Re: Rückkehr des Gefährten
von Timaris » Do 17. Aug 2023, 14:00
Timaris blickte auf den schlafenden Aaron in ihrem Bett. Sie mochte es, wenn er so verletzlich und vollkommen wehrlos vor ihr lag und sie hasste es, dass sie es nicht ausnutzen durfte. Nicht solang nicht geklärt war, warum die Messerwunde sich nur so schwer heilen liess und ob ihr Blut womöglich ein Gift enthielt, welches sich beim Sex übertragen liess. Es war noch zu früh, um all die Antworten zu haben. Sie waren erst gestern aus dem Urlaub zurück gekommen. Dennoch bereitete es ihr bereits viel Ärger. Ayden der vor Neid beinahe verging, weil sie nicht mit ihm geschlafen hatte, nachdem sie aus dem Urlaub zurück gekommen war. Es hatte ihm gar nicht gefallen. Und ihr ebenfalls nicht. Sowohl Ayden, als auch Aaron waren beides überaus attraktive Männer und Timaris war sich nicht gewöhnt, in dieser Hinsicht zu verzichten. Sie musste schon so oft genug verzichten.
Heute Morgen musste jedenfalls Aaron verzichten. Nicht nur darauf sie nackt zu sehen, geschweige denn Sex zu haben. Sie würde auch ohne ihn Frühstücken. Dabei war das so in etwa die einzige Zeit, die er sonst mit ihr alleine hatte. Eine ihrer Leibwachen bei Aaron im Schlafzimmer lassend ging sie ins Bad, um sich frisch zu machen und von Rhiana ankleiden zu lassen. Den Leibwächter liess sie bei Aaron, um ihm einerseits klar zu machen, dass er im Schlafzimmer zu warten hatte, andererseits aber auch deswegen, damit der Leibwächter rasch bei ihr sein konnte, während sie sich mit Kaeros traff. Nicht, dass sie dem jungen Kriegerprinzen zutraute, für Sion zu arbeiten. Doch sie war vor ein paar Tagen viel zu knapp dem Tod entkommen. Sie musste nun noch besser auf sich aufpassen.
Kaeros. Dieser dumme Junge. Einfach seinen Tod vortäuschen um der Verantwortung seines Namens zu entkommen. Timaris konnte zwar teilweise das Bedrüfnis nachvollziehen, jedoch weniger, dass Kaeros sich dabei nur mässig geschickt angestellt hatte. Und noch weniger verstand sie, wie er nun einfach wieder so in sein zurückgelassenes Leben platzen konnte. Dadurch, dass er sich zu erkennen gegeben hatte, würde er nie wieder zurück können. Wäre er verstohlen zu ihr gekommen, hätte sie ihm helfen können. Doch so würde man ihm nicht so leicht glauben, dass er wirklich tot war, sollte es wieder Gerüchte über seinen angeblichen Tod geben.
Nach der Dusche setzte sie sich in ihren herrschaftlichen Sessel an ihrem Frühstückstisch. Sie trug ein elegantes, graues Seidenkleid, welches einen Schimmer von Blau enthielt. Ihre Haare hatte Rhiana ihr kunstvoll hochgesteckt. Ihre grauen Juwelen zierten ihren Hals in Form von Halskette und Ohrringe. Über die Vergangenheit sinnierend schaute sie dabei zu, wie die Sonne aufging und Draega in goldenen Glanz hüllte. Sie war damals so wütend gewesen, als Kaeros gestorben war. Erst wütend, weil er tot war und sie ihn nicht hatte beschützen können. Und vorallem deswegen, weil sie traurig wegen ihm war. Sie hatte ihn nicht zum Gefährten haben oder mit ihm Kinder zeugen wollen. Doch seinen Tod hatte sie ihm auch nicht gewünscht. Danach war sie wütend geworden, weil sie mit Hilfe von Sorra herausgefunden hatte, dass Kaeros gar nicht so Tod war, sondern diesen nur vorgetäuscht hatte.
Ganz offensichtlich war ihm das Leben wie es war zu sehr ein Graus gewesen, als dass er es weiter hätte ertragen können. Stück für Stück hatte Timaris herausgefunden, dass sie den Kriegerprinzen nicht genug damit geschützt hatte, indem sie sich den Treffen verweigert hatte, die ihre Mütter ihnen hatten aufzwingen wollen. Kareos war insbesondere von Rohea und Heraia weiterhin darauf vorbereitet und gedrängt worden ihr perfekter Gefährte zu werden. Seine Jugend musste die Hölle gewesen sein. Zornig ihn nicht besser beschützt zu haben, hatte sie die trauernde Königin gegeben und alle von Kaeros Besitztümer an sich überschreiben lassen. Es hätte ihr ja ohnehin gehört, hätte sie Kaeros nach Heraias und Roheas Wunsch geheiratet. So konnte sie wenigstens sein Eigentum schützen, für den Fall, dass er doch nicht mehr tot sein wollte. Oder für den Fall, dass er etwas brauchte und sich ihr anvertraute. Sie hatte seine Jugend nicht so beschützt, wie sie es gedacht hatte. Dafür beschützte sie nun sein Eigentum und sein Geheimnis.
Ihr Blick fiel auf den goldenen Kontrollring an ihrem Finger. Diesmal trug sie nicht den, den sie brauchte um Aaron zu quälen. Dieser Ring gehörte zu Kaeros Ring des Gehorsams. Wenn er den denn noch trug. Timaris vermutete es. Die wenigsten Männer liessen ihn sich abmachen, wenn es nicht unbedingt notwendig war und kein Kontrollring zur Verfügung stand. Deswegen hatte sie auch alle Kontrollringe, auch die ersten Grades von Rohea eingefordert. Sie war nicht glücklich gewesen, dass Timaris sich so viel einverleibt hatte. Doch gegen das Argument, dass Rohea immer gewollt hatte, dass Kaeros ihr gehörte, kam die Hexe nicht an.
Gedankenverloren nippte sie an ihrem Kakao. Nebenbei nahm sie wahr, dass Ayden auch schon wach war. Wach und frustriert. Er nahm es ihr wohl übel, dass sie ihn nicht mehr in ihr Bett liess. Doch dafür hatte sie jetzt keine Zeit. Sie musste sich auf Kaeros konzentrieren und was sie mit ihm machen wollte. Ein hochrangiger Adliger dessertierte nicht einfach so aus der Armee und der Adelswelt. Schon gar kein Tolarim. Sie hatten Vorbilder zu sein. Kaeros hatte darin eindeutig versagt und kam nun einfach so wieder in die Stadt spaziert. Sie hatte ihm schon vieles durchgehen lassen, doch das war eindeutig zuviel.
Schliesslich klopfte es und für einen Moment war Timaris irritiert. Natürlich, Kaeros hatte seine Signatur unterdrückt. Hyacinthos war bei ihm. Hatte ihn vor ihren Salon gebracht. Timaris verstand jedoch nicht, warum sie dachte, dass Ayden ebenfalls in dem Gang war, sie seine Signatur jedoch nicht wahrnehmen konnte. Bis Kaeros eintrat. Da verstand sie auf einen Schlag sehr viel.
Da stand der junge Kriegerprinz vor ihr. Mit einem Körper wie von einem Bildhauer gemeiselt, machtvoll mit seinen Juwelen und verschreckt wie ein Rehkitz, das unverhofft vor eine Jägerin gestolpert war. Genau so, wie Timaris es mochte. Wie es sie reizte. Noch viel intensiver als der visuelle Eindruck war jedoch die Tatsache, dass sein Blut zu ihrem sang und das ihrige zu seinem. Kraftvoll. So intensiv, das einem beinahe der Atem weg blieb. Wie zu Ayden und Gualterio. Wenn nicht sogar noch stärker. Deswegen hatte sie angenommen Ayden wäre auf dem Weg zu ihr. Gualterio hatte es nicht sein können. Er war in Raej. Doch es war nicht Ayden gewesen. Sondern Kaeros.
Schlagartig kamen ihr Situationen in den Sinn, wo sie gedacht hatte, Kosta zu spüren. Nur dass es sich etwas wilder anfühlte. Es war nicht Kosta gewesen bei diesen Bällen und ähnlich grossen, verpflichtenden, gesellschaftlichen Anlässen. Es war Kaeros gewesen und so wie er sie anblickte, schien es ihm schon länger bewusst gewesen zu sein. Ob er deswegen seinen Tod vorgetäuscht hatte? Weil er wusste, dass er ihr gehörte? Es aber nicht wollte. Dabei kannte er sie gar nicht. Doch sie verstand nun, warum er das Risiko nicht hatte eingehen wollen. Wäre er erstmal bei ihr gewesen und sei es noch so heimlich, er wäre nicht mehr weggekommen.
"Es muss dich nicht zur Ruhe kommen lassen haben, dass du dich all den Jahren deinem Blut verleugnet hast", vermutete Timaris. Sie wusste, wie sehr Kosta darunter litt, ihr nicht im Ersten Kreis dienen zu können. Man konnte sich gegen den Ruf des Blutes sperren. Doch es würde einen ein Leben lang quälen.
"Doch trotz all der Unruhe und des zwanglosen Rahmens, erwarte ich von dir, dass du das Protokoll einhälst und deine Territoriumskönigin entsprechend begrüsst", forderte sie ruhig und ohne Kaeros sehen zu lassen, wie es ihr selbst ging. Das wusste sie ohnehin selbst noch nicht so genau. Sie war noch viel zu verblüfft von der heftigen Intensität, mit der ihr Blut zueinander sang und was das mit ihr anstellte. Es war einfacher sich darauf zu konzentrieren, wie Kaeros sie grüsste. Ein zackiger, soldatischer Gruss wäre akzeptabel. Doch da er keine Uniform trug, wäre ein Kniefall angemessener. Zumal er sie jahrelang angelogen hatte.
"Danach kannst du mir erzählen, warum du dich entschieden hast, nicht länger tot zu bleiben."