Re: Saphire, Diamanten und andere Kostbarkeiten
von Hagen » Mo 24. Okt 2022, 19:24
"Oh", meinte Hagen etwas blöd, als Jona leise sagte, dass er keinen anderen Mantel hätte. Ihm sei nicht so kalt. Er wäre das gewohnt. Aber etwas kalt musste ihm schon sein, weswegen Hagen ihn zu sich unter den Umhang einladen wollte. Doch Jona wollte leider nicht und entschuldigte sich lieber dafür, dass er ihn hatte warten lassen. "Bist du sicher? Nicht, dass du noch krank wirst." Hagen war zwar enttäuscht, dass der Junge sich nicht an ihn kuscheln wollte, doch das dauernde entschuldigen war wirklich süss.
"Macht nichts", winkte Hagen grosszügig ab. "Der miesepetrige Wirt hätte dich wohl sowieso nicht früher gehen lassen, selbst wenn du es gewusst hättest." Hauptsache er konnte das Funkeln in seinen Augen sehen, was er Jonatan auch sagte, der ihn prompt wieder mit diesen Augen, klarer als ein Gebirgsbach, ansah. Da wurde es dem Adligen ganz anders und er war sich nicht sicher, ob er sich Jona nicht einfach über die Schultern geworfen hätte, wäre der Krieger nicht von selbst mit ihm mitgekommen.
"Du hast mir doch keinen Ärger gemacht", wehrte Hagen ab. "Es tut mir Leid, dass ich dich vorhin so angefahren habe. Eigentlich freue ich mich doch sehr, dass ich dich kennengelernt habe." Der Junge machte ihn noch ganz verlegen, mit seinen sanften Komplimenten. Auch wenn Hagen sie insgeheim sehr genoss. "Das war doch nichts. Ausserdem, wie könnte man nicht nett zu einem so süssen Jungen wie dir sein? Ich helfe dir doch gerne." Und noch lieber würde er ihn in seine Arme ziehen und seine Augen wieder zum Strahlen bringen.
Beim Hotel, Königins Rast, angelangt wurden sie vom elegant uniformierten Nachtportier sogleich eingelassen, der ihn natürlich als Gast erkannte. Als sein Blick jedoch auf Jona fiel, rümpfte er herablassend seine Nase und wirkte ganz so, als wolle er den jungen Mann nicht einlassen. So legte Hagen, der inzwischen seinen Umhang wieder hatte verschwinden lassen, besitzergreifend einen Arm um Jonas Schultern, um ihn in die warme Eingangshalle zu schieben. Von dort schob er ihn gleich weiter in den Nebenraum, in dem sich unter anderem auch eine Bar befand. Gäste gab es keine mehr da und die Tische waren schon fürs Frühstück vorbereitet. Doch hinter dem Thresen stand noch ein Kellner, dessen Feierabend sich nun weiter hinaus zögern würde.
Ohne weitere Umstände führte Hagen Jonatan zu einigen Sofas nahe einem Kaminfeuer, die um niedrige Tische herum angerichtet waren. Seinen edlen Mantel liess er rasch von den Schultern gleiten und warf ihn achtlos über einen Sessel, bevor er Jona half, sich aus seinem Mantel zu schälen.
"Komm, setzt dich", forderte er ihn freundlich auf und deutete auf eines der Sofas, setzte sich dann auch gleich zu ihm auf das selbe Möbelstück. "Ich hoffe, es gefällt dir hier." Die Räume waren sauber geputzt, die Wände mit vornehmen Tapeten verkleidet und viel vergoldeter Stuck verzierte Säulen, Decken- und Spiegelränder. Es war allerdings nicht ganz so warm, wie in der Schankstube, wo viele Leute den Raum erhitzt hatten. Also bestellte Hagen ihnen beiden einen kräftigen Glühwein. Das war jetzt genau das richtige, um sich wieder aufzuwärmen.
Er achtete dabei nicht auf den skeptischen Blick, welcher der Kellner auf Jona warf. Bis auf einmal der Concièrge bei ihnen stand und nasal von oben herab fragte: "Lord, belästigt sie dieser Junge?"
"Bitte?" fragte Hagen verwirrt nach.
"Dieses Strassenkind. Wir geben uns zwar Mühe, sie draussen zu behalten, dennoch gelingt es ein paar gewitzten immer wieder hier einzudringen und die Gäste anzubetteln oder gar zu bestehlen. Ich werde ihn gleich für Euch zur Wache bringen lassen", erklärte der Mann, deutete auf Jona und schien sich alleine durch dieses Wort beschmutzt zu fühlen. Hagens Blick verfinsterte sich. Wie konnte der Kerl es nur wagen, seinen süssen Jona derart schlecht zu behandeln.
"Der junge Lord belästigt mich nicht", gab er kalt zurück. "Er arbeitet für mich. Ihr werdet ihn gefälligst in Ruhe lassen und ihn mit Respekt behandeln." Beschützend legte er Jona eine Hand auf die seine.
"Lord?" Nun war es an dem Hotelangestellten, verwirrt zu blinzeln. "Er arbeitet für Euch?"
"Ganz recht."
"Aber seine schäbige Kleidung..."
"Ist für seinen momentanen Auftrag leider erforderlich", fiel Hagen ihm ungeduldig ins Wort. "Zieht Euch nun zurück und sorgt dafür, dass der bestellte Glühwein kommt." Der Concièrge zuckte zusammen und floh regelrecht. Keine halbe Minute später kam der Kellner auch gleich bleich angeflogen, um ihnen ihre Getränke und einen Teller voller Kekse zu bringen.