur gegen die Worte Bonderus' und dem erwartungsvollen Lächeln Messantias konnte er sich nicht wirklich wehren. "Ich kann doch tanzen..", versuchte er einzubringen, das mußte er nicht lernen. Schon mit 13 Jahren hatte er wie alle in seiner Familie Tanzunterricht bekommen, höfische Tänze und dergleichen. Messantia schien jedoch etwas völlig anderes zu meinen, denn sie zog ihn entschlossen mit sich. Ihre kleine Hand fühlte sich um seine warm und geschmeidig an, Gwyn glaubte zu schwindeln, vielleicht lag es auch an dem Rauch in der Taverne.
Die Gefreite schunkelte mit ihm, zeigte ihm wie man auch ohne genaue Einhaltung von Schrittfolgen schön tanzen konnte und seinen Spaß dabei haben konnte. Zunächst versuchte Gwyn sich zögerlich daran anzupassen, zog Messantia aber auch einmal näher an sich, als sie einen Arm in seine Richtung ausgestreckt hatte. Wirbelnd um sich selbst drehend gelangte sie in seine Arme, blickte ihn mit geröteten Wangen an und strahlte.
"Oh, wo hast du denn das gelernt?", fragte sie. Gwyn war dankbar, dass man durch das schummrige Licht der Schankstube seine Errötung nicht so genau sah.
"In Shalador", erwiderte er zögernd. Die Gefreite schüttelte ihr lockiges kastanienbraunes Haar aus, grinste.
"In Shalador tanzt man so?", gab sie zurück, wiegte sich in seinen Armen und sorgte dafür, dass Gwyns Puls in die Höhe schnellte. Dabei war Tanzen gar nicht so anstrengend. Zum Glück löste sich Messantia bald wieder von ihm, drehte sich geschmeidig im Kreis.
Zwar hatte der Gefreite aus den Augenwinkeln mitbekommen, dass Bonderus zu einem anderen Tisch mit Soldaten gegangen war, doch erst als nach dem Gelächter der Männer die Faust des Kriegerprinzen sich in das Gesicht eines anderen grub, realisierte Gwyn, dass gerade eine Kneipenschlägerei ausgebrochen war. Ein kräftiger Kinnhakten beförderte den Kontrahenten schnell auf die Bretter was dessen Kumpanen dazu veranlassten sich auf Bonderus zu stürzen. Cedric und Brion schrieen erfreut, dass es eine Schlägerei gäbe und mischten sich gleich ins Getümmel. Man hörte Gebrülle, Klirren von Tonkrügen und viele brechende Nasen. Ehe es sich Gwyn versah, mußte er sich unter einem Schwinger einer der anderen Soldaten ducken. Ein Stuhlbein am Rücken brachte ihn ins Stolpern, Gwyns Hände landeten in irgendeiner Brühe von der er hoffte, dass es Bier oder Schnaps war. Rasch brachte er sich unter einem Tisch in Sicherheit und wollte an der anderen Seite wieder hinaus, als Messantia ihm eine Hand hinhielt und ihm aufhalf.
"Ganz schön was los, was? Wollen wir verschwinden?", fragte sie und warf noch einen prüfenden Blick zum Korporal, der aber alles unter Kontrolle zu haben schien und mehr Schläge verteilte als selbst abbekam. Trotzdem zögerte Gwyn, wischte sich die Hände an der Uniformsjacke ab.
"Verschwinden? Wohin denn?", fragte er unschlüssig. "Außerdem wollte der Korporal nachher noch mit mir reden..." Da konnte er doch nicht abhauen. Verulia stieß gerade einen der anderen Soldaten gegen die Wand, verpasste ihm mit einem weiteren Schlag ein blaues Veilchen. Messantia wich geschickt einem Wurfgeschoss in Form einer Schüssel aus, die hinter ihnen an einem der Holzträger zerschellte.
"Ach, der kommt schon zurecht. Zurück ins Fort mein ich", erklärte die Gefreite, schob sich dichter an den Rotschopf und flüsterte ihm etwas zu. "Wenn alle hier sind, haben wir das Zelt für uns..."

Gwyn fühlte wie er weiche Knie bekam, haderte noch mit sich. Doch Messantia hatte sich bereits durch den Pulg gezwängt und schlüpfte durch die halb geöffnete Türe nach draußen. Rasch lief der Gefreite ihr hinterher und holte sie auf der Straße wieder ein. Die kühle frische Luft trug wenigstens etwas dazu bei, dass er einen halbwegs klaren Kopf bekam. "Mir ist aufgefallen...", er räusperte sich, "Dein Bett steht wieder neben meinem. So wie im Wachhaus..."
Die Späherin zwinkerte ihm zu, ihre grauen Augen wirkten durchdringend in der Nacht. "Ja, du Dummkopf. Ich dachte, du sprichst mich irgendwann an." Sie zuckte mit den Schultern, ging weiter.
"Was sollte ich denn sagen?", fragte er zurück, während sie nebeneinander herschritten in Richtung Fort.
"Du hättest sagen können, was für schöne Locken ich habe." Die junge Gefreite, die nicht viel älter als er sein konnte, zog kurz an einer ihrer Korkenzieherlocken, die sich glättete nur um gleich wieder in die richtige Form zu springen. Gwyn starrte sie an, schob seine Hand in die Jacke, um nervös mit der Seeperle in der Tasche zu spielen.
"Du hast wirklich schöne Locken", bestätigte er leise, überlegte über was er bloß mit ihr reden könnte. Zwar waren sie schon länger unter dem Kommando von Espwin gewesen, doch da hatte er nur mit ihr geredet wenn es um diverse Aufgaben und Einsätze ging. "Kommst du aus Raej?"
Messantia schüttelte den Kopf. "Nein, aus Dena Nehele. Bin von zuhause weg, hab mich der Armee verpflichtet weil ich kein Geld mehr hatte", erklärte sie. "Und bei dir?"
"Ach, es ist eigentlich mehr ein Versehen, dass ich hier bin... eigentlich wollt ich nicht nach Loraka oder in die Armee...", erzählte Gwyn zögernd, ließ unerwähnt, dass er auf seinen Sold nun wirklich nicht angewiesen war und aus einer adeligen Familie stammte. "Aber meine Familie, in Shalador, wollte, dass ich ähm ausziehe um ein Mann zu werden", fügte er doch noch hinzu, der Teil der Geschichte stimmte ja auch.
"Ein Mann zu werden? Dabei kann ich dir auch helfen. Du bist doch noch Jungfrau oder?" Vorwitzig grinste sie ihn an und Gwyn wurde wieder knallrot, war langsamer geworden.
"Messantia", erwiderte er bloß halb gequält. War das so offensichtlich? Und warum wollte sie ihn dann überhaupt? Der Prinz versuchte sie wieder einzuholen, doch als die Gefreite plötzlich stehen blieb, stieß er fast gegen sie. Sie drehte sich zu ihm um, blickte ihm tiefer in die Augen und beugte sich dann vor. Ohne zu wissen was er da eigentlich tat, lehnte er sich gegen sie und küsste sie auf den Mund. Ihre Lippen waren weich und teilten sich wie von selbst als er mit der Zunge dagegen stieß. Heiß und kalt lief es ihm über den Rücken.
Der Weg später zum Fort zog an ihm vorüber ohne dass er überhaupt noch was mitbekam. Die Tore waren noch geöffnet, nur die Nachtwachen hatten schon ihre Posten eingenommen. Viele der Soldaten waren in der Stadt, aber nicht alle. Im Gutshaus brannte in den Fenstern Licht, um ein Lagerfeuer herum saßen einige Soldaten, andere hockten neben den Zelten, säuberten ihre Rüstung, unterhielten sich oder spielten Würfel. Gwyns Blick ging kurz zum Wehrgang, zuerst glaubte er dort diesen Schnitter auf seinem Platz stehen zu sehen, doch es war nicht der Assassine, bloß eine Soldatin, die am gleichen Ort stand. Nur wie beim Schnitter hielt sich in ihrer Nähe niemand auf.
"Ich hab gehört, dass ist die neue Schülerin vom Schnitter", flüsterte Messantia. Lange Zeit hatte Gwyn nicht darüber nachzudenken, denn die Fährtenleserin zog ihn mit sich in das Achtmannzelt wo ihre Feldbetten standen. Würde sie jetzt wirklich mit ihm schlafen wollen? Hier wo jederzeit jemand reinkommen und sie entdecken konnte? Der Gefreite blickte sich nervös um, durch die Zeltplane hörte er dumpf Gespräche in der Nähe. Messantia trat zu einer der Öllampen, beugte sich über die Flamme und lächelte Gwyn verführerisch an, ihr Gesicht rotglühend durch die Kerzenflamme. Schließlich pustete sie das Licht aus, setzte sich auf sein Bett und streckte ihre Hand nach Gwyn aus. Der Prinz warf noch einen prüfenden Blick über die Schulter, dann folgte er ihr...
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Malateste » Mo 4. Sep 2023, 17:27

…ein Stuhl zerbrach auf seinem Rücken. Malateste schüttelte sich und drehte sich mit einem Knurren um. Der Soldat hinter ihm hielt noch den Rest des Stuhls, ein Stuhlbein in der Hand, und stand paralysiert da als der Kampfkoloss ihn am Kragen und am Gürtel packte. Eine Sekunde später schlitterte der Gefreite über die alkoholfeuchte Theke und knallte Kopf voran an die Wand am Ende. Gualterio genoss die Prügelei, sie verschaffte ihm kurzzeitig Luft vor seinen sorgenvollen Gedanken über Laree und der ständigen nervlichen Anspannung mitten im Feindesland zu agieren. Und wie bei einem Flächenbrand breitete sich eine Kneipenschlägerei rasend schnell aus. Gualterio lachte eine ehrliches tiefes Lachen während er Schläge aus- und einsteckte. Aus den Augenwinkeln bemerkte er wie Gwyn und Messantia sich geschickt einen Weg durchs Getümmel suchten und zur Tür hinaus verschwanden. Cadlew hatte gerade eine verdammt gute Zeit, so schien es. Er lächelte den beiden hinterher und die kurze Unaufmerksamkeit wurde sogleich mit einer Flasche bestraft die ihm jemand über den Schädel zog. Malateste taumelte kurz, sprang dann aber gleich nach vorne und riss zwei Männer mit sich zu Boden. Einige wilde Minuten tobten Wut- und Schmerzschreie durch den „Roten Hahn“ und dann wurde es stiller.
Männer lagen stöhnend ihm Raum verteilt auf dem Boden oder hingen über umgekippten Tischen. Mittendrin stand der Kriegerprinz mit grimmig funkelnden Augen und blickte sich um, aber kein Gegner stand mehr, nur seine Leute die kräftig mitgemischt hatten waren noch munter. Es war offensichtlich wer die Sieger dieses Abends waren. Der glatzköpfige Chailloter Machar bückte sich und hob strahlend eine Flasche Rum vom Boden die wie durch Wunderhand ganz geblieben war. Er entkorkte sie, nahm einen tiefen Schluck und reichte sie dann Pellia weiter. Kalantes und Wulfhere klopften sich gegenseitig den Staub vom Rücken.
Stöhnend kam der andere Korporal zu sich und das erste was er sah war das finstere Gesicht des Kriegerprinzen. „Lasst uns hier aufräumen Leute.“ Mit diesen Worten packte er den Korporal am Kragen und schleppte ihn durch die Trümmer der geborstenen Einrichtung zur Tür wo er ihn kurzerhand raus auf die Pflastersteine der Strasse warf. Lachend bugsierten seine Männer die restlichen Soldaten hinterher. Die verprügelten Gefreiten rappelten sich auf und leckten metaphorisch ihre Wunden. Zwei die es nicht so arg erwischt hatte, halfen ihrem Korporal auf die Beine und stützten ihn. Drohend ragte die Silhouette des Kriegerprinzen im Gegenlicht welches aus der Türe des „Roten Hahns“ nach draussen fiel vor ihnen auf. Neben ihm sammelten sich seine Männer und Frauen. Im Halbdunkel wirkten sie wie ein Wolfsrudel mit blitzenden Augen.
„Bringt den Korporal zu Lady Winters, und teilt ihr mit sie soll Platz in ihrer Krankenstation schaffen. Denn jeder der sich mit mir anlegen will, wird dort landen. Wenn er Glück hat. Ansonsten gibt es noch den Totenacker draussen vor der Stadt. Und des Weiteren dürft ihr allen erzählen das der ‚Rote Hahn‘ jetzt die Taverne von Korporal Bonderus und seiner Einheit ist. Wer im ‚Hahn‘ Ärger macht bekommt es mit mir und meinen Leuten zu tun.“
Der wilde Haufen hinter ihm jubelte laut auf und verspotteten die Gefreiten die in die Nacht Richtung Fort hoch humpelten.
„Das ist ein Abend nach meinem Geschmack!“ Malateste lachte kehlig auf. „Jetzt feiern wir weiter, rein mit euch!“ Aufgeregt scherzten und redeten die Soldaten über die Keilerei. Die Pendas strahlten wie Kinder vor einem Berg Geschenke. Nur einer hatte weniger Spass. Fluchend kam der Wirt auf Malateste zu.

„Und wer bezahlt mir den Schaden? Ich bin ruiniert!“ Gualterio liess eine prall gefüllte Geldkatze erscheinen und warf sie dem Wirt zu.
„Das sollte mehr als genügen.“ Hastig begann der Wirt zu zählen und mit jeder Münze wurde sein Lächeln breiter. „Wir werden öfters vorbeikommen, haltet uns diese Ecke frei.“ Der Kriegerprinz deutete zur Ecke mit dem schwarzverkohlten Gebälk. „Und wir werden dafür sorgen das du in Zukunft keinen Ärger mehr hast.“ Der Wirt rieb sich seine Hand an der Schürze sauber und schüttelte die Hand des Kriegerprinzen.
„Ihr und eure Männer seid immer willkommen.“
Im Hintergrund richteten Pellia, Tharuz und Thiron umgekippte Tische auf und suchten sich heil geblieben Stühle zusammen. Dann kam Marika aus der Küche hervor. Der Teufel wusste woher, doch sie trug einen Bund rot-schwarzer Schwanzfedern eines Hahnes in ihrer Hand. Die Schankmaid bückte sich und hob Malatestes Filzhut auf um eine der Federn hineinzustecken.
„Ihr seid meine Ritter vom Hahn edle Herren. Nehmt mein Pfand in Empfang.“ Lächelnd machte Malateste einen höfischen Kratzfuss und bückte sich. Feierlich setzte ihm Marika den Hut auf und ging dann zu all seinen Männern und den beiden Frauen um allen eine der Hahnenfedern irgendwo an der Uniform festzustecken.
„Und du bist unsere Prinzessin!“, lachte Parsawina als er an der Reihe war und küsste die Schankmaid. Geschickt entwand Marika sich seinen Fingern.
„Aber edler Herr, ich bin doch eine keusche Jungfrau!“ Alle lachten auf.
„So soll es sein!“, rief Malateste und liess sich auf den Stuhl am Kopfende des Tisches fallen. „Dann bring uns die Jungfrau doch bitte die längst überfällige Biere…“
Dann ging das Gezeche los. Zwei Stunden später schnarchte Cedric friedlich mit mit dem Kopf in den Armen auf dem Tisch und Arif Jakeem flüsterte Isobel mit schwerer Zunge etwas auf Pruul zu. Estelo und Vetinaldi versuchten sich im Messerwerfen auf einen ausgestopftn Bären, trafen aber hauptsächlich die Wand rundherum.
Malateste versuchte gerade den Schaum auf seinem Bier zu fokussieren als sich Wulfhere an ihn wandte. „Korporal“, begann der Nordländer, „ihr habt gesagt das jeder mit der Waffe kämpfen soll die ihm liegt.“
„Ay“, brummte der Kriegerprinz. „Ich hasse diese Zahnstocher die ihr Schwert nennt“, grollte der Nordmann, „ich will eine Axt, eine grosse zweiklingige Axt.“ Gualterio hob den Kopf vom Bierschaum und blickte in die eisblauen Augen von Torus.
„Bei meiner Seele, du sollst deine Axt kriegen“, knurrte Malateste grimmig, „solange du sie auf meinen Befehl hin schwingst.“
„Bis in die Hölle, Korporal, bis in die Hölle.“ Die beiden Kämpfer stiessen ihre Krüge zusammen um den Bund zu besiegeln.
Als der Kriegerprinz mit seinem Trupp beim Fort ankam waren die Tore geschlossen und Stille in dem Lager eingekehrt.
„Heilige Scheisse“, flüsterte die Torwache als sie öffnete. „Seid ihr breit…“
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Laree » Mo 4. Sep 2023, 17:28

"Schon wieder? Aber ich hab dich doch grad eben schon verarztet", jammerte Lady Winters, während Laree ruhig auf dem Krankenbett lag und die Lippen zusammenpresste als sie der Schmerz der Heilung durchzuckte. "Ich werde dir eine Schiene anlegen müssen, Rekrutin. Dein Bein war sehr schwer gebrochen und entzündet. Wenn du das heilende Netz fortwährend zerstörst, wirst du es noch ganz verlieren. Das ist sehr ernst." Eindringlich versuchte die Heilerin Laree anzublicken, doch jene blickte in weite Ferne.
"Es war wichtig", sagte sie bloß leise, atmete keuchend. Eine Schiene gefiel ihr weniger, doch Lady Winters duldete keine Widerrede und bestand darauf, dass die Hexe sie für die nächsten zwei Tage trug.
"Vielleicht bleibst du besser für heute noch auf der Krankenstation", bemerkte Maeve, während sie ihre Hände in einer Schale wusch und die abwesende Rekrutin kritisch betrachtete. Aber auch die Heilerin sah nicht viel besser aus, sie kam Laree blass vor, und sie hatte gezittert während der Heilung. Womöglich ging es ihr nicht gut. Oder es lag daran, dass ihr geliebter Lorcann mit einem größeren Trupp Soldaten ausgeritten war. Die Hexe hatte gehört, dass ihr Ausbilder nach Zamora reiten sollte, um dort das neue Fort zu sichern und ihn solange jemanden vertreten würde. Im Grunde war es ihr aber egal wer das sein sollte. "Und morgen möchte ich, dass du zu der Priesterin gehst, Venka."
Die Hayllierin nickte und wußte im gleichen Moment schon, dass sie es nicht tun würde. Sie erhob sich vom Bett, eine Schiene, die ihre linke Wade umschloss war verborgen durch das Hosenbein. Als sie zur Türe ging, sah Lady Winters sie entgeistert an. "Du solltest dich ausruhen. Das wäre besser", ermahnte sie die Hexe. Laree blieb kurz an der Türe stehen.
"Ich will nur frische Luft schnappen", log sie erneut und bewältigte dann vorsichtig die Treppe. Sie wußte nicht genau was sie draußen wollte, sich vielleicht zu den anderen Rekruten gesellen. Irgendetwas was sie von ihren dunklen Gedanken ablenkte. Der Himmel zeigte sich in feuerroten Farben, wie Flammenzungen, die darüber hinwegleckten. Laree hielt Ausschau nach ihrer Gruppe, vermutlich genossen die meisten Soldaten auch ihren Feierabend irgendwo in der Stadt. Ihre Gedanken glitten zu Malateste. Und er? Sie spürte ihn nirgendwo im Fort, sicher vergnügte er sich auch gerade, hatte irgendeine fröhliche Schankmaid auf seinem Schoß und schäkerte mit ihr rum. Es war ihr egal, dachte sie trotzig, sie brauchte ihn nicht.
Die Hexe strich sich durch die schwarzen Haare, ging hinüber zu den Zelten wo die Rekruten untergebracht waren. Einige waren auch noch da, saßen auf Baumstämmen, die als Bänke dienten, unterhielten sich, ließen eine Flasche Schnaps herumgehen. Als Laree näher kam, blickten die meisten auf und diejenigen, die es nicht taten, wurden von den anderen rasch mit einem Ellbogenstoß zum Verstummen und Aufblicken gebracht. Plötzlich kam sie sich unbehaglich vor, doch die Hexe beschloss es zu ignorieren. Zum Glück entdeckte sie Lenear, wenigstens ein bekanntes Gesicht, und setzte sich zu ihm.
"Ich hab dich gesehen beim Pfahl", sagte er leise, während neben ihnen verhalten die Gespräche weitergingen. "Warum hast du den Pfeil nicht runtergeholt? Es sah bloß so aus als hättest du was reingeritzt."
"Warum sollte ich Lorcann irgendwas beweisen sollen?", entgegnete Laree, verfluchte sich aber dafür, dass Lenear sie gesehen hatte. Und wenn er es getan hatte, dann vielleicht noch andere?
"Ich... ähm, ich weiß nicht, aber ich dachte, es wäre die Aufgabe... den Pfeil also runterzuholen", wandte der Lande vorsichtig ein. "Es war auf jeden Fall... also eine Leistung. Ich hoffe, ich schaffe das auch noch."
Andere Rekruten erhoben sich, sahen abwartend zu Lenear. "Wir wollten uns noch die Stadt ansehen, was trinken. Kommst du mit?", fragte einer. Der Lande zögerte, sah verlegen zu Laree. Allmählich fragte sie sich warum die anderen so auf sie reagierten. War die normale Reaktion nicht Mitgefühl auf das was ihr passiert war? Warum fühlte sie sich bloß so furchtbar ausgeschlossen?
"Tja, ähm... also ich weiß nicht... Venka, mit deinem Bein... da ähm kannst du sicher nicht mit", wandte er ein. Die Hexe nickte stumm, trieb hastig aufkommende Tränen zurück. Die anderen gingen bereits los, Lenear warf ihr noch einen zögerlichen, fast entschuldigenden Blick zu ehe er dem Rest hinterher eilte. Laree trieb ihre Fingernägel fest in die Handballen um den Schmerz im Inneren zu betäuben. Verloren saß die Rekrutin zwischen den Zelten, bloß an den Rändern umgeben vom schwachen Licht von Öllaternen, die leicht im Wind schwankten. Im Schatten des Forts krochen schnell die düsteren Erinnerungen zurück, wieder und wieder sah sie die brennende Scheune vor sich, roch das von den Knochen fallende Fleisch und wünschte sich die kalte Klarheit zurück, die sie in diesem Moment gefühlt hatte. Auf ihrer Handfläche ließ sie immer wieder eine kleine Feuerzunge erscheinen, betrachtete die hin und her zuckende Flamme.

"Na, so ganz alleine?", riss eine Stimme sie aus ihren Gedanken. Laree hob langsam den Kopf und sah zu einem Soldaten, der einen Fuß auf den gegenüberliegenden Baumstamm gestützt und eine Hand auf sein Schwertknauf gelegt hatte. Er besaß die Schulterklappen eines Feldwebels, hellbraunes gewelltes Haar und goldene Augen. Laree ballte ihre Hand zur Faust um die Hexenflamme zu ersticken. "Nein, warte. Ich dachte, wo du offensichtlich Feuer hast, kann ich dich drum beten."
Die Hexe blickte auf seine Hände. "Ich seh keine Zigarette", stellte sie fest. Der Feldwebel trat über den Baumstamm hinweg und kam auf sie zu, grinste sie an.
"Ich dachte, die gibst du mir auch", erwiderte er frech. Laree erwog kurz ihm eine genauso patzige Antwort zu geben, doch sie fühlte sich zu müde und allein dafür. Also rief sie eine Zigarette aus ihrem Juwelengepäck herbei. Normalerweise rauchte sie nicht, da Ayden es nicht mochte, aber sie hatte noch welche wenn sie rebellisch sein wollte. Der Mann steckte sich die Zigarette in den Mundwinkel, beugte sich vor und Laree zündete sie ihm an. Ihre Gesichter waren so kurz nur wenig voneinander entfernt. "Ah, danke, Hayllische sind mir am liebsten, Schnitterin." Die Hexe sah ihn verwundert an, während der Feldwebel seelenruhig auf dem Boden aschte. "Oder sollte ich Schülerin sagen? Akolythin? Ich weiß nicht wie der offizielle Begriff dafür ist", fuhr er ungerührt fort.
"Ich verstehe nicht...", setzte Laree an.
"Oh, überall im Fort erzählt man sich, dass der Schnitter dich gerettet hat, weil er dich zu seiner Schülerin machen will", erklärte der Feldwebel und Laree fiel es wie Schuppen von den Augen. Hatten sich deswegen alle so seltsam in ihrer Nähe verhalten und mieden sie? Und sie war auch noch Schuld daran, weil sie die Wahrheit über das verschwiegen hatte, was wirklich bei dem Räubernest geschehen war.
Die Hexe versuchte sich wieder zu fangen. "Wenn das so ist, warum erfahr ich dann als letztes davon?", gab sie zurück. Der Mann zog an der Zigarette, blies den Rauch in die Nachtluft.
"Das weiß ich nicht, aber ich habe jedenfalls keine Angst wie die anderen mit dir zu reden, Venka. Du heißt Venka oder? Ich bin Ernald Bovert", stellte er sich vor. Der Name kam Laree bekannt vor, Gualterio hatte ihn bei seiner Schnelleinführung in die Geschehnisse des Forts auf dem Hinweg erwähnt. Er sollte ein guter Freund von Lorcann sein. "Hast du Lust auf einen Nachtspaziergang? Etwas um die Einsamkeit zu vertreiben?" Er lächelte sie an.
Die Hexe schob ihr Hosenbein etwas hoch um die Schiene zu offenbaren, jetzt war sie dankbar um diese Ausrede. "Vielleicht wenn ich dieses Ding hier los bin."
"Oh ach ja, ich habe von der Verletzung gehört. Sicher furchtbar...", heuchelte er Mitgefühl, "Hast du denn etwas dagegen wenn ich dir hier Gesellschaft leiste?" Bovert rief zwei Flachmänner herbei, setzte sich auf den Baumstamm neben ihr und lud sich quasi so selbst ein. Laree kam die Tatsache, dass sie ihren eigenen Flachmann bekommen sollte, suspekt vor und so überprüfte sie den Inhalt. Safframatte. Nicht viel, aber genug, dass sie dem Charme des Feldwebels ohne weiteres erliegen würde. Die Hexe versuchte sich nichts anmerken zu lassen, nahm den Flachmann arglos entgegen. So ein mieses Arschloch. Wenn er ihr mit Tricks kommen wollte, würde er schon früher aufstehen müssen. Sie bekam gute Lust ihn seine eigene Medizin schmecken zu lassen. Der Gedanke erschreckte Laree, aber einmal gedacht, ließ er sich so schnell nicht wieder abschütteln.
"Und, hast du dich schon gut eingelebt?", fragte er und nahm einen Schluck aus seinem Flachmann.
"Ach, ich weiß nicht..." Laree nagte an ihrer Unterlippe, "Ich hatte noch nie einen Bogen in der Hand, ich glaube, ich bin furchtbar schlecht." Sie blickte ihn mit großen Augen an, kicherte leicht. "Ihr seid sicher gut mit dem Bogen.." Das letzte Wort sprach sie sinnlich vibrierend aus.
"Wenn du willst, bring ich dir was bei", gab Bovert sich gönnerhaft. Laree nahm einen Schluck Schnaps, jedoch nicht viel, sie wußte wieviel Safframatte sie aushalten konnte. Den Rest spielte sie einfach, leuchtende Augen, rascher gehender Atem.
"Jetzt?", fragte sie grinsend, "Jetzt ist doch niemand beim Schießplatz und dann blamier ich mich wenigstens nicht." Sie setzte den Flachmann an ihre Lippen, tat aber bloß so als würde sie schlucken. Dem Feldwebel schien sowieso gerade ein anderer Gedanke zu kommen. Der nächtliche abgelegene Übungsplatz schien ihm perfekt. "Es sei denn, ihr habt doch Angst, Feldwebel", neckte sie ihn und lächelte jungmädchenhaft. Bovert schüttelte den Kopf, erhob sich und sog noch an seiner Zigarette. Dann packte er sie an der Hand, zog sie mit sich. Es war noch nicht zu spät um unbehelligt durchs Tor gehen zu können ohne dass jemand fragen stellte. Laree hakte sich lachend und kichernd bei ihm ein, streichelte über seine Hände und küsste den Soldaten schließlich gar auf den Hals. Es war in dem Moment ein leichtes die zwei Flachmänner auszutauschen.
Es dauerte nicht lange, da waren sie bei den Zielscheiben. Laree lehnte sich aufreizend gegen eine der großen Scheiben, legte den Kopf leicht zur Seite und leckte sich über die Lippen. "Seid ihr so gut, dass ihr mich nicht trefft, Sir?", fragte sie und trank den reinen Whiskey. Die Hayllierin rief ihren Bogen herbei, strich das gebogene Holz leicht abwärts und dann zwischen ihre Beine, rieb sich neckisch daran, wissend, dass der Anblick Bovert wohl kaum noch klar denken ließ.
"Sie hatten Recht. Du bist wirklich ne Lustsklavin", stieß er aus, die Beule in seiner Hose nicht zu übersehen.
"Ach, wer sind denn die anderen?", fragte sie unbedarft. "Sir?"
Bovert trank taumelnd aus dem Flachmann. "Andere Offiziere, wir haben dich beobachtet als du den Pfahl bestiegen hast. Du und dein roter Tanga... die anderen hatten aber nicht den Mumm nachdem sie das mit dem Schnitter gehörten hatten." Er kam auf sie zu, presste sich dichter an sie, um sie zu küssen. Laree schob ihn mit dem Bogen wieder etwas auf Distanz.
"Sir, ihr wolltet mir doch noch das Bogenschießen beibringen... dann zeig ich euch auch meinen Tanga..", lockte sie. Bovert besann sich sogar nahm den Bogen und ließ einen Köcher erscheinen. Dazu steckte er sich kurz den Flachmann zurück in die Uniformstasche. Die Hexe glitt hinter ihn, schmiegte sich dicht an ihn, während der Feldwebel den Bogen spann. "Hm, du scheinst ja besonders hungrig zu sein. Mal sehen wieviele Pfeile ich auf dich verschießen kann bis du genug hast oder mein Köcher leer ist...", bemerkte er anzüglich. Laree keuchte auf, ließ ihre Hand über seine Hüfte gleiten und rieb dann sinnlich über seinen Schritt. In ihrer anderen Hand hatte sie inzwischen eine Droge erscheinen lassen, griff in seine Uniformstasche und träufelte das Serum in den Flachmann.
Er feuerte sogar noch einmal den Bogen ab ehe er sich zu ihr umdrehte und begann sie gierig zu betatschen. Laree stolperte nach hinten, nahm einen gierigen Schluck aus ihrer Flasche, beobachtete mit Genugtuung wie Bovert sich selbst einige Schlucke genehmigte. Er folgte ihr, wurde jedoch langsam ungeduldig so wie auch sein Schritt unsicher wurde.
"Willst du mich am Pfahl von hinten ficken?", fragte sie ihn, seine Augen wurden groß bei den Worten, der Feldwebel grunzte unverständlich was. Laree wunderte sich fast, dass kein gieriger Geifer vor seinem Mund zu sehen war. Er widerte sie nur noch an. Langsam zeigte die Droge neben dem Safframatte Wirkung, er blinzelte immer mal wieder irritiert, schüttelte den Kopf und stolperte.
Die Hexe schmiegte sich an den Pfahl, stand jedoch so, dass man sie vom Fort aus nicht sehen würde. Ihre Arme reckten sich nach oben, schlangen sich halb an den Baumstamm. "Komm schon... komm näher..."
Der Soldat taumelte nach vorne, fing sich gerade so noch. "Was... was hast du....", setzte er an.
"Komm schon...", lockte Laree, ihre goldenen Augen blitzten auf. Langsam setzte sie den Flachmann an ihre Lippen, die goldene Flüssigkeit rann über ihr Kinn. Genüßlich leckte sie den Alkohol ab. Vor ihr ging Ernald Bovert zu Boden. Noch während er halb bei Bewußtsein war, zog sie ihn näher zum Pfahl, setzte ihn daran und rief die zwei Metallscheiben an den Lederriemen herbei. Die Hayllierin ging vor ihm in die Hocke, beugte sich vor und fesselte seine Hände mit den Riemen hinter dem Pfahl zusammen. Dann zog sie sich etwas zurück, lächelte Bovert an.
"Hast du wirklich gedacht, eine echte Lustsklavin kennt kein Safframatte?", fragte sie, während Bovert stöhnend den Kopf hin und her wand. Laree rief sich eine Zigarette herbei, zündete sie vor Augen des Feldwebels an und nahm einen langen Zug, blies ihm den Rauch extra nicht ins Gesicht, sondern vorbei in die Nachtluft. "Wenn du noch einmal versuchst mich zu verarschen, mache ich mehr als dich nur am Pfahl festzubinden. Sir", fügte sie hinzu.
Der Feldwebel versuchte noch Worte zu formulieren, verdrehte dann aber bloß stöhnend die Augen und verlor das Bewußtsein. Ihr Blick fiel auf Boverts Hose, ein dunkler Fleck war dort zu erkennen. Er war tatsächlich gekommen. Laree erhob sich wieder, ließ Bogen und Köcher verschwinden sowie beide Flachmänner. In ihr drin rumorte das Bedürfnis wirklich noch mehr zu machen als ihn bloß an an den Pfahl zu binden, in ihr war immer noch Wut und Hilflosigkeit von der sie nicht wußte wie sie jene loswerden sollte. Sie hätte schreien mögen, aber mit welcher Stimme?
"Es tut mir leid", sagte sie leise, "Du bist sicher sonst ein netter Kerl." Laree betrachtete ihn nochmal abschätzig, nahm einen weiteren Zug von der Zigarette. "Arschloch."
Sollte er ruhig gedemütigt werden, so wie man sie wieder und wieder gedemütigt hatte. Die Hexe ging zurück zum Fort, kam noch mit ein paar anderen Soldaten durchs Tor. Doch sie ging nicht gleich zum Gutshaus, sondern stieg vorsichtig die Treppe zum Wehrgang empor. Von dort blickte sie in die Nacht in Richtung des Pfahls. Man sah Bovert nicht von hier, aber es reichte Laree zu wissen, dass er dort war. Bewegungslos stand sie da, in ihren Augen immer noch das Brennen der Scheune. Es hätten viel mehr Männer sein sollen...
Sie wußte nicht wieviel Zeit vergangen war als sie Geräusche im Fort aufschreckten. Inzwischen war es tiefe Nacht, hatte merklich abgekühlt. Die Tore wurden noch einmal knarrend geöffnet und eine Gruppe offensichtlich angetrunkener Soldaten trat ein, wurden von den Wachen ermahnt leise zu sein. Laree wandte zwar nicht den Kopf, doch sie spürte sehr wohl, dass Gualterio unter den Männern war. Fröstelnd schlang sie die Arme kurz um sich, haderte noch mit sich ehe sie sich doch umdrehte und zu dem Kriegerprinzen blickte. Er sah aus als wäre er in einer Schlägerei gewesen, und er hatte getrunken. Ein rohschlächtiger Barbar, das war er, nichts weiter als das. Und warum sehnte sie sich dann so sehr nach ihm? Es mußte das wenige Safframatte und die Menge Whiskey sein, das sie abbekommen hatte. Sie folgte ihm mit Blicken in der Hoffnung und Angst, er würde es spüren und zu ihr sehen.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Malateste » Mo 4. Sep 2023, 19:20

„Jawoll, wir sind bbbreit wie tausend Husaren“, lallte Cedric und rülpste laut.
„Und jetzt mach das Scheiss Tor auf oder wir brechen es auf!“, setzte Brion nach und schwankte dabei gefährlich.
„Wenn du im Fort nicht die Nachtruhe warst, ist das Einzige was du heut Nacht versuchen wirst aufzubrechen die Tür der Zelle, klar?“ Der Torwächer der mit ihnen durch ein kleines Fenster im schweren Seitentor sprach wurde langsam gereizt. Er stand hier schon seit Stunden, seine Schicht war bald vorbei, er wollte keinen Ärger mit Besoffenen.
„Jetzzzzt hörst du mir mal zu!“ Cedric hob drohend den Finger und wollte auf das Seitentor zugehen, als sich eine schwere Hand auf seine Schulter legte.
„Lass gut sein Penda“, Malatestes tiefe Stimme drang hinter Cedric aus der Nacht. „Der Gefreite macht lediglich seine Arbeit, und du dir wenig Freunde wenn du das komplette Lager weckst. Sobald wir das Fort betreten ist der Spass leider vorbei.“ Die dunkle Silhouette des grossen Kriegerprinzen schälte sich aus der Dunkelheit ins Licht der Laterne, mit welcher der Torwächter nach draussen leuchtete. Malateste sammelte sich und versuchte mit klarer Stimme zu sprechen. „Es ist in Ordnung, die Männer werden sich benehmen wenn wir drin sind.“ Misstrauisch leuchtete der Torwächter in die Runde der grinsenden Gesichter. Die Pruulerin die einen anderen bronzehäutigen Gefreiten stützte schien ja noch ziemlich nüchtern zu sein, und die beiden Dhemlaner auch. Den grossen Blondhaarigen hatte er auch schon mal gesehen, dessen Trinkvermögen war legendär. Einige der Männer hatten erblühende Veilchen auf den Augen oder eine geschwollene Lippe. Jetzt wusste er auch auf wen die verprügelte Einheit getroffen war die sich vor einiger Zeit hier durchgeschleppt hatte. Der Wächter kratzte sich am Kinn. Wenn er sie draussen stehen liess würden sie ihm morgen bestimmt die Hölle heiss machen, wenn er sie aber herein liesse und sie Scheisse bauten würde es Orekh tun…
„Hör zu Mann“, sprach der Kriegerprinz eindringlich zu ihm, „wir wollen nur noch in unsere Betten, versprochen.“ Im Licht der Laterne sah der Korporal nicht gerade vertrauenserweckend aus. Die Nase stand leicht schief, über seine Stirn und die Wange verlief eine lange Narbe und das Auge darunter war blind aber schien ihn trotzdem anzublicken. Natürlich wusste der Torwächter wer das war, der neue Kriegerprinz. Und er hatte von dem Kampf gegen Tiger gehört. Ihm fröstelte, aber nur wegen der Kälte der Nacht, redete er sich ein.
„Gut, wenn ihr versprecht keinen Ärger zu machen…“ Der Wächter blickte nochmal den Haufen an und schüttelte dann den Kopf, die hatten bestimmt einen tollen Abend gehabt. „Öffnet das Tor“, rief er leise nach hinten und bald darauf wurden grosse Riegel bewegt und die rechte Torhälfte schwang einen Spalt weit auf. Zwei der Gefreiten johlten noch einmal auf, verstummten dann aber als der Korporal sie drohend anfunkelte. Im Gänsemarsch kam die Einheit durch den Torspalt marschiert, und der Torwächter konnte erkennen das jeder von ihnen irgendwo eine rotschwarze Feder stecken hatte. Er fragte einen untersetzten stämmigen Mann aus dem Trupp den er flüchtig kannte, Kalantes hiess er, nach den Federn. Atur lächelte.
Wir sind die ‚Ritter vom Hahn‘, wir haben heute eine Jungfrau gerettet.“ Ratlos hob der Torwächter seine Mütze, kratzte sich am Hinterkopf, und blickte dem Trupp nach der teilweise bedrohlich schwankend im Fort verschwand.

Malateste wusste, das morgige Erwachen würde schmerzhaft sein. Er setzte etwas Juwelenkraft frei um dem vorzubeugen. Und zum tausendsten Mal in seinem Leben merkte er, dass Verdrängen nur kurzfristig funktionierte. Sobald sie den ‚Hahn‘ verlassen hatten, schwappten die ganzen Sorgen wieder über ihm zusammen, durch den Alkohol und das fehlende Schwarztraum noch verstärkt. Genau jetzt zum Beispiel glaubte er Laree ganz Nahe zu spüren. Was sie ja auch war. Er blickte zu der dunklen Silhouette des Gutshauses hinüber wo die Hexe in der Krankenstation lag, aber ihre Signatur war näher und woanders… Irritiert drehte sich Gualterio um und blickte hoch zum Wehrgang. Für einen Augenblick glaubte er den Schnitter an seinem üblichen Platz zu sehen, aber dann erkannte er Laree die zu ihm hinunterblickte. Sein Herz machte einen Sprung.
„Alles in Ordnung Korporal?“ Isobel erschien an seiner Seite.
„Ja, Jiriki, alles in Ordnung. Ich brauche noch einen Moment. Verzieht euch schon mal in die Zelte und sorg dafür das die Leute ruhig bleiben.“ Isobel blickte ihn nachdenklich an, nickte dann aber und ging mit den anderen zu den Zelten. Erst als seine Einheit aus dem Blickfeld verschwunden war begab sich Malateste hoch zum Wehrgang. In ihm wallte ein schlechtes Gewissen hoch weil er sich heute geprügelt und getrunken hatte, während es Laree so offenkundig schlecht ging.
Der Hayllier trat zu der Hexe, stellte sich neben sie und blickte in die Richtung in die sie schaute. Dort hinten war irgendwo das Übungsfeld, Lorcanns Weg des Todes, und der Pfahl. Gualterio wusste nicht was er sagen sollte, eine Umarmung hätte viel mehr ausgedrückt was er fühlte als Worte es konnten, vor Allem da ihm die Worte fehlten. Er wollte etwas aufmunterndes sagen, etwas scharfsinniges, etwas tröstendes, aber heraus kamen nur Banalitäten.
„Was machst du hier draussen, Venka? Du erkältest dich womöglich noch und die heilenden Netze werden strapaziert.“ Er machte eine kurze Pause, es war seltsam sie nicht Laree zu nennen, aber sie standen hier auf dem Wehrgang, mitten im Fort voll feindlicher Soldaten. „Aber manchmal stürzt einem die Decke auf den Kopf und man muss raus, nicht wahr?" Gualterio drehte Laree den Kopf zu und betrachtete ihr Profil. Die etwas geschwungene Nase und ihren schönen Mund mit den immer verführerisch leicht geschürzten Lippen und ihre grossen goldenen Augen, in denen es ihm immer so leicht fiel alles zu vergessen.
"Ich würde gerne einen Augenblick bei dir stehen und etwas reden. Oder auch nur bei dir stehen, wenn du nicht reden willst. Darf ich, oder soll ich gehn?“
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Laree » Mo 4. Sep 2023, 19:24

Als Laree schon glaubte, er würde ungerührt weiter zu den Zelten gehen, drehte sich Malateste doch noch zu ihr um. Die Hexe erwiderte den Blick unbewegt. Dann nahm sie die dunkelhäutige Frau neben dem Kriegerprinzen wahr, die gerade mit ihm sprach. Auch wenn die Gruppe noch etwas weiter weg war, so glaubte Laree doch zu erkennen, dass die Pruulerin hübsch war. Rasch wandte sie sich ab, um wieder verdrossen zum dunklen Wald in der Ferne zu sehen, der Pfahl stand dazwischen wie ein Mahnmal. Sie wollte bestimmt nicht beobachten wie ein betrunkener Gualterio mit irgendeiner anderen Frau schäkerte. Aber dann hörte die Hexe bald darauf das Knarzen der Holztreppe, spürte wie der Hayllier hinauf zu ihr kam und ihr Herz machte einen Sprung. Sie sehnte sich so heftig nach ihm und er schien so weit weg, so furchtbar weit weg. Oder war sie diejenige?
Laree blickte nicht zu ihm als er sich neben sie stellte, kurz schwieg und sie dann fragte was sie hier draußen mache, sie würde sich noch erkälten und die heilenden Netze strapazieren. Sie hatte seine dumme Fürsorge nicht nötig, wollte Laree ihn anschreien und trotzdem taten seine Worte gut. Seine Stimme war bemerkenswert frei von Alkohol, doch mit seinen Juwelen vertrug er ja viel. Da die Hexe weiterhin verbissen schwieg, selbst nicht schaffte zu reden, fuhr Malateste fort.
"Aber manchmal stürzt einem die Decke auf den Kopf und man muss raus, nicht wahr?" Sie merkte wie er sie dabei ansah, doch Laree starrte weiterhin mit eisglitzernden goldenen Augen in die Nacht.
"Ja, manchmal...", erwiderte sie leise, war kurz davor ihm zu sagen, dass sie schreckliches Heimweh hatte und bloß noch aus Raej weg wollte. Alles kam ihr hier fremd vor, sogar sie selbst.
"Ich würde gerne einen Augenblick bei dir stehen und etwas reden. Oder auch nur bei dir stehen, wenn du nicht reden willst. Darf ich, oder soll ich gehn?", erkundigte sich Gualterio. Sie wußte nicht was ihr lieber war, hin- und hergerissen stand die Hexe da, die schmalen Schultern leicht angezogen. Erst als der Kriegerprinz sich kurz bewegte, sie konnte nicht sagen, ob er sich ihr zuwenden oder bloß die Treppe runtergehen wollte, kam Leben in sie. Laree drehte sich rasch zu ihr um, in ihren Augen schimmerte kurz Verzweiflung auf.
"Bitte, bleibt, Sir." Sie lehnte sich halb gegen die Palisaden, eine Hand locker auf ihrer Hüfte ruhend. "Da alle einen Sicherheitsabstand um die nächste potentielle Anwärterin als Schnitterin wahren, wäre es zur Abwechslung mal nicht schlecht Gesellschaft zu haben", deutete sie an mit welchen Schwierigkeiten sie seit heute im Fort zu kämpfen hatte. Schon in Hayll hatte sie nirgendwo dazu gehört. Nicht mehr zu den Dienstmädchen, aber natürlich auch längst nicht zum Hof. Vielleicht hatte sie sich deswegen umso stärker Ayden zugehörig gefühlt.
"Ich glaub, der Schnitter und ich sind die einzigen, die nichts davon wissen", sprach Laree bitter aus. Sie blickte wieder zu ihm, ihr Gesicht umrahmt von frechen Haarsträhnen. Der Wunsch Gualterio zu küssen, mußte aber nun eindeutig vom Safframatte kommen, redete sie sich ein. "Was habt ihr heute gemacht, Sir?", wechselte sie lieber das Thema, "Ihr seht so aus als hättet ihr eine Schlägerei hinter euch." Die Hexe fragte sich wie Malateste das wieder geschafft hatte, vermutlich sollten sie beide nicht hier stehen, sondern in der Krankenstation sein. Aber sie dachte sich, vielleicht... vielleicht konnten sie sich vor den Augen aller neu kennenlernen. Wäre das so schlimm? Sie könnte für eine Weile Venka Ives sein und er Jason Bonderus. Dass beide miteinander im Bett viel Spaß haben konnten, hatten sie ja schon hinreichend bewiesen. Jetzt tat es Laree leid wie sie Gualterio danach hatte ziehen lassen, er hatte es nicht verdient, dass sie so zu ihm war. Aber sie konnte sich nicht helfen, sie wollte bloß vergessen, doch es ging nicht und trieb sie immer weiter fort, rettungslos und ohne Anker.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Malateste » Mo 4. Sep 2023, 19:33

Verzweiflung bemächtigte sich des Krigerprinzen, als Laree ihn weder anblickte noch antwortete. Wollte sie ihn in Zukunft immer ignorieren? War er für sie nicht mehr existent? Und wieso das? Erst als er sagte, manchmal würde einem die Decke auf den Kopf fallen, hauchte sie ein leises „ja manchmal...“, aber ohne ihn anzublicken. Auf seine letzte Frage ob er bleiben oder gehen sollte, antwortete sie hingegen nicht mehr, starrte nur mit diesem ‚Schnitter-Blick’, wie er ihn heimlich für sich zu nennen begann, mit leicht angezogengen Schultern in die Nacht. Er sollte um Laree kämpfen, das wusste er, sie durfte nicht der dunklen Verzweiflung anheim fallen. Aber es war so schwer, er wusste nicht wie. Er war ein Kämpfer und keine feinfühlige Priesterin. Er beschloss eine Weile neben ihr zu stehen, nur um Laree das Gefühl zu geben nicht alleine zu sein. Gualterio trat einen kleinen Schritt näher zu der Hexe, und das Holz knarzte dabei unter seinen Stiefeln. In diesem Moment drehte sich Laree zu ihm um und kurz konnte Malateste tiefe Verzweiflung in ihren Augen erblicken.
"Bitte, bleibt, Sir.“ Auch in ihrer Stimme war für einen Moment Verzweiflung zu hören, doch hatte sich die Hexe schnell wieder unter Kontrolle und lehnte sich mit einer Hand an die Palisade, die andere locker auf die Hüfte gestellt. "Da alle einen Sicherheitsabstand um die nächste potentielle Anwärterin als Schnitterin wahren, wäre es zur Abwechslung mal nicht schlecht Gesellschaft zu haben. Ich glaub, der Schnitter und ich sind die einzigen, die nichts davon wissen.“
Plötzlich fiel bei Malateste der Groschen und das schlechte Gewissen drohte ihn zu übermannen. Das Gerücht das er gestreut hatte schien einen durchschlagenden Erfolg gehabt zu haben, und zwar nicht nur auf die Männer die Laree nachstellen wollten, sondern auf jegliche Angehörige der Armee hier. Die Hexe musste ganz schrecklich einsam sein und er trug Schuld daran. Eigentlich hatte er doch helfen wollen...
Malateste war in diesem Moment zu feige ihr zu verraten, dass er der Sündenbock für ihre Misere war und dieses Gerücht gestreut hatte. Auch wenn er sie damit hatte schützen wollen, Laree würde es nicht verstehen. Vermutlich würde sie ihm eine Ohrfeige geben, ihn anbrüllen das sie keinen Schutz von ihm oder irgend jemand anders brauche, dann davon stürmen und kein Wort mehr mit ihm reden. Der Kriegerprinz schluckte verzweifelt leer.

"Was habt ihr heute gemacht, Sir?", fragte ihn die Hexe unvermittelt. Ein leichter Wind spielte mit ihren Haarsträhnen und wehte sie frech ins Gesicht. Der Mond brach durch die Wolkendecke und ihre goldenen Augen schienen sein Licht aufzufangen. Sie war so schön, dass es beinahe schmerzte und zwischen ihnen stand ein Berg unausgesprochener Dinge und Probleme, der immer höher und scheinbar unüberwindbarer wurde. Wieso konnte er sie nicht einfach in den Arm nehmen und küssen. Wieso konnten sie nicht ein kurzes, ungetrübtes Glück erleben wie Gwyn und Messantia? Wieso waren sie nicht einfach jemand anders, die Rekrutin Venka und Korporal Jason die sich kennen lernten und mochten?
Gualterio lächelte und seine Augen wirkten müde und traurig, aber wieso sollte er ihr nicht erzählen was er erlebte, etwas was alle wussten, vielleicht konnte er sie etwas ablenken? Der Kriegerprinz blickte an seiner verschmutzten, von der Schlägerei lädierten Uniformjacke herab bei der einige Nähte angerissen waren.
„Du möchtest bestimmt wissen was passiert ist das ich so aussehe. Seltsamerweise steckt auch ein Gerücht dahinter, so wie dieses Gerücht mit dem Schnitter das dich plagt. Über mich sagt man ich sei impotent.“ Er grinste breit. „Und dabei war ich doch erst noch drei Tage im Kerker weil ich die Brunft hatte. Aber das ein brünftiger Kriegerprinz wohl kaum impotent sein kann, scheint niemanden zu stören, Gerüchte werden gerne geglaubt. Doch im Gegensatz zu dir, habe ich dieses Gerücht selbst in die Welt gestreut und zwar wegen dir.“ Malateste nahm den Hut ab und schüttelte seine Haare, die frische Brise klärte seinen Kopf. „Kompliment übrigens wie du den Pfahl erklommen hast. Ich wäre nicht auf diese Idee gekommen. Dabei hattest du jede Menge Zuschauer, der Grossteil der Offiziere hat dich beobachtet und Bovert hat mich hochgerufen und Venka...“, er räusperte sich, „...die Unterwäsche die du trägst ist nett, aber nicht wirklich feldtauglich. Das war der Moment als jeder der Offiziere sich mit dir als Trophäe schmücken wollte, und zwar wirklich jeder, und das Wetten ging los, der Beweis des Erfolgs wäre dein Tanga gewesen. All das war mir zuwider, und um mich aus der Affaire des Mitwettens zu ziehen, habe ich behauptet impotent zu sein. Ich hätte nicht gedacht, dass die bis zum Abend das komplette Fort und ganz Loraka wusste.“ Malateste rollte gespielt mit den Augen. „Am Anfang wars noch amüsant, aber irgendwann kam ein blöder Spruch zuviel. Das war der Moment als ich und meine Leute ein komplettes Lokal und einen Korporal mit seiner Einheit auseinandergenommen haben.“ Der Korporal stellte sich näher zu Venka/Laree, er wollte ihre Nähe spüren und ihren Duft riechen.

„Jetzt aber zu den guten Neuigkeiten. Seit heute habe ich ein eigenes Kommando über fünfzehn Leute. Vorher hatte bis zu Korporal Espwins Rückkehr einige Soldaten aus seinem Kommando in der Stadt geführt.“ Gualterio/Jason merkte wie er lockerer wurde, und er konnte so Laree tatsächlich einige Informationen und versteckte Hinweise ganz offiziell vermitteln. „Ich werde für die Sicherheit des Umfeldes in Loraka zuständig sein und muss den Bauern Dampf machen mit ihren Lieferungen an die Armee. Natürlich ist es gefährlicher als in der Stadt. Dort draussen gibt es einige Leute, Rebellen, die nicht gut auf uns zu sprechen sind. Aber es ist ein eigenes Kommando. Und es sind tolle Leute aus aller Herren Länder. Zwölf konnte ich selber aussuchen, drei wurden mir von Kommandeurin Frostseel gestellt, einer von den Dreihen ist sogar aus dem fernen Hayll. Wir treffen uns seit, öhm, sehr kurzer Zeit im 'Roten Hahn', das ist jetzt unsere Stammtaverne. Und meine Soldaten geben nichts auf blöde Gerüchte. Ich würde es schön finden, wenn du sie mal kennen lernst und zu uns in den ‚Hahn’ kommst. Dann sehen die anderen im Fort, dass du auch ein Mensch bist und niemandem gleich den Kopf abbeisst und das Gerücht verflüchtigt sich vielleicht.“ Bonderus lächelte Venka beinahe schüchtern an. „Da sind die Gebrüder Penda, beides ehemalige Schmiedelehrlinge, die lassen nichts anbrennen, und Airas Estelo, der weiss wie man ein Schwert richtig anfasst. Und du musst unbedingt Gwyn kennen lernen, so viele Talente gepaart mit soviel Schüchternheit hast du noch nie erlebt, meist sind seine Wangen röter als seine Haare.“ Gualterio beugte sich vor und flüsterte leise zu der Hexe. „Und ich glaube die Fährtenleserin Messantia hat ihn heute Nacht zum Mann gemacht während wir die Taverne zerlegt haben. Obergefreite Jiriki musst du auch unbedingt kennen lernen. Sie ist aus dem fernen Pruul und wegen ihrer Tochter zur Armee gegangen. Sie kann unglaublich gut mit Menschen umgehen. Und da sind noch einige, zum Beispiel Torus Wulfhere, der ist so gross und breit wie ich, und er behauptet steif und fest aus Shalador zu stammen, obwohl sogar ein Blinder sieht das er ein galcianischer Barbar ist, und Lodier Machar, der Kerl stammt aus Chaillot und ist ein unerschöpflicher Quell amüsanter Lügengeschichten. Du solltest sein Abenteuer hören wie es ihm gelungen ist als Eunuch verkleidet in ein Chailloter Harem zu gelangen und seine riesige, beim Anblick der Konkubinen hart gewordene, Männlichkeit ihn aber trotz weiter Pluderhose verraten hat.“ Malateste lachte leise auf. „Ja, das war so mein Tag, wie gesagt, wir würden dich gerne besser kennen lernen. Du findest uns ihm ‚Roten Hahn’ wenn wir in Zukunft nicht draussen auf Patrouille sind. Aber wenn du schon früher Lust hast, kannst du auch bei uns frühtstücken morgen. Unsere Zelte stehen direkt bei denen von der Sechsten.“ Gualterio holte Atem uns spürte, wie etwas in seinem Juwelengepäck beinahe seine Aufmerksamkeit verlangte.
„Und Venka, magst du Brombeeren?“
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Laree » Mo 4. Sep 2023, 19:35

Sie blickten sich für eine Weile schweigend an, das Mondlicht, das kurz durch die Wolkendecke fiel, legte Gualterios Gesicht in harte Schatten. Laree sah die Narbe, das blinde Auge und die gebrochene Nase und vermutlich waren diesen Abend noch mehr Narben zu diesem Schlachtfeld dazu gekommen. Selbst wenn ihr Gesicht immer noch schön und eben war, so fühlte sie die Narben doch innerlich, ihre Seele ein verwüstetes Feld. Dabei wünschte sie sich sehnslichst einfach bloß in seinen Armen zu liegen und dass es wieder wie früher war. Wie an diesem Abend, diese eine Nacht... Aber seitdem schien zu viel passiert zu sein und nun standen sie sich wie zwei Fremde gegenüber.
Der Kriegerprinz lächelte leicht melancholisch, vielleicht dachte er an ähnliches, sah schließlich an seiner ramponierten Uniform herab, die bei der Schlägerei auch einiges mitgemacht hatte. So begann Gualterio zu erzählen wie es überhaupt zu der Prügelei gekommen wäre. Man hätte ein Gerücht über ihn verbreitet, dass er impotent sei. Laree war so perplex, dass sie kurz lachte und den Kopf schüttelte. Immerhin wußte sie es sehr viel besser, letzte Nacht hatte er keinerlei Probleme gehabt. "Entschuldigung.. nur bei euch kann ich mir das nicht vorstellen, Sir", erklärte sie. Malateste fuhr fort, erwähnte eine Brunft, die er drei Tage im Kerker ausgestanden hätte. Die Hexe wurde umgehend ernster, betrachtete ihn kritisch. "Im Kerker? Wer hat euch dadurch geführt?" Venka selbst hätte das vielleicht nicht gefragt, doch sie konnte einen Funken Eifersucht nicht sofort unterdrückten. Seine Brunft... liebend gerne hätte sie ihm drei Tage durchgehend zur Verfügung gestanden. Der Gedanke ließ ihren Körper kribbeln, es mußte noch das Safframatte in ihrem Blut sein..
Es kam noch besser, denn der Korporal bemerkte, dass er das Gerücht selbst in die Welt gesetzt hätte. Wegen ihr. Dabei nahm er seinen Hut ab, offenbarte seine blond gefärbten und gestutzten Haare. Es klang fast wie ein Geständnis vor einem Richter. "Wegen mir?", fragte Laree leise. Gualterio erzählte weiter wie viele Offiziere beobachtet hätten wie sie den Pfahl hochgeklettert wäre, dabei wären ihnen auch ihre Unterwäsche aufgefallen. Das wußte sie ja schon von Bovert, aber bei dem Kriegerprinzen klang es so als wäre ihre Unterwäsche alles andere als angemessen. Wollte er ihr etwa vorschreiben wie sie sich zu kleiden hatte? Die Hayllierin wandte kurz das Gesicht ab, in ihren Augen funkelte es trotzig.
"Es erinnert mich an meine Heimat, außerdem fühle ich mich damit gut, deswegen trag ichs", verteidigte sie sich. Und auch weil sie Ayden vermisste, er schrieb ihr sonst immer vor wie sie sich zu kleiden hatte, nun trug sie wenigstens noch die Wäsche, die er ihr gekauft hatte. "Es erinnert mich an mein altes Leben...", fügte sie wesentlich leiser hinzu.
Die Offiziere hätten alle um sie zu wetten begonnen, als Trophäe wollte man ihren roten Spitzentanga. Laree drehte sich wieder zu Gualterio um, sah ihn verbissen an. "Das ist bei weitem nicht die erste Wette um mich." Also hatte er nicht mitgewettet weil es ihm zuwider gewesen war und dafür sogar auf sich genommen, dass man Witze über seine Männlichkeit machte. Sie sollte das nicht gut finden, doch es verschaffte der Hexe ein gutes Gefühl. "Ihr hättet auch mitwetten können..." Ihr Blick wurde eine Spur anziehender, ihre Hand legte sich nah auf die Brüstung neben seine. "Ich glaube, bei euch hätte es mich nicht so sehr gestört..." Ein kurzes Lächeln erschien auf ihren geschwungenen Lippen. Hätten sie sich nicht gekannt, wäre das nun die Andeutung gewesen, dass sie an ihm unter Umständen interessiert war.

Natürlich hatte Gualterio die Spötteleien der anderen Soldaten nicht unbegrenzt ertragen und daraus war anscheinend die Schlägerei in einer Kneipe resultiert. Laree grinste leicht, registrierte, dass er näher zu ihr getreten war. Vielleicht schon zu nah wie es für zwei Unbekannte schicklich gewesen wäre, doch das war der Hexe in dem Moment egal. Es war schön ihm zuzuhören, schon allein seine dunkle Stimme zu hören und wie er über seine Einheit erzählte, er hätte nun fünfzehn Leute unter seinem Kommando mit denen er in Zukunft das Umland von Loraka sichern würde.
"Gefährlich?" Sie blickte ihn fragend mit ihren großen Rehaugen an. Schon in Hayll als sie darüber geredet hatten, hatte ihr dieser Teil nie gefallen, versucht ihm ein Versprechen abzuringen, dass er ja unversehrt wiederkam. Etwas was er ihr natürlich nicht versprechen konnte. Und nun waren sie beide hier gestrandet. Laree wußte noch nicht ob es das unbedingt erträglicher machte. Gerade jetzt schon.
Schweigend hörte sie Gualterio weiter zu wie er von einem Lokal namens "Roter Hahn" erzählte und es zu seiner Stammtaverne gemacht hatte, zu der er sie auch gleich einlud. Ob er in jedem Land so eine hatte? Dann wurde ihr jeder von seiner Einheit beschrieben und genannt, er erwähnte jemanden aus Hayll. "Ja, ich habe schon gesehen, dass viele nicht aus Dhemlan kommen. Zucker sagt er kommt aus Dhemlan, aber er sieht mehr so aus als kommt er auch aus Hayll." Ob es so gut war auf Landsleute zu treffen, würde sich noch zeigen. Neugierig lauschte Laree der weiteren Beschreibung, es lenkte sie ab von ihrem Kummer, aber sie realisierte in dem Moment auch, dass für Malateste diese Leute längst nicht nur mehr Feinde waren. Sie waren seine Kameraden geworden, sie konnte den Stolz in seiner Stimme hören.
Er flüsterte ihr zu, dass Messantia den rothaarigen Gwyn in der Nacht wohl zum Mann gemacht hatte und Laree grinste. "Gut für ihn", erwiderte sie. Der Kriegerprinz lieferte noch mehr Anekdoten, es schien so als hätte er wirklich Spaß gehabt. Trotz oder gerade wegen der Schlägerei. Die Hexe beneidete ihn darum. Und was hatte sie in der Zeit gemacht? Plötzlich fiel ihr wieder Bovert ein, Laree sah noch einmal zum Pfahl. Der Feldwebel war von hier aus nicht zu sehen, doch er mußte noch dort sitzen und betäubt sein.
"Ja, das war so mein Tag, wie gesagt, wir würden dich gerne besser kennen lernen. Du findest uns ihm ‚Roten Hahn’ wenn wir in Zukunft nicht draussen auf Patrouille sind. Aber wenn du schon früher Lust hast, kannst du auch bei uns frühtstücken morgen. Unsere Zelte stehen direkt bei denen von der Sechsten", lenkte Gualterio sie davon wieder ab. Laree schenkte ihm eines ihrer selten gewordenen Lächeln, nickte.
"Ja, vielleicht mach ich das... je nachdem wann uns der Ausbilder auf den Platz scheucht. Morgen sollen wir Armbrustschießen üben." Sie konnte sich nicht vorstellen, dass das besser wie beim Bogenschießen ablaufen würde. "Dabei war ich noch nie eine großartige Kämpferin gewesen. Jedenfalls nicht mit Waffen", fügte sie hinzu.
Gualterio fragte sie da plötzlich, ob sie Brombeeren mochte. Laree zog langsam ihre Hand von der Brüstung fort, ihr Herz schlug schneller, auch wenn man ihr äußerlich nicht viel von der Veränderung, die ihr bloß bei der Erwähnung des Wortes widerfuhr, erkannte.
"Die Armee liefert Brombeeren zum Frühstück?", fragte sie zurück. Es mußte ein Zufall sein, dass er ausgerechnet diese Frucht erwähnt hatte, ein dummer Zufall, nichts weiter.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Malateste » Mo 4. Sep 2023, 19:50

Bei dem Teil der Geschichte mit der Impotenz lachte Laree kurz auf, und schüttelte ungläubig den Kopf, meinte sie könne sich das nicht vorstellen bei ihm. Der Kriegerprinz strich sich verlegen lächelnd durch das Haar, Laree wusste da etwas mehr als Venka.
„Vielleicht glauben die Männer gerne an so ein Gerücht, es könnte ihnen die Gelegenheit geben sich einmal im Leben einem Kriegerprinzen überlegen zu fühlen. Aber schön das du nicht daran zweifelst.“
Erst bei der Stelle mit der Brunft unterbrach die Hexe ihn noch einmal. Unter ihrem kritischen Blick fragte er sich was sie wohl gerade dachte, und ob mehr hinter ihrer Neugier steckte wer ihn durch die Brunft geführt hatte. Vielleicht sogar Eifersucht? Sie konnte nicht wissen, dass er nicht in Brunft geraten war. Eigentlich war Malateste schon länger nicht mehr in Brunft geraten, so absurd war es desegen gar nicht, dass sie ihn in nächster Zeit heimsuchte.
Er räusperte sich. „Ähm, mich hat niemand durch die Brunft geführt.“ Seine Stimme wurde sehr leise. „Eigentlich war die Brunft nur eine Tarnung, in Wahrheit ging es um Schwarztraum…“
Der Kriegerprinz brach abrupt ab und wurde sehr ernst, er hatte eben mehr gesagt als er wollte. „Aber darüber möchte ich jetzt nicht reden“, meinte er bestimmt und erzählte schnell weiter.
Bei der Stelle mit dem aufreizenden Tanga wandte die süsse Hexe trotzig ihren Kopf ab und verteidigte sich. Es würde sie an ihre Heimat und an ihr altes Leben erinnern. Schmerzhaft wurde Gualterio bewusst das sie mit ihrem alten Leben sicherlich Ayden meinte, und das sie ihn vermisste, und erneut fragte er sich, wieso Laree hier war.
Beschwichtigend hob der Korporal die Hand.
„Oh, ich finde deine Unterwäsche extrem anziehend und ehrlich gesagt habe ich mich gefragt, ob du noch mehr solch aufreizender Teile dabei hast, aber der Moment ihn zu zeigen war ungünstig, du hast damit die Aufmerksamkeit jeder Menge sabbernder Hyänen auf dich gezogen.“
"Das ist bei weitem nicht die erste Wette um mich“, meinte die Hexe verbissen, kam aber plötzlich näher und Gualterio stockte der Atem als ihre Hand nur noch einen Fingerbreit von seiner entfernt auf der Brüstung lag.
"Ihr hättet auch mitwetten können..." Die Hexe blickte verführerisch zu dem Kriegerprinzen hoch. "Ich glaube, bei euch hätte es mich nicht so sehr gestört..." Ein kurzes Lächeln erschien auf ihren Lippen die regelrecht zum Küssen einluden.

Malateste schluckte und sein Adamsapfel hüpfte dabei. Ein hungriger Ausdruck schlich sich in seinen Blick, und als er antwortete zitterte seine Stimme leicht vor Verlangen.
„Es kam mir falsch vor um eine Rekrutin zu wetten. Und realistisch betrachtet standen meine Chancen schlecht. Was will eine so schöne Frau wie du schon von einem so hässlichen Kerl wie mir? Wo es doch hier erfolgreiche und attraktive Männer wie Feldwebel Lorcann gibt der auch mitgeboten hat.“
Die Geschichte des Korporals ging weiter und er begann über seine Leute und deren Herkunft zu sprechen, bis Laree einwarf, bemerkt zu haben das viele nicht aus Dhemlan kämen, Zucker zum Beispiel wäre auch aus Hayll. Bei der Erwähnung des Feldwebels aus der Sechsten verengten sich Malatestes Augen kurz, und ein Stich der Eifersucht pisackte ihn den er schnell zu verdrängen suchte. Wie sollte er mit diesen Haylliern umgehen? Eigentlich waren sie Verräter, aber sie gehörten nicht zu seinen Aufgaben. Gefährlich wurde es erst, wenn einer von ihnen Laree oder Malateste erkannte. Oder wenn einer etwas von Ayden gehört hatte. Dann würde die Sache richtig kompliziert.
Malateste konnte seinen Befürchtungen hier nicht Ausdruck verleihen, war sich aber sicher, dass Laree dieselben Gedanken hegte, weswegen er ohne Unterbrechung seine Geschichte zu Ende erzählte und die Rekrutin Venka dann in den „Roten Hahn“ und zum Frühstück am nächsten Tag einlud.
Darauf schenkte ihm Laree das erste ehrliche und schöne Lächeln seit langem, und es tat Gualterios Seele gut.
„Du solltest öfters Lächeln Venka, es steht dir gut und du hast ein wundervolles Lächeln.“ Der Kriegerprinz musterte die Hexe mit einem zärtlichen Blick als sie antwortete.
"Ja, vielleicht mach ich das... je nachdem wann uns der Ausbilder auf den Platz scheucht. Morgen sollen wir Armbrustschießen üben. Dabei war ich noch nie eine großartige Kämpferin gewesen. Jedenfalls nicht mit Waffen.“
Malateste hörte die Schwarze Witwe in seinem Kopf. Gib ihr nie eine Armbrust in die Hand, sie könnte zu gut damit sein. Kurz lief ein Schauer über seinen Rücken, aber verhindern konnte er den Lauf der Dinge nicht.
„Du wirst gut sein mit der Armbrust, Venka. Du wirst die Beste sein, glaub mir.“ Gualterio blickte sie ernst an. Wieso sollte sie nicht lernen mit einer Armbrust umzugehen? Laree hatte Unrecht, sie war eine Kämpferin, auf alle Fälle hatte sie das Herz einer Kämpferin und das war die Grundvoraussetzung. Den Umgang mit Waffen konnte man lernen, das Herz war das Wichtigste.
Auf die Frage mit der Brombeere löste sich die Hexe seltsamerweise von der Brüstung und sie antwortete ausweichend.
"Die Armee liefert Brombeeren zum Frühstück?"
Malateste lächelte. „Nicht das ich wüsste. Aber vielleicht finde ich ein paar im Wald, die könnte ich dir mitbringen. Nein, ich habe wegen etwas anderem gefragt. Meine Reisen haben mich in einen seltsamen Laden geführt, es gab Krempel aber auch viele schöne und magische Dinge. Dabei bin ich auf ein Objekt gestossen. Der Besitzer meinte, es würde mich meiner Herzdame näherbringen und ich wüsste wem ich es ann geben soll.“ Gualterio zog die Handschuhe aus und steckte sie in den Gürtel. Es kam ihm falsch vor, die Schmuckdose mit Handschuhen zu überreichen.
„Es klingt vielleicht komisch, schliesslich habe ich dich erst kennen gelernt Venka, aber ich bin mir sicher, es wurde für dich gemacht. Es pass perfekt zu dir. Und vielleicht bist du meine Herzdame und wir wissen es bloss noch nicht?“ *Das ist eine Lüge*, dachte Malateste, *ich weiss, dass du meine Herdame bist*
Malateste streckte seine Arme aus, legte seine grossen Hände übereinander und liess in der Höhlung, vor Larees Augen erst Mal verborgen, das filigrane Schmuckkästchen mit der eingearbeiteten Brombeeren und in Larees Juwelenfarben erscheinen.
„Bereit?“ Voller Erwartung blickte er Laree an und nahm dann die obere Hand weg und präsentierte ihr das Geschenk.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Laree » Mo 4. Sep 2023, 19:52

Was bedeutete es, die Brunft wäre nur Tarnung gewesen und es ginge um Schwarztraum? Was war Schwarztraum? Laree lagen die entsprechenden Fragen schon auf den Lippen, doch Gualterio kam ihr zuvor, wollte offensichtlich gerade jetzt nicht darüber reden. Sie sprachen weiter und als die Hayllierin durchschimmern ließ, dass sie oder vielmehr Venka Interesse an ihm hatte, konnte sie das Begehren in seinen Augen erwachen sehen, sogar in jenem, das blind sein sollte.
"Es kam mir falsch vor um eine Rekrutin zu wetten. Und realistisch betrachtet standen meine Chancen schlecht. Was will eine so schöne Frau wie du schon von einem so hässlichen Kerl wie mir? Wo es doch hier erfolgreiche und attraktive Männer wie Feldwebel Lorcann gibt der auch mitgeboten hat", erwiderte der Kriegerprinz auf ihr Angebot. Laree streckte leicht ihren Oberkörper durch, schüttelte sachte den Kopf und sah ihn durchdringend aus.
"Verzeihung, aber ihr seht nicht wie ein Mann aus, der sich von schlechten Chancen abschrecken lässt", gab sie zurück. Er war ein Kämpfer, so wie sie, und da mußte er doch um sie kämpfen oder? Aber Laree konnte es ihm weder sagen noch es selbst tun, sie schaffte es einfach nicht. Ihre Angst davor, dass er sie verletzte und enttäuschte war schlicht zu groß. Und was wollte sie mit jemanden wie Lorcann? Sie kannte einen überaus attraktiven und erfolgreichen Mann, dagegen war der Feldwebel bloß eine billige Kopie.
Dann hatte Malateste ihr seinen Abend in vollmundigen Bildern beschrieben, jeden einzelnen seiner Soldaten erwähnt und lud sie zum Schluß auch einmal in den "Roten Hahn" ein, oder gleich morgen zum Frühstück. Als sie daraufhin lächelte, bemerkte er gleich, dass sie das öfter tun sollte. Laree hoffte, dass sie das in Zukunft konnte, Gualterio hatte sie kurz vergessen lassen, allein seine Nähe tat ihr gut.
Allerdings fand sie seine Bemerkung, dass sie die Beste im Armbrustschießen sein würde, etwas übertrieben und verdrehte dementsprechend die Augen. "Ich wünschte, ich hätte euren Optimismus, Sir", wandte sie ein. Aber es war nett, dass er wenigstens versuchte sie aufzumuntern.
Das Gespräch nahm erst eine andere Wendung, als der Kriegerprinz die Brombeeren erwähnte. Mißtrauisch und vorsichtig geworden fragte Laree nach, sie versteifte regelrecht als er anbot, dass er ihr aus dem Wald einige mitbringen könne. Warum sagte er so etwas? War es bloß Zufall? In ihrem Inneren machte sich ein mulmiges Gefühl breit und mit seltsamer Anspannung lauschte sie seinen Worten über einen Antiquitätenladen wo er ein gewisses Objekt gefunden hätte. Der Besitzer hätte darauf geschworen, es würde Gualterio seiner Herzensdame näher bringen. Die Hexe blickte ihn sehr kritisch und zweifelnd an. Er glaubte doch nicht etwa an so etwas? Die Händler versprachen einem doch das Blaue vom Himmel herab damit man was kaufte. Anscheinend hatte der Besitzer jedoch einen Nerv bei Gualterio getroffen. Laree mußte sich zwingen keinen Schritt zurückzuweichen als der Kriegerprinz seine Handschuhe auszog.
"Es klingt vielleicht komisch, schliesslich habe ich dich erst kennen gelernt Venka, aber ich bin mir sicher, es wurde für dich gemacht. Es pass perfekt zu dir. Und vielleicht bist du meine Herzdame und wir wissen es bloss noch nicht?", sagte Gualterio und hatte mit seinen Händen einen leichten Hohlraum gebildet worin er das Geschenk wohl barg.
Larees Blicke huschten unsicher über seine Hände. Ja, sie hatte ein dickes Fell und konnte sehr viel aushalten, doch bei so etwas war sie unbeholfen wie ein Kind und sehr verletzlich. "Ich... weiß nicht", schaffte sie es bloß leise hervorzubringen. Sie fühlte sich alles andere als bereit. Glaubte er wirklich, sie wäre seine Herzdame? Ein nervöses aufgeregtes Kribbeln machte sich in ihr breit.

Und dann nahm er seine Hand fort und Entsetzen brach über sie rein. Laree starrte wie versteinert auf das Schmuckdöschen, das Blut rauschte in ihren Ohren und der Boden unter ihren Füßen schien nicht mehr zu existieren. In Malatestes Hand lag ein kleines Kästchen, es war so wunderschön wie damals, filigran gearbeitet und aus schimmerndem Opal in der Form einer Brombeere. Oben drauf war eine rosane Blüte aus Rosenquarz in deren Mitte sich ein kleines Schloss befand. Der Anblick schien sie gleich 266 Jahre zurück in die Vergangenheit zu befördern.

"Ohhh... sie ist so schön. Das hab ich gar nicht verdient", stammelte sie, ihre Augen glänzten lebhaft und voller Freude. "Danke, Armandos...." Sie würde die Dose immer aufbewahren und ihre kleinen Schätze dort hineinlegen. Noch nie hatte ihr ein Mann so ein Geschenk gemacht. Ob er sie dann sehr gern hatte?
Glücklich erwiderte Laree Armandos' Lächeln, ihr Herz machte einen aufgeregten Satz, als er sie an der Hand nahm, wobei sein Daumen zärtlich über ihre Haut streichelte. Das Kribbeln zog ihren Arm herauf und Schmetterlinge tanzten in ihrem Bauch. So folgte die junge Hexe aufgeregt ihrem Angebeteten, sah verliebt hoch zu ihm und genoss es einfach nur Hand in Hand mit ihm spazieren zu können.
Sie schlenderten gemeinsam am Rande des Parkes entlang und Laree genoss seine feste große Hand, die ihre so wundervoll umschloss. Sie fühlte sich irgendwie geborgen und beschützt. Auch wenn sie immer noch aufgeregt war, so konnte sie doch wieder die Umgebung besser wahrnehmen. Bienen, Hummeln und Schwebwespen flogen in der Abendsonne umher und über die Blüten, die zwischen den Brombeersträuchern hervorschimmerten wie helle und bunte Tropfen. Es war so ein schöner Abend. Die Hexe vergaß ganz, dass man sich irgendwann wundern würde wo sie abgeblieben war. Es war schrecklich verboten was sie hier tat.


Aber das war lange her, die Gefühle, die sie empfand jedoch die gleichen. Und nun schenkte ihr ausgerechnet Gualterio diese Schmuckdose, die derjenigen so frappierend ähnelte, die ihre Kindheit beendet hatte. Es konnte kein Zufall sein, niemals.
"Wie kannst du nur?", hauchte sie und all ihre Selbstbeherrschung brach wie ein Kartenhaus in sich zusammen, jegliches Gefühl und alle Tränen, die bisher mühsam vor dem Kriegerprinzen zurückgehalten hatte. Ungehindert rannen ihr die Tränen über die Wangen, ihre goldenen Augen voller offenem Schmerz.
Es dauerte nicht lange, da mischte sich hilflose Wut dazu und sie verpasste Gualterio eine heftige Ohrfeige. "Findest du das etwa witzig?! Wer hat es dir gesagt? Du mieser Schuft, du scheiß Kerl!!" Sie dachte nicht mehr an die Umgebung und dass sie womöglich jemand hören konnte. In dem Moment war sie wieder 138 Jahre alt, ein Mädchen dessen zarte Hoffnungen mit Füßen getreten worden war und dass viel zu schnell hatte erwachsen werden müssen.
"Ich hasse dich! Wie konntest du das bloß tun? Ich will dich nie wieder sehen!" Ihre Stimme, noch bebend vor Wut, wurde bald von den Tränen erstickt, sie schluchzte gequält auf und trat ihm hart vors Schienbein. "Gerade du..." Dann kletterte sie ungelenk über die Palisaden, sie hielt es nicht mehr aus in seiner Nähe und die Tore des Forts waren zu. Sie kam sich wie eingesperrt vor, sie mußte raus aus diesem Gefängnis, das sie kaum atmen ließ. Weg von Malateste, weg von der Schmuckdose. Bevor Gualterio sie aufhalten konnte, stürzte sie vom Wehrgang. Sie landete weich und ohne große Blessuren unten, spürte wie der Kriegerprinz instinktiv die Kunst eingesetzt hatte, um ihren Sprung zu dämpfen. Es machte Laree bloß noch wütender, sie rappelte sich auf, blinzelte die Tränen fort und humpelte in Richtung Wald, jeden Ruf nach ihr ignorierend. Alles in ihr drin tat weh und wollte doch irgendwie mit aller Macht heraus, der Anblick des Schmuckkästchens hatte alle sorgsam aufgebauten Mauern einreißen lassen. Tränenblind stolperte Laree an dem Pfahl vorbei ohne ihn recht zu registrieren und flüchtete in den Schatten des Waldes.
Sie hatte immer Angst gehabt, dass Gualterio ihr irgendwann so weh tun würde und nun hatte er es getan... sie glaubte ihm die Geschichte mit dem Laden nicht, nein, das konnte kein Zufall gewesen sein, er hatte es extra gemacht. Genau deswegen hatte sie solche Angst gehabt ihm zu sagen was sie für ihn empfand, aus Furcht, er würde mit ihr spielen und es ausnutzen. Sie ertrug das nicht noch ein einziges Mal.
Ihre zierliche Gestalt wirkte zwischen den dunklen Baumstämmen noch verlorener, die benadelten Fichten- und Kieferäste wie Hände, die sich nach ihr ausstreckten. Laree stürzte in der Dunkelheit über eine Wurzel, blieb schluchzend und zitternd liegen. Während sie noch wimmernd zwischen welken Blättern, Moos und Fichtennadeln lag, sah sie wie ein Paar schwarzer Stiefel sich in ihr Gesichtsfeld schoben und jemand lautlos näher kam. Die Hexe hob den Kopf schwach, ihr Blick glitt über schwarze Kleidung, einen fast bodenlangen Mantel bis hoch zu einer Maske. In der Dunkelheit starrten sie die kalten Augen des Schnitters an. Er sagte nichts, er ließ bloß vor ihr eine schwarze Maske wie die seine fallen, nur etwas kleiner.
"Dann... dann war es also kein Gerücht...", flüsterte sie, ihre Tränen waren bereits dabei zu versiegen und ihr Herz sich noch fester zu verschließen, um in Zukunft auch gegen diesen Schmerz gewappnet zu sein. Es fehlte nicht mehr viel, dann würde sie es schaffen aufs Neue den Schmerz und die Erinnerungen zu verdrängen. Langsam streckten sich ihre Finger nach der Maske aus.
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Re: In Sions Armee

Beitragvon Malateste » Mo 4. Sep 2023, 19:58

Lächelnd und voller Erwartung betrachtete Malateste Larees Gesicht um ja keine ihrer Reaktionen zu verpassen, vielleicht ein freudiges Aufblitzen ihrer Augen oder ein kleiner Ausruf des Entzückens über das Kleinod das so wunderbar zu ihr passte. Stattdessen starrte die Hexe nur versteinert auf das Schmuckstück in seiner Hand. Verwirrung schlich sich in Gualterios Blick.
„Es gefällt dir nicht?“ Malateste Stimme klang verunsichert. Und alles wurde noch schlimmer.
"Wie kannst du nur?", kam es qequält über die Lippen der Hexe und dann brach sie in Tränen aus. Er wollte fragen was los ist, doch noch ehe sich der grosse Kriegerprinz versah, klatschte ihre Hand heftig auf seine Wange. Der körperliche Schmerz dieser Ohrfeiger war verhältnismässig gering, doch seelisch traf es ihn wie ein Peitschenschlag.
"Findest du das etwa witzig?! Wer hat es dir gesagt? Du mieser Schuft, du scheiß Kerl!!" Laree begann ihn zu beschimpfen, ihre Stimme bebte vor Wut, die Schmuckdose entglitt seiner Hand und fiel unbeachtet auf das Holz des Wehrgangs. Gualterio hatte das Gefühl plötzlich in seinem schlimmsten Alptraum gefangen zu sein.
"Ich hasse dich! Wie konntest du das bloß tun? Ich will dich nie wieder sehen!" Larees Stimme überschlug sich, erstickt von den Tränen die wie Sturzbäche aus ihren Augen schossen. Malateste streckte hilflos die Hand nach ihr aus um sie zu besänftigen, wollte fragen was los ist, wurde aber nur von der Situation überrollt. Alles hatte er erwartet, aber nicht dieser Ausbruch der Wut und des Zorns. Noch nie hatte er Laree so erlebt, nicht mal bei ihrem schlimmsten Streit miteinander. Und die fade Hoffnung, lediglich in einem schrecklichen Alptraum festzustecken, zerstob, als er einen harten Tritt gegen das Schienbein verspürte. "Gerade du..."
Gualterio ächzte gequält auf. „Was zur Hölle ist los?!“, brach es aus ihm heraus. Doch da war Laree schon an der Brüstung und darüber geklettert ehe Malateste sie in seiner grenzelosen Verwirrung aufhalten konnte. Mit einem Satz war er bei der Brüstung und instinktiv verdichtete er die Luft unter der zu Boden fallenden Laree, so dass sie wie auf einem Kissen aus Luft landete und sich nicht das Genick brach. Im Schein des Mondes konnte er sehen wie sie sich hochrappelte und dann vom Fort weg in die Nacht humpelte so schnell sie mit ihrem verletzten Bein konnte.
*Laree!*, sein Speerfaden war voller Pein. *Laree, warte, was ist los?* Keine Antwort. *LAREE!!!!* Nichts. Langsam fiel Malateste auf die Knie, wie eine Marionette deren Fäden durchgeschnitten worden waren. Seine Gefühlswelt war eben zusammengebrochen wie ein Kartenhaus. Er hob den Kopf zu einem stummen Schrei der Verzweiflung und starrte dann stumpf mit verschleierten Augen auf die Schmuckdose am Boden. Diese Dose war daran Schuld, dass er Laree endgültig verloren hatte. Es war von Anfang an aussichtslos gewesen. Hätte Timaris doch bloss jemand anders zu ihm in die Zelle geschickt. Er und Laree hätten sich vielleicht nur flüchtig kennen gelernt, ihre Wege hätten sich nur leicht gekreuzt. Sie wäre bei Ayden gewesen, und Asar hätte sie auf seine perverse Art beschützt und Laree wäre glücklich gewesen und nie hier in Raej gelandet, hätte nie all dies miterleben müssen. Es war der aussichtsloseste Kampf gewesen den er je geführt hatte.

Asar hatte gewonnen. Diese Schmuckdose, er musste sie Ogul gegeben haben damit dieser sie Malateste zuspielte. All dies musste geplant gewesen sein um ihn und Laree endgültig zu entzweien. Der Kriegerprinz hob langsam einen Arm und ballte eine Faust. Er würde diese Dose zersplittern, so wie seine genauso fragile Beziehung zu Laree zersplittert worden war.
Einige Zeit verharrte er so, dann krachte die Faust neben der Schmuckdose auf das Holz. Was zur Hölle tat er hier? Gab er tatsächlich auf? Wann hatte er aufgehört zu kämpfen? Vorsichtig nahm er die Schmuckdose und liess sie verschwinden, er musste erfahren was es damit auf sich hatte. Er hatte nie reingeblickt, hatte auch keinen Schlüssel dazu gehabt. Gualterio hörte fragende Stimmen die näherkamen, die Wache musste Larees Ausbruch gehört haben, und vielleicht würden auch bald seine Leute nach ihm suchen. Lautlos schwang sich der Kriegerprinz über die Palisade und dämpfte seinen Sturz mit Hilfe der Kunst. Es dauerte nur einen Augenblick ehe er die Signatur der Hexe ortete. Die Verzweiflung und Trauer an Larees mentaler Spur war so stark, das die Signatur beinahe sichtbar vor seinen Augen zu glühen schien. Malateste rannte los in die Nacht hinein.
Das stopplige Feld wich bald dem nachtdunklen, abgeholzten Übungsplatz, der wie ein gespenstischer Friedhof wirkte mit dem mahnend emporgereckten Pfahl, ein düsteres Wahrzeichen. Doch daran verlor Malateste keinen Blick. Der Alkohol war längst verdrängt und in stummer Konzentration hetzte er durch die Dunkelheit. Larees Signatur führte ihn in den Wald hinein. Er drosselte seine Geschwindigkeit nur minimal, sprang über Wurzeln und versuchte dem Geäst der Bäume auszuweichen, welche trotzdem wie knorrige Finger nach ihm zu greifen schienen und sein Gesicht zerkratzte. Mit einem entsetzten Keuchen hielt der Kriegerprinz in seiner Jagd inne. Da war noch etwas, eine Art Signatur, aber völlig verfremdet, nicht normal, irgendwie abstossend. Und er war dieser Signatur schon einmal begegnet... Der Schnitter!
Wütend knurrte Malateste auf und rannte erneut los, noch schneller als vorher, die Angst zu spät zu kommen verlieh ihm beinahe Flügel, trotzdem kam ihm die Zeit endlos vor bis er Laree fand. Sie lag auf dem Boden, stützte sich halb auf, vor ihr stand der Schnitter und blickte zu ihr herunter. Laree achtete jedoch nicht auf ihn, sondern streckte ihren Arm aus um etwas aufzuheben das vor ihr am Boden lag. Erst sah Gualterio nur einen schwarzen Fleck auf dem Laubboden des Waldes, doch dann erkannte er eine Ledermaske, ähnlich der die der Schnitter trug.
„Nein!“, brüllte er, sein Ruf hallte durch den Wald. „Lass sie liegen, bitte! Wenn du sie nimmst gibt es kein zurück mehr für dich.“ Malateste spannte sich an.
*Was willst du, alles vergessen? Keine Schmerzen mehr? Zu welchem Preis? Schau ihn an, willst du wirklich zu dem werden, einem seelenlosen Etwas?*
Leise sirrend glitt das Langschwert des Kriegerprinzen aus der Scheide während er seine Juwelenkraft bündelte. Der Schnitter würde schnell sein und mit verborgenen Waffen kämpfen, vergifteten Klingen, kleinen Handarmbrüsten. Er war zudem nicht mehr menschlich, da war sich der Kriegerprinz sicher und der Assasine hatte vermutlich die dunkleren Juwelen als er. Das war eines von Sions Monstern. Malateste machte sich nichts vor, dies könnte sein letzter Tanz werden, dieser Gegner war übermächtig. Aber es war ihm egal, er war ein Kriegerprinz, geboren um zu beschützen! Er hatte Timaris geschworen Laree zu schützen, das würde er tun. Da war es, das Blut des Kriegerprinzen aus alten Tagen nach dem er so lange gesucht hatte, und da war er, der Drache aus seiner Kindheit...

*Laree, flüchte jetzt, du kommst hier aus Raej raus, da bin ich mir sicher, bring dich in Sicherheit, finde dein Glück, du darfst nie aufhören danach zu suchen!* Traurig fiel sein Blick auf Laree. *Ich werde nicht sterben ohne es zumindest einmal gesagt zu haben.*
„Ich liebe dich.“ Es war ein leises Flüstern. *Vielleicht treffe ich auf der anderen Seite unseren Sohn. Und wenn du mich brauchst, werde ich aus der Hölle selbst zurückkommen um dich zu retten, das schwöre ich.*

Im Geist des Kriegerprinzen warf sich der wütende Kriegshund gegen sein geistiges Gefängnis und wollte raus, aber noch nie war die Barriere so stark gewesen wie jetzt. Malateste wollte als Gualterio sterben, nicht als seine dunkle Bestie.
Der Herzschlag Malatestes verlangsamte sich als er in die Kampfruhe des Kriegerprinzen hinabstieg, die Zeit schien sich zu verlangsamen, er fokussierte seinen Gegner, wo er stand, wo seine Hände waren. Langsam hob er das Schwert in die Hut vom Tag.
„Du wirst sie nicht bekommen Schnitter, nur über meine Leiche.“
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