Re: Leine, Lack und Leder
von Kosta » Sa 15. Okt 2022, 11:04
"Aber es könnte jederzeit jemand aus seiner Wohnung kommen", wandte Kosta besorgt ein, als Eneas nur locker abwinkte, dass gerade niemand den Ring würde sehen können. Für Kosta klang das so, als wäre Eneas schlicht zu angeheitert, um seine Ängste noch wahrzunehmen. Kosta wollte jedoch nicht, dass er sich im Nachhinein schämte und es bereute. Es war noch nicht so tief in der Nacht, dass nicht noch jemand vielleicht ausgehen wollte oder zurück kam und sie einholte. Eneas hingegen versicherte ihm locker, dass er die letzten zwei Stockwerke auch mit offenem Hemd würde bewältigen können.
Unsicher streichelte Kosta über Eneas Hände und nestelte an dessen Hemdkragen. Er freute sich natürlich darüber, dass Eneas nicht mehr so viele Hemmungen wegen des Ringes hatte. Andererseits war er sich gar nicht sicher, wieviel davon nur am Alkohol lag. Ausserdem war da noch die Sache mit dem Training. Er sollte trainieren, fühlte sich allerdings alles andere als bereit dazu. Er war so verantwortungslos. Was, wenn jemand Eneas wirklich körperlich angriff? Was, wenn jemand gesehen hatte, wie sie Lucius geholfen hatten und deswegen wütend auf sie wurde? Normalerweise wäre das kein Problem, doch jetzt war Kosta schon eine Last, wenn es nur darum ging Treppen zu steigen. In einem Kampf wäre er Eneas Verderben, weil dieser nicht ohne ihn fliehen würde.
Schuldbewusst und gehorsam hob er seinen Kopf wieder an, als Eneas ihm in die Augen sehen wollte. Voller Sorge erwiderte er den leicht verklärten Blick seines traumtänzerischen Freundes. Geniesserisch und doch gequält gab er sich dem zärtlichen Streicheln hin. Voller Vertrauen glaubte sein Freund, dass Kosta ihn ständig beschützen würde. Selbst dann, wenn Eneas es noch nicht einmal merkte. Doch das wäre nicht allein seine Verantwortung.
"Das spielt doch keine Rolle, sollte dir etwas passieren", schmollte Kosta hilflos. Wenn Eneas etwas geschah, weil Kosta zu schwach gewesen war, ihn zu verteidigen, würde er sich natürlich Vorwürfe machen. Egal ob es nun Kostas Schuld und Verantwortung gewesen war oder nicht. Eneas hatte schon recht, er konnte auf sich achtgeben. Meistens zumindest und er war sehr gut im Umgang mit seinen Juwelen. Doch normalerweise war Kosta auch nicht so ein Klotz am Bein. Trotz seiner Sorgen musste er leise lachen, als Eneas scherzte, dass niemand mehr Lust zum Kämpfen hätte, wenn er erstmal die sieben Stockwerke erklommen hätte.
"Können wir nicht", widersprach er leise und schüttelte sachte seinen Kopf. Wieder hielt er beschämt seinen Blick gesenkt. "Ich kann nicht", stiess er beschämt aus. "Ich... ich bin noch nicht so weit, um zu trainieren." Sein Atem ging hektischer. Diesmal nicht von der Anstrengung des Treppensteigens. "Es... es... macht mir Angst. Ich kann nicht. Aber wenn es nicht geht, dann bleibe ich so schwach und wir können nicht immer oben im Zimmer bleiben. Selbst da ist es nicht sicher. Jemand war so wütend auf Lucius, weil er Dhemlaner ist und Lucius hat mich auch für einen gehalten. Was, wenn jemand wütend auf dich wird, weil du mit mir zusammen bist und mich magst, obwohl ich wie ein Dhemlaner aussehe. Ich kann dich dann nicht beschützen. Wir sollten wo hingehen, wo es Leute hat, die dich beschützen können. Ich..." Zitternd hielt er sich an Eneas Hemd fest. Dieser Albtraum verfolgte ihn schon so lange, dass Eneas etwas passieren könnte. Dass ihm das angetan wurde, was Kosta im Kerker von Dalmadans Feste erlebt hatte. Erst seit Eneas ihm versprochen hatte, dass er das Gift schlucken würde, wenn es zu schlimm wurde, hatte er wieder ruhiger schlafen können. Doch dieses Versprechen war im Moment vergessen. Zumal Kosta ja ohnehin nicht wollte, dass Eneas etwas schlimmes zustiess. Egal, ob dieser noch einen letzten Ausweg hatte.